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31 Januar 2010

OEKO Betrug - DU MUSST DAS LESEN!!

BIS ANS LIMIT

WO ÖKO DRAUF STEHT, MUSS NICHT ÖKO DRIN SEIN ...

CHOICES-THEMA IM FEBRUAR:

ÖKOLOGIE UM JEDEN PREIS
Ohne Öko läuft nichts mehr -- weder in der Chemie-Industrie noch im
Literaturbetrieb. Lanxess sponsert Frank Schätzing in der Lanxess-Arena
und weiß auch, warum.

Frank Schätzing ist Kölns Erfolgsautor Nr.1. Sein 1.000 Seiten starker
Öko-Thriller "Der Schwarm", in dem sich allerlei Meeresgetier gegen die
Zerstörung seines Lebensraums auflehnt, wurde in 17 Sprachen übersetzt
und allein in Deutschland über zwei Millionen mal verkauft. Die
Filmrechte liegen bei der Kölner Produktionsfirma Zeitsprung und
Hollywoodstar Uma Thurman ("Pulp Fiction"), Produktionspartner ist Dino
De Laurentis. Ted Tally ("Das Schweigen der Lämmer") schreibt am
Drehbuch. Inzwischen hat Schätzing mit "Limit" einen weiteren Wälzer
geschrieben, in dem er die Leser diesmal 1.300 Seiten lang auf den Mond
des Jahres 2025 entführt. Es geht um Machenschaften internationaler
Konzerne, die um Rohstoffe kämpfen. Auch wenn die "quälend lange Reise"
(Stern) die Kritiker langweilte: Der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch
freut sich über bereits 620.000 verkaufte Bücher. "Solche Auflagen haben
wir mit Heinrich Böll nie erreicht", sagt der stellvertretende
Vertriebsleiter Stephan Wirges. Aktuell komprimiert Schätzing sein Opus
in einer Multimediaschau, mit der er auch im Rahmen der lit.COLOGNE am
17. März in der Kölner LanxessArena auftritt. Erwartet werden 4.000
Besucher. Gesponsert wird das Event vom Leverkusener Chemie-Multi
Lanxess, der Schätzing beim Recherchieren half. Vorstand Rainier van
Roessel: "Unser Engagement eröffnet einen ganz neuen Weg, uns für die
Vermittlung von Wissen und Wissenschaft einzusetzen."

EINST IN AMAZONIEN

Wo Lanxess draufsteht, ist meist auch Bayer drin -- nicht
unternehmensrechtlich, aber faktisch. Lanxess entstand 2004 aus einem
Spin-Off der Chemiesparte und Teilen des Kunststoffgeschäfts der Bayer
AG. Während das Bayerkreuz für ein langes ökologisches, soziales und
politisches Sündenregister steht, kommt Lanxess so sauber daher, dass
lit.COLOGNE-Geschäftsführer Reiner Osnowski den Ableger als Hauptsponsor
seines Literaturevents präsentiert. Mit Bayer hat Osnowski seit den
frühen 1980er Jahren zu tun. Damals war er an Aktionen gegen die
Verklappung von Leverkusener Dünnsäure in der Nordsee beteiligte. Einige
Jahre danach gründete er den Kölner Volksblatt-Verlag mit und wurde
schließlich alleiniger Verleger des mehr als 150 Titel umfassenden
Programms. Schwerpunkte: Ökologie, Dritte Welt und Frauen. 1994
veräußerte Osnowski das Verlagsprogramm an die Verlage Emons, Beltz und
vor allem an Kiepenheuer & Witsch. Für letzteren fungierte er fortan als
freier Lektor und Herausgeber von Buchreihen in Sachen Ökologie, Umwelt
und Soziales. Parallel dazu dokumentierte er als Autor und Filmemacher
zusammen mit dem Kölner Fotografen Manfred Linke Umweltprojekte am
Amazonas. Die Universität von Belém und das Umweltministerium des
brasilianischen Bundesstaates Pará ernannten Osnowski sogar zum
"Beauftragten für ökologische und soziale Fragen Amazoniens in
Deutschland". Als Sonderbotschafterin der Brasilianer fungiert
inzwischen Nina Hoss. Die bekannte Schauspielerin agiert in den
Fußstapfen ihres 2003 verstorbenen Vaters Willi Hoss. Der ehemalige
Mercedes-Betriebsrat und Grünen-Mitgründer hatte sich für Indio-Projekte
am Amazonas eingesetzt, die wiederum von Osnowski und Linke ins Bild
gesetzt wurden.

