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28 Februar 2010

Zivilisten-Krieg US Pentagon Spiele in Dtl

Von: DFG-VK Hessen [mailto:dfgvkhessen_aett_t-online.de]
Gesendet: Freitag, 26. Februar 2010 19:03

Betreff: Frankfurt So. 28.2. Keine "Zivilisten auf dem Schlachtfeld"!
Protest gegen Anwerbung von Statisten für Kriegsübungen

Protest gegen
Anwerbung von Statisten zum Training von US-Soldaten
für die Kriege im Irak und in Afghanistan

Sonntag, 28. Februar 2010, 8.30 Uhr,
FRANKFURT, vor dem Adina Apartment Hotel, Wilhelm-Leuschner-Str. 6

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CIVILIANS ON THE BATTLEFIELD
(Zivilisten auf dem Schlachtfeld)

Unter diesem Motto sucht die US-Armee Statisten für Trainingseinsätze,
in denen Soldaten und Soldatinnen auch aus anderen NATO-Staaten in
Rollenspielen auf ihre Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan
vorbereitet werden sollen.

Angeworben wird über die Firma Optronic. Eine ihrer
Casting-Veranstaltungen für "Zivilisten auf dem Schlachtfeld" findet am
Sonntag im Adina Apartment Hotel in Frankfurt statt.
<Siehe auch www.us-statisten.de>

Die Statisten sollen über gute englische und deutsche Sprachkenntnisse
verfügen sowie Arabisch, Paschtu oder Dari sprechen. Auf dem
Truppenübungsplatz Hohenfels in der Oberpfalz zwischen Regensburg und
Nürnberg werden sie die "Zivilbevölkerung in Krisengebieten" darstellen.
Auf dem Übungsplatz sind bis zu 10 künstlich aufgebaute Dörfer. Den
Soldaten dienen die "Zivilisten auf dem Schlachtfeld" auch als
Zielscheiben. Dafür werden sie mit Infrarot-Detektoren ausgestattet.

Auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels in der Oberpfalz zwischen
Regensburg und Nürnberg werden sie die "Zivilbevölkerung in
Krisengebieten" darstellen. Auf dem Übungsplatz sind bis zu zehn
künstlich aufgebaute Dörfer. Die Statisten werden in den Dörfern mit 10
bis 30 Häusern als COBs = Civilians on the Battlefield (Zivilisten auf
dem Schlachtfeld) benötigt. Den SoldatInnen dienen die Statisten/COBs
auch als Zielscheiben. Dafür werden sie mit Infrarot-Detektoren
ausgestattet. Über Sender auf den Gewehren der Soldaten werden die
Erfolge/Misserfolge beim Umgang mit den COBs festgestellt. Bei den
bevorstehenden Einsätzen der Soldaten im Irak oder Afghanistan sind das
dann die in größerer oder geringerer Anzahl über die Medien gemeldeten
Ziviltoten. Verletzte werden selten gezählt.

Gemäß Spiegel (9.2.07) war Optronic bereits von 1999 bis 2005 für die
U.S. Army tätig und machte keine schlechten Geschäfte. Nach
offensichtlich krimineller Betätigung des Firmeninhabers 2002 schrieb
die Army den Vertrag 2005 neu aus. Der Inhaber hatte versucht, 22 Tonnen
nahtloser Aluminiumröhren zur Herstellung waffentauglichen Urans nach
Nordkorea zu schmuggeln (Spiegel 39/2003). Nach mehr als einem Jahr
Untersuchungshaft wurde er wegen Verstoßes gegen das
Außenwirtschaftsgesetz und "versuchter Förderung der Herstellung einer
Atomwaffe" im Mai 2004 zu vier Jahren Haft verurteilt.

###################################################################
Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
(DFG-VK)
Gruppe Offenbach
c/o Franz Nadler, Riethgasse 4, 63075 Offenbach.
Tel./Fax: 069-815128 office_aett_Connection-eV.de
Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
(DFG-VK)
Gruppe Mainz
c/o Bürogemeinschaft, Martinsstr. 2, 55116 Mainz
www.dfg-vk-mainz.de, dfgvkmz_aett_web.de

Radiosendung Pazifissimus, produziert von DFG-VK Mainz und Wiesbaden:
mittwochs 16 h (an den ersten zwei von jeweils vier Mittwochen), bei
Radio Quer auf der Wiesbadener Lokalradiofrequenz UKW 92,5 MHz. Kabel:
MZ 102,7 Mhz, WI 99,85 Mhz und übers Internet


http://www.youtube.com/watch?v=akm3nYN8aG8
Video: Rede (auf Englisch)
vom Anti-Irak-Krieg Veteranen Mike Prysner

26 Februar 2010

STOFF -- 100 Jahre Prohibition - LESENSWERT! EIN MUSS!

Wir können hier das seit Beginn des Prohibitionsregimes wiederkehrende Muster erkennen: das Drogenverbot sorgt einerseits für exorbitante Profite und ermöglicht es dem Militär und Geheimdiensten andererseits, strafverfolgungsfreie Zonen und Transportwege zu schaffen und die Drogenprofite ihren jeweiligen Bündnispartnern und Warlords zukommen zu lassen. Diese Politik der verdeckten Kriegsführung, mit der die CIA während des Kalten Kriegs an den asiatischen Rändern des Eisenernen Vorhangs kämpfte – in Birma in den 50er Jahren, in Laos in den 60er Jahren und in Afghanistan in den 80er Jahren – führte zu einer engen Verschmelzung dieser geheimen Kriegsführung mit dem Drogenhandel. Die Mobilisierung von Stammesverbänden, regionalen Kriegsherren und Aufständischen, die unter der Hand mit Waffen, Logistik und geheimdienstlichen Informationen ausgestattet wurden, war aus Sicht der Realpolitik des Kalten Krieges ein wirksames Mittel, um entlang des 3000 Kilometer langen Gebirgsriegels vom Himalaja zum Hindukusch den antikommunistischen Kampf zu führen. Die Drogenproduktion in diesen Regionen nicht nur zu dulden, sondern ihr Protektion und Förderung zukommen zu lassen – in Birma und Laos stellte die CIA zum Beispiel die Transportflugzeuge für das Heroin zur Verfügung – war dabei aus Sicht der Strategen ebenso unvermeidlich wie unverzichtbar, denn anders waren die Stammeskrieger und Rebellengruppen kaum finanzierbar.

Und ähnlich wie in den 20er Jahren als Nebenwirkung der Alkoholprohibition in den USA aus kleinen Gangstergruppen des jüdischen, italienischen und irischen Migrantenmilieus mächtige Mafia-Syndikate wurden, die den Rechtstaat und die öffentliche Ordnung weit stärker bedrohten als der Alkoholismus, wurden als Nebenwirkung des Kalten Kriegs in den unwegsamen Regionen des asiatischen Hochlands aus regionalen Stammesführern und Provinzfürsten mächtige Drogenbarone und Warlords. Dass es sich bei diesen Bündnispartnern in der Regel Großkriminelle und brutale Feudalherren handelte, die die Protektion durch die Schutzmacht weidlich für ihre Zwecke ausnutzten, dieser unerwünschte Nebeneffekt mußte dem großen Ziel des Kalten Krieges untergeordnet werden.

Die Fahnder und Agenten der "Drug Enforcement Agency" (DEA) hatten sich wie ihre Vorgänger in Anslingers FBN diesen außenpolitischen Gegebenheiten anzupassen – was im besseren Falle bedeutete, einfach nur wegzuschauen und nichts zu tun; oder im schlechteren Falle für eine Marktregulierung zu sorgen, indem man die Konkurrenten der verbündeten Drogenhändler nun verschärft auf's Korn nahm.

Douglas Valentine beschreibt im Detail (The Strength of the Pack – The Personalities, Politics and Espionage-Intrigues that Shaped the DEA, Walterwille 2009), wie beginnend in den 50er Jahren die Instituionen der Drogenverfolgung – zuerst das FBN, dannach das Buerau of Narcotics and Dangerous Drugs (BNDD) und dann die DEA – sukzessive von der CIA unterwandert und für außenpolitischen Interessen eingespannt werden. Unter dem Deckmantel der Drogenverfolgung hatten sich schon Anslingers FBN-Agenten im Ausland für geheimdienstliche Recherchen nützlich erwiesen, zumal in weniger befreundeten Ländern, wo die CIA nur schwer Zugang zu Informationen fand und eine offizielle Präsenz unmöglich war.

Mit der Regierung Reagan/Bush Anfang der 80er Jahre wurden diese Tätigkeiten weiter ausgebaut und die DEA-Agenten gleichzeitig von der Verfolgung großer Drogenströme aus Übersee abgezogen. Die übernahm jetzt eine von Vize-Präsdent Bush gegründete "South Florida Task Force", die unter anderem dafür sorgte, dass Piloten wie Barry Seal tonnenweise Kokain ungehindert ins Land bringen konnten. Diese Jahre waren, wie Douglas Valentine schreibt, "das Requiem für die Wölfe": das Ende der wirklichen Drogenfahndung und der "case making agents", die Phase "in der die DEA ihre Seele verlor" und zu einem Erfüllunsgehilfen der CIA wurde. "Ich dachte eigentlich, dass wir das Drogengeschäft bekämpften", so sagte ihm ein altgedienter Agent in einem Interview, "aber nach der Gründung des BNDD realisierte ich, dass wir es fütterten."

Der schon seit Anslingers Zeiten hinter den Kulissen geführte bürokratische Kampf über die Fahndungsbefugnisse und Mitteilungspflichten in Sachen Drogen zwischen Zollbehörde, FBI, CIA und DEA wurde in der Reagan/Bush-Ära endgültig entschieden, zugunsten einer verdeckten militärischen Außenpolitik, die nicht von "übereifrigen" Drogen-Fahndern gestört werden sollte. Falls dies doch einmal geschah, wie Ende 1990, als in Miami eine große Ladung Kokain aus Venezuela beschlagnahmt wurde und der neue DEA-Chef Robert Bonner Anklage erheben wollte, wurde er vom State Department und der CIA zurückgehalten, obwohl die Untersuchung ergeben hatte, dass auf diesem Weg im Lauf des Jahres über eine Tonne Kokain nach Miami geschmuggelt worden war. Doch die Lieferungen waren von dem CIA-Beamten Mark McFalin und dem venezuelanischen General Guillen Davila organisiert, den man nicht vor Gericht bringen wollte, weil er ein Partner im Kampf gegen die von Hugo Chavez geführte linke Bewegung war: "Wie Robert Bonner auf die harte Tour lernen mußte, zogen Bush und die CIA ein von Drogen überflutetes Amerika einem kommunistisch regierten ölreichen Venezuela vor. Wie es am Anfang war, ist es heute und wird es immer sein: nationale Sicherheit geht über Drogenverfolgung."

Zur selben Zeit war der Kalte Krieg zwar formell beendet und die Sowjets aus Afghanistan vertrieben - mithilfe der islamistischen Mujaheddin und des Heroingeschäfts, das nun aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiets bald für 80% der Weltproduktion sorgte. In jedem von der sowjetischen Besatzung befreiten Landstrichen hatten die von der CIA und dem pakistanischen ISI unterstützten Kämpfer unter dem Paschtunenführer Gulbuddin Hekmatyar die Bauern zum Mohnanbau und zur Entrichtung einer "Revolutionssteuer" in Form von Opium aufgefordert. Ähnliches geschah dann 2002 nach dem Einmarsch der USA und dem Vordringen der "Nordallianz" auf Kabul zur Vertreibung des Taliban-Regimes. Dieses hatte den Opiumanbau auf Druck der USA in den Jahren zuvor mit radikalen Maßnahmen stark reduziert. Doch als ein Taliban-Botschafter im Mai 2001 in Islamabad mit den Amerikanern über Entschädigungszahlungen für die Farmer verhandelte und ziemlich exakt die 12 Milliarden Dollar, die das Heroingeschäft per anno abwirft, "für das afghanische Volk" forderte - wurden ihm zuerst 1,5 Millionen angeboten und dann 43 Mio. $ zugesagt und überwiesen.

Das eigentliche Geschäft freilich wurde nicht in Afghanistan selbst gemacht, sondern in den von CIA-Partner ISI kontrollierten Labors entlang der Grenze und in der Distribution gemacht. (...)Nach dem Ende des Taliban-Regimes, das den Mohnanbau 2001 auf 7.600 Hektar heruntergebracht hatte – im Jahrzehnt zuvor waren jeweils zwischen 50.000 und 90.000 Hektar angebaut worden - hat sich die Lage indessen keinesfalls verbessert, sondern dramatisch zugespitzt, 2004 wurde auf 131.000 Hektar wieder Opium geerntet, 2007 waren es 193.000 Hektar.

