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26 Februar 2010

STOFF -- 100 Jahre Prohibition - LESENSWERT! EIN MUSS!

Wir können hier das seit Beginn des Prohibitionsregimes wiederkehrende Muster erkennen: das Drogenverbot sorgt einerseits für exorbitante Profite und ermöglicht es dem Militär und Geheimdiensten andererseits, strafverfolgungsfreie Zonen und Transportwege zu schaffen und die Drogenprofite ihren jeweiligen Bündnispartnern und Warlords zukommen zu lassen. Diese Politik der verdeckten Kriegsführung, mit der die CIA während des Kalten Kriegs an den asiatischen Rändern des Eisenernen Vorhangs kämpfte – in Birma in den 50er Jahren, in Laos in den 60er Jahren und in Afghanistan in den 80er Jahren – führte zu einer engen Verschmelzung dieser geheimen Kriegsführung mit dem Drogenhandel. Die Mobilisierung von Stammesverbänden, regionalen Kriegsherren und Aufständischen, die unter der Hand mit Waffen, Logistik und geheimdienstlichen Informationen ausgestattet wurden, war aus Sicht der Realpolitik des Kalten Krieges ein wirksames Mittel, um entlang des 3000 Kilometer langen Gebirgsriegels vom Himalaja zum Hindukusch den antikommunistischen Kampf zu führen. Die Drogenproduktion in diesen Regionen nicht nur zu dulden, sondern ihr Protektion und Förderung zukommen zu lassen – in Birma und Laos stellte die CIA zum Beispiel die Transportflugzeuge für das Heroin zur Verfügung – war dabei aus Sicht der Strategen ebenso unvermeidlich wie unverzichtbar, denn anders waren die Stammeskrieger und Rebellengruppen kaum finanzierbar.

Und ähnlich wie in den 20er Jahren als Nebenwirkung der Alkoholprohibition in den USA aus kleinen Gangstergruppen des jüdischen, italienischen und irischen Migrantenmilieus mächtige Mafia-Syndikate wurden, die den Rechtstaat und die öffentliche Ordnung weit stärker bedrohten als der Alkoholismus, wurden als Nebenwirkung des Kalten Kriegs in den unwegsamen Regionen des asiatischen Hochlands aus regionalen Stammesführern und Provinzfürsten mächtige Drogenbarone und Warlords. Dass es sich bei diesen Bündnispartnern in der Regel Großkriminelle und brutale Feudalherren handelte, die die Protektion durch die Schutzmacht weidlich für ihre Zwecke ausnutzten, dieser unerwünschte Nebeneffekt mußte dem großen Ziel des Kalten Krieges untergeordnet werden.

Die Fahnder und Agenten der "Drug Enforcement Agency" (DEA) hatten sich wie ihre Vorgänger in Anslingers FBN diesen außenpolitischen Gegebenheiten anzupassen – was im besseren Falle bedeutete, einfach nur wegzuschauen und nichts zu tun; oder im schlechteren Falle für eine Marktregulierung zu sorgen, indem man die Konkurrenten der verbündeten Drogenhändler nun verschärft auf's Korn nahm.

Douglas Valentine beschreibt im Detail (The Strength of the Pack – The Personalities, Politics and Espionage-Intrigues that Shaped the DEA, Walterwille 2009), wie beginnend in den 50er Jahren die Instituionen der Drogenverfolgung – zuerst das FBN, dannach das Buerau of Narcotics and Dangerous Drugs (BNDD) und dann die DEA – sukzessive von der CIA unterwandert und für außenpolitischen Interessen eingespannt werden. Unter dem Deckmantel der Drogenverfolgung hatten sich schon Anslingers FBN-Agenten im Ausland für geheimdienstliche Recherchen nützlich erwiesen, zumal in weniger befreundeten Ländern, wo die CIA nur schwer Zugang zu Informationen fand und eine offizielle Präsenz unmöglich war.