VERINNERLICHTE STANDARDS

Die Ziele, für die sich einst Minderheiten einsetzten, sind inzwischen
Mainstream. So ist etwa der globale Klimawandel zur breit akzeptierten
Gewissheit geworden. "Seit 1992 hat sich sehr viel hin zu einer
besseren, nachhaltigen Welt geändert: Autos sind sparsamer geworden, die
Luft ist sauberer, und alternative Energien sind weiter als damals
erhofft." So sieht es die Initiative "Rio wird 18", die den 20.
Jahrestag der legendären UN-Konferenz von Rio 1992 vorbereitet und für
die Osnowski als Beirat fungiert. Initiiert hat sie Wolfgang
Scheunemann, früherer Umwelt-Kommunikator von Daimler und heute
Geschäftsführer der Stuttgarter Unternehmensberatung Dokeo. Auf seinen
Nachhaltigkeitsforen gehen Vorständler und PR-Leute zusammen mit
NGO-Vertretern und Wissenschaftlern der Frage nach, "wie ein Unternehmen
durch Kommunikation an Reputation gewinnen kann, ohne das dies von den
Medien als plumpe PR abqualifiziert wird". Auch Bayer und Lanxess
erhoffen sich hier Tipps. Scheunemanns Credo: "Kein Unternehmen kann es
sich leisten, gegen die gesellschaftlich verinnerlichten
Umwelt-Standards zu handeln." Widerspruch gegen die glatte Öko-PR war
selten. Allenfalls der damalige Grünen-Chef Reinhard Bütikofer mahnte
2006 die bei Scheunemann versammelten Nachhaltigkeits-Strategen, sie
möchten ihren Selbstverpflichtungen doch bitteschön auch Taten folgen
lassen.
Bayer war in Sachen Umweltschutz schon anno 1992 in Rio dabei. Auf der
damaligen Umweltkonferenz setzte sich die neoliberale Sichtweise durch:
ohne freie globale Märkte kein Wirtschaftswachstum, kein Umweltschutz
und keine nachhaltige Entwicklung. Nur ohne bindende Rahmenbedingungen
könne die Industrie das garantieren. Seitdem steht die freiwillige
Selbstverpflichtung hoch im Kurs. Bayer fährt auf seiner Website sogar
unter UN-Flagge. Kein Wunder, denn die kontrolliert die Versprechen der
Industrie nicht. Und so retten große Unternehmen die Welt auf ihre Art
und kommunizieren darüber. Ikea sponsert den Regenwald in Kambodscha mit
sagenhaften 800.000 Euro. Krombacher Pils verspricht, für jeden
verkauften Kasten Bier einen Quadratmeter Regenwald zu retten. Toyota
pflanzt praktisch überall Bäume. Und Lanxess lässt Schätzing lesen.

TEXT/ZUSAMMENSTELLUNG:
PETER HANEMANN/WOLFGANG HIPPE

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KEIN DIALOG MIT BAYER
PHILIPP MIMKES ÜBER CHEMIE-GEFAHREN UND GREENWASHING

choices: Herr Mimkes, was macht Bayer gefährlich?

Philipp Mimkes: Beispielsweise setzt Bayer in der Kunststoff-Produktion
jährlich Tausende Tonnen Phosgen ein. Phosgen wurde im 1.Weltkrieg als
Kampfgas verwendet. Auch das Giftgas MIC, durch das nach der
Chemiekatastrophe 1984 im indischen Bhopal Tausende Menschen starben,
wird bei Bayer in großen Mengen eingesetzt. Bei uns in der Region droht
noch immer die Inbetriebnahme der Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen
Köln-Worringen und Krefeld. Kohlenmonoxid ist ein hochgefährliches Gas,
das bislang nur dort hergestellt wurde, wo es auch verbraucht wird. Wir
hoffen, diesen Präzedenzfall mit Hilfe der Gerichte noch zu stoppen.

choices: Wie sieht es bei den Produkten aus?

Im Pharmabereich gibt es Präparate, die mehr Schaden als Nutzen bringen
-- ich denke da aktuell an das bei Herzoperationen eingesetzte Trasylol,
das mit Tausenden von Todesfällen in Verbindung gebracht wird.

choices: Kurz vor Kopenhagen hat sich Bayer noch einmal öffentlich zum
Klimaschutz bekannt.

Der jährliche CO2-Ausstoß der Firma ist mit rund 8 Mio. Tonnen
unvermindert hoch und soll bis zum Jahr 2020 auch nicht nennenswert
sinken. Emissionen in dieser Höhe sind mit einem wirksamen Klimaschutz
unvereinbar. Die von Bayer nun angekündigten Beiträge zum Klimaschutz
sind Augenwischerei, so lange sich der Konzern am Bau neuer
Kohlekraftwerke beteiligen will. Wir fordern von Bayer ein
breitgefächertes Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um 80% bis 2050.

choices: Bayer behauptete noch 2007, den Ausstoß klimaaktiver Gase in
den vergangenen 15 Jahren um 70% reduziert zu haben.

Dies war ein klarer Fall von Täuschung. In die Rechnung sind Verkäufe
von Tochterfirmen und die Ausgliederung der Energieversorgung
eingeflossen -- also bilanzielle Umbuchungen, die nichts mit Klimaschutz
zu tun haben. Eine unserer Kampagnen führte dazu, dass Bayer die
Behauptung fallen lassen musste.

choices: Bayer bekennt sich offiziell zum nachhaltigen Wirtschaften --
von den Rohstoffen über die Logistik bis zur Produktion ...