Und wer ermöglicht diese größte Opium,- und Heroinschwemme aller Zeiten ? Richtig - es sind die Militärs der USA, Großbritanniens und der deutschen Bundeswehr, die mit dem Geld ihrer Steuerzahler dafür sorgen, dass in Afghanistan soviel Opium und Heroin produziert wird wie nie zuvor. Vor der Invasion des Landes wurde in Afghanistan nur Mohn angebaut und Opium exportiert, jetzt verarbeiten dutzende Fabriken den Rohstoff zu Heroin. Die Kolonnen schwarzer Jeeps, die den begehrten Stoff dann über Usbekistan Richtung Westen transportieren, werden an der Grenze nicht kontrolliert - an dem hochmodernen, mit EU-Geldern finanzierten Kontrollequipment zur Eindämmung des Drogenhandels werden sie vorbeigewunken. Darüber berichtete der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, der dieses Treiben von 2002 bis 2004 beobachtet hat. http://www.dailymail.co.uk/news/article-469983/Britain-protecting-biggest-heroin-crop-time.html

Sein Blog ( http://www.craigmurray.org.uk/ ), in dem er den Skandal weiter thematisierte, ging 2007 kurzzeitig vom Netz, nachdem er den usbekischen Oligarchen und Gazprom-Milliardär Alisher Usmanov – einen Freund des Präsidenten Karimov, der als dessen möglicher Nachfolger gehandelt wird - als "Gangster", "Erpresser" und "Heroindealer" bezeichnet hatte. Murrays Internetprovider wurde durch das Anwaltsschreiben einer namhaften Londoner Großkanzlei erschreckt, die im Auftrag Usmanovs die Löschung forderte – doch kurz darauf war der Beitrag wieder online, denn der Jurist und derzeitige Universitätspräsident Craig Murray wartet nur darauf, verklagt zu werden. Er ist sich sicher, genügend Beweise und Zeugen aufzubieten, um seine Behauptungen zu belegen.

Keinen eindeutigen Beweis gibt es indessen dafür, was der ehemalige ISI-Chef Generaloberst Hamid Gul, der in dieser Eigenschaft von 1987 –1989 eng mit der CIA und den Mujaheddin-Kämpfern zusammenarbeite, im Dezember 2009 in einem Gespräch mit der Zeitschrift "Foreign Policy" erklärte: "Abdul Wali Karzai (der Bruder des afghanischen Präsidenten) ist der größte Drogenbaron Afghanistans", sagt er unverblümt. Er setzte hinzu, dass die Drogenbarone ebenso im Waffenschmuggel tätig sind, einem "blühenden Handel" in Afghanistan. "Aber was aus meiner Sicht am meisten verstört ist, dass auch Militärmaschinen, amerikanische Militärmaschinen, dazu benutzt werden..." http://www.foreignpolicyjournal.com/2009/08/12/ex-isi-chief-says-purpose-of-new-afghan-intelligence-agency-rama-is-%E2%80%98to-destabilize-pakistan%E2%80%99/

Auch wenn der Ex-Geheimdienstchef beteuert, er habe diese Information aus verläßlichen Quellen, ist das natürlich kein Beweis, paßt aber sowohl in die Tradition der verdeckten Kriegsführung der CIA, die ihren Heroin handelnden Waffenbrüdern schon in den 60ern in Birma und Laos die Luft-Logistik zur Verfügung stellte, als auch in das Bild, das Craig Murray von der aktuellen usbekisch-russischen Connection zeichnet.Es zeigt sich also, dass es auch 20 Jahre nach dem offiziellen Ende des Kalten Kriegs nach wie vor Prioritäten gibt, für die das Drogengeschäft unverzichtbar ist, sodass die Probleme durch den Mißbrauch immer billiger werdenden Heroins und Kokains in den westlichen Ländern billigend in Kauf genommen werden müssen - für das "höhere" Ziel geopolitischer Machtausweitung.


DAS WAR:
Der Mohn ist aufgegangen...
Weil ich gerade an einem Buch über 100 Jahre Prohibition schreibe, kommt das Bloggen derzeit ein bißchen kurz. Im folgenden aber schon mal ein kleiner Auszug, passend zur aktuellen Afghanistan-Konferenz:


25 Februar 2010

Selbstmord Anschiedsbrief - USA Gesetze unsere fast schon auch

Freitag, 19. Februar 2010

Die Erklärung von Andrew Joseph Stack

Hier die Übersetztung des "Abschiedbief" von Andrew Joseph Stack, der gestern mir seiner Piper Cherokee in das Gebäude der IRS gestürzt ist: Danke an Richard für die Fleissarbeit:

Wenn ihr dies lest, werdet ihr euch ohne Zweifel fragen: "Warum musste dies geschehen?" Die einfache Wahrheit ist: es ist kompliziert und entwickelte sich nach und nach in einer langen Zeit. Das Aufschreiben, welches vor einigen Monaten begann, sollte eigentlich als Therapie dienen im Angesicht der sich bedrohlich abzeichnenden Realität, dass es nicht genug Therapie auf der Welt gibt, die das reparieren kann, was wirklich kaputt ist. Es ist unnütz, zu erwähnen, dass dieser Wortschwall Bände voller Beispiele füllen könnte, wenn ich dies wollen würde. Ich finde den Proess des Niederschreibens frustrierend, ermüdend und - wahrscheinlich - ist es sinnlos... besonders, wenn man mein grobes Unvermögen beachtet, diese Gedanken im Licht des Sturms, der in meinem Kopf wüted, taktvoll zu artikulieren. Ich bin mir nicht sicher, was genau daran thrapeutisch ist, aber hoffungslose, verzweifelte Zeiten erfordern extreme Maßnahmen.

Als Kindern wird uns allen beigebracht, dass es ohne Gesetze keine Gesellschaft gäbe, sondern Anarchie. Es ist traurig, dass wir in diesem Land bereits im frühen Alter dahingehend gehirngewaschen werden, dass wir glauben, im Gegenzug zu Aufopferung und dem Dienst am Staat, steht dieser für "Gerechtigkeit für alle". Desweiteren wird uns eingetrichtert, dass es an diesem Ort Freiheit gibt und dass wir bereit sein sollten, unser Leben für die noblen Chefs, Kapitalisten , Schuldner, die von den Gründervätern vertreten werden, offenzulegen. Erinnert ihr euch? Eine der Aussagen der Gründerväter war: Keine Besteuerung ohne Representanz bzw. Stellvertretung oder Interessenvertretung (Anm. d. Übersetzers: dies bedeutet, dass der Steuerzahler ein Recht darauf hat, dass seine Interessen vom gezahlten Steuergeld vertreten werden). Ich habe die gesamten Jahre meines Erwachsenendaseins damit verbracht, diese Scheiße zu vergessen, die ich nur in ein paar Jahren meiner Kindheit lernen musste. Heutzutage wird doch jeder, der wirklich für dieses Prinzip eintritt, als Spinner, Verräter oder Schlimmeres bezeichnet.

Während nur sehr wenige arbeitende Menschen sagen würden, dass sie einen fairen Teil in den Steuertopf gezahlt haben (genau wie ich dies nicht sagen würde), kann ich mit höchster Gewissheit sagen, dass es zu meiner Lebzeit keinen einzigen Politker gegeben hat, der für irgendetwas gestimmt hat, dass mich betrifft oder meine Interessen verträten hätte. Sie sind auch nicht die Bohne an mir oder dem, was ich zu sagen habe interessiert.

Wie kann es sein, dass eine handvoll Diebe und Plünderer undenkabre Greueltaten begehen können (und im Fall der GM-Geschäftsführer über Jahzehnte hinweg) und wenn es dann an der Zeit ist, dass diese Dampframme unter dem Gewicht ihrer Unersättlichkeit und unermesslichen Blödheit zusammenbricht, dann hat die Macht der Bundesregierung keine Probleme damit, ihnen innerhalb von Tagen, wenn nicht Stunden, zur Hilfe zu eilen? Und auf der anderen Seite dann dieser Witz, den wir das Amerikanische Gesundheitssystem nennen, welches zusammen mit den Pharma- und Versicherungskonzernen jedes Jahr zehntausende Menschen tötet und die Leichen und Krüppel, die sie zusammen geschaffen haben, bestehlen sie dann noch und bei all' dem sieht die Regierung dieses Landes dies nicht als so wichtig an, wie etwa ihren wenigen wertlosen, reichen Spießgesellen aus der Klemme zu helfen. Und dennoch haben die politischen "Vertreter" (Diebe, Lügner und eigennützige Mistkerle wäre zutreffender) endlos viel Zeit, Jahr um Jahr rumzusitzen und über die Lage des "schrecklichen Gesundheitspflege-Problems" zu diskutieren. Es wird deutlich, dass sie keine Krise sehen, so lange sich die Toten beim Einsacken ihrer Profite nicht in ihren Weg stellen.

Gerechtigkeit? Wollt ihr mich verarschen?

Wie kann ein rational denkendes Individuum die pure Sinnlosigkeit unseres Steuer- und kompletten Rechtssystems erklären? Wie haben hier ein System, dass selbst für die intelligentesten Master-Forscher bei weitem zu kompliziert zum verstehen ist. Dennoch hält es gnadenlos jedes seiner Opfer für "haftbar", behauptend, diese müssten sich vollkommen den Gesetzen unterwerfen, die nichtmal die Experten verstehen. Das Gesetz "verlangt" eine Unterschrift am unteren Rand eines Steuerbescheids und das, obwohl niemand ernsthaft sagen kann, dass er versteht, was er unterscheibt. Wenn das keine Willkür ist, was ist es dann? Wenn dies nicht die Methoden eines totalitären Regimes sind, dann gar nichts.

Wie bin an diesen Punkt gekommen?

Meine Einführung in den wahren Amerikanischen Alptraum begann in den frühern 80er Jahren. Unglücklicherweise habe ich nach mehr als 16 Jahren Schule irgendwo auf dieser Linie die absurde, aufgeblasene Idee gehabt, dass ich einfaches Englisch lesen und schreiben kann. Ein paar Freunde machten mich mit einer Gruppe von Leuten bekannt, die "Steuercodes" lasen und interpretierten. Um genau zu sein: diese Gruppe wollte"Ausnahmen" im System finden, wie die geschmacklose, korrupte katholische Kirche eine ist, die darum so reich ist. Wir haben das Gesetz säuberlich studiert (mit der Hilfe einiger der "besten", hochbezahltesten, erfahrensten Steuer-Anwälten in diesem Geschäft) und haben dann genau das imitiert, was die "großen Jungs" tun (außer, dass wir unsere Gemeinde nicht bestohlen und der Regierung nicht im Namen Gottes unsere gewaltigen Gewinne vorenhalten haben). Wie haben uns sorgsam darum bemüht, alle Einkünfte sichtbar zu machen, uns an alle Regeln zu halten; genau so, wie das Gesetz es vorschreibt.

Die Absicht dieser Übung und all' unserer Mühen bestand darin, eine überfällige Neu-Wertung der Gesetze herbeizuführen, die es den Monstern der organisierten Religion erlaubt, Menschen zu verspotten, die einer ehrlichen Arbeit nachgehen. Wie dem auch sei, an dieser Stelle lernte ich, dass es für jedes Gesetz zwei "Interpretationen" gibt: eine für die sehr Reichen und eine für den Rest von uns... Oh und die Monster sind genau diejenigen, die diese Gesetze erschaffen und erzwingen. Die Inquisition gibt es immernoch und in diesem Land ist sie heute wohlauf.

Diese kleine Lektion in Sachen Patriotismus kostete mich mehr als 40.000 Dollar, 10 Jahre meines Lebens und brachte meinen Altersvorsorgeplan zurück auf 0. Zum ersten mal wurde mir klar, dass ich in einem Land lebe, dessen Ideologie auf einer kompletten Lüge basiert. Ich habe daraus nicht nur gelernt, wie naiv ich war, sondern wie unglaublich dumm das Amerikanische Volk ist. Dass es diese Scheiße von wegen ihrer "Freiheit" völlig glaubt und dass es dies trotz überwältigender Beweise auch weiterhin mit geschlossenen Augen tun wird und all' dies geschieht direkt vor ihnen.

Bevor ich mich von dieser ersten, schmerzenden Lektion, was Gerechtigkeit in diesem Land wirklich bedeutet, auch nur annähernd erholen konnte (dies geschah ungefähr 1984, nachdem ich das Ingenieur-Studium abgeschlossen hatte und noch weitere fünf Jahre meine Schulden zurückzahlen musste), fühlte ich, dass ich endlich die Chance ergreifen musste, meinen Traum zu starten, ein unabhängiger, selbstständiger Ingenieur zu werden.

In diesem Thema (Igenieure und Traum von Selbstständigkeit) sollte ich kurz abschweifen, um zu erzählen, dass ich die Faszination der kreativen Problemlösung von meinem Vater geerbt habe. Ich habe dies in sehr jungen Jahren realisiert.