Mit der Regierung Reagan/Bush Anfang der 80er Jahre wurden diese Tätigkeiten weiter ausgebaut und die DEA-Agenten gleichzeitig von der Verfolgung großer Drogenströme aus Übersee abgezogen. Die übernahm jetzt eine von Vize-Präsdent Bush gegründete "South Florida Task Force", die unter anderem dafür sorgte, dass Piloten wie Barry Seal tonnenweise Kokain ungehindert ins Land bringen konnten. Diese Jahre waren, wie Douglas Valentine schreibt, "das Requiem für die Wölfe": das Ende der wirklichen Drogenfahndung und der "case making agents", die Phase "in der die DEA ihre Seele verlor" und zu einem Erfüllunsgehilfen der CIA wurde. "Ich dachte eigentlich, dass wir das Drogengeschäft bekämpften", so sagte ihm ein altgedienter Agent in einem Interview, "aber nach der Gründung des BNDD realisierte ich, dass wir es fütterten."

Der schon seit Anslingers Zeiten hinter den Kulissen geführte bürokratische Kampf über die Fahndungsbefugnisse und Mitteilungspflichten in Sachen Drogen zwischen Zollbehörde, FBI, CIA und DEA wurde in der Reagan/Bush-Ära endgültig entschieden, zugunsten einer verdeckten militärischen Außenpolitik, die nicht von "übereifrigen" Drogen-Fahndern gestört werden sollte. Falls dies doch einmal geschah, wie Ende 1990, als in Miami eine große Ladung Kokain aus Venezuela beschlagnahmt wurde und der neue DEA-Chef Robert Bonner Anklage erheben wollte, wurde er vom State Department und der CIA zurückgehalten, obwohl die Untersuchung ergeben hatte, dass auf diesem Weg im Lauf des Jahres über eine Tonne Kokain nach Miami geschmuggelt worden war. Doch die Lieferungen waren von dem CIA-Beamten Mark McFalin und dem venezuelanischen General Guillen Davila organisiert, den man nicht vor Gericht bringen wollte, weil er ein Partner im Kampf gegen die von Hugo Chavez geführte linke Bewegung war: "Wie Robert Bonner auf die harte Tour lernen mußte, zogen Bush und die CIA ein von Drogen überflutetes Amerika einem kommunistisch regierten ölreichen Venezuela vor. Wie es am Anfang war, ist es heute und wird es immer sein: nationale Sicherheit geht über Drogenverfolgung."

Zur selben Zeit war der Kalte Krieg zwar formell beendet und die Sowjets aus Afghanistan vertrieben - mithilfe der islamistischen Mujaheddin und des Heroingeschäfts, das nun aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiets bald für 80% der Weltproduktion sorgte. In jedem von der sowjetischen Besatzung befreiten Landstrichen hatten die von der CIA und dem pakistanischen ISI unterstützten Kämpfer unter dem Paschtunenführer Gulbuddin Hekmatyar die Bauern zum Mohnanbau und zur Entrichtung einer "Revolutionssteuer" in Form von Opium aufgefordert. Ähnliches geschah dann 2002 nach dem Einmarsch der USA und dem Vordringen der "Nordallianz" auf Kabul zur Vertreibung des Taliban-Regimes. Dieses hatte den Opiumanbau auf Druck der USA in den Jahren zuvor mit radikalen Maßnahmen stark reduziert. Doch als ein Taliban-Botschafter im Mai 2001 in Islamabad mit den Amerikanern über Entschädigungszahlungen für die Farmer verhandelte und ziemlich exakt die 12 Milliarden Dollar, die das Heroingeschäft per anno abwirft, "für das afghanische Volk" forderte - wurden ihm zuerst 1,5 Millionen angeboten und dann 43 Mio. $ zugesagt und überwiesen.

Das eigentliche Geschäft freilich wurde nicht in Afghanistan selbst gemacht, sondern in den von CIA-Partner ISI kontrollierten Labors entlang der Grenze und in der Distribution gemacht. (...)Nach dem Ende des Taliban-Regimes, das den Mohnanbau 2001 auf 7.600 Hektar heruntergebracht hatte – im Jahrzehnt zuvor waren jeweils zwischen 50.000 und 90.000 Hektar angebaut worden - hat sich die Lage indessen keinesfalls verbessert, sondern dramatisch zugespitzt, 2004 wurde auf 131.000 Hektar wieder Opium geerntet, 2007 waren es 193.000 Hektar.

