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18 Januar 2010

Film Review - German Funny Film About Castration Fear

07.11.2001
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Suck My Dick

Schwanz ab, Film tot

Von Marc Hairapetian

Mit "Die Unberührbare" avancierte der Berliner Regisseur Oskar Roehler zum Liebling des deutschsprachigen Kulturbetriebs. Seine Kastrations-Phantasmagorie "Suck My Dick" ist hingegen ein heißer Anwärter auf den schlechtesten Film des Jahres.

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Helkon

Filmszene aus "Suck My Dick", Darsteller Selge, Joop: Körperteile abhanden gekommen

Der verstorbene Dramatiker Heiner Müller bezeichnete die Berliner "Paris Bar" in der Kantstraße einmal als "Vorhof der Hölle". Er musste es wissen, schließlich gehörte der passionierte Zigarrenraucher und Whisky-Trinker als Stammgast selbst zum Inventar. Im Treffpunkt der Reichen, Schönen und Wichtigen (und der, die es gerne sein wollen) wurde nächtens schon so manch zündende Idee begossen, an die sich die Champagner-Revolutionäre verkatert am nächsten Morgen nicht mehr erinnern konnten. Regisseur und Drehbuchautor Oskar Roehler rekrutiert bei seinem neuesten Film "Suck My Dick" diverse Haupt- und Selbstdarsteller aus besagter "Paris Bar", die auch Schauplatz einiger - natürlich rot eingefärbter - Alptraumsequenzen ist.

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Denn Alpträume der grässlichsten Art hat der mit seinem Roman "Dr. Dickhirn" in den Bestsellerlisten weit oben platzierte Autor Jekyll (Edgar Selge): Hässliche, alte Männer, die zur besseren Orientierung des recht bald desorientierten Zuschauers T-Shirts mit der Aufschrift "Zynismus" tragen, hetzen ihn peitscheschwingend durch eine Art Fegefeuer, während sein sexbesessenes Alter Ego Hyde (Ralf Richter) außer Kontrolle gerät - und ihm unter tätiger Mithilfe des Szene-Luders "bezaubernde" Jeanny (Katja Flint) nach und nach Penis, Haupthaar und Schneidezähne entwendet. Als Jekyll schließlich schweißgebadet aufwacht, muss er zu seinem Entsetzen feststellen, dass ihm tatsächlich seine Körperteile abhanden gekommen sind.


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Helkon

Szene-Luder Jeanny (Katja Flint): Immun gegen Aids?

Zutiefst verstört konsultiert er den Psychiater Dorian (Wolfgang Joop), der versucht, seelischen Beistand zu leisten, indem er den lädierten Erfolgsschriftsteller durch die Berliner Literaten- und Galeristenszene schleppt. Am Rande des Wahnsinns entdeckt Jekyll dort die gegen HIV-infizierte Männer immune (!) Jeanny und seine inzwischen Fleisch gewordene Kunstfigur Hyde, die ungeniert mit seinem besten Stück die Frauenwelt beglückt.

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Wer jetzt denkt, der filmische Schwachsinn habe ein Ende, befindet sich im Irrtum: Jekyll gibt nicht auf und versucht sich bei Solo-Performances als entmannter Kinski-Verschnitt. Seine zunächst umjubelten Publikumsbeschimpfungen finden ein jähes Ende, als er im Anschluss an die Show versucht, eine pausbäckige BWL-Studentin mit transatlantischen Kunstmanagement-Ambitionen erst mit Geld, dann mit Gewalt zum Beischlaf zu "bewegen". Nach diesem Vorfall ist Jekyll endgültig im deutschen Kulturbetrieb erledigt. Er erreicht das Stadium vollkommener Gleichgültigkeit, obwohl der seine wahre Identität entdeckende Hyde frustriert in das sorgenvolle Hirn seines Schöpfers zurückkehrt. Schließlich lehnt der sich dem permanenten Drogenrausch hingebende Jekyll sogar Jeannys generöses Angebot ab, sich seinen Phallus zurückzuwünschen. Klappe zu, Film tot.

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Alptraumhaft: Hyde (Ralf Richter) und Jeanny (Katja Flint)
"Suck My Dick" markiert die Rückkehr zum Berliner Hinterhof-Film der achtziger Jahre: Aus Budgetgründen auf 16 mm gedreht, fühlt sich der Betrachter allerdings eher an verwackelte Super 8-Homemovies erinnert. Plump inszeniert, kein noch so breitgetretenes Klischee auslassend, dialogarm, dafür reich an Fäkaliensprache und ohne wirkliche visuelle Überraschungseffekte ist Roehlers "Generalabrechnung" mit der neuen Berliner Republik als Gesellschaftskomödie zu unwitzig und für Trash-Freunde zu langweilig. Der ehemalige Schlingensief-Mitstreiter ("Terror 2000", "Die 120 Tage von Bottrop") sieht indes in "Suck My Dick" eine "unterhaltende Auseinandersetzung mit unseren Neurosen und Ängsten."

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Auf die Frage, ob die Gespaltenheit seines Protagonisten auch etwas mit ihm selbst zu tun habe, antwortet er freimütig: "Zweifellos. Ich bin immer froh, wenn ich morgens aufwache und nicht mehr weiterträumen muss. Auch ich gehöre zur Paranoia-Fraktion. Primär ging es mir aber darum, das satirische Bild einer auf Äußerlichkeiten fixierten Kulturszene zu entwerfen. Ich bin nicht zynisch veranlagt, eher sarkastisch, ziehe manchmal gerne Dinge in den Dreck. Das macht Spaß."


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Kastrations- Phantasmagorie: Jekyll (Edgar Selge) muss leiden
Bei allem Spaß an der Freude hat Roehler wohl vergessen, sein wild zusammengewürfeltes Schauspieler-Ensemble zu führen. Die Darsteller chargieren hemmungslos (allen voran Ralf Richter in seiner Paraderolle als zähnebleckender Proll und der gewohnt zickige Wolfgang Joop) oder müssen sich einfach nur herzeigen. So laufen die Stars aus "Die Unberührbare", Hannelore Elsner und Vadim Glowna, als Zahnarzthelferin beziehungsweise pferdeschwanztragender Partygast unbeholfen durchs Bild. Ausgerechnet zu dumpfen Technoklängen läutet Roehlers Kastrations-Phantasmagorie das Ende der Spaßgesellschaft ein. Herausgekommen ist dabei allenfalls "Rossini" für Arme. Verglichen mit Roehlers bisherigem kruden Gesamtwerk nimmt sich "Die Unberührbare" nun doch wie eine cineastische Eintagsfliege aus.

"Suck My Dick". Deutschland 2001; Regie/Buch: Oskar Roehler; Darsteller: Edgar Selge, Wolfgang Joop; Ralf Richter, Katja Flint; Länge: 82 Min.; Verleih: Helkon; Start: 8. November 2001