Die Selbstständigkeit wurde mir jedoch erst viel später, während des Colleges, wichtig; im Alter von 18 oder 19, als ich als Student allein in einer Wohnung in Harrisburg, Pennsylvania lebte. Meine Nachbarin war eine ältere, pensionierte Frau (alle über 80 schienen mir zu dieser Zeit uralt) und die Witwe eines pensionierten Stahl-Arbeiters. Ihr Mann arbeitete sein ganzes Leben in den Stahlgießereien von Zentral-Pennsylvania mit den Versprechen großer Firmen und der Gewerkschaft, dass er für die 30 Jahre Dienst eine Pension und medizinische Versorgung erhalten würde, auf die er sich als Rentner freuen könne. Stattdessen war er einer von Tausenden, die nichts bekommen haben, weil das inkompetente Minen-Management und die die korrupte Gewerkschaft (ganz zu schweigen von der Regierung) ihre eigenen Diäten erhöht und die Renter um ihre Pension betrogen haben. Alles was sie zum leben hatte, war die Sozialhilfe.

Zurückblickend war diese Situation lachhaft, denn hier stand ich nun,monatelang von Erdnußbutter und Brot lebend (oder von Ritz-Keksen, wenn ich mir das Protzen leisten konnte). Als ich diese arme Person kennenlernte und ich ihre Geschichte gehört hatte, tat ihre Misere mir mehr leid als meine eigene (schließlich dachte ich, ich hätte mein Leben noch vor mir). Ich war wahrlich entsetzt, als wir Geschichten austauschten uns uns gegenseitig um unsere Situationen bemitleideten und sie mich auf ihre großmütterliche Art davon überzeugen wollte, dass es für mich gesünder sei, (wie sie) Katzenfutter zu essen, anstatt zu versuchen, meine Inhaltsstoffe allein aus Erdnußbutter und Brot zu ziehen.Dazu konnte sie mich nicht bringen aber sie hat einen Eindruch hinterlassen. Ich entschloss, dass ich großen Firmen nicht zutraute, für mich zu sorgen und dass ich die Verantwortung über meine eigene Zukunft und mich selbst tragen würde.

Zurück zu den frühen 80ern, wo ich als taufrischer Vertrags-Software-Ingenieur einen so erscheckenden Start hatte... und wo wir zwei Jahre später - dank einem wunderbaren Hinterzimmer und der mitternächtlichen Bemühungen der schlampigen Mitarbeiter von Arthur Anderson (genau die Leute, die uns später Enron und andere solcher Katastrophen bescherten) und dem gleichermaßen schlampigen New Yorker Senator (Patrick Moynihan) - den Weg geebent sahen für die 1986er Steuerreform mit ihrer Sektion 1706.

Für diejenigen, denen diese Sektion unbekannt ist, befindet sich im Folgenden der Basis-Text der IRS- (Anm. d. Übersetzers: amerikanische Steuerbehörde) Sektion 1706, die die Behandlung von Arbeitern (wie eben Vertrags-Ingenieuren) in Sachen Steuern beschreibt. Besucht diesen Link für den Besprechungs-Ausschuss-Report (http://www.synergistech.com/1706.shtml#ConferenceCommitteeReport), der die beabsichtigte Deutung der Sektion 1706 und der relevanten Teile der Sektion 530 in der berichtigten Fassung enthält. Für Informationen darüber, wie diese Gesetze Technische-Service-Arbeiter und ihre Kunden betreffen, lest unsere Diskussion hier (http://www.synergistech.com/ic-taxlaw.shtml).

SEKTION 1706. BEHANDLUNG VON BESTIMMTEM TECHNISCHEN PERSONAL.

(a) GENERELL. - Sektion 530 des Einnahme-Steuer-Gesetzes von 1978 wird berichtigt, indem ans Ende die folgende neue Unter-Sektion hinzugefügt wird:
(d) AUSNAHME. - Diese Sektion soll nicht gelten für ein Individuum, welches laut einer Abmachung zwischen Steuerzahler und einer anderen Person, dieser anderen Person einen Dienst erweist als Ingenieur, Designer, Verfasser, Programmierer, Systemanalytiker oder ähnlicher Arbeiter, beschäftigt in einem ähnlichen Arbeitsverhältnis.

(b)DATUM DES INKRAFTTRETENS. - Die Abänderung, hervogerufen durch diese Sektion, soll zur getilgten Neunummerierung und gereinigtem Service geltend sein nach dem 31. Dezember 1986.

Zugegebenermaßen müsst Ihr den Vertrag lesen, um zu verstehen, was dies bedeutet, aber das ist nicht sonderlich kompliziert. Die Quintessenz ist, dass sie einfach meinen Namen direkt in Sektion (d) hätten schreiben können. Obendrein hätten sie nur noch unverblümter sein können, wenn sie gleich zu mir raus gekommen und mich einen Kriminellen und nicht-bürgerlichen Sklaven genannt hätten. Nach 20 Jahren kann ich meinen Augen immernoch nicht trauen.

1987 gab ich annähernd 5.000 Dollar meines "Kleingeldes" aus und opferte mindestens 1.000 Stunden meiner Zeit damit, jeden Senator, Kongress-Abgeordneten, Gouverneur oder Tpyen anzuschreiben,der vielleicht zuhören könnte; keiner tat es und die behandelten mich alle als würde ich nur ihre Zeit verschwenden. Ich verbrachte endlose Stunden auf den Straßen von L.A. auf dem Weg zu Veranstaltungen und all' diesen unorganisierten professionellen Gruppierungen, die versuchten, eine Kampagne gegen diese Grausamkeit aufzuziehen. Und dies nur, um festzustellen, dass unser Zug leicht entgleist werden konnte von einigen wenigen Maulwürfen der Börsenmakler, die gerade erst anfingen, dass Fallobst ihrer neuen "Freiheit" zu ernten, dass aus dieser Deklaration resultierte. Oh und nicht zu vergessen, dass ich während der ganzen Zeit, die ich hiermit verbrachte, Einkommen verlor, welches ich meinen Kunden nicht in Rechnung stellen konnte.

Nach Monaten der Anstrengung wurde es ziemlich deutlich zu einer nutzlosen Aktion. Das beste, was wir aus all' dem rausschlagen konnten war eine Äußerung eines IRS-Sprachrohrs, dass sie die Abschreibung nicht erzwingen werden (gemeint sind die von den nervenden Ingenieuren und Wissenschaftlern). Das stellte sich jedoch sofort als Lüge heraus und die bloße Existenz dieser Regulation hatte ihren Einfluss auf meinen Reingewinn; das war natürlich genau der gewüschte Effekt.

Wieder einmal wurden meine Altersvorsorgepläne gen 0 gebracht und in den Leerlauf befördert. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das verlassene Ingenieur-Dasein aufgeben und niemals zurückblicken sollen.

Stattdessen beschäftigte ich mich damit, 100 Stunden die Woche zu arbeiten. Dann folgte die L.A.-Depression der 90er. Unsere Führer entschieden, sie bräuchten diese ganzen Air-Force-Basen in Südkalifornien nicht mehr und so wurden sie geschlossen; einfach so. das Ergebnis war eine ökonomische Verwüstung in der Region, die dem weit bekannten S&L-Fiasko gleichkam (Anm. d. Übersetzers: http://de.wikipedia.org/wiki/Sparkassenkrise). Weil aber die Regierung dafür verantwortlich war, hat es niemanden einen Scheiß interessiert, dass junge Familien ihre Häuser verloren und Straße für Straße zugenagelt und die Häuser den reichen Kredit-Firmen überlassen wurden, die Subventionen vom Staat erhielten, um ihr Fallobst zu "stützen". Noch einmal verlor ich meine Altersvorsorge.

Jahre später, nachdem ich eine Scheidung überstanden hatte und nach dem ständigen Kampf, meinem Geschäft eine Eigendynamik zu verpassen, befand ich mich einmal mehr in der Lage, endlich ein bisschen voranzukommen. Dann kam der .COM-Einbruch (Anm. d. Übersetzers: http://de.wikipedia.org/wiki/Spekulationsblase ) und der 911-Alptaum. Unsere Führer entschieden, dass kein Flugzeug den Boden verlassen darf und es schien wie eine Ewigkeit; und noch lange danach waren "spezielle" Infrastrukturen wie San Francisco monatelang in Alarmbereitschaft. Dies machte das Erreichen meiner Kunden unmöglich teuer. Ironischerweise kam die Regierung nach ihren Entscheidungen an, um den Fluggesellschaften mit Milliarden von unseren Steuergeldern zu helfen... wie gewöhnlich ließen sie mich zum verrotten und sterben zurück, während sie ihren reichen, inkompetenten Spießgesellen aus der Klemme helfen MIT MEINEM STEUERGELD! Nach diesen Geschehnissen war mein Geschäft flöten, aber ich hatte noch ein paar Rücklagen.

Mitlerweile dachte ich, dass ich etwas ändern müsste. Wiedersehen, Kalifornien, ich versuch's eine zeitlang in Austin. Also zog ich um, nur um herauszufinden, dass dies ein Ort mit einem Sinn für höchst aufgeblasene Selbstherrlichkeit ist, an dem kaum wirkliche Ingenieurs-Arbeit geleistet wird. Ich hatte noch nie so ein Problem damit, Arbeit zu finden. Der Lohn betrug 1/3 von dem, was ich vor dem Zusammenbruch verdient habe, weil das Einkommen hier durch drei der vier großen Firmen in der Region gereinigt wurde, die gemeinsame Sache machten, um die Preise und Gehälter zu drücken... und dies geschah, weil das Justizministerium mit von der Partie ist und sich einen Scheiß darum schert, jemandem, außer sich selbst und seinen reichen Kumpels, zu dienen.

Um zu überleben war ich gezwungen, meine Ersparnisse und Rücklagen anzugreifen, die letzten aus meinem IRA (Anm. d. Übersetzers: Rentenfonds mit niedriger Besteuerung, in das ein Arbeitnehmer einen Teil seines Einkommens einzahlen kann). Dies geschah in einem Jahr voller gigantischer Ausgaben und nicht einem einzigen Dollar an Einnahmen. Ich habe der Steuerbehörde nichts angegeben, weil ich dachte, dass dies ohne Einkommen nicht nötig sei. Die schlampige Regierung entschied sich, das anders zu sehen. Aber dies haben sie mir nicht rechtzeitig mitgeteilt, um Einspruch erheben zu können, was dazu führte, dass ich diese Berechtigung verlor, als ich letztlich versuchte, beim Gericht Protest einzureichen. Wieder waren 10.000 Dollar für Justiz-Helfer weg.

Und so kommen wir nun zur Gegenwart. Nach meiner Erfahrung mit der CPA-Welt (Anm. d. Übersetzers: http://de.wikipedia.org/wiki/Certified_Public_Accountant) wegen meines Geschäfts-Zusammenbruchs habe ich mir geschworen, nie wieder das Büro eines Steuerberaters zu betreten. Aber hier stehe ich nun in einer neue Ehe und einer Bootsladung undokumentierter Einkomme, ganz zu schweigen von einem teuren, neuen Geschäftsbestand, einem Klavier, von dem ich keine Ahnung habe, wie ich damit umgehen soll. Nach beträchtlichem Nachdenken entschloss ich, dass es verantwortungslos sei, KEINE professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen; ein sehr großer Fehler.

Als wir die Bögen zurück erhielten, war ich optimistisch, dass sie in Ordnung seien. Ich hab die ganzen Informationen aus all' den Jahren zu Bill Ross gebracht und er kam mit ähnlichen Ergebnissen zurück, wie ich sie erwartet hatte. Außer, dass er es verwarf, die Einnahmen von Sheryl's Einkommen mit an zu geben; 12.700 Dollar Wert. Noch schlimmer war, dass Ross wusste, dass das alles fehlte und ich hatte keine Ahnaung davon, bis er is mitten in der Anhörung zur Sprache brachte. Zu dieser Zeit offenbarte sich auf brutalste Art, dass er sich selbst vertrat und nicht mich.

Das hat mich im Desaster zurückgelassen, Überweisungen zu verteidigen, die mit Steuern nichts zu tun haben (jedenfalls waren die Steuer-relevanten Überweisungen notdürftig dokumentiert). Dinge, von denen ich noch nie irgendwas wusste und Dinge, von denen meine Frau annahm, dass sie niemals jemanden interessieren könnten. Und das Endergebnis ist... na ja, sehht euch um.

Ich erinnere mich, vor der "großen" Depression etwas vom Börsenzusammenbruch gelesen zu haben und wie wohlhabende Bankkauf- und Geschäftsleute aus den Fenstern gesprungen sind, als sie gemerkt haben, dass sie es versaut und somit alles verloren haben. Ist es nicht ironisch, wie weit wir in 60 Jahren in diesem Land gekommen sind, dass sie jetzt auf einmal wissen, wie man dieses kleine Wirtschatfsproblem löst; Sie klauen einfach von der Mittelklasse (die dabei nichts zu sagen hat, denn Wahlen sind ein Witz), um ihre Ärsche zu schützen und es geht seinen gewohnten Gang. Wenn die Reichen es heute verkacken, müssen die Armen dafür zahlen... ist das nicht eine kluge, saubere Lösung.