Und wer ermöglicht diese größte Opium,- und Heroinschwemme aller Zeiten ? Richtig - es sind die Militärs der USA, Großbritanniens und der deutschen Bundeswehr, die mit dem Geld ihrer Steuerzahler dafür sorgen, dass in Afghanistan soviel Opium und Heroin produziert wird wie nie zuvor. Vor der Invasion des Landes wurde in Afghanistan nur Mohn angebaut und Opium exportiert, jetzt verarbeiten dutzende Fabriken den Rohstoff zu Heroin. Die Kolonnen schwarzer Jeeps, die den begehrten Stoff dann über Usbekistan Richtung Westen transportieren, werden an der Grenze nicht kontrolliert - an dem hochmodernen, mit EU-Geldern finanzierten Kontrollequipment zur Eindämmung des Drogenhandels werden sie vorbeigewunken. Darüber berichtete der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, der dieses Treiben von 2002 bis 2004 beobachtet hat. http://www.dailymail.co.uk/news/article-469983/Britain-protecting-biggest-heroin-crop-time.html

Sein Blog ( http://www.craigmurray.org.uk/ ), in dem er den Skandal weiter thematisierte, ging 2007 kurzzeitig vom Netz, nachdem er den usbekischen Oligarchen und Gazprom-Milliardär Alisher Usmanov – einen Freund des Präsidenten Karimov, der als dessen möglicher Nachfolger gehandelt wird - als "Gangster", "Erpresser" und "Heroindealer" bezeichnet hatte. Murrays Internetprovider wurde durch das Anwaltsschreiben einer namhaften Londoner Großkanzlei erschreckt, die im Auftrag Usmanovs die Löschung forderte – doch kurz darauf war der Beitrag wieder online, denn der Jurist und derzeitige Universitätspräsident Craig Murray wartet nur darauf, verklagt zu werden. Er ist sich sicher, genügend Beweise und Zeugen aufzubieten, um seine Behauptungen zu belegen.

Keinen eindeutigen Beweis gibt es indessen dafür, was der ehemalige ISI-Chef Generaloberst Hamid Gul, der in dieser Eigenschaft von 1987 –1989 eng mit der CIA und den Mujaheddin-Kämpfern zusammenarbeite, im Dezember 2009 in einem Gespräch mit der Zeitschrift "Foreign Policy" erklärte: "Abdul Wali Karzai (der Bruder des afghanischen Präsidenten) ist der größte Drogenbaron Afghanistans", sagt er unverblümt. Er setzte hinzu, dass die Drogenbarone ebenso im Waffenschmuggel tätig sind, einem "blühenden Handel" in Afghanistan. "Aber was aus meiner Sicht am meisten verstört ist, dass auch Militärmaschinen, amerikanische Militärmaschinen, dazu benutzt werden..." http://www.foreignpolicyjournal.com/2009/08/12/ex-isi-chief-says-purpose-of-new-afghan-intelligence-agency-rama-is-%E2%80%98to-destabilize-pakistan%E2%80%99/

Auch wenn der Ex-Geheimdienstchef beteuert, er habe diese Information aus verläßlichen Quellen, ist das natürlich kein Beweis, paßt aber sowohl in die Tradition der verdeckten Kriegsführung der CIA, die ihren Heroin handelnden Waffenbrüdern schon in den 60ern in Birma und Laos die Luft-Logistik zur Verfügung stellte, als auch in das Bild, das Craig Murray von der aktuellen usbekisch-russischen Connection zeichnet.Es zeigt sich also, dass es auch 20 Jahre nach dem offiziellen Ende des Kalten Kriegs nach wie vor Prioritäten gibt, für die das Drogengeschäft unverzichtbar ist, sodass die Probleme durch den Mißbrauch immer billiger werdenden Heroins und Kokains in den westlichen Ländern billigend in Kauf genommen werden müssen - für das "höhere" Ziel geopolitischer Machtausweitung.


DAS WAR:
Der Mohn ist aufgegangen...
Weil ich gerade an einem Buch über 100 Jahre Prohibition schreibe, kommt das Bloggen derzeit ein bißchen kurz. Im folgenden aber schon mal ein kleiner Auszug, passend zur aktuellen Afghanistan-Konferenz: