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Die Heumarkt-Märtyrer und der Internationale Arbeitertag
Am 1. Mai 1886 begann ein Streik zur Durchsetzung der 8-Stunden-Woche in den USA. In Chicago demonstrierten 80 000, die einem Aufruf der Knights of Labor, eine Gewerkschaftsorganisation, gefolgt waren. In den nächsten Tagen schlossen sich 350 000 ArbeiterInnen von 1200 Firmen in den ganzen USA an. Am 3. Mai überfiel die Polizei die Streikposten an der McCormick-Fabrik und tötete vier Arbeiter und verwundete zahlreiche andere. Am folgenden Tag wurde auf dem Chicagoer Heumarkt eine Protestkundgebung abgehalten. Als die Polizei die Versammlung auflösen wollte, warf ein Unbekannter eine Bombe, die einen Polizisten tötete. Die Polizei eröffnete darauf das Feuer, wobei sieben Polizisten und vier Arbeiter getötet und fast 200 Menschen verwundet wurden, die Meisten durch Kugeln der Polizisten.
Das Bombenattentat wurde ausgenutzt um eine Hysterie gegen die Arbeiterbewegung zu schüren. Das Bild von gewalttätigen Radikalen wurde verbreitet um es als Rechtfertigung für die Unterdrückung der Bewegung für den 8-Stunden-Tag zu verwenden.
Für das Bombenattentat wurden acht anarchistische Führer der Arbeiterbewegung vor Gericht gebracht, darunter August Spies, der Herausgeber der deutsch-sprachigen Arbeiter-Zeitung und Albert Parsons, der Herausgeber des Alarm, beides Zeitungen der revolutionären Central Labor Union. Der Prozeß war von Lügen und Widersprüchen von Seiten der Anklage geprägt, so waren z.B. nur zwei der acht Angeklagten zum Zeitpunkt des Bombenattentats am Ort des Geschehens. Trotzdem wurden am 21.6.1886 sieben zum Tode und einer zu 15 Jahren Haft verurteilt. Einer der Anarchisten beging Selbstmord im Gefängnis, wären vier weitere am 11.November 1886 gehängt. Jahre später wurden die Acht von Gouverneur John P. Altgeld begnadigt, worauf die drei Überlebenden aus dem Gefängnis entlassen wurden.
Zum Gedenken an die ermordeten "Heumarkt-Märtyrer" (Samuel Fielden, George Engel, Louis Lingg, Albert Parsons, August Spies) wurde daraufhin 1889 von der II. Internationalen der 1. Mai zum Internationalen Arbeitertag erklärt.
In Deutschland beschlossen die Gewerkschaften zum erstenmal am 1. Mai 1890 Reichsweit zu streiken - 100.000 Arbeiter nahmen daran teil, viele Firmen reagierten mit Aussperrungen und Kündigungen. Zum gesetzlichen Feiertag wurde der 1. Mai in Deutschland im April 1919 nach der Revolution erklärt. Das Gesetz war jedoch zunächst auf ein Jahr begrenzt, nur in Braunschweig, Lübeck, Sachsen und Schaumburg-Lippe hatte der Feiertag nach 1922 noch Bestand. Deutschlandweit wurde er erst wieder 1933 durch die Nationalsozialisten eingeführt, die damit das Vertrauen und die Unterstützung der Arbeiter gewinnen wollten. Bis 1945 wurde der "Tag der Arbeit" vor allem für nationalsozialistische Propaganda mißbraucht. Nach Kriegsende bestätigten die Alliierten den 1. Mai als Feiertag, seit 1949 ist für die Bundesrepublik der DGB für ihn zuständig.
08. Mai 1945:
Kapitulation der deutschen Wehrmacht
Im sowjetischen Hauptquartier Berlin-Karlshorst unterzeichnen die Wehrmachts-Generäle Wilhelm Keitel, Hans-Georg von Friedeburg und Hans-Jürgen Stumpff die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht – der zweite Weltkrieg in Europa ist nach sechs Jahren zu Ende.
Der für diese Katastrophe verantwortliche Mann hatte sich da bereits jeglicher Verantwortung entzogen – Adolf Hitler hatte am 30. April in seinem Führerbunker Selbstmord begangen. Zu seinem Nachfolger als Reichspräsidenten hatte er zuvor Großadmiral Dönitz bestimmt. Dieser bildete am 2. Mai in Flensburg eine "Geschäftsführende Reichsregierung", zunächst mit Joseph Goebbels als Reichskanzler, nach dessen Selbstmord am 3. Mai unter Graf Schwerin von Krosigk. Zwar erkannte Dönitz die völlig aussichtslose militärische Lage, doch wollte er die Ostfront solange wie möglich halten, um möglichst vielen Deutschen die Flucht vor der vorrückenden Roten Armee zu ermöglichen:
„Gegen Engländer und Amerikaner muß ich den Krieg so weit und so lange fortsetzen, wie sie mich an der Durchführung des Kampfes gegen die Bolschewisten hindern“ |
„die Kampfhandlungen um 23.01 Uhr mitteleuropäischer Zeit am 8. Mai 1945 einzustellen, in den Stellungen zu verbleiben, die sie in diesem Zeitpunkt innehaben, und sich vollständig zu entwaffnen, indem sie ihre Waffen und Ausrüstung den örtlichen alliierten Befehlshabern oder den von den Vertretern der obersten alliierten Militärführungen bestimmten Offizieren übergeben“ (Den vollständigen Text der Kapitulationsurkunde gibt es hier.) |
Die nationalsozialistische Diktatur, die in den zwölf Jahren seit 1933 das ganze Ausmaß und die furchtbaren Möglichkeiten eines modernen totalitären Herrschaftssystems demonstriert hatte, hinterließ ein verwüstetes Land, ein zerstörtes Staatswesen, ein politisches und geistig-moralisches Vakuum. Der durch sie ausgelöste zweite Weltkrieg hatte insgesamt ca. 55 Millionen Tote gekostet. In Deutschland hat der 8. Mai seither einen ambivalenten Status: Einerseits als Tag der Niederlage, der Besatzungsherrschaft und Vertreibung folgten, andererseits als Tag der Befreiung von einer unmenschlichen Diktatur. "Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind", wie Theodor Heuss, der künftige erste Bundespräsident meinte.
10. Mai 1933:
Bücherverbrennung in Berlin
„Meine Kommilitonen! Deutsche Männer und Frauen! Das Zeitalter eines überspitzten jüdischen Intellektualismus ist nun zu Ende, und der Durchbruch der deutschen Revolution hat auch dem deutschen Wesen wieder die Gasse freigemacht. Als am 30. Januar dieses Jahres die nationalsozialistische Bewegung die Macht eroberte, da konnten wir noch nicht wissen, dass so schnell und radikal in Deutschland aufgeräumt werden könnte", sagte Reichpropagandaleiter der NSDAP und Gauleiter von Berlin, Dr. Joseph Goebbels, am 10. Mai 1933 in Berlin.
Von sog. Feuersprüchen " begleitet, wurden die Werke von Philosphen, Wissenschaftlern, Lyrikern, Romanciers und politischen Autoren den Flammen übergeben - ein "Holocaust of Books", wie die amerikanische Illustrierte "Newsweek" damals schrieb. Am 10. Mai 1933 begann in Berlin die Bücherverbrennung, die in den folgenden Wochen ganz Deutschland erfasste.
"Der Staat ist erobert. Die Hochschulen noch nicht. Die geistige SA rückt ein. Die Fahne hoch". Das war der Schlachtruf, mit dem die Nazis unmittelbar nach der so genannten Machtergreifung am 30. Januar 1933 ihren Einfluss auf die Universitäten ausdehnten. Die Scheiterhaufen waren ein erster Triumph der Politik der "Gleichschaltung" und Unterdrückung der freien Meinung. Zugleich waren sie Abschluss und Höhepunkt einer von Anfang an beschlossenen Gesamtaktion des "Hauptamtes für Presse und Propaganda der Deutschen Studentenschaft", deren erklärtes Ziel in der "öffentlichen Verbrennung jüdischen zersetzenden Schrifttums durch die Studentenschaft der Hochschulen aus Anlass der schamlosen Hetze des Weltjudentums gegen Deutschland" bestand. Die ideologische Basis war in den zwölf Thesen "wider den undeutschen Geist" formuliert.
Weit über 20.000 Bücher kamen allein in Berlin bei den Sammelaktionen zur Bücherverbrennung zusammen, und zwischen dem 10. Mai und dem Ende des Monats loderten von Königsberg bis Bonn und von Kiel bis München in fast allen Universitätsstädten die Scheiterhaufen. Unter Beteiligung von Rektoren und Professoren verbrannten die Bücher von Erich Kästener, Kurt Tucholsky, Alfred Döblin, Bertolt Brecht, Else Lasker-Schüler, Alfred Kerr, Ernst Ottwalt und vielen anderen. Die Schriftsteller, die für das heutige historische Bewusstsein die Literatur der Weimarer Republik repräsentieren waren für die national und konservativ orientierte Literaturkritik nicht akzeptabel.
"Das war ein Vorspiel nur. Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen." Dass sich diese düstere Prognose, die Heinrich Heine seinem Protagonisten Hassan in dem Trauerspiel "Almansor" aus dem Jahr 1820 in den Mund legt, wenig mehr als hundert Jahre später ausgerechnet in Deutschland verwirklichen würde. Drei Jahre vor der Niederschrift von "Almansor" hatte es auf der Wartburg während der 300-Jahr-Feier der Reformation und Erinnerung an die Völkerschlacht von Leipzig eine Bücherverbrennung von Studenten gegeben.
(übernommen vom NDR)
12. Mai 1949:
Berlin-Blockade wird aufgehoben
Mit der Aufhebung der elfmonatigen Blockade West-Berlins durch die Sowjetunion wird eine der ersten Krisen des Kalten Krieges beendet. Durch eine massive Luftversorgungsaktion durch Amerikaner und Briten konnte die Blockade gebrochen, und die zwei Millionen Einwohner des Westteils der Stadt versorgt werden. Aufgrund der Ineffektivität der sowjetischen Aktion wurde sie am 12. Mai schließlich offiziell beendet.
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und der Besetzung und Teilung Deutschlands durch die Siegermächte UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich war der Status der ebenfalls in vier Besatzungszonen geteilten ehemaligen Hauptstadt des Deutschen Reiches eines der umstrittensten Themen im aufkommenden Kalten Krieg. Nachdem sich die Gegensätze zwischen den Westmächten und der Sowjetunion immer mehr verschärft hatten, stieg letztere schließlich im März 1948 aus dem Alliierten Kontrollrat, dem Regierungsorgan der Besatzungsmächte für ganz Deutschland, aus. Im Mai beschlossen die drei Westalliierten die Bildung eines westdeutschen Staates aus ihren seit 1947 im Vereinten Wirtschaftsgebiet zusammengefassten Besatzungszonen. Ebenfalls zusammengelegt wurden die drei westlichen Zonen Berlins zu West-Berlin, das unter die Hoheit Westdeutschlands kam.
Am 20. Juni führte die im Westen durchgeführte Währungsreform, die die Deutsche Mark einführte, und die wirtschaftliche (und damit auch die politische Teilung) praktisch besiegelte, zu einer Verschärfung der Spannungen. Am 24. Juni verurteilte die Sowjetunion diesen Schritt als einen Angriff auf ihre Besatzungszone und verhängte eine Blockade aller Straßen, Schienen- und Wasserwege zwischen Westdeutschland und Berlin. Die Vier-Mächte-Verwaltung Berlins hätte mit der Vereinigung West-Berlins geendet, und die Westmächte hätten keinerlei Recht mehr, in der in sowjetischem Hoheitsbereich liegenden Stadt zu sein. Abgeschnitten von der Versorgung mit Lebensmitteln, Benzin und anderen überlebenswichtigen Gütern würde die Stadt bald unter kommunistische Kontrolle fallen, so das Kalkül der Sowjetführung.
Doch die USA und Großbritannien verweigerten die Aufgabe der Stadt, und initiierten stattdessen die größte Luftbrücke der Geschichte. Mit 278.288 Flügen versorgten die sog. „Rosinenbomber“ der US- und Royal Air Force West-Berlin in den nächsten Monaten mit über zwei Millionen Tonnen Versorgungsgütern. Da die Sowjets die Stromversorgung unterbrochen hatten, machte Kohle ca. zwei Drittel des Materials aus. Umgekehrt brachten die Flugzeuge auf ihrem Rückweg industrielle Exporte in den Westen. Die Flüge wurden rund um die Uhr durchgeführt, und zum Höhepunkt der Luftbrücke im April 1949 landete jede Minute eine Maschine. Im Gegenzug zu der Blockade verhängten die Westmächte ihrerseits ein Handelsembargo gegen Ostdeutschland und andere kommunistische Staaten. Die Spannungen zwischen Westmächten und Sowjetunion waren hoch während der Aktion, die USA verlegten drei strategische Bomber-Gruppen als Verstärkung nach Großbritannien, während die Sowjetunion andererseits die Präsenz der Roten Armee in Ostdeutschland signifikant verstärkte. Sie unternahm jedoch keine ernsten Anstrengungen die Luftbrücke zu unterbrechen – das Risiko, durch einen Abschuß einen neuen Krieg auszulösen, war zu hoch.
Am 12. Mai hocb die Sowjetunion die Blockade schließlich auf, und die ersten britischen und amerikanischen Konvois konnten auf dem Landweg in die Stadt gelangen. Am 23. Mai 1949 wurde mit der Verabschiedung des Grundgesetzes die endgültige Trennung der Besatzungszonen vollzogen. Am 7. September wurde die Bundesrepublik, und am 10. Oktober die DDR offiziell gegründet. Die Berliner Luftbrücke dauerte noch bis zum 30. September an, um eine Reserve für den Fall einer weiteren Blockade zu schaffen. Diese fand zwar nicht statt, doch Berlin blieb ein zentraler Punkt des Kalten Krieges – kulminierend im Bau der Berliner Mauer 1961.
13. Mai 1968:
Generalstreik im "Roten Mai" in Frankreich
Am 13. Mai 1968 riefen die Gewerkschaftsführer der rivalisierenden Gewerkschaften CGT und CFDT zu einem eintägigen Generalstreik auf, um gegen die brutale Polizeirepression gegen die StudentInnen zu protestieren. Über eine Million StudentInnen und ArbeiterInnen demonstrierten in Paris gemeinsam. Die Studentenproteste hatten sich ursprünglich gegen die Geschlechtertrennung in den Wohnheimen gerichtet, hatten sich aber massiv ausgeweitet. Die Regierung reagierte mit brutaler Polizeigewalt und der Schließung der Universität am 10.5. Eine große Studentendemonstration, die gegen die Schließung protestierte, wurde von der Polizei im Quartier Latin eingekesselt und mit CS-Gas angegriffen. Die Studenten errichteten darauf Barrikaden, während viele jugendliche Anwohner sich den Studenten anschlossen. Die Polizei mußte sich zurückziehen und die Regierung war gezwungen, die Universität wieder zu öffnen und die verhafteten StudentInnen freizulassen. Dem Generalstreik schlossen sich 10 Millionen ArbeiterInnen an. Der Streik weitete sich aber aus, als ArbeiterInnen die Flugzeugfabrik Sud-Aviation in Nantes und die Studenten die Sorbonne (Universität) am 14.5. besetzten. Es entwickelte sich ein unbefristeter Streik, der zu einem der größten Generalstreiks der Geschichte wurde.