So, wie Regierungs-Behörden handeln, wird auch die FAA (Anm. d. Übersetzers: http://de.wikipedia.org/wiki/Federal_Aviation_Administration) oft als Grabstein-Behörde bezeichnet, obwohl sie damit nicht allein dastehen. Die letzte Presidenten-Puppe GW Bush und sein Gezuppel haben uns alle in ihren acht Jahren darin bestärkt, dass diese Kritik für alle Behörden der Regierung gleichermaßen zutreffend ist.Nichts ändert sich bis es ein Todesopfer gibt (es sei denn, es liegt im Interesse der wohlhabenden Säue der Regierung). In einer Regierung voller Heuchler von oben bis unten ist das Leben so billig wie ihre Lügen und ihre eigennützigen Gesetze.

Ich weiß, dass ich kaum der erste sein werde, der entschieden hat, dass er alles erlebt hat, was er ertragen kann. Es war immer nur ein Irrglaube, dass die Menschen für ihre Freiheit in diesem Land nicht mehr sterben und das geht nicht nur den Schwarzen so und den armen Immigranten. Ich weiß, dass es zahllose vor mir gab und es wird sicher genau so viele nach mir geben. Aber ich weiß auch, dass sich, wenn ich es nicht tue, nichts ändern wird. Ich entscheide mich, nicht länger über meine Schulter zu "Big Brother", während er meinen Rohbau einreißt, ich entscheide, dass ich nicht ignoriere, was um mich herum geschieht, ich entscheide, nicht so zu tun, als würde nicht alles weiterlaufen wie immer; ich habe einfach genug.

Ich kann nur hoffen, dass die Anzahl schnell zu groß wird, um sie zu vertsuchenund zu ignorieren, so dass die Amerikanischen Zombies aufwachen und revoltieren; das ist nötig. Ich kann nur hoffen, dass der Schlag auf den Nerv, der die unausweichliche Doppelmoral der Regierung befriedigt und somit in einer reflexartigen Reaktion der Regierung mündet, die nur noch mehr drakonische Restriktionen hervorbringt, die Menschen zum Aufwachen bringt, so dass sie die aufgeblasenen politischen Verbrecher und ihre gehirnlosen Untertanen als das erkennen können, was sie sind. Es ist traurig, dass ich mein ganzes Leben damit verbrachte, zu glauben, dass es nicht so sei, aber Gewalt ist nicht nur die Antwort, sondern es ist die einzige Antwort. Der grausame Witz ist, dass die wirklich großen Stücke Scheiße an der Spitze das die ganze Zeit gewusst und gelacht haben und dieses Wissen gegen Menschen wie mich benutzt haben.

Ich habe mal gelesen, dass die Definition von Wahnsinn ist, einen Prozess immerzu zu wiederholen und dabei zu erwarten, dass das Ergebnis ein anderes sein wird. Ich bin endlich bereit, diesen Wahnsinn zu stoppen. Also, Mr. Big Brother-IRS-Mitarbeiter, lass es uns mal anders versuchen; nimm' mein Pfund Fleisch und schlaf gut.

Das Kommunisten-Credo: von jedem entsprechend seiner Möglichkeit, an jeden entsprechend seiner Bedürftigkeit.

Das Kapitalisten-Credo: von jedem entsprechend seiner Leichgläubigkeit, an jeden entsprechend seiner Gier

21 Februar 2010

Finkelstein kommt nicht BRD schuetzt ISRAEL's Unterdrueckung!!

Norman Finkelstein per Mail

Warum ich nicht nach Deutschland komme

I will come to Germany when we can have a normal discussion.  Now is not the right time.  I have no desire nor do I see the point in becoming part of a media spectacle.  If I come to Germany to speak before a few people in a small room it will be said that free speech was not violated in Germany.  I do not want to lend credibility to this lie.  I will come to Germany when everyone who wants to hear me speak is able to.

Ich werde nach Deutschland kommen, wenn wir eine normale Diskussion führen können. Jetzt ist dafür nicht der geeignete Zeitpunkt. Weder wünsche ich, noch sehe ich Sinn darin, Teil eines Medienspektakels zu werden. Würde ich nach Deutschland kommen und vor ein paar Leuten in einem kleinen Raum reden, dann würde es heißen, daß das Recht auf freie Rede in Deutschland nicht verletzt wurde. Ich will dieser Lüge nicht Glaubwürdigkeit verleihen. Ich werde nach Deutschland kommen, wenn jeder, der das wünscht, mich sprechen hören kann.




Redeverbot für Finkelstein in Berlin: eine Demokratie, die keine ist

Anis Hamadeh, 18.02.2010

Dr. Norman Finkelstein hat mehrere Bücher zum Themenfeld Israel/Palästina/Holocaust geschrieben und zählt zu den scharfsinnigsten Analysten unserer Zeit. Ähnlich wie Professor Ilan Pappe äußert er sich sehr kritisch zur Vergangenheit und Gegenwart des Staates Israel und beide argumentieren sehr rational und haben gut recherchiert. Besonders nach den Massenmorden in Jenin und in Gaza melden sich diese beiden und viele andere Juden, auch in Deutschland, zu Wort, weil sie nicht von einem Staat für Gewaltzwecke vereinnahmt werden wollen, der sich anmaßt, im Namen aller Juden zu sprechen und zu handeln.

Wie nun bekannt wurde, haben sowohl die Heinrich-Böll-Stiftung als auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung bereits geplante Vorträge Finkelsteins in Berlin abgesagt. Während sich die Grünen-nahe Stiftung gar nicht erst auf eine Erklärung ihres Verhaltens eingelassen hat, begründet der Vorstand der Linkspartei-nahen Stiftung seinen Rückzieher in einer Medieninformation mit der Null-Aussage, dass ein solcher Vortrag "brisant" sei.

Was ist da los, fragt man sich. Ruft Finkelstein vielleicht zur Gewalt auf? Stehen seine Ansichten außerhalb des Rechts, missachtet er die Menschenrechte? Nichts von alledem. Im Gegenteil. Der Grund für das Redeverbot liegt im Einspruch von Gruppen, die Kritik an Israel verhindern möchten und dies mit einem Antisemitismusvorwurf verbinden. Dies ist ein alter Hut und nicht besonders interessant. Interessant ist vielmehr, dass sich die deutsche Öffentlichkeit auf diesen Unsinn einlässt und einem Mann, der seine Familie in deutschen Konzentrationslagern verloren hat, auf deutschem Boden den Mund verbietet und es zulässt, dass er ein Antisemit genannt wird, weil er die Gewalt in Israel thematisiert. Dasselbe ist übrigens vor wenigen Monaten auch dem israelischen Historiker Ilan Pappe in München passiert, als der dortige Oberbürgermeister dessen geplanten Vortrag absagte. Pappe schrieb damals in einem offenen Brief, dass sein Vater "auf ähnliche Weise als deutscher Jude in den dreißiger Jahren mundtot gemacht wurde".

Das deutsche Selbstverständnis

Betrachten wir also das deutsche Selbstverständnis und wenden wir uns dann kurz dem historischen Hintergrund zu, um zu verstehen, wovor man in Deutschland eigentlich solch eine Angst hat. Als kürzlich der israelische Politiker Schimon Peres zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag sprach, erntete er stehende Ovationen. Die wenigen, die sich nicht erheben wollten, weil sie die Gewaltpolitik Peres' und Israels ablehnen, wurden dafür öffentlich angegriffen. So kursierte etwa das Zitat eines Bundestagsabgeordneten: "Die Nazi-Verbrechen, die Shoa und der Vernichtungskrieg sind das originäre Menschheitsverbrechen. (...) Den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus wird am 27. Januar in der Gedenkstunde im Bundestag gedacht. Nur um sie und die Mahnung des 'Nie wieder!' darf es aus diesem Anlass gehen. Alles andere bedeutet in dem Zusammenhang eine Relativierung der Nazi-Verbrechen." Es ist ein für Deutschland typisches Zitat und es zeigt die deutsche Angst ebenso wie die große Gefahr, die darin steckt.

Der Genozid an den Juden wird in diesem Zitat aus jedem historischen Kontext genommen und als einzigartiges Ereignis verklärt. Erstens zeigt das einen "Wir (Wir!) sind die Größten"-Narzissmus. Zweitens zeigt es einen pro-jüdischen Rassismus, so als ob ein Rassismus für einen anderen aufkommen könnte. Nicht die Opfer sind wichtig, nein, die jüdischen Opfer sind es. Als die Nazis Sinti und Roma umgebracht haben, war das also irgendwie OK. Und wie sehr wird dann erst das Töten von Palästinensern OK sein, wenn es von Juden ausgeführt wird. Allgemeiner gesagt: Wenn der Genozid an den Juden "das originäre Menschheitsverbrechen" genannt wird, der einzigartige und unvergleichliche Akt, dann wird jedes andere Verbrechen relativiert und damit nicht so wichtig.

Finkelstein und Pappe passen hier nicht hinein, sie stören die Feierlichkeiten, indem sie den historischen Rahmen benennen. Dies ist um so unangenehmer, als sie Juden sind, mit Familien, die Naziopfer waren. Sie zu ächten zeigt, dass es letztlich nicht jüdische Naziopfer sind, für die der ganze Zirkus veranstaltet wird, trotz aller pathetischer Schwüre und feierlicher Deklarationen. Dies fürchtet Deutschland, dass nämlich die Menschen merken, dass die öffentliche "Holocaust-Erinnerung" ein Schwindel ist und dass Finkelstein und Pappe eloquent und kraftvoll genug sind, um diese Pharce zu demaskieren.

Deutschland hat sich darauf festgelegt, die Naziverbrechen am Staat Israel zu büßen. Wenn es Solidarität mit dem zionistischen Staat übt, dann erfülle Deutschland seine historische Verantwortung. Hinterfragt wird dieses Dogma nie, obwohl es jenseits jeder Logik steht, ausgerechnet den Zionismus zu unterstützen, um Buße zu tun. Jenseits der Logik nicht einmal in erster Linie deshalb, weil es fruchtbare Kooperationen zwischen Nazis und Zionisten gegeben hat. (Es lag ja im Interesse beider Ideologien, Juden aus Deutschland fortzuschaffen.) Was viel schlimmer ist: Gewalt wird nicht als das Problem erkannt. Insofern hat Hitler gewonnen, denn die Gewalt, die diesen Verbrecher in erster Linie zu einem Verbrecher gemacht hat, die hört nicht auf. Im Gegenteil: Mit dem notorischen "Nie wieder!" wird Gewalt und Töten noch gerechtfertigt. Das geht nur, weil der Genozid an den Juden aus seinem historischen Kontext gelöst wurde und nun frei im Raum schwebt.

Das israelische Selbstverständnis

Finkelstein und Pappe schreiben beide über den fehlenden historischen Kontext und davor herrscht große Angst, weil beide sowohl brillant, ja zwingend argumentieren als auch selbst Betroffene sind. Analog zu Goldstone, Chomsky und einigen anderen ziehen die beiden Akademiker den Hass und die Ablehnung des herrschenden Zionismus und seiner rührigen Freunde auf sich. Finkelstein lebt in den USA, wo der Zionismus bekanntlich noch stärker ist als in Israel und er hat kein leichtes Leben. Pappe musste ins Exil nach England gehen, weil es für ihn in Israel unerträglich wurde. Er hat das Buch "Die ethnische Säuberung Palästinas" geschrieben, in dem er deutlich zeigt, dass der israelische Staat auf schwere Gewalt gegründet ist. Wenn man sieht, dass die beiden Autoren in Deutschland Redeverbot bekommen, wundert es nicht mehr, wenn man auch von den Geschehnissen um 1948 nicht viel anderes hört als flache Stereotype.

Nach dem israelischen Selbstverständnis ist der zionistische Staat aus einem "Unabhängigkeitskrieg" hervorgegangen. Demnach haben sich die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus zum Schutz einen Staat gebaut und wurden dann sofort von den bösen arabischen Nachbarn angegriffen. Diese Darstellung ist unantastbar und wird mit großer Hysterie verteidigt, sei es in Israel oder Deutschland, weil sie einer sachlichen Analyse nicht standhält. Als nämlich Israel im Mai 1948 gegründet wurde, war die ethnische Säuberung Palästinas bereits ein halbes Jahr im Gange. "Plan Dalet/Plan D" hieß das und man kann es nachlesen. Zu Hunderten wurden die einheimischen Palästinenser umgebracht und zu Hunderttausenden von zionistischen Milizen aus ihren Dörfern vertrieben. Nach israelischem Selbstverständnis sind viele Palästinenser damals freiwillig fortgegangen, als würde irgendjemand freiwillig seine Heimat und seinen Besitz einfach so aufgeben.

