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16 Oktober 2009

Afghanistan SCHMUTZIGER KRIEG!!!

Kein sauberer Krieg

von Markus Kaim (Stiftung Wissenschaft und Politik)
08.09.2009
Die Luftschläge der Isaf gegen die Tanklastzüge bei Kundus haben die deutsche Afghanistan-Politik dorthin gebracht, wo sie kaum jemand haben wollte: mitten hinein in den Bundestagswahlkampf.

Bislang hat ein nahezu alle Parteien umfassender Konsens dafür gesorgt, dass das Thema kaum eine Rolle gespielt hat. Dies ist politisch nachvollziehbar, aber demokratisch fragwürdig und außenpolitisch fatal.

Man mag von der deutschen Beteiligung an der Nato-Mission am Hindukusch halten, was man will. Wenn die Bundesregierung jedoch 4 500 Soldaten in diesen Einsatz entsendet und erwartet, dass diese Gewalt anwenden bzw. selbst verletzt oder sogar getötet werden können, so darf jeder Bürger eine offene Diskussion über diese Mission erwarten, die allein seit Oktober 2008 knapp 690 Mio. Euro gekostet hat. Dies gilt umso mehr, als der Einsatz an ein jährlich zu erneuerndes Mandat des Bundestags gebunden ist.

Es ist nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, dass der Bundestag über die Strategie der Nato in Afghanistan, die anzuwendenden Instrumente und die Kosten des Einsatzes kontrovers diskutiert. Dies schließt insbesondere auch die Frage nach dem Ende der Isaf-Mission und ihren Erfolgskriterien ein. Dass Nato-Verbündete dies in sachlicher Form leisten können, haben die Parlamente in den Niederlanden und in Kanada längst bewiesen. Sie haben nach ausführlichen Debatten beschlossen, ihre jeweiligen nationalen Kontingente in Afghanistan in den Jahren 2010 und 2011 abzuziehen.

Bis zur Bundestagswahl wird der Parteienkonsens zu Afghanistan sicherlich noch halten. Sehr schnell nach dem Zusammentreten des neuen Bundestags werden die Abgeordneten aber mit der Frage konfrontiert werden, ob sie das Mandat für die Bundeswehr, das im Dezember ausläuft, verlängern wollen und welche inhaltlichen Festlegungen im Mandat getroffen werden sollen.

Drei Entwicklungen belasten die Frage einer möglichen Mandatsverlängerung: Erstens lastet das Ausbleiben sichtbarer Erfolge auf der Zukunft der Mission. Knapp acht Jahre nach der Aufstellung der Isaf im Jahr 2001 sowie mehr als sechs Jahre nach der Übernahme der Mission durch die Nato im August 2003 haben sich die angestrebten Erfolge bei der Gewährleistung von Sicherheit nicht eingestellt. Im Gegenteil: Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert, und große Teile des Landes sind der Kontrolle der afghanischen Zentralregierung entzogen. Auf der Ebene der Nato wird immer deutlicher, dass der Konsens über die in Afghanistan anzustrebenden Ziele zerfallen ist, viele Allianzmitglieder ihre jeweiligen Kontingente durch nationale Einsatzregeln beschränken und dass zahlreiche Mitgliedstaaten mittlerweile ein Ende der Isaf-Mission innerhalb der nächsten zwei Jahre wünschen. Schließlich dominiert auf der Ebene der deutschen Innenpolitik weiterhin eine öffentliche Meinung, die immer weniger den von Bundesregierung und Bundestag vorgebrachten Argumenten zugunsten des Einsatzes folgen mag.

Dabei sind die politisch Verantwortlichen nicht von der Verantwortung freizusprechen, mit unterschiedlichen und häufig wechselnden Begründungen für die deutsche Isaf-Beteiligung zu dieser verbreiteten Ablehnung beigetragen zu haben: Erstens stellen deutsche Politiker in den Mittelpunkt, dass mit dem deutschen Engagement in Afghanistan die Sicherheit Deutschlands verteidigt werde. Dies hat jedoch mit dem Auftrag des Uno-Sicherheitsrats für die Isaf genauso wenig zu tun wie häufig vorgetragene humanitäre Aspekte: Die Bundeswehr sei in Afghanistan, um Kindern den ungehinderten Zugang zu Bildung zu ermöglichen, die zerstörte Infrastruktur des Landes wiederaufzubauen, die Menschen- und Bürgerrechte zu schützen. Dies sind ehrenwerte Anliegen, aber auch sie sind nicht Bestandteil des Bundeswehrmandats in Afghanistan. Stattdessen geht es um die Gewährleistung von Sicherheit auf dem gesamten Territorium Afghanistans so lange, bis die afghanischen Behörden dazu selbstständig in der Lage sein werden.

Auf nicht absehbare Zeit werden die Nato-Truppen - und damit auch die Bundeswehr in Afghanistan - also Aufständische militärisch bekämpfen müssen. Aller Erfahrung nach wird der Konflikt angesichts seines unübersichtlichen Verlaufs auch in Zukunft afghanischen Zivilisten und Soldaten der Isaf das Leben kosten. Einen "sauberen Krieg", den sich viele deutsche Politiker wünschen, wird es in Afghanistan nicht geben. Wer eine Fortführung des deutschen Bundeswehr-Engagements fordert, sollte dies offen sagen.

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