Frankreich war in denen Jahren zuvor relativ ruhig gewesen. Charles de Gaulle regierte seit 1958 autoritär ohne eine jede größere Opposition. Der bekannte französische Marxist André Gorz schrieb im Januar 1968 in Socialist Register:
[dass] es in der vorhersehbaren Zukunft keine Krise des europäischen Kapitalismus geben wird, die so dramatisch ist, daß sie die Masse der Arbeiter zu revolutionären Generalstreiks oder bewaffneten Aufständen treibt, um für ihre vitalen Interessen zu kämpfen. |
Der Erfolg der StudentInnen und der Bewohner des Quartier Latin in der "Nacht der Barrikaden" (10./11.5) zeigte, dass es möglich war die Regierung zu Zugeständnissen zu zwingen. Dies führte dazu, dass der Generalstreik am 13.5. nicht, wie die Gewerkschaftsfunktionäre geplant hatten, ein kurzer Warnstreik blieb, sondern sich massiv ausweitete. Am 14.5 begann der unbefristete Streik bei Sud Aviation, wofür trotzkistische Aktivisten verantwortlich waren. Am 15.5. wurde auch das Renault-Werk in Flins besetzt, am nächsten Tag folgten die restlichen Renault-Werke. Bis zum 20.5. hatten sich 10 Millionen, die Hälfte der ArbeiterInnen in Frankreich, angeschlossen. Nicht nur die IndustriearbeiterInnen streikten, sondern auch große Teile der Beschäftigten im öffentlichen Dienst, und sogar Fußballer (die eine Rote Fahne auf der Zentrale des französischen Fußballbundes hißten) und Tänzerinnen der Nachtclubs schlossen sich an. Intellektuelle, wie Jean-Paul Satre, erklärten sich solidarisch. Das Odéon-Theater in Paris wurde besetzt und unter dem Motto "Wenn die Nationalversammlung [frz. Parlament] ein bürgerliches Theater wird, müssen alle bürgerlichen Theater zu Nationalversammlungen werden" zu einem ständigen Diskussionsforum umgewandelt.
Da sich, wie in jedem Generalstreik, sich das Problem der Versorgung stellte, wurde die Energie- und Wasserversorgung von den Streikkomitees sichergestellt. Auch die Lebensmittelversorgung wurde unter Umgehung der Zwischenhändler im direkten Kontakt mit den Bauernverbände organisiert. In manchen Betrieben wurde die Produktion aufrechterhalten und auf die Bedürfnisse der Streikenden umgestellt. So beschlossen die ArbeiterInnen der Elektronik-Fabrik CSF in Brest Walkie-Talkies für die Demonstranten herzustellen, während die ArbeiterInnen von Citröen in Paris LKWs den Streikenden zur Verfügung stellten. Das höchste Organisationsniveau wurde in Nantes und St. Nazaire erreicht, wo die Streikkomitees tatsächlich die Verwaltung der Stadt übernahmen und die Preise der Lebensmittel kontrollierten.
In vielen Fällen war aber der Selbstorganisationsgrad der ArbeiterInnen geringer. Die Besetzungen der Fabriken waren zwar meist von revolutionären Sozialisten aus trotzkistischen Organisationen wie der JCR oder der OCI (heute Lutte ouvrière) organisiert, aber den Gewerkschaftsfunktionären der CGT (Confédération Centrale du Travail) gelang es oft die Kontrolle zu übernehmen. Die CGT stand der Kommunistischen Partei (PCF) nahe. Diese war typische stalinistische Partei, die erst später wegen den Ereignissen während des Prager Frühling mit Moskau brechen sollte. Das Ziel der PCF war es an der Regierung beteiligt zu werden, von der sie seit 1947 ausgeschlossen war. Deshalb versuchte sie sich als eine "respektable" parlamentarische Partei darzustellen und stellte sich deshalb im Endeffekt gegen den Generalstreik. In den besetzten Fabriken, in denen die CGT stark war, wurde der Großteil der ArbeiterInnen nach Hause geschickt, wodurch sie voneinander isoliert und der Propaganda der bürgerlichen Medien ausgesetzt wurden. Dieser Bürokratismus der PCF hemmte die Bewegung und verhinderte, dass es in anderen Städten ein Organisationsniveau wie in Nantes erreicht wurde und sich aus den Streikkomitees demokratisch gewählte Räte bilden konnten.
Die Sozialdemokraten (SFIO) versuchten, wie später in Portugal auch (siehe Remember vom 25.4.1974: Nelken-Revolution in Portugal) sich als linke Alternative darzustellen. Mitterand konnte dadurch zwar eine gewisse glaubwürdig gewinnen, was ihm 1982 bei dem Sieg in den Präsidentschaftswahlen half. Aber insgesamt blieben die Sozialdemokraten während des Generalstreiks unbedeutend. Ein linke Abspaltung der SFIO, die PSU stellte auch keine vorwärtstreibende Kraft dar, unterstützte aber den Streik. Die revolutionäre Linke war sehr schwach und zu wenig in der Arbeiterklasse verankert, um eine Alternative zu desaströsen Politik der PCF bieten zu können. Sie war in Anarchisten, deren bekanntesten Vertreter Daniel Cohn-Bendit war, Maoisten und Trotzkisten gespalten. Auch sogenannte Aktionskomitees aus ArbeiterInnen und StudentInnen, von denen es allein in Paris Ende Mai 450 gab, gelang es nicht einen eigenständigen Organisationspol darzustellen.
Ende Mai war die Autorität des Staates klar herausgefordert. De Gaulle setzte eine Volksabstimmung an - das Standardmittel, seine Autorität bestätigen zu lassen - und mußte zusehen, wie keine einzige Druckerei in Frankreich die Wahlzettel druckte; aus Solidarität weigerten sich auch die belgischen Drucker, diese zu drucken. Der damalige Premierminister Georges Pompidou schrieb in seinen Memoiren:
Die Krise war unendlich viel ernster und tiefgreifender; die Regierung konnte überleben oder gestürzt werden, aber sie konnte nicht durch eine reine Kabinettsumbildung gerettet werden. Es war nicht meine Position die zur Disposition stand. Es war General de Gaulle, die Fünfte Republik und, in einem beachtlichen Ausmaß, die bürgerliche Demokratie selbst. |
Es kann nur darüber spekuliert werden, was passiert wäre, wenn zu diesem Zeitpunkt die Bewegung vorwärts gegangen wäre. Aber die Bewegung hatte die Machtfrage nie gestellt, wofür hauptsächlich die Politik der PCF und die Schwäche der revolutionären Linken verantwortlich war.
So aber ging die Recht wieder in die Offensive. De Gaulle wurde von General Massu, der für seine Brutalität und Folterungen im Algerien-Krieg berüchtigt war (siehe Remember vom 18.3. 1962: Ende des Algerien-Krieges, davon überzeugt wieder zurückzukehren. Am 30.5 hielt de Gaulle eine Ansprache, in der er indirekt zu bewaffneten Aktionen gegen die Streikenden aufrief. Am selben Tag organisierte er auch eine Demonstration der Rechten in Paris, an der eine Million teilnahmen, Parolen wie "Cohn-Bendit nach Dachau" skandiert wurden und die Hymne der Ultra-Rechten "Algerien soll französisch bleiben" gespielt wurde.
Die Streiks wurden durch eine Mischung aus Zugeständnissen und Gewalt beendet. In der privaten Wirtschaft stiegen die Löhne um 10%, die Mindestlöhne um 35% und die wöchentliche Arbeitszeit wurde eine Stunde gekürzt. Einzelne Fabriken wurden weiter bestreikt um weitere Forderungen durchzusetzen, wovon einige von der CRS (Polizeieinheit) überfallen wurden, wobei ein Studenten und ein Arbeiter getötet wurden.
Bei den Wahlen Ende 1968 konnte dann auch die Rechte triumphieren. Die Gaullisten erhöhten die Zahl ihrer Sitze von 240 auf 358, während die linken Parteien, die sich gegen den Streik gestellt hatten, Sitze verloren. Die PCF fiel von 73 auf 34 und die SFIO von 118 auf 57 Sitze. Nur die PSU konnte leichte Stimmengewinne wegen ihrer Unterstützung des Streiks erreichen, die revolutionäre Linke war nicht angetreten. Dieses Ergebnis wird etwas dadurch relativiert, dass die Gaullisten für einen Abgeordneten 27 000 Stimmen brauchten, während die PCF für eine Abgeordneten 135 000 Stimmen benötigte, also das Wahlsystem die Gaullisten begünstigte. Das Ergebnis spiegelt aber trotzdem die Demoralisierung der ArbeiterInnen und die Frustration über die Politik der PCF wieder.
Der Rote Mai in Frankreich 1968 zeigte einen Hauch von Arbeitermacht und bewirkte eine Umorientierung eines Teils der studentischen Linken in Europa auf die Arbeiterklasse, während zuvor meist die Studenten selbst als radikale Minderheit oder die Bauern der 3. Welt als revolutionäres Subjekt gesehen wurden. Der Generalstreik 1968 stellte auch die erste große Massenbewegung der Arbeiterklasse in einem hochentwickelten kapitalistischen Staat seit dem 2. Weltkrieg dar.