Bayer bekennt sich zu vielem, u.a. zum Global Compact mit den Vereinten
Nationen. Bei der Auswahl der Partner aus der Wirtschaft verzichten die
UN aber auf jegliche Messlatte. Auch nach der Unterzeichnung durch das
jeweilige Unternehmen erfolgt keinerlei Überprüfung der Einhaltung der
Prinzipien oder der Musterprojekte - sämtliche Übereinkünfte sind
unverbindlich. Ohne verbindliche Regeln und intensive Kontrollen bringen
solche freiwilligen Maßnahmen nichts.

choices: In Brasilien unterstützt Bayer Projekte gegen die Kinderarbeit,
geht in Armenviertel und hilft bei der Gesundheitsvorsorge.
Wir bezeichnen solche Projekte als "greenwashing". Meist handelt es sich
um Maßnahmen, die für wenig Geld viel Publicity bringen. Letztlich wird
damit eher Schaden angerichtet, denn mit Hilfe solcher Musterprojekte
gelingt es dem Unternehmen, Probleme in anderen Bereichen zu überdecken.
Denn zugleich vertreibt Bayer in Brasilien Pestizide der höchsten
Gefahrenklasse, die in Europa längst vom Markt genommen wurden. Auch im
Pharmabereich wurden in Brasilien über Jahrzehnte hinweg gefährliche
Präparate verkauft, z. B. "aspirina infantil" speziell für Kinder und
Babys, obwohl damit das hochgefährliche Reye-Syndrom ausgelöst werden
kann. Auch dies ist ein Beispiel für doppelte Standards, denn bei uns
wird Kinder-Aspirin schon lange nicht mehr verkauft.

choices: Sie beobachten Bayer nun seit über 30 Jahren. Hat das
Unternehmen dazugelernt?

Natürlich sind immer wieder gefährliche Produkte vom Markt genommen
worden. Auch die Emissionen sind in den meisten Bereichen gesunken. Die
Verbesserungen wurden aber selten freiwillig durchgeführt. Sie gehen
fast immer auf öffentlichen Druck zurück. Einen wirklichen Lerneffekt
gibt es im PR-Bereich, der immer weiter perfektioniert wurde -- bis zu
vorgefertigten Artikeln und Radiobeiträgen.

choices: Sind Sie denn mit Bayer in einen Dialog gekommen?

Nein, das Unternehmen verweigert sich jedem Dialog. Wobei wir auch zu
keinen Hinterzimmer-Gesprächen bereit wären. Wir fordern von Bayer
Transparenz, von daher müssten auch die Inhalte solcher Gespräche
veröffentlicht werden.

choices: Bayer steht nach eigenen Angaben im Dialog mit vielen NGOs.

Was Bayer Dialog nennt, ist meist nur PR. Tatsächlich hat Bayer zum
Beispiel in Kopenhagen über zahlreiche Lobbyorganisationen versucht,
substanzielle Beschlüsse zu verhindern. So bemühte sich etwa Croplife,
der Verband der Pestizidhersteller, verbindliche Auflagen zur
CO2-Reduzierung in der Landwirtschaft abzuwenden.

choices: Ihre Kampagnen zielten bislang auf Bayer. Haben Sie auch die
Bayer-Ausgliederung Lanxess im Blick?

Wir sind mit Bayer mehr als ausgelastet, daher können wir uns nicht
intensiv um Lanxess kümmern. Bayer und Lanxess sind aber nach wie vor
eng miteinander verbunden, zum Beispiel über die gemeinsame Tochterfirma
Currenta, die das in Krefeld geplante Steinkohlekraftwerk betreiben
soll. Die jährlichen Kohlendioxid-Emissionen allein dieses Kraftwerks
würden bei 4,3 Millionen Tonnen liegen -- mehr als zehnmal so hoch wie
die von Bayer angekündigten Effizienzgewinne. Im Bayer-Werk Antwerpen
will e.on ebenfalls ein solches mit Importkohle befeuertes Kraftwerk
bauen. Wegen der gravierenden Umweltauswirkungen hat die Stadt Antwerpen
hierfür, zumindest vorerst, keine Genehmigung erteilt.

choices: Was erhoffen Sie sich von der Landesregierung?

Die Landesregierung darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen großer
Unternehmen machen, sondern muss für klare Vorgaben in den Bereichen
Ökologie und Verbraucherschutz sorgen. Aktuell beobachten wir leider das
Gegenteil: Sowohl der Klimaschutzparagraph als auch das
Wasserentnahmeentgelt wurden auf Drängen der Industrie gestrichen.

Die Aussagen von Herrn Mimkes geben dessen eigene Meinung wider und sind
nicht gleichbedeutend mit der Ansicht der Redaktion (Anm. d. Red.).

Zur Person
Philipp Mimkes, Diplom-Physiker aus Köln, ist seit 1994 Geschäftsführer
der "Coordination gegen BAYER-Gefahren" mit Sitz in Düsseldorf.
Mehr unter: www.CBGnetwork.de