Auf internationalen Druck hatte die UNO in ihrem Teilungsplan etwas mehr als die Hälfte Palästinas den Einheimischen abgesprochen und den Zionisten zugesprochen. Damit gaben sich die Zionisten aber nicht zufrieden. Sie hatten Waffen bekommen und nahmen sich mit Gewalt mehr von dem Land. Als sie dann den Staat darauf gründeten, taten sie das nicht in Absprache mit irgendjemandem, sondern unilateral und überraschend. Es wurde dann das Dogma vom "Existenzrecht" erfunden, damit über diese Vorfälle nicht mehr gesprochen wird. Hier liegt nämlich die Saat der Probleme, mit denen wir bis heute konfrontiert sind. Man kann früher beginnen, mit dem Sykes-Picot-Abkommen oder den ersten ausländischen Siedlern, die sich zum größten Teil nicht integriert haben, sondern aggressiv aufgetreten sind, man kann über die Engländer sprechen und den zionistischen sowie den arabischen Terrorismus, von Jabotinsky und anderen Vorläufern. Aber anhand der Staatsgründung und dem Plan D sieht man am deutlichsten, warum die Geschichte bis heute eskaliert.

Das Massaker von Deir Yassin geschah im Rahmen dieses Plans, es ging durch die Weltpresse. Niemand wurde jemals für diese Blutorgie zur Rechenschaft gezogen und so entstand ein Präzedenzfall, der bis heute nachwirkt. Auch für den Massenmord in Gaza wurde niemand zur Rechenschaft gezogen oder für die anderen Massaker, die Israel gewohnheitsmäßig verübt. Der Landraub von Plan D ist ein ebensolcher Präzedenzfall, denn bis heute wird das israelische Gebiet immer größer, während das palästinensische kleiner wird. Dies alles steckt im verschleiernden Begriff des "Existenzrechts", auch die Rassengesetze von 1950, die allen Juden in der Welt ein "Rückkehrrecht" nach Israel garantieren, während die vertriebenen Einheimischen draußen bleiben mussten (ein einmaliger Vorfall in der langen Geschichte des Landes) und ihr Land und Besitz von den neuen Herren konfisziert wurde, die sich ihrer Blut-und-Boden-Ideologie verschrieben. Vieles davon erinnert an die Nazis, was auch nicht verwundert, wenn man etwas über Täter/Opfer-Dynamiken weiß. Dass Opfer wegen ihrer Traumas zu Tätern werden können, ist bekannt und so offensichtlich, dass es großer Anstrengungen bedarf, diesen Diskurs zu unterbinden. Er wird unterbunden, im militarisierten Israel ebenso wie in Deutschland, es ist tabu. Deshalb ist auch eine rechtsextreme Regierung in Israel kein Problem. Rechtsextremismus ist nicht gleich Rechtsextremismus, wenn es um Israel geht.

Die Spitze des Eisbergs

Das Redeverbot für Finkelstein ist nur die Spitze eines großen Eisbergs. Während diese Zeilen geschrieben werden, werden palästinensische Häuser in Barta'a Ash-Sharqiya zerstört und in Sheikh Jarrah/Jerusalem werden neue Landnahmen beschlossen. Ein großer historischer arabischer Friedhof soll einem "Museum der Toleranz" weichen und in Bil'in geht der gewaltlose Widerstand gegen die Mauer ins sechste Jahr. Regelmäßig werden die Demonstranten von der Armee verletzt, auch getötet. Von den Helden des gewaltlosen Widerstands berichtet die Weltpresse so gut wie nicht, weil es nicht ins Bild passt. Russische Juden in Be'er Sheva im Negev haben gerade einen Beduinenjungen getötet und einen weiteren schwer verletzt, während eine Gruppe fundamentalistischer Siedler ein palästinensisches Kind in Hebron verletzte. Etwa 11.000 Palästinenser sind derzeit in israelischen Gefängnissen. Die "Checkpoints" nach Nablus wurden kürzlich geschlossen, so dass niemand hineinkommt. Die Fischer von Gaza werden von der israelischen Marine beschossen und Gaza ist immer noch unter Belagerung. Dubais Polizeichef sagte aus, dass nach Polizeierkenntnissen sehr wahrscheinlich der Mossad hinter dem Mord an einem Hamas-Politiker in den Emiraten steckt. Jeden Tag kann man auf www.theheadlines.org lesen, was im Land passiert und dass sich seit 1948 nichts an der Routine geändert hat. In Deutschland berichtet zum Beispiel das Palästina-Portal darüber.

Wir bekommen das meiste davon nicht mit, aus Sorge vor aufkommendem "Antisemitismus" lassen unsere Medien das meiste aus. Deshalb sollen wir ja auch Finkelstein und Pappe nicht hören, denn die bestätigen die grauenhaften Vorfälle und die oben angeführte historische Entwicklung. Stattdessen werden wir mit "Informationen" über "Terrorismus" gefüttert. Dass Israels Politik nur zur Selbstzerstörung des Staates Israels führen kann, ist einigen führenden Politikern und Meinungsmachern wohl bewusst. Eine Kultur des Todes könnte man das nennen. Es ist vielleicht auch Selbsthass im Spiel, also das, was man Menschenrechtlern wie Finkelstein und Pappe ebenfalls gern nachsagt. Doch selbst nach unseren Mainstream-Dogmen liegt hier ein großes Problem vor, denn diese Entwicklung schadet auch den Juden, den Zionisten ebenso wie den Anti-Zionisten.

Update am 20.02.2010: Nachdem auch die beiden Veranstaltungen in München (am 24.02. im Amerikahaus, am 25.02 im Kulturhaus Milbertshofen) abgesagt wurden, hat Norman Finkelstein beschlossen, nicht nach Deutschland zu kommen. In Berlin hatte er inzwischen eine Einladung der jungen Welt bekommen, die am 26.02. einen Vortrag über Gaza ausrichten wollte. Finkelstein möchte nicht, dass mit den Auseinandersetzungen um seine Auftritte die Situation der Palästinenser, um die es in seinen Vorträgen gehen sollte, in den Hintergrund tritt. www.normanfinkelstein.com




Finkelstein Banned in Berlin: A Democracy that isn't a Democracy

Anis Hamadeh, February 18, 2010

Dr. Norman Finkelstein wrote several books in the field Israel/Palestine/Holocaust and is one of the most sagacious analysts of our time. Similar to Professor Ilan Pappe, he formulates sharp criticism in respect to past and presence of the State of Israel, and both use very rational argumentations and are reliable researchers. Especially since the mass murders in Jenin and in Gaza, these two men and many other Jews (also in Germany) speak out, because they do not want to be counted among supporters of violence by a state that arrogates to itself the right to speak and act in the name of all Jews.

As is known now, both the Heinrich Boell Foundation and the Rosa Luxemburg Foundation have canceled Finkelstein talks that were already scheduled in Berlin. While the foundation close to the Green party did not even bother to explain its behavior, the board of the foundation close to the Left party explained its drawback in a media info with the empty statement that such a talk would be "explosive" ("brisant").

What is going on there, one wonders. Does Finkelstein call for violence? Are his views outside legal norms, does he disesteem the human rights? Nothing of all this. On the contrary. The reason for banning him is the veto of groups that seek to avert criticism of Israel, connecting this issue with the reproach of anti-Semitism. This is an old chestnut and not specifically interesting. What is interesting, though, is that the German public buys this nonsense and denies a man, who lost his family in German concentration camps, to talk on German soil, tolerating that he is labeled an anti-Semite for his reflections on violence in Israel. The same thing actually happened only some months ago to the Israeli historian Ilan Pappe in Munich, when the city's Lord Mayor canceled a scheduled talk. Pappe then wrote in an open letter that his father "was silenced in a similar way as a German Jew in the early 1930s".

The German Self-Conception

So let us revisit the German self-conception and then take a short look at the historical background to understand this apparantly great fear that is going around in Germany. Recently, when the Israeli politician Shimon Peres talked on the occasion of the Holocaust Memorial Day in the German Bundestag, he received standing ovations. The few, who did not stand up for their refusal of Peres' and Israel's violent policies, were publically attacked. There is, for example, the quote of a member of the Bundestag: "The Nazi crimes, the Shoa, and the war of annihilation are the original crime of humanity. (...) The Jewish victims of National Socialism are memorized on January 27 in the Bundestag memorial. On this occasion, only they and the reminder of 'Never again!' can be the topic. Everything else in this context is a relativization of the Nazi crimes." It is a quote typical for Germany and reveals the German angst as well as the great danger that goes with it.

The genocide of the Jews in this quote is taken out of any historical context and declared a unique event. Firstly, this reveals a "We (We!) are the greatest" narcissism. Secondly, it reveals a pro-Jewish racism, as if one racism could make up for another one. Not the victims are important, no, the Jewish victims are. The Nazi killing of Sinti and Roma thus is kind of OK. And how much then will the killing of Palestinians be OK if conducted by Jews. Put in a more general way: while calling the genocide of the Jews the "original crime", the unique and incomparable act, every other crime is devalued as being not so important. Finkelstein and Pappe do not fit in here, they disturb the celebration by entering the historical framework, which is all the more embarrassing as they are Jews with family ties to Nazi victims. Banning them shows that in the end even Jewish Nazi victims are not what the whole circus is about, despite all the pathetic oaths and solemn declarations. This is what Germany fears, that people realize that public "Remembering the Holocaust" is a fake and that Finkelstein and Pappe are eloquent and powerful enough to unmask this farce.

Germany has decided to do penance for the Nazi crimes by means of supporting the State of Israel. When it stands in solidarity with the Zionist state, then Germany would fulfil its historical responsibility. This dogma is not questioned, although it is beyond any logic to support Zionism, of all things, in order to do penance. Beyond logic not in the first place because there had been fruitful cooperations between Nazis and Zionists. (It was in the interest of both ideologies to bring Jews out of Germany.) What is much worse is that violence is not recognized as the problem. Thus Hitler has won in the end, for the violence that made this criminal a criminal in the first place, this violence has not stopped. On the contrary: the compulsive "Never again!" serves as a justification of violence and killing. This works only because the genocide of the Jews was taken out of its historical context and floats around freely.

The Israeli Self-Conception

Both Finkelstein and Pappe write about the missing historical context and this is what people are afraid of, for both use their arguments brilliantly, even compellingly, and they are concerned as Jews whose families have Nazi experiences. Like Goldstone, Chomsky, and some others, the two academics are subject to hate and rejection of the ruling Zionism and its strenuous friends. Finkelstein lives in the USA, where Zionism is even stronger than in Israel, and he does not lead an easy life. Pappe needed to go to exile in England, because life in Israel became unbearable for him. He wrote the book "The Ethnic Cleansing of Palestine" in which he clearly shows how the Israeli state was built on heavy violence. Considering that both authors face bans in Germany it is no wonder that there is not much heard of the events around 1948 other than flat stereotypes.

According to the Israeli self-conception the Zionist state emerged out of a "War of Independence". In this view, the Jewish victims of National Socialism have created a state to protect themselves and were immediately attacked by their evil Arab neighbors. This version of the story is sacrosanct and is defended with great hysteria, be it in Israel or in Germany, because it does not stand up to a neutral analysis. For when Israel was founded in May 1948, the ethnic cleansing of Palestine had already been going on for half a year. This was called "Plan Dalet/Plan D" and everybody can read about it. Hundreds of indigenous Palestinians were killed and hundreds of thousands were expelled from their villages by Zionist militias. According to the Israeli self-conception many Palestinians went away voluntarily, as if anybody would voluntarily leave their home and property just like that.

International pressure led to the UN partition plan which deprived the native population of a little more than half of Palestine which was to be given to the Zionists. Yet the Zionists were not content with that. They received weapons and took more of the land by force. When they then built a state on this land, they did not do it in agreement with anybody, but unilaterally and surprisingly. The dogma of the "right of existence" was invented so that people would not talk about these events anymore. Here is the seed of the problems we are confronted with until today. It is possible to begin earlier, with the Sykes Picot Treaty or the first settlers from abroad who for the most part did not integrate, but appeared aggessively. One can talk about the British and about Zionist and Arab terrorism, about Jabotinsky and other pioneers. But it is the founding of the state and Plan D which show most clearly why history is escalating until today.

The massacre of Deir Yassin happened in the framework of this plan, it was covered in the world press. Nobody was ever held responsible for this blood-spree and thus a precedence was created which is working until today. Nobody has been taken to account for the mass murder in Gaza, either, and all the other massacres that Israel habitually commits. The Plan D land theft is another precedence, for up to this day the Israeli territory gets wider while the Palestinian territory shrinks. All this is inherent in the biased concept of "right of existence", as are the race laws from 1950 which guarantee all Jews in the world a "right of return" to Israel while the expelled native population had to keep out, an unprecedented act in the long history of the country. Their land and property were confiscated by the new masters who clung to a blood-and-soil ideology. A lot of this reminds one of the Nazis, which by no means is a wonder, when you consider the victim/perpetrator dynamics. It is known that victims, because of their traumas, are prone to become perpetrators and it is so obvious that it takes a whole lot of energy to suppress the respective discourse. It is suppressed, in militarized Israel just like in Germany, it is taboo. For this reason, a government of right-wing extremists in Israel is not a problem. Right-wing extremism is not right-wing extremism, when it comes to Israel.