(von max)
14. Mai 1970:
Baader-Befreiung in Berlin
Die RAF erwachte heute vor 33 Jahren durch den Gefängnisausbruchs Andreas Baaders zum Leben. Der wegen Kaufhausbrandstiftung verurteilte Baader (siehe 2. April 1968) saß seine Strafe in der Berliner Strafanstalt Tegel ab. Von dort aus hatte er mit der bekannten Journalistin Ulrike Meinhof Kontakt aufgenommen.
Die bekanntesten Bilder Ulrike Meinhofs
Ulrike Meinhof wurde durch ihr Engagement im SDS (Sozialistischer Studenten-Bund) und später als Redakteurin der Zeitschrift „konkret“ zu einer relativ bekannten Figur im linken Spektrum. Im Laufe der beiden vorangegangenen Jahre hatte sich Meinhof zu der Erkenntnis durchgerungen, das man eine politische Veränderung in der Bundesrepublik nur durch terroristische Aktionen bewirken könne (Konzept Stadtguerilla). Ihre beiden Kinder hatten sie bis zu diesem Zeitpunkt unter anderem davon abgehalten, in den Untergrund zu gehen, aber ihre Bekanntschaft mit Andreas Baader und Gudrun Ensslin im Jahre 1969 hatten sie in ihrer Überzeugung bestärkt, „etwas tun zu müssen“.
Unter dem Vorwand, zusammen ein Buch über die Organisation randständiger Jugendlicher schreiben zu wollen, wurde ein Treffen außerhalb der Anstalt eingefädelt. Meinhof und Baader wollten sich im „Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen“ in Berlin Zehlendorf treffen, um dort Einsicht in Unterlagen ihr Projekt betreffend zu bekommen.
Um 9.20 stoppte das Dienstfahrzeug vor besagtem Institut, zwei Beamte begleiteten Baader in das Gebäude, indem Meinhof schon auf ihn wartete. Diese vier Personen nahmen als einzige den Lesesaal in Anspruch und zuerst schien alles ganz reibungslos zu laufen.
Irene Goergens und Ingrid Schubert
Ungefähr eine Stunde später klingelte es an der Eingangstür und der Institutsangestellte Georg Linke öffnete. Zwei Frauen standen vor der Tür, sie hatten in den letzten Tagen das Institut öfters aufgesucht und deshalb ließ er die Beiden eintreten, er bat sie jedoch, den Lesesaal nicht zu betreten. Bei den Beiden Frauen handelte es sich um Irene Goergens und Ingrid Schubert (wie man sich denken kann, zwei RAF-Mitglieder).
Ihre Funktion war es die Tür von innen zu öffnen, was sie auch taten, als zwei weitere maskierte Personen (eine männlich, eine weiblich) das Gebäude betraten. Georg Linke hörte Geräusche und ertappte die vier Terroristen in der Vorhalle. Der maskierte Mann schoss mit einer schallgedämpften Beretta auf ihn und traf ihn in den Magen. Nach späteren Aussagen wollte der Mann (dessen Identität bis heute nicht 100%-g geklärt ist) nicht mit der Beretta, sondern mit einer Gaspistole schießen, die er in der anderen Hand hatte.
Nachdem der Schuss gefallen war rannten die vier in den Lesesaal, die Vermummte, mit einem Kleinkalibergewehr bewaffnete Gudrun Ensslin schrie „Ich schieße!“ und drängte die Polizisten in eine Ecke des Lesesaals. Dort entwickelte sich dann ein Handgemenge zwischen den Polizisten und den beiden bewaffneten Terroristen. Einem der beiden Beamten gelang es, dem maskierten Mann seine Waffe aus der Hand zu schlagen, doch bevor er die Dienstwaffe ziehen konnte bekam er eine Ladung Tränengas in die Augen. Während dieses Handgemenges hatten Baader, Meinhof und die Beiden Frauen das Institut durch das Fenster des Lesesaals verlassen. Der maskierte Mann und Ensslin folgen kurze Zeit später, nachdem sie beide Beamte mit Tränengas ausgeschaltet hatten. Mit einem vor dem Institut geparkten Wagen flohen die sechs.
Um 12.45 waren die ersten Verstärkungen der Polizei am Tatort, der lebensgefährlich verletzte Georg Linke wurde mit einem Leber-Steckschuss ins Krankenhaus gebracht. Die Befreiung war geglückt!
Gudrun Ensslin
Bis in den Juni 1972 waren Baader, Ensslin und Co in Freiheit und hielten mit Bombenanschlägen und Banküberfällen die Bundesrepublik in Atem. Ich habe im vorigen Satz mit Absicht Ensslin erwähnt und nicht Meinhof, denn es ist sicher, das der Einfluss von Gudrun Ensslin in der Gruppe der weitaus größere war als der von Ulrike Meinhof. Baader und Ensslin waren der Kopf der RAF oder auch Baader-Meinhof-Gruppe genannt. Die Fixierung auf Meinhof lässt sich nur durch ihre Bekanntheit erklären, innerhalb der Gruppe war sie im Großen und Ganzen nur für die öffentlichen Mitteilungen verantwortlich.
Nachtrag: Für Leute die sich wundern... am 2. April hab ich geschrieben, das Baader, Ensslin und andere wegen Kaufhausbrandstiftung verurteilt wurden. Warum also war Baader im Gefängnis und Ensslin frei?
Ganz einfach: Beide traten ihren Aufenthalt im Gefängnis nicht an, Baader aber wurde während einer Autokontrolle geschnappt!
(von notsch)
17. Mai 1987:
Irakischer Angriff auf die USS Stark
Um 22:10 feuerte eine irakische Mirage F-1EQ zwei Exocet AM-39 Anti-Schiffsraketen auf die US-amerikanische Fregatte Stark vor der saudi-arabischen Küste. 37 US-Soldaten wurden getötet und 21 verwundet. Die Umstände dieses Angriff während des Ersten Golfkriegs sind unklar. Es hatte am gleichen Tag schon Angriffe von irakischen Kampfflugzeugen auf Tanker gegeben, so dass dieser Angriff auf die Stark wahrscheinlich ein Unfall unter verbündeten Truppen war, also der irakische Pilot die Fregatte mit einem iranischen Tanker verwechselt hatte. Der Irak entschuldigte sich und versprach Entschädigung für die Familien der Opfer. Auf jeden Fall gab es keine Vergeltungsaktionen von Seiten der USA.
Am 22. September 1980 war der erste Golfkrieg (Iran-Irak-Krieg) ausgebrochen, als der Irak unter Saddam Hussein den Iran angriff. Hussein versuchte die Revolution im Iran (siehe Remember vom 1. Februar 1979 auszunutzen um sich selbst als lokale Großmacht zu etablieren. Die UdSSR und die meisten westlichen Staaten unterstützen den Irak, genauso wie die Scheichtümer am Golf. Das Ziel war die Eindämmung der islamischen Revolution. Die Besetzung der Großen Moschee in Mekka im November 1979 durch islamische Fundamentalisten hatte zuvor die Befürchtungen vor der Ausbreitung der islamischen Revolution vergrößert.
Die ersten Angriff des militärisch überlegenen Irak konnte der Iran durch Massenmobilisierung und das Verheizen der Soldaten abwehren. Für die erfolgreiche Mobilisierung der Iraner war ein Gemisch aus Nationalismus, religiösen Fundamentalismus, Zwang und Angst vor der Wiederherstellung des Regime des Shahs, was Hussein im Falle seines Siegs versprochen hatte, entscheidend. Im Juni 1982 waren die irakischen Truppen aus dem Iran vertrieben und der Krieg entwickelte sich zum Stellungskrieg. Die USA war mit der Situation zufrieden, da die beiden regionalen Großmächte miteinander beschäftigt waren. Deshalb wurden auch Waffen an den Iran von Israel und den USA an den Iran geliefert. Dabei wurde versucht die Fraktionen des iranischen Regimes, die engere Beziehung zum Westen wollte, wie z.B. Hojatoleslam Ali Akbar Rafsanjani, der Sprecher des Majlis (Parlament), zu fördern. Die US-Waffenlieferungen wurden später aufgedeckt (Contragate-Skandal).
Der Krieg verlagerte sich auf die Bekämpfung der ökonomischen Grundlagen des anderen Staates: auf die Ölproduktion. Der Irak begann im Mai 1984 mit dem Angriff auf Tanker, die iranisches Öl transportierten. Neben dem Angriff auf die wirtschaftliche Haupteinnahmequelle, war das Ziel der Iraker eine westliche Intervention zu provozieren. Der Iran griff seinerseits Tanker an, die irakisches Öl transportierten.
Der Irak besaß nur einen Hafen (Umm Qasr) für die Öltransporte. Syrien, einer der weniger Unterstützter des Iran, sperrte eine Pipeline ans Mittelmeer, während Pipelines durch die Türkei und Saudi-Arabien weiter genutzt werden konnten. Der Iran verschiffte das Öl hauptsächlich von der Insel Kharq, wo die Verladeeinrichtungen durch irakische Kampfflugzeuge zerstört wurden. Die Verladung in die Straße von Hormuz außerhalb der Reichweite der irakischen Bomber verlegt. Aber auch dieser Anlagen wurden bombardiert, nach dem zivile Verkehrsflugzeuge zu Tankflugzeugen umgerüstet worden waren um die Reichweite zu erhöhen der irakischen Flugzeuge zu erhöhen. Mindestens 200 neutrale Schiffe wurden während des Krieges getroffen.
Im Februar 1986 wendete sich die Situation zu Gunsten des Irans. Eine iranische Ladung bei Al Faw am 10.2 führte dazu, dass die Zufahrt nach Umm Qasr unter den Feuer der iranischen Artillerie lag. Gleichzeitig wurden die US-amerikanischen Waffenlieferungen aufgedeckt (Contragate-Affäre). Dies führte dazu, dass die Golfstaaten an der Unterstützung durch die USA zweifelten und Kuwait die UdSSR um Sicherung der Tanker bat. Die USA sahen ihre Stellung am Golf in Gefahr. Nach der Verminung der Küste vor Kuwait im Frühjahr 1987, wurden die Tanker Kuwaits im Juli 1987 auf USA umgeflaggt. Zum Schutz der Tanker wird die größte US-Flotte seit dem Vietnam-Krieg eingesetzt.
Der National Security Assistant von Reagan, Robert McFarlane, sagte, "[...]dass das globale Gleichgewicht gegen die westlichen Interessen verschoben werden würde, wenn der Irak gewinnen würde." Während der stellvertretende Verteidigungsminister Richard Armitage sagte:
Während wir keinen Sieger wollen, können wir nicht zulassen, dass der Irak besiegt wird. Dies würde zu Instabilität von Marrakesh bis Bangladesh führen. |
Die Bemühungen der USA den Iran zu isolieren, waren im März 1988 erfolgreich. Ein Abkommen mit China brachte diesem einen Technologie-Transfer, wofür China die Waffenlieferungen an Iran stoppte. Die arabischen Staaten stellten sich hinter den Irak. So wurden 30 000 ägyptische Truppen im Irak eingesetzt und sogar Syrien stellt Unterstützung des Iran ein.
Am 14.4.1988 lief ein Schwesterschiff der Stark, die Fregatte USS Samuel R. Roberts auf eine iranische Mine, wobei 10 Seeleute verwundet wurden. Dies führe am 18.4 zur US-Vergeltungsaktion 'Praying Mantis', während der US-Kampfschiffe und Flugzeuge die iranische Ölplattformen bei Sirri angriffen und mehrere iranische Patrouillenboote versenkten. Der Großteil der iranischen Flotte wurde durch die USA zerstört. Nach dieser Niederlage auf See, begann der Irak eine Bodenoffensive, die zur Wiedereroberung der Halbinsel Fao führte, wobei auch Giftgas eingesetzt wurde.
Der Iran war militärisch in die Defensive geraten, während die wirtschaftlichen Probleme durch die Einsätze der US-Marine gegen die iranische Öltransporte verstärkt wurden. Der Iran wurde dadurch gezwungen am 18.7.1988 die UN-Sicherheitsratsresolution 598 zu akzeptieren. Der letzte Funke war dabei eventuell der Abschuß eines iranischen Airbus durch den damals modernsten Kreuzer USS Vincennes am 3.7.1988, bei dem 290 Menschen starben. Diesen Abschuß gingen das Eindringen von US-Hubschraubern in iranischen Luftraum voraus um eine Reaktion der Iraner zu provozieren. Darauf war es zu Gefechten zwischen US-Schiffen und iranischen Kanonenboote gekommen. Ob dieser Abschuß Absicht war oder wie offiziell behauptet eine Verwechslung mit iranischen F-14, konnte bis heute nicht geklärt werden.
Der Sieg des Iraks stellte auch den ersten entscheidenden Sieg der USA seit dem Vietnam-Krieg dar. Über eine Million Menschen starben im Iran-Irak-Krieg, weshalb dies einer der blutigsten Konflikte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war.
(von max)
17. Juni 1953:
Arbeiteraufstand in der DDR
von Will Riker
Der Arbeiteraufstand in der damaligen DDR liegt nun 50 Jahre zurück. Zu dieser Zeit war man von einer Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten am weitesten entfernt.
Die Demonstration begann am Strausberger Platz nahe der Stalinallee am 16.Juni 1953. Den Bauarbeitern dieses Bauprojektes zu Popagandazwecken schlossen sich immer mehr Menschen an, die ihren Widerwillen gegen die Arbeitsnormerhöhungen ausdrücken wollten. Denn im Mai wurde vom SED-Büro beschlossen, die Löhne zu senken und gleichzeitig wurde das Arbeitssoll um 10% angehoben.
Die SED zeigt sich überrascht, denn der ursprüngliche Arbeiteraufstand wurde zu einem riesigen Volksaufstand – auch Kinder und Jugendliche nahmen daran teil - der sich nicht mehr nur gegen die hohe Arbeitsnorm richtete. Viele werfen ihre SED-Mitgliedsabzeichen weg, um nicht Ziel von Aufständischen zu werden.
Selbst der letzte DDR-Ministerpräsident, Lothar de Maizière, schloss sich der Menge als 13-jähriger an, und flüchtete erst, als die sowjetischen Panzer ankamen.
Die SED-Führung widerrief darauf die zehnprozentige Erhöhung der Arbeitsproduktivität, was allerdings keine Wirkung zeigte, denn die aufgebrachte Menge war nicht mehr zu stoppen. Dem aufständischen Volk ging es nun nämlich um mehr, sie gingen jetzt gegen die sozialistische Regierung auf die Straße und riefen nach Freiheit und freien demokratischen Wahlen, wie in der Bundesrepublik.
Arbeiter riefen zum Generalstreik am kommenden Tage auf, diese Meldung wurde vom west-deutschen Radiosender RIAS verbreitet. Am 17.Juni breitete sich der Streit auf die ganze DDR aus, etwa in 700 Orten kam es zu Krawallen, niemanden interessierte es nun mehr, dass die Regierung die Erhöhung der Arbeitsnorm revidiert hatte. Denn nun wurde gegen den Sozialismus in einer Form demonstriert, wie er im Sommer 1952 von der SED ausgerufen wurde.
Konkret bedeutete das den verstärkten Ausbau der Schwerindustrie, die Gründung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, die Verstaatlichung aller Privatbetriebe und der Kampf gegen den Mittelstand. Händler, kleinindustrielle und Handwerker wurden von hohen Steuern erdrückt.
Das Volk konnte also nur kaufen, was vom Staat produziert wurde. Dadurch verschlechterte sich die wirtschaftliche und soziale Lage des Staates.
Zwei junge Männer bewerfen zwei sowjetische Panzer in der Leipziger Straße in Berlin mit Steinen. Eine Kanone ist auf sie gerichtet, die andere auf anderem Demonstranten.