The Tip of the Iceberg

The cancelation of Finkelstein's talks are but the tip of a huge iceberg. While these lines are written, Palestinian houses in Barta'a Ash-Sharqiya are being demolished and in Sheikh Jarrah/Jerusalem new land thefts are scheduled. A big historic Arab graveyard is to be confiscated to build a "Museum of Tolerance" on it while in Bil'in the nonviolent resistance against the wall enters its sixth year. The protesters are injured by the army on a regular basis, and also killed. The world press says almost nothing about the heroes of nonviolent resistance, because it does not fit the image. Russian Jews in Be'er Sheva in the Negev have just killed a bedouin boy and heavily injured another, while a group of fundamentalist settlers have injured a Palestinian child in Hebron. About 11.000 Palestinians are kept in Israeli prisons. The "checkpoints" to Nablus have been closed down recently so that nobody can enter. The Gaza fishermen are being shot at by the Israeli navy and Gaza is still under siege. The head of the Dubai police just confirmed that according to police investigations there is a very high probability that the Mossad is behind the murder of a Hamas politician in the Emirates. Every day you can read on www.theheadlines.org what happens in the country and that since 1948 there has been no change of the routine. In Germany, the Palästina Portal is one of the sources one can turn to.

Most of what happens remains unknown to us, our media skips most of it, for fear of inciting an increasing "anti-Semitism". It is for the same reason that we are not to listen to Finkelstein and Pappe, for they verify the terrible events and the historical development sketched above. Instead, we are fed with "information" on "terrorism". It is well-known to some of the leading politicians and opinion-leaders that the Israeli policy can only lead to the self-destruction of the State of Israel. Call it a culture of death. Maybe self-hatred is another reason for this behavior, something human rights advocates like Finkelstein and Pappe are labeled by exactly those who display it themselves. But even according to our mainstream dogmas we have a big problem here, for this development is bad for the Jews, too, the Zionists among them and the anti-Zionists.

Update on Feb. 20., 2010: After that the two talks scheduled in Munich (on Feb. 24 in the Amerikahaus and on Feb. 25 in the Kulturhaus Milbertshofen) have also been canceled, Norman Finkelstein has decided not to come to Germany. In the meantime he had been invited in Berlin by the newspaper junge Welt and was to give a talk on Gaza on Feb. 26. Finkelstein does not want the controversy about his appearances to overshadow the situation of the Palestinians who were the topic of his talks. www.normanfinkelstein.com




Der Schwarze Kanal: Die Mossad-Fraktion

Von Werner Pirker

Norman Finkelstein wird in Berlin doch noch Gelegenheit erhalten, sich zum Thema »Israel, Palästina und der Goldstone-Bericht über den Gaza-Krieg« äußern zu können. Nachdem die Linkspartei-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) ihre Raumzusage zurückgezogen hat, wird der für den 26. Februar angesetzte Vortrag des US-amerikanischen Politologen in der Ladengalerie der jungen Welt stattfinden.

In Zeiten permanent beschworener »Diskussionskultur« werden ihre minimalsten (räumlichen) Voraussetzungen systematisch eingeschränkt. Dem Rückzieher der RLS waren Absagen der evangelischen Trinitatis-Kirche in Charlottenburg und der grünen Heinrich-Böll-Stiftung vorausgegangen. Sie fügten sich dem von selbsternannten Diskussionskulturkommissaren verhängten Diskussionsverbot. Denn Norman Finkelstein, Sohn von Holocaust-Überlebenden, bediene, wie es in einem maßgeblich vom Arbeitskreis Shalom, einer prozionistischen pressure group in der Linkspartei, initiierten Aufruf heißt, »antisemitische, antizionistische und geschichtsrevisionistische Positionen«.

Daß der ebenfalls mit der Linkspartei assozierte Arbeitskreis »Frieden und internationale Politik« zur Teilnahme an der Finkelstein-Veranstaltung aufgerufen hatte, finden die Unterstützer der israelischen Kriegs- und Besatzungspolitik als »untragbar«. Auch wenn sie sich, weil innerhalb der Partei die Linke ausgetragen, so darstellt: Als Auseinandersetzung zwischen Linken kann dieser Konflikt nicht mehr aufgefaßt werden. Es ist ein antagonistischer Konflikt zwischen Anhängern und Gegnern der imperialistischen Gewaltpolitik. Dazu muß erwähnt werden, daß die Imperialismus-Kritiker in der Linkspartei alles andere als Extremisten sind, wohl aber die sich in dieser Partei tummelnden Befürworter permanenter Völkerrechtsverletzungen – wenn auch keine linken. Denn an kriegstreiberischer Energie – bis hin zu Forderungen nach einem Atomschlag gegen den Iran – läßt sich die Mossad-Fraktion in der Linkspartei von niemandem überbieten.

In seinem jüngsten Interview mit dem Neuen Deutschland hat Oskar Lafontaine von Leuten in der Partei gesprochen, die sich als Stichwortgeber des rechten Kampagnenjournalismus hergeben. Auch wenn er dabei nicht an die Israel-Lobby gedacht haben dürfte, trifft dieser Vorwurf auf den Arbeitskreis Shalom ganz besonders zu. Dessen politische Stoßrichtung ist ausschließlich gegen Linke innerhalb und außerhalb der Linkspartei gerichtet. Dem politisch korrekten Gebot der »Solidarität mit Israel« bedingungslos folgend, entwickelte die Gruppe eine denunziatorische Leidenschaft, als gälte es, als »größer Lump im Land« offiziell anerkannt zu werden. Doch ihr offen parteischädigendes Verhalten scheint den Shalom-Leuten parteiintern keineswegs zum Nachteil zu gereichen, wie das von der RLS ausgesprochene Raumverbot für Finkelstein beweist.

Man habe die politische Brisanz eines alleinigen Finkelstein-Vortrages unterschätzt, bedauerte die Stiftung in nacheilendem Gehorsam gegenüber der prozionistischen Lobby ihre ursprüngliche Zusage. In den Räumen der Stiftung über das Massaker auf Gaza zu sprechen, wäre nur möglich gewesen, wenn die Veranstalter auch einen Massaker-Verteidiger auf dem Podium zugelassen hätten. »Finkelsteins Thesen sind auch in unserem Haus umstritten«, äußerte Stiftungssprecher Henning Heine gegenüber der tageszeitung. Duldet eine sich in ihrem Namen auf Rosa Luxemburg beziehende wissenschaftliche Instutition in ihrem Haus keine Andersdenkenden? Auch stellt sich die Frage, ob im Haus am Franz-Mehring-Platz das Eintreten für die einer gnadenlosen Soldateska ausgelieferten Palästinenser umstritten ist, während Israels »legitimes Selbstverteidigungsrecht« als unumstritten gilt? Ein Herr Osten von der Sacken jedenfalls durfte in diesem Haus seine kriegshetzerischen Tiraden loslassen, ohne daß die Stiftung auf einen »Gegenpart« bestanden hätte.

Am meisten zu denken geben aber sollte die Tatsache, daß sich als Linke darstellende Extremisten des neoliberalen Hegemonialblocks ungehindert als Diskussionsverhinderer betätigen können, indem sie weitgehend unwidersprochen den aniimperialistischen Diskurs unter Naziverdacht stellen. Und da dies nicht bloß Ausdruck sektenhaften »antideutschen« Wahns ist, sondern von Teilen des Linkspartei-Apparates wohlwollend hingenommen wird, bahnt sich eine für die Zukunft der Linken äußerst bedrohliche Entwicklung an.

18 Februar 2010

Grundeinkommen weniger utopisch als Mythos Vollbeschäftigung

Psychologische Aspekte eines bedingungslosen Grundeinkommens

Prof. Theo Wehner erforscht als Arbeits- und Organisationspsychologe
u.a. auch menschliche Tätigkeitsmotive. Ihm erscheint derzeit das Modell
eines bedingungslosen Grundeinkommens weniger utopisch als der Mythos
von der Vollbeschäftigung

Interview mit Prof. Wehner; siehe:
http://www.initiative-grundeinkommen.ch/content/blog/PSC_12_09_InterviewWehner.pdf

Die Re-Humanisierung der Gesellschaft?

Psychologische Aspekte eines bedingungslosen Grundeinkommens bGE

Herr Professor Wehner, wie nehmen Sie
als renommierter Arbeits- und Organisationspsychologe die
psychologischen Auswirkungen der aktuellen Konjunkturkrise wahr?

Wir wissen heute recht gut, dass die vermeintlich konjunkturellen
Probleme struktureller Art sind und letztlich Kontinuität aufweisen.
Kontinuität besteht beispielsweise --positiv gesprochen in der
Technologieentwicklung -- real ausgedrückt in demsichdarausergebenden
Rationalisierungspotenzial: Seit 1970 erhöht sich die Zahl der Güter und
Dienstleistungen, die wir pro Stunde zu produzieren in der Lage sind,
jährlich um ca.2,6 Prozent. Dies entspricht einer Verdoppelung der
Produktivität in 27 Jahren! Berücksichtigt man zusätzlich die
Arbeitslosenquote -- in der Eurozone liegtsie bei9,4 Prozent -- und
nimmt zur Kenntnis, dass sich durch die Globalisierung das Angebot an
Arbeitskräften auf ca. 3Milliarden erhöht hat, so ist Vollbeschäftigung
-- wenn man einmal von sittenwidrigen Verträgen und Dumpinglöhnen
absieht -- die utopischere Vorstellung als jene des bedingungslosen
Grundeinkommens(bGE).

Wenn wir nun als Psychologinnen und Psychologen auf diese ökonomischen
Fakten schauen,so können wir feststellen, dass die Angst um den
Arbeitsplatzverlust, ja letztlich Existenzängste und Kontrollverlust zur
Normalbiografie gehören. Die Veränderungen, die durch den neuen
psychologischen Vertrag aufgezeigt werden, weisen in dieselbe Richtung:
Die Vermarktlichung des eigenen Könnens, das ständige «Nachrüsten» von
Kompetenzen und die Be- bzw. Abwertung der Qualifikationen der
Mitbewerber sind Dauerthema. Kein Wunder, dass Coaching auf der einen
und Wellness auf der anderen Seite boomen.

Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die bisherigen
Errungenschaften der Arbeits- und Organisationspsychologie?

Gemäss Kurt Lewins Bild vonden zwei Gesichtern der Arbeit ist Arbeit als
Mittel zum Zweck einerseits Mühe und Last; auf der anderen Seite ist das
Leben ohne Arbeit hohl. Bezogen auf die Anforderungen an die A&O
Psychologie gilt es also, einerseits die Arbeit so kurz und bequem wie
möglich und anderseits so menschenwürdig und reichhaltig wie möglich zu
gestalten.
Seit dem Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens ausden 1970er
Jahren sind meine Illusionen, auf beiden Seiten mitgleichem Erfolg
gearbeitet zu haben, geschwunden: So haben wir zwar erreicht, dass das
Bücken -- im Fitnesszentrum empathisch gepflegt -- am Arbeitsplatz
unterdessen geradezu verboten ist.
Menschenwürdiger jedoch ist die Arbeit in vielen Bereichen nicht
geworden. Das illegale Abhören von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist
noch nicht einmal kapitalismusfähig, geschweige denn menschenwürdig.
Man weiss zudem seit Langem, dass zur Gesamtzufriedenheit der Menschen
die soziale Anerkennung bzw.Wertschätzung wesentlich mehr beiträgt als
die finanzielle Anerkennung. Trotzdem gehört das entsprechende Item in
Mitarbeiterbefragungen meistens zu jenen, die am schlechtesten abschneiden.