Demonstranten marschieren auf das Brandenburger Tor - Zeichen der Trennung - zu
Sowjetische Panzer fahren direkt in die Menschenmenge
Noch am selben Tag gab der sowjetische Hochkomissar Semjonow den Befehl, sowjetische Panzer in Ost-Berlin einrollen zu lassen um den Aufstand mit Gewalt niederzustrecken. Mit einem traurigen Ergebnis:
Während des Aufruhrs wurden rund 1000 Betriebe bestreikt und 250 öffentliche Einrichtungen wurden von Demonstranten gestürmt. In fast der gesamten DDR wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Man geht von 125 getöteten Protestierenden aus. 18 Menschen wurden während des 18. und 22.Juni von Sowjet- Soldaten ohne formelles Verfahren erschossen. In den Wochen nach dem 17.Juli verhaftete man 13000 bis 15000 Personen. Mindestens 2300 wurden in mehreren Verfahren verurteilt, an zweien wurde die Todesstrafe verhängt. Aber auch auf Seiten der SED gab es Verluste: man spricht von 10-15 SED-Funktionären die bei den Unruhen ihr Leben ließen.
von Jack Crow und max:
Ein Arbeiteraufstand in über 400 Orten erschüttert die DDR und kann nur durch den Einsatz russischer Panzer niedergeschlagen werden. Begonnen als Massenstreik gegen Normerhöhungen entwickelt sich die Bewegung, die bereits Tags zuvor tausende Menschen auf die Straße gebracht hatte, zum Volksaufstand in der ganzen DDR. Dies war nach einem kleineren Aufstand in Pilsen Anfang Juni der erste große Aufstand gegen eines der staatskapitalistischen Regime des Ostblocks, und zeigte, dass diese keine Arbeiterstaaten waren, sondern dass die Arbeiter brutal unterdrückt und ausgebeutet wurden. Das SED-Regime in der DDR konnte nur gestützt auf russische Panzer überleben, was sich bei dem Zusammenbruch in der Revolution von 1989 bestätigen sollte.
Die DDR war nicht das Produkt einer Arbeiterrevolution, also der Machtergreifung der Arbeiterklasse, sondern ein Ergebnis der Aufteilung Deutschlands unter den Siegermächten des 2. Weltkriegs. Die russischen Truppen lösten spontan nach dem Krieg gebildete Antifakomitees der Arbeiterbewegung auf und begannen ein Regime nach dem Vorbild der staatskapitalistischen UdSSR aufzubauen. Die KPD wurde hierfür erneut "gesäubert" und Moskau-treue Kommunisten unter Walter Ulbricht an die Führung gesetzt. Nach der damaligen Volksfront-Theorie der Stalinisten wurde die DDR ursprünglich nicht als sozialistisch definiert, sondern eine "Koalitionsregierung" (Nationale Front) mit den bürgerlichen Parteien CDU, der Liberaldemokratische Partei Deutschlands (LDPD), der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD, Auffangbecken für Offiziere und NSDAP-Mitglieder) und der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) gebildet. Diese "Koalition" wurde den Bedürfnissen der Herrschenden in der UdSSR untergeordnet. Die SED, die aus einer Zwangsfusion der KPD und SPD hervorgegangen war, hatte den absoluten Führungsanspruch. Die gesamte Gesellschaft wurde der herrschenden Bürokratie (Nomenklatura) untergeordnet, die zu ihrem Machterhalt einen riesigen Terrorapparat und ein umfangreiches Spitzelsystem aufbaute.
Auf der 2. Parteikonferenz der SED am 12. Juli 1952 verkündete Walter Ulbricht „den planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ nach stalinistischem Vorbild. Die Wirtschaft wurde in den Ostblock eingegliedert und dem Ziel untergeordnet, den Westen einzuholen und zu überholen. Hierfür wurde die Schwerindustrie für die Belange des Militärs gefördert, während die Konsumgüterindustrie vernachlässigt wurde. Die notwendige Kapitalakkumulation wurde durch erhöhte Ausbeutung der Arbeiter erreicht. Die Reallöhne fielen entsprechend. 1950 entsprachen sie nur 50% der Löhne von 1936 und sanken in den 50er Jahren weiter. Des Weiteren wurde die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft gegen den Willen der Bauern vorangetrieben, und drakonische Strafen gegen „Boykotthetzer“ verhängt. Allgemein nahm die politische Verfolgung zu, vor allem gegen die angehörigen der christlichen Jungen Gemeinde, die als „Tarnorganisation für Kriegshetze, Sabotage und Spionage“ diffamiert wurde. All diese Maßnahmen führten zu einer katastrophalen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation und der Versorgungslage der Bevölkerung. Um dieses auszugleichen wurde mit der Begründung "[Kapital]Akkumulation kann nur durch kontinuierlichen Fortschritt der Arbeitsproduktivität erreicht werden" am 28. Mai 1953 eine erneute 10%ige Normerhöhung für die Arbeiter beschlossen. Bei Nichterfüllung wurde eine 30% Lohnsenkung angedroht. Die Unzufriedenheit innerhalb der Arbeiterklasse wuchs entsprechend an.
Zusätzlich Zündstoff erhielt die Situation durch den Tod Stalins am 5. März 1953. Unter den russischen Funktionären brach daraufhin ein Machtkampf aus, bei dem es auch darum ging, wie die Herrschaft aufrechterhalten werden konnte. KGB-Chef und Innenminister Lawrenti Berija, der zunächst mächtigste Mann im Kreml, schlug dabei am 27. Mai eine ganz erstaunliche Variante vor: Um (West-)Deutschland den USA zu entziehen und die Sowjetunion zu entlasten sollte der Sozialismus in der DDR aufgegeben und ein neutrales Deutschland wiedervereinigt werden. Ähnlich wie bei der berühmten Stalin-Note von 1952 ist ungeklärt, wie ernst gemeint und taktisch geprägt diese Überlegungen wirklich waren. Tatsache ist, dass Berija sich im Machtkampf nicht durchsetzen konnte – insbesondere der 17. Juni brachte seinen Gegner, vor allem Nikita Chruschtschow, eine willkommene Gelegenheit Berija loszuwerden. Am 26. Juni wurde er als „Verräter“ und „Spion“ wegen seiner Vorschläge verhaftet und wenig später exekutiert.
Bereits zuvor jedoch hatte sich der Tod Stalins in der DDR-Politik der Sowjetunion bemerkbar gemacht: Angesichts der miserablen Lage in DDR zitierten die Sowjets Anfang Juni die DDR-Führung nach Moskau und oktroyierte ihr „Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage“ auf – der DDR wurden eine „fehlerhafte politische Linie“ und „ernste Unzufriedenheit“ in der Bevölkerung vorgehalten. Das Dokument sah detaillierte Anweisungen zu einer Liberalisierung und zur Rücknahme von Zwangsmaßnahmen vor. Obwohl der stramme Stalinist Ulbricht, der in Moskau mehr und mehr unbeliebt geworden war, damit ganz und gar nicht einverstanden war, mussten die Befehle des Kremls ausgeführt werden. Diese Politik hatte auch namhafte Unterstützer in der SED, die schon länger die Absetzung Ulbrichts anstrebten. Zu ihnen gehörten vor allem Stasi-Chef Zaisser und ND-Chefredakteur Rudolf Herrnstadt. Anfang Juni 1953 schien das Ende Walter Ulbrichts schon besiegelt. Am 11. Juni verkündete das Parteiorgan Neues Deutschland den „Neuen Kurs“, in dem die Regierung „in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern“ einräumte, und etwa eine mögliche Privatisierung von enteigneten Betrieben und Höfen, sowie eine Beendigung der Verfolgung der Kirchen beinhaltete. Dies trug jedoch kaum zu einer Beruhigung der Bevölkerung bei, sondern erhöhte eher die Verwirrung. Viele glaubten den Bekundungen der SED sowieso nicht mehr, zumal das Entscheidende, die Rücknahme der Normerhöhungen, vergessen worden war.
Dies brachte das Fass zum Überlaufen. Am 15. Juni beschlossen die Bauarbeiter auf den Baustellen in Friedrichshain und der Stalinallee in Ostberlin eine Protestresolution, die Ministerpräsident Otto Grotewohl überreicht wurde. Als in der Gewerkschaftszeitung Tribüne der FDGB-Vorsitzende Otto Lehmann am nächsten Tag die Normenerhöhungen verteidigte, bildete sich ein Demonstration aus Bauarbeitern, der sich viele Menschen anschlossen. Die Forderungen waren "Nieder mit den Normerhöhungen", "Wir sind Arbeiter und keine Sklaven", "Freiheit für die Gefangenen", "Wir wollen freie Wahlen" und "Nieder mit dem Spitzbart" (Ulbricht). Mit erbeuteten Lautsprecherwagen wurde für den 17.6. zum Generalstreik aufgerufen. Die Arbeiter forderten den West-Berliner Sender RIAS auf, den Aufruf zum Generalstreik zu verbreiten. Auf Anweisung der Amerikaner, die eine Eskalation des Kalten Krieges befürchteten, übertrug der Sender jedoch nur die Forderungen der Streikenden:
1. Auszahlung der Löhne nach alten Normen 2. Senkung der Lebenshaltungskosten 3. Freie und geheime Wahlen 4. Keine Maßregelung der Streikenden |
Die DDR-Führung trafen die Unruhen völlig unvorbereitet. Hastig wurden die Normerhöhungen doch noch zurückgenommen, doch kaum jemand bekam dies mit, und niemand glaubte dem verhassten Regime. Dieses setzt nun auf Gewalt: Es beantragt im sowjetischen Hauptquartier in Karlshorst die Autorisation des Schießbefehls für die ausrückende Kasernierte Volkspolizei (KVP), was jedoch abgelehnt wurde. Stattdessen reagierten die Sowjets selbst: Die sich im Manöver befindenden Einheiten der Roten Armee wurden in volle Alarmbereitschaft versetzt und Truppen nach Berlin beordert, deutsche Sicherheitsorgane wie das MfS, KVP-Zentralen und Polizeidienststellen werden direkt von Karlshorst aus instruiert.
Am Morgen schließlich bricht der Aufstand in der ganzen DDR los: In etwa 600 Betrieben streiken die Arbeiter, zwischen einer halben und einer Millionen Menschen beteiligen sich sowohl in Großstädten als auch auf dem Land an der Revolte. In Berlin gehen zwischen 70.000 und 100.000 Menschen auf die Straße. Sie rufen nicht mehr nur nach Verbesserungen ihrer Lage und freien Wahlen, sondern teilweise auch nach Wiedervereinigung – aus dem Streik ist ein Volksaufstand geworden. Die Aufständischen stürmen Parteizentralen und Propagandaeinrichtungen, reißen Plakate herunter und errichten Barrikaden. Am stärksten war der Streik in den Zentren der Arbeiterbewegung der Weimarer Republik, also in Mitteldeutschland. In vielen Städten wurden die Gefangenen befreit und die SED-Zentralen besetzt. Der damalige SED-Funktionär Heinz Brandt schrieb:
Es war, als wäre ein Traum Lenins war geworden, nur dass diese Massenaktion sich gegen ein totalitäres Regime richteten, das im Namen Lenins regiert und von denen geführt wurde, die sich selbst als Lenins Schüler bezeichneten. [...] Etwas Ungeheuerliches war geschehen: die Arbeiter erhoben sich gegen den Arbeiter- und Bauernstaat. |
Zwischen 60 und 120 Menschen waren am 17. Juni getötet worden, hunderte waren verletzt, etwa 6000 wurden verhaftet, und viele davon zum Tode oder hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Die Regierung ignorierte die politischen Forderungen und erfüllte nur einzelne ökonomische Forderungen der Arbeiter. Damit konnte sie auch die Streiks in einzelnen Betrieben, die vereinzelt noch bis in den Juli hinein streikten, beenden. Nach dem die Herrschaft wieder gesichert war, wurden diese Zugeständnisse wieder zurückgenommen.
Die Westalliierten und die Bundesregierung weigerte sich die Streikenden zu unterstützen. Sie drohten Westberliner mit Repressalien, falls sie den Aufstand unterstützen wurden, während westdeutsche Polizei versuchte die Grenzen abzuriegeln. Auch der Sender Rias, sowie Bundeskanzler Adenauer riefen zu Ruhe und Ordnung auf. Die Handlungen waren mehr vor der Angst vor dem Aufstand und einem möglicherweise daraus resultierenden Konflikt zwischen den Supermächten bestimmt, als durch Solidarität mit den Aufständischen. Der Aufstand wurde anfangs sogar für eine Aktion der SED gehalten, während er später zu einem Volksaufstand für die BRD umgedichtet wurde. Die Erklärung des 17.6. zum Nationalfeiertag war angesichts der fehlenden Unterstützung trotz zahlreicher Hilfegesuche nur noch zynisch.
In der DDR wurde der Aufstand auf der 14. Tagung des ZK am 21. Juni als Aktion westdeutscher Faschisten bezeichnet. Allerdings war ein Drittel der nach dem 17. Juni aus der SED Ausgeschlossen schon 1933 KPD-Mitglied gewesen. Zwischen 50% und 70% waren früher KPD-Mitglieder, während die SED-Führung sozialdemokratische Elemente in der SED verantwortlich machte. Eine zentrale Rolle bei dem Aufstand hatten also alte kommunistische Revolutionäre gespielt, die von der Entwicklung in der DDR enttäuscht waren und den Kampf für die Emanzipation der Arbeiter wieder aufnahmen. Innenpolitisch rettete der niedergeschlagene Aufstand Ulbricht die Macht, indem er seine innerparteilichen Gegner als Sündenböcke benutzte: Justizminister Max Fechner, der für eine milde Behandlung der Verhafteten eingetreten war, wurde am 15. Juli verhaftet, MfS-Minister Zaisser am 23. Juli abgesetzt und am 24. zusammen mit Herrnstadt aus dem ZK entlassen. Nach dem Sturz Berijas in Moskau saßen die Hardliner endgültig wieder fest im Sattel. Doch der Aufstand blieb ein Trauma für das SED-Regime, denn es hatte jedem klar vor Augen geführt, dass seine Macht ausschließlich auf den Bajonetten der Sowjetarmee basierte, und keinerlei Legitimität in der Bevölkerung besaß. Noch am Vorabend der friedlichen Revolution 1989 fragte Stasi-Chef Mielke seine Mitarbeiter, ob gerade „der 17. Juni ausbräche“.
Literatur
Der 17. Juni ist gerade das große historische Thema, daher behandelt es fast jedes Medium. Gelaufen sind bereits mehrere Spielfilme und Dokumentationen im TV, andere kommen noch, heute abend z.B. um 21:05 Uhr "Helden ohne Ruhm" auf der ARD. Schwerpunktthema ist der 17. Juni gerade in der aktuellen ZEIT, im SPIEGEL war er es letzte Woche (allerdings verdrängt von Hillary vom Titelbild...). Bücher kommen quasi täglich neue heraus, mit unterschiedlcihem Qualitätsgrad. Dazu noch mehr.
22. Juni 1848:
Die Juni-Kämpfe in Frankreich
1848 brach in Europa eine demokratische Revolution gegen den Absolutismus aus. Einen Höhepunkt erreichte die Revolution in Frankreich. Am 22.6.1848 machten die Arbeiter von Paris einen Aufstand und errichteten Barrikaden im Ostteil der Stadt. 50 000 Aufständische versuchten das Zentrum einzunehmen. Kriegsminister Eugène Cavaignac, der sich schon 1830 durch einen blutigen Kolonialkrieg in Algerien ausgezeichnet hatte, erhielt diktatorische Vollmachten und verfügte über 30 000 reguläre Soldaten, 80 000 Mann der Nationalgarde und 25 000 Mitglieder der 'Garde mobile' (rekrutiert aus Arbeitslosen). Die Regierungstruppen konnten nach vier Tagen Paris kontrollieren und rächten sich grausam an den Arbeitern. Mindestens 1500 wurden ermordet (manche sprechen auch von 10 000 Toten), 12 000 in Schauprozessen verurteilt und viele deportiert. Dies stellte einen Wendepunkt in der Revolution von 1848 zugunsten der Reaktion dar.
Barrikade auf dem Boulevard Monmatre während der Juni-Kämpfe
1848 war das Bürgertums bedeutend stärker als zur Zeit der bürgerlichen Französischen Revolution von 1789. In vielen Teilen Europas hatten sich industrielle Inseln gebildet. Dies bedeute, dass auch die Arbeiterklasse im entstehen war. Auch die sozialistische Bewegung bildete sich. Marx und Engels veröffentlichten am 21.2.1848 das Kommunistische Manifest (siehe hier und Anmerkungen hier). Daneben gab es ein starkes Wachstum der Mittelklassen, so der Intellektuellen, Lehrer und Staatsbediensteten. Die Mittelklasse sah Großbritannien als ihr ökonomisches Modell und die Republik als ihr politisches Modell.