Sie denken als Psychologe öffentlich über volkswirtschaftliche
Alternativmodelle nach, wie z.B.über das Konzept eines bedingungslosen
Grundeinkommens bGE. Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe -- neben Themenbereichen wie Innovation, Arbeitskonflikte und
psychologische Fehlerforschung -- vor 10 Jahren begonnen,die
Tätigkeitsbedingungen und -motive jenseits der Erwerbsarbeit ins Zentrum
unserer Forschung zu stellen, weil ich der Ansicht bin, dass die heutige
Lohnarbeitspsychologie nicht alle Facetten des Tätigseins zu beschreiben
in der Lage ist.
Prof. Theo Wehner erforscht als Arbeits und Organisationspsychologe u.a.
auch menschliche Tätigkeitsmotive. Ihm erscheint derzeit das Modell
eines bedingungslosen Grundeinkommens weniger utopisch als der Mythos
von der Vollbeschäftigung.
In der Schweiz ist, wenn man grosszügig rechnet,jede zweite Person frei
gemeinnützigtätig. Dabei handelt es sich meist um Menschen mittleren
Alters mit relativ grossem Freundeskreis, klassischen Familienstrukturen
und mit guter Work-life-Balance, wie das Schweizer Haushaltspanel zeigt.
Wir gehen davon aus, dass es sich hierbeinicht «lediglich» um
prosoziales Verhalten handelt: Es ist Tätigsein, formal organisiert oder
individuell gestaltet.
Konkret haben wir gefragt, welche Motive und Bewertungen dazu führen,
dass Bürgerinnen und Bürger frei gemeinnützig tätig werden. Bei aller
Verkürzung können dazu drei Aspekte angeführt werden: Sinngenerierung,
Wertschätzung und Generativität.
Menschen, die freiwillig Arbeit verrichten, tun dies, um der
Gesellschaft etwas zurückgeben zu können, weil in dieser Tätigkeit ihre
persönlichen und gemeinwohlorientierten Werte geschätzt werden und sie
letztlich persönlichen Sinn zu generieren in der Lage sind. In unserer
Forschung zur freiwilligen Arbeit und in der Schweiz auch zu
Miliztätigkeiten wie z.B. Ehrenämtern stellen wir zudem einen sehr
elaborierten Anspruch auf Anerkennung fest. Plattes Lob oder simples
Feedback wie «Das hast du gut gemacht; wenn wir dich nicht hätten,...»
tragen demnach gar negativ zur Zufriedenheit bei -- schätzungsweise
deshalb, weil solches wohl nicht als den Selbstwert stärkend gemeint ist
und entsprechendals die Autonomie einschränkend erlebt wird.
Gegen solche Floskeln kann man sich nur dort schützen, wo optionale
Freiheit besteht; solche besteht im Bereich der freigemeinnützigen
Tätigkeiten; und sie wird auch einer Gesellschaft mit bedingungslosem
Grundeinkommen unterstellt.

Womit der inhaltliche Zusammenhang zwischen Ihren Schwerpunktthemen und
dem bGE gegeben ist. Was aber motiviert einen Psychologen wie Sie zu
praktischem Engagement wie öffentlichen Stellungnahmen und einer
Forschungskooperation?

Angesichts der eingangs beschriebenen strukturellen Hintergründe der
heutigen Situation erscheint mir die Idee der Vollbeschäftigung
inzwischen als wesentlich utopischer als die Vorstellung eines bGE.
Aus meiner Sicht geht es nicht mehr nur um eine Humanisierung der
Erwerbsarbeit, sondern um eine Re-Humanisierung der Gesellschaft.
Die bGE-Modelldiskussion muss dabei von unteschiedlichen Disziplinen
angegangen werden: Sozialphilosophen werden fragen müssen, inwieweit
diese Form
der Freiheit eine Zumutung ist, Ökonomen sollen rech-
nen und möglichst auch noch mal nachrechnen, Poli-
tologen werden die Sozialgesetzgebung neu reflektieren
-- und die Psychologen sollten sich erkenntnistheore-
tischmit derBewusstseinsfrage auseinandersetzen.
Foto: Andrzej -- Fotolia.com
09Ichbin vomDenkender kulturhistorischen Schule
geprägtworden, laut derdie Bewusstseinsfunktion der
Motive darin besteht, die Lebensbedeutung soge-
nannterobjektiver Gegebenheitenund subjektiver
Handlungen zu bewerten und ihnen dadurch persön-
lichen Sinn zu verleihen. Leontjev bringt es auf den
Punkt,wennersagt: «Psychologischgesprochen
existieren objektive Bedeutungen überhauptnur als
Realisierung des persönlichen Sinns.»
Wenn das Grundeinkommen mir ein Auskommen ga-
rantiert, so kann ich persönlich entscheiden, welche
objektiven Angebote, die ich durch subjektive Hand-
lungen erfüllen könnte, auch persönlichen Sinn gene-
rieren. Da dies in unsererGesellschaftbereits zwischen
30--50Prozent derfreigemeinnützigTätigen gelingt,
unterstelle ich, dass genügend Erfahrungspotenzial vor-
handen ist, mit der anderen Hälfte diese Diskussion zu
führen. Dies kann natürlich nicht von heute auf mor-
gengeschehen:Wirmüssenineiner kapitalistischen
Gesellschaft mit Entfremdung, Verdinglichung und
damit mit Verkümmerungen von Eigeninitiative, Ge-
meinwohlorientierung und Eigenverantwortung rech-
nen. Die Auseinandersetzung mit dem bGE halte ich
deshalb vorerst für einen Kulturimpuls und nicht für
ein ausgearbeitetes Tool, welches lediglich noch zu im-
plementieren ist.
Zum bGE konkret: Derzeit nehmen die Probleme im Be-
reichdes Servicepubliczu, wieu.a.der Pflegenotstand
oder die aktuellenMängel beim teilprivatisierten öV zei-
gen. Garantiert die oben beschriebene Sinnkategorie,
dass unter Voraussetzung eines bGE genügendMotivati-
on zurSicherung desService public vorhandenwäre?
Wenn mir von der Gesellschaft ein bedingungsloses
Grundeinkommen gewährtwird, so istdochdie von
Erikson bezeichnete Entwicklungsstufe der Genera-
tivität eher stärker herausgefordert als grundsätzlich
gefährdet. Einer Gesellschaft, die mir nicht nur be-
dingungslose Bürgerrechte, sondern auch eine bedin-
gungslose Existenz sichert, würde ich gerne auch wie-
deretwas zurückgeben.
Wie gesagt, ist dies bereits jetzt dasMotiv vieler frei-
gemeinnützig Tätiger und müsste nicht erst durch das
bGEhervorgebrachtwerden!
Was für einMenschenbild liegt dieser optimistischen An-
nahme zugrunde?
Die Ergebnisse aus der Freiwilligenforschung sprechen
für ein humanistisches, gemeinwohlorientiertesMen-
schenbild, das über biologische und ökonomischeMo-
tive hinausgeht, nicht bezüglich seiner Arbeitswilligkeit
extrinsisch motiviert und kontrolliert zu werden braucht
und z.B. durchMaslows Bedürfnispyramide veran-
schaulicht werden könnte.
Obwohl die Bedürfnispyramide kulturabhängig und
nicht überall reproduzierbar ist, so ist es in unserer Ge-
sellschaft für viele doch möglich, Nahrung, Kleidung
und Behausung zu finden. Andererseits deutet die Ver-
engung in Richtung Spitzebereits an,dassnur wenige
es vermögen, zusätzlich dazu auch das Bedürfnis nach
sozialer Anerkennung, Selbstverwirklichungodergar
Transzendenz zu befriedigen. Bei aller Reserve gegen-
über derAnthropologie lässtsichzusätzlich sagen:
«Auf das Tun-Können kommt es gerade des Geistes
wegen an», so dass wirnicht voneinemMenschenbild
ausgehen sollten, welches die Verweigerung von Tätig-
sein unterstellt, sondern genau vom Gegenteil.
Dieses «Tun-Können» machen viele von finanziellen
Ressourcen abhängig,die entsprechend umzuverteilen
seien:Wie antworten Sie auf den Kommunismus-Vor-
wurf,der auch heutenochanjenegerichtet wird,die
über ein bGE nachdenken?
Ja, es stimmt, dass das Thema immer wieder mit kom-
munistischem Gedankengut verwechselt wird. Eber-
hard Ulich, dem ich die Ausführungen in diesem In-
terview zum 80. Geburtstag widmen möchte, hat vor
über 25 Jahren einen Vortragzum gleichenThemain
derSchweiz gehalten undbekam drei Tage später einen
Brief, aufwelchem alsAdresse lediglichstand: «Anden
kommunistischen Professor der ETH Zürich».
Abgesehen von der erstaunlichen Unwissenheit dar-
über, was Kommunismus tatsächlich bedeutet, näm-
lich die Freiheit des Einzelnen gerade nicht zu stärken
und ihn in den Arbeitsdienst zu schicken, und abgese-
hen davon, dass auch einige bGE-Mitstreiter von einer
«capitalist road to communism» sprechen, geht es bei
derAuseinandersetzungnicht um Verteilungsprobleme
oder um den Besitz von Produktionsmitteln; es geht
vielmehr um einMenschenrecht, nämlich jenes der
Existenzsicherung jenseits der Notwendigkeit zur Lohn-
arbeit. So wie wir mit dem Eintritt in die Gesellschaft
die Bürgerrechte bedingungslos bekommen, so kann
man sich durchaus vorstellen, dass ein Grundeinkom-
men, bedingungslos und über der Armutsgrenze lie-
gend, jedem Bürger und jeder Bürgerin gewährt wird.
Gemäss Ihrem Forschungspartner Dr. Sascha Lieber-
mann istdas bGE«einkonsequenter Vorschlag, wenn
manesmit derSouveränitätder Bürger alsBürger, nicht
nur als Erwerbstätige, ernst meint». Nun gibt es aber bis-
herkeine Staatsmacht, dieder globalisiertenWirtschaft
Paroli bieten resp. ein solches Bürgerrecht global verhän-
gen könnte ...
Mich überrascht die Entschiedenheit, mit der Sie die
Ohnmacht desStaatesbehaupten.Tatsächlich istes
auch heute so, dass die politische Gemeinschaft der
Bürger, nichts anderes ist der Staat, die Bedingungen
10
DOSSIER: Konjunktur und Psyche
PSYCHOSCOPE 12/2009Das Konzept des bGE
Das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens
bGE sieht vor, dass alle BürgerInnen ein bedingungsloses
Grundeinkommen erhalten, über dessen Höhe demokra-
tisch abgestimmt wird und das die bisherigen Sozialver-
sicherungen bis zu seinerHöheersetzt.Bedarfe darüber
hinaus sollten weiterhin erfüllt werden, allerdings so wie
heute: bedingt. Für die Schweiz kursiert diesbezüglich ein
Vorschlag in der Höhe von 2500 Franken pro Erwachse-
nenbzw.Fr. 500.--pluszusätzlich Fr.100.-- proAltersjahr
für Kinder. Als Finanzierungsmodell für ein bGE wird an-
stelle der Einkommenssteuer eine sogenannte Konsum-
steuer diskutiert.
DieInitiantengehen davonaus,dassdas Modell eines
bedingungslosen Grundeinkommens kostenneutral
verwirklichbarwäre, und dass diedamit verbundene
«Freiheit zu arbeiten» dem Menschen zumutbar ist.
Weitere Informationen und Literaturhinweise:
www.psychologiedesgrundeinkommens.ch
Zur Person
Prof. Dr. Theo Wehner ist seit 1997 ordentlicher Profes-
sor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der
ETH Zürich und beschäftigt sich seit einigen Jahren auch
mit Motivationspsychologie in der freigemeinnützigen Tä-
tigkeit. Er hat schon mehrfach Stellung zum Thema «be-
dingungsloses Grundeinkommen» bezogen. Derzeit un-
terstützt er den deutschen Philosophen, Soziologen und
bGE-Vordenker Dr.SaschaLiebermannimRahmeneiner
Forschungskooperation.
Anschrift
Prof. Dr. Theo Wehner, ETH Zürich, Zentrum für Organi-
sations- und Arbeitswissenschaften (ZOA), Forschungs-
gruppe «Psychologie der Arbeit in Organisation und Ge-
sellschaft» (PdA), Kreuzplatz 5, KPL H 13, 8032 Zürich.
www.pda.ethz.ch
twehner@ethz.ch
Résumé
Le Prof. zurichois Theo Wehner, psychologue du travail
et des organisations, s'est déjà exprimé à de nombreu-
ses reprises sur le «stimulus culturel» que représente
un revenu minimum garanti (RMG). Le chercheur expli-
que ici ce que la psychologie de la motivation en matiè-
re de travail d'intérêt général aàfaire avec le potentiel
humain de liberté; il développe en parallèle les aspects
psychologiques d'un stimulusculturelessentiel en
temps de crise. Dans la situation actuelle de l'écono-
mie, l'idée même de plein emploi lui paraît pour l'heure
plus utopiquequ'un RMG.
definiert, wie in einem Land gewirtschaftet wird.
Sicherlich kann man feststellen, dass auch Politiker all-
zu oft und unbegründet auf vermeintliche Sachzwänge
verweisen oder sich vorWirtschaftsinteressen verneigen
-- die Finanzkrise lehrt uns, wohin das führen kann.
Hier könnten wir gelassener mit der globalisiertenWirt-
schaft umgehen und uns mehr darauf besinnen, was wir
denn als Gemeinwesen wollen. Denn schliesslich sol-
len Güter abgesetzt werden, Unternehmen müssen also
Märkte suchen, kommt das eine Unternehmen nicht,
weil ihm die Bedingungen nicht genehm sind, dann
kommen andere. Insofern ist die öffentliche Diskussion
um das bGE auch eine Diskussion darum, sich auf den
Vorrang des Politischen zu besinnen, und das stärkt mit-
telbar eben auch das unternehmerische Handeln.
Falls das bGE dereinstWirklichkeit werden sollte:Wie
schätzen Sie die Folgen für die Psychologieberufe ein?
Versetzen wir uns gedanklich in die Zeit des bGE,
so würdeich vermuten, dass Psychologinnen und
Psychologen nicht mehr nur im Dienste der Selektion,
Qualifizierung und Eingliederung in den Erwerbs-
arbeitsprozesssowie derReparaturvon negativen
Auswirkungen durchErziehung, Schule undArbeit,
sondern im Dienste der Selbstverwirklichung und
in derUmsetzung vonKriterien «guter Erziehung,
Bildungund Arbeit»tätig sein würden;obdazuder
Mainstream momentaner Variablenpsychologie taugt,
istallerdingszubezweifeln!VielesanForschung,womit
heute «Impact» erzieltwerdenkann, würdeinZeiten
des bGE u.U. keinerlei Eindruck mehr machen;
es würdevielmehrdeutlich, wiesehrein Grossteil
heutiger Forschungals Lohnarbeitspsychologiezu
kennzeichnen wäre.Anderes,was es heute schwer hat
«Impact» zu erzielen --organisationaleDemokratie,
unternehmerische Verantwortung, persönlichkeitsför-
derliche Arbeitsbedingungen --würde nachgefragt,
undzwareherdirektdurch dietätigenMenschen und
nicht indirekt -- mit Blick auf Effektivitätserhöhung
und Rationalisierungspotenzial -- durch dasManage-
mentoderauchvon denArbeitnehmervertretungen.
Konkret würde beispielsweise aus der heutigen Perso-
nalauslese oder einem Assessment vorgängig eine Fir-
menauslese durch den potenziellenMitarbeitenden und
es gäbe auch Absagen an Arbeitgeber: «Ich bedauere Ih-
nen mitteilen zu müssen, dass das mir vorliegende An-
gebot zurMitarbeit in ihrem Unternehmen leider nicht
meinen Erwartungen an "gute Arbeit" entspricht.»
Interview: Susanne Birrer
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16 Februar 2010

Eiszeit in Deutschland?? Schneechaos - bald Flut durch Schneeschmelze!

Golfstrom in Gefahr?

In Klimawandel on 8. August 2009 at 22:09

Ein plötzlicher Meeresspiegelanstieg entlang der gesamten  Ostküste der USA und eine deutliche Abkühlung im Nordatlantik deuten womöglich auf eine erhebliche Abschwächung des Golfstroms hin. Käme es tatsächlich soweit, dann hätte das einschneidende Konsequenzen für die klimatischen Bedingungen in ganz Europa und auch darüber hinaus.

Die Abkühlung im Nordatlantik begann Anfang Juni in der Region der Azoren, setzt sich bis heute fort und dehnte sich dabei allmälich über eine immer grössere Fläche aus, wobei sich die Wassertemperturen zeitweise sogar noch immer weiter zurückgingen.

Abkühlung im Nordatlantik begann Anfang Juni in der Region der Azoren

Die negative Temperaturanomalie im Nordatlantik am 30. Juli 2009…

ein woche spaeter

… und eine Woche später am 7.August 2009 Quelle: http://weather.unisys.com/surface/sst_anom.html

Zeitgleich kam es an der gesamten US-Ostküste vollkommen überraschend zu einem drastischen Meeresspiegelanstieg um teilweise bis zu 60cm. Im Juli halbierten sich die Pegelstände allerdings wieder. Die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) veröffentlichte sogar eine Alarmmeldung.

US-Ostküste vollkommen überraschend zu einem drastischen Meeresspiegelanstieg

Die Alarmmeldung der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), Screenshot.  Quelle:(http://tidesandcurrents.noaa.gov/press/EastCoastWaterLevelAnomaly.shtml).

Die beiden Ereignisse, vor allem aber auch ihr zeitliches Zusammentreffen entsprechen beunruhigenderweise genau dem Szenario, das Klimamodelle für den Fall einer einer drastischen Abschwächung des Golfstroms bzw. seines nordatlantischen Armes (Nordatlantikstrom) gerechnet haben. Dabei hat der Meeresspiegelanstieg zunächst strömungsdynamisches Gründe. Für den Fall einer Verlangsamung des Nordatlantikstroms staut sich das Wasser in Richtung der US-amerikanischen Ostküste zurück. Zu dieser Interpretation der Ereignisse passt sehr gut, dass die Abkühlung im Nordatlantik genau dort stattfindet, wo auch der aus dem Golfstrom entspringende Nordatlantikstrom verläuft. Auch eine auffällige Erwärmung der Wassertemperaturen entlang der US-Ostküste passt gut ins Bild, da mit dem Rückstau der Meeresströmung natürlich auch ein Wärmerückstau einhergeht.

Tatsächlich bestätigte die NOAA inzwischen, dass tatsächlich eine Verlangsamung des Golfstroms stattgefunden hat (http://www.27east.com/story_detail.cfm?id=224470&town=East%20Hampton&n=The%20sea%20is%20rising ).

Niemand kann zurzeit sagen, wie es weitergeht. Sollte  sich der Golfstrom wieder erholen, so wäre das kein Anlass zur Entwarnung. Denn auch für diesen Fall müsste man leider davon ausgehen, dass die thermohaline Zirkulation sich bereits in einem Bereich gefährlicher Instabilität bewegt.

Wie alle Meeresströmungen wird auch der Golfstrom  durch Winde, aber auch durch Veränderungen von Temperatur und Salzgehalt des Meereswassers  angetrieben (thermohaline Zirkulation).

Unterschiede in der Wassertemperatur als auch im Salzgehalt

Golfstrom: Die warme und turbulente Meeresströmung bildet immer wieder Wirbel aus, insbesondere dort, wo der Nordatlanikstrom auf den kalten Labradorstrom aus dem Norden trifft. Quelle: http://idw-online.de/

Das vom Äquator zu den Polen strömende Warmwasser gibt seine Wärme vor allem durch Verdunstung (latente Wärme) nach und nach an die darüberliegenden Luftschichten ab. Damit einhergehend erhöht sich der Salzgehalt des Wassers stetig.  Die Dichte des Wassers nimmt so immer weiter zu bis es schliesslich weit im Norden in abwärtsgerichteten Wirbeln abzusinken beginnt (Absinkzonen). Begünstigend wirkt hier im Winter auch  die Neubildung von Meereis. Da das Eis nur wenig Salz aufnehmen kann, wird das überschüssige Salz beim Gefrieren abgepresst, wobei sich der Salzgehalt des umgebenden Meerwassers natürlich weiter zunimmt. Ausserdem kühlt das Wasser bei Kontakt mit dem Eis noch weiter an. Absinkzonen befinden sich zum Beispiel südlich von Grönland oder bei Island. Die Bildung von kaltem und salzhaltigem Tiefenwasser, welches wieder in Richtung Äquator strömt, wirkt wie eine Pumpe und verstärkt so die Meeresströmung.

Da Meeresströmungen sowohl durch Unterschiede in der Wassertemperatur als auch im Salzgehalt angetrieben werden spricht man auch von einer thermohalinen Zirkulation.

Die vom Golf- und Nordatlantikstrom erwärmte feuchte Meeresluft gelangt mit den in mittleren Breiten vorherrschenden Westwinden (und den sich in der Luftströmung ab einer kritischen Strömungsgeschwindigkeit bildenden Tiefdruckwirbeln) nach Europa und sorgt dort vor allem in den Wintermonaten für ein deutlich milderes Klima als es sich ansonsten aus der geographischen Lage ergeben würde. Eine Abschwächung des Golfstroms bedeutet also automatisch eine mehr oder weniger drastische Abkühlung.

Zu einer Abschwächung der thermohalinen Zirkulation des Golf- und Nordatlantikstroms kann es dann kommen, wenn grosse Mengen Süsswasser in den Nordatlantik gelangen, vor allem auch im Bereich der Absinkzonen:

Die globale Erwärmung als Folge der Emission von Treibhausgasen verstärkt die Wasserverdunstung. Die wärmere und feuchtere Luft gelangt durch die atmosphärische Zirkulation in höhere Breiten, wo es dann häufiger und mehr Niederschläge gibt.

Auch das Abschmelzen grösserer Eismassen erhöht den Süsswassereintrag in den Nordatlantik. Im Jahre 2007 erreichte die Eischmelze in der Arktis einen absoluten Rekord. 2008 gab es zwar eine leichte Erholung, aber in 2009 könnte der Rekordwert von 2007 (nahezu) wieder erreicht werden. Was vor zwei Jahren noch vielfach als ein Ausrutscher aufgrund einer besonderen Wetterlage angesehen wurde, wird offenbar sehr schnell zur Normalität.

Abschmelzen grösserer Eismassen erhöht den Süsswassereintrag in den Nordatlantik

Die Eisschmelze in der Arktis hat sich in den letzten Jahren stark beschleunigt. Grosse Mengen Süsswasser gelangen dadurch in den Nordatlantik. Quelle: http://nsidc.org/

 

Mit der globalen Erwärmung nehmen mit der Zeit natürlich auch die Wassertemperaturen zu.

Durch alle drei Vorgänge nimmt die Dichte des Oberflächenwassers immer mehr ab, bis schliesslich die Tiefenwasserbildung ins Stocken gerät, wodurch die Meeresströmung insgesamt langsamer wird oder sogar ganz zusammenbricht.

Mit der globalen Erwärmung nehmen mit der Zeit natürlich auch die Wassertemperaturen zu

Golfstrom und Thermohaline Zirkulation. Quelle: SPIEGEL Online

Die Folgen einer deutlichen Abschwächung des Golf- und Nordatlantikstroms  wären dramatisch. Die Winter in Europa würden deutlich kälter und länger anhaltend. Im gesamten Nordatlantik würde der Meeresspiegel um bis zu 1 Meter ansteigen, im Südatlantik dagegen abnehmen. Wegen der mangelnden Durchmischung mit tieferen Wasserschichten würde sich das Oberflächenwasser immer mehr erwärmen und eine stabile Schichtung ausbilden(durch thermische Ausdehnung   leichter als das kühlere Tiefenwasser).  Die sich immer weiter erwärmenden und ausdehnenden oberflächennahen Wasserschichten würden erheblich zum schon erwähnten Anstieg des Meersspiegels beitragen. Infoge mangelnder Durchmischung gäbe es in den obersten Wasserschichten bald kaum noch Mineral- und Nährstoffe. Die nur in den oberen Wasserschichten vorkommenden Meeresalgen (nur  hier ist es hell genug für die Photosynthese) würden grösstenteils absterben. Darüber hinaus würden auch alle sich von den Algen direkt oder indirekt ernährenden Meeresbewohner ihre Lebensgrundlage verlieren.

Nach dem Absterben der Meeresalgen (Phytoplankton) könnten die Ozeane deutlich weniger CO2 aufnehmen und ein sich selbst verstärkter Treibhauseffekt durch mehr CO2 wäre die Folge.  

Aber das wäre leider noch nicht alles, denn Meeresalgen fördern auch die Wolkenbildung. Wolken wirken direkt abkühlend, denn sie reflektieren das Sonnenlicht.

Meeresalgen haben es schwer mit dem Salzwasser zurecht zu kommen, denn zuviel Salz ist für sie ein Gift. Meereswasser hat einen Salzgehalt von 3,5%. !Ein Salzgehalt von 4% ist aber schon  kritisch, denn die elektrischen Ladungen der Salzionen stören die inneren Bindungen ihrer Zellstrukturen. Bei 6% lösen sich die Biomembranen auf, was unmittelbar den Tod der Meeresalgen zur Folge hat.  Die Meeresalgen haben aber ein Gegenmittel. Sie bilden DMSP (Dimethylsulfonpropionat), eine ionische Verbindung, deren Molekül eine positive und eine negative Ladung enthält, die sich beide aber nach aussen hin neutralisieren.  DMSP ist deshalb für die Algen ungiftig. Indem sie  Salzionen durch DMSP ersetzen halten die Meeresalgen ihren Salzgehalt niedrig, denn DMSP verringert den osmotischen Druckgradienten zwischen Meerwasser und Zellinnerem. Wenn Meeresalgen sterben wird DMSP freigesetzt und durch Bakterien im Wasser abgebaut. Dabei entsteht das gasförmige DMS (Dimethylsulfid). DMS wird sehr rasch durch den atmosphärischen Sauerstoff zu Sulfaten oxidiert. Diese Sulfataerosole ziehen Wasser an und wirken so  als Kondensationskeime für die Wolkenbildung . Zusätzliche Wolken wirken direkt abkühlend, da sie das Sonnenlicht abschirmen (s.o.).

Absterben der Meeresalgen im grossen Stil würde also für einen verstärkten Treibhauseffekt sorgen

Einfluss der Meeresalgen (Phytoplankton)auf die Wolkenbildung. Quelle: http://www.icm.csic.es/bio/projects/basics/Project_objectives/Fig2.jpg

Ein Absterben der Meeresalgen im grossen Stil würde also für einen verstärkten Treibhauseffekt sorgen und ausserdem auch für weniger abkühlend wirkende Wolken. Beides zusammen liefe auf eine deutlich beschleunigte globale Erwärmung hinaus mit all ihren Folgen z.B. für den Meeresspiegel.  Die  Abkühlung in Europa wäre dann längerfristig nur eine vorübergehende Episode.

Jens Christian Heuer