Die Unzufriedenheit mit den politischen Umständen im Absolutismus wurde durch eine wirtschaftliche Krise Ende der 40er Jahre verstärkt. Die konjunkturellen Krisen des Kapitalismus kamen mit Mißernten zusammen. Besonders schlimm war die Situation in Irland, wo eine Million verhungerte und eine Million auswandern mußte, während gleichzeitig Lebensmittel exportiert wurden. Neben dem Hunger stiegen die Preise und die Arbeitslosigkeit. Im Dezember 1847 hatte es einen kurzen Bürgerkrieg in der Schweiz gegeben ('Sonderbunds-Krieg') und im Januar 1848 einen Aufstand in Sizilien. Am 24. Februar stieß ein Protestmarsch republikanischer Studenten und Teile der Mittelschichten vor dem Außenministerium in Paris mit der Polizei zusammen, was einen Aufstand in den ärmeren Stadtteilen auslöste. Die Republik wurde in Frankreich ausgerufen und der König Luis Philippe in die Flucht gezwungen. Die Opposition bildete unter der Beteiligung des Sozialisten Louis Blanc und des Arbeiters Albert eine Regierung. Blanc baute Nationalwerkstätten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf.
Es folgten Aufstände überall in Europa: in Wien, Mailand, Venedig, Prag, Berlin und in vielen anderen Städten. In Irland gab es einen Aufstand gegen die britische Herrschaft. Im Schwarzwald gab es die ersten Bauernaufstände seit dem Bauernkrieg von 1525. Die reaktionären Politiker der Zeit nach dem Wiener Kongreß, wie z.B. Metternich, die Europa seit 1815 beherrscht hatten, mußten um ihr Leben fliehen. Es schien so als wäre das allgemeine Wahlrecht (für Männer), Pressefreiheit, das Recht auf ein faires Verfahren und das Ende der Privilegien der Aristokraten, kurz die Demokratie, erreicht.
Die Revolutionen im Februar und März waren hauptsächlich von kleinen Handwerker und Händlern und den Arbeitern getragen worden. Aber die Regierungen und Parlamente, die die Macht übernahmen, wurden größtenteils von den wohlhabenden Mittelschichten besetzt. Z.B. saßen im deutschen Parlament (inklusive der Abgeordneten aus dem deutschsprachigen Österreich) 436 Staatsangestellte, 100 Unternehmer und Landbesitzer, 100 Anwälte und 50 Geistliche. Diese waren nicht bereit ihre Privilegien im Kampf gegen die alten Herrscher zu riskieren. Im Gegensatz zur Britischen (1640er), Amerikanischen (1776) und Französischen Revolution (1789) entstand keine revolutionäre Partei des Bürgertums. Die bürgerlichen Regierungen und Parlamente ließen den alten Staatsapparat und die alten Armeen samt ihrem monarchistischen Offizierskorps intakt und stellten in Frankreich sicher, dass die Nationalgarde exklusiv aus Angehörigen der Mittelschichten bestand.
Dazu brach der Gegensatz zwischen den Klassen, die die Revolution durchgeführt hatten auf, insbesondere die Gegensätze zwischen dem Bürgertum und den Arbeiter zeigte sich. Während sich die Kapitalisten und Mittelschichten auf demokratische Forderungen beschränkten, forderten die Arbeiter bessere Lebensumstände. In Frankreich teilte sich die Arbeiterbewegung in die Klubs für soziale Reformen um Louis Blanc und die Geheimgesellschaften um August Blanqui, der soziale Forderungen mit Vorstellung von organisierte Aufständen verbanden.
Nach dem die Bourgeoisie unter dem Eindruck der Revolution im Februar soziale Zugeständnisse machen mußte, agitierte sie gegen die 'soziale Republik' und das 'rote' Paris, die sie für die sich vertiefende ökonomische Krise verantwortlich machten. Damit konnten sie große Teile der Mittelschichten und der Bauern überzeugen, die bei den Parlamentswahlen im April für die monarchistischen Parteien stimmten. Dieser Wahlsieg wurde von den Bürgerlichen genutzt in die Offensive zu gehen. Die beiden sozialistischen Minister wurden entlassen und am 21.6. verkündigte die neue Regierung die Auslösung der nationalen Werkstätten an und damit das Ende des Rechts auf Arbeit für die Arbeiter. Diese Provokation löste den Aufstand vom 22.6. aus. Die Niederlage der Pariser Arbeiter und Handwerker bewirkte einen Aufschwung für die Gegner der Revolution in Europa. In Frankreich mußten die Republikaner erkennen, dass ohne die Arbeiter sie nichts gegen die Monarchisten ausrichten konnten und sie gezwungen waren diesen die Macht zu überlassen. Die Monarchisten konnten sich nicht auf einen neuen König einigen, was der Neffe von Napoleon Louis Bonaparte ausnutze. Er gewann die Präsidentenwahlen 1848 klar und ernannte sich nach einem Putsch 1852 zum Kaiser.
Überall in Europa wurde die Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen. Das bürgerliche Parlament in Frankfurt blieb tatenlos und schaute zu, wie eine revolutionäre Armee im Süden von der preußischen Armee geschlagen wurde. Die Unabhängigkeitsbewegungen der Italiener, Tschechen, Ungarn und Polen wurden blutig niedergeschlagen.
In der Folge arrangierten sich das Bürgertum mit dem Adel. Im Gegenzug für die politische Unterordnung überließen die Adligen dem Bürgertum die Wirtschaft. Die Revolution von 1848 machte deutlich, dass das Bürgertum nicht mehr revolutionär war und von da an die Demokratie gegen die Bourgeoisie und den Adel erkämpft werden mußte.
26. Juni 1905:
Die Meuterei auf der Potemkin
Das damals modernste russische Schlachtschiff (Linienschiff) Knyaz Potemkin Tavricheskii, nach dem auch zahlreiche Föderationsschiffe benannt sind, sollte an diesem Tag zusammen mit dem Torpedoboot No. 167 zu Schießübungen auslaufen. Die Besatzung weigerte sich verdorbenes Fleisch zu essen, worauf der Kapitän Golikov dies befahl. Da sich die Besatzung erneut weigerte, ließ der 1. Offizier Gilyarovskii ein Erschießungskommando aufmarschieren, welches eine Gruppe der Matrosen exekutieren sollte. Als Reaktion darauf bewaffneten sich die Matrosen. Die Erschießung eines Matrosen durch den 1. Offizier löste ein Massaker aus, bei dem sieben der 17 Offiziere der Potemkin inklusive des Kapitäns getötet wurden. Darauf übernahm ein gewähltes Komitee aus 25 Matrosen das Kommando über die Potemkin und das Torpedoboot No. 167, setzte die rote Fahne und steuerte nach Odessa, wo ebenfalls Aufstände begonnen hatten.
Poster zu Eisensteins berühmtem Film
Diese Ereignisse, die in dem berühmten, Filmgeschichte machenden Film 'Panzerkreuzer Potemkin' von Sergej Eisenstein (ein wenig frei) verfilmt wurden, fanden in der Zeit der ersten Russischen Revolution von 1905 statt. Das von dem Zaren beherrschte Rußland gehörte damals zu den rückschrittlichsten und am autoritärsten regierten Ländern Europas. Am 6. Februar 1904 brach der Russisch-Japanische Krieg um die Kontrolle von Korea und Teilen Chinas aus. Rußland verlor zwei Flotten in der Belagerung von Port Arthur (8.2.04 bis 2.1.05) bzw. der Seeschlacht von Tsushima (27./28.5.05) und mußte am 5.9.1905 den Frieden von Portsmouth akzeptieren. Es wurde gezwungen ein Teil von Sachalin und die Halbinsel Kwantung inklusive Port Arthur an Japan abzugeben und diesem zusätzlich Korea zu überlassen. Damit erlitt zum ersten Mal eine europäische Großmacht eine Niederlage gegen einen außereuropäische Macht in einem modernen, auf Industrie gestützten Krieg.
Diese Niederlage verschärfte die Situation in Rußland. Am 4.1.1905 begann in den Putilow-Werken, einem großen Stahl- und Rüstungsbetrieb, ein Streik zur Verteidigung von vier Gewerkschaftlern der Gruppe des Pfarrers - und zaristischen Spitzels - Gapon. 140 000 Arbeiter beteiligen sich und demonstrieren am 9.1.1905 ('Bluttsonntag') mit Heiligenbildern zum Zarenpalast in St. Peterburg um den Zaren um Reformen zu bitten. Dieser befahl darauf seinen Truppen das Feuer zu eröffnen, was eine Streikwelle in ganz Rußland auslöste und den Sozialisten zum ersten Mal ein große Anhängerschaft bescherte. In der Revolution von 1905 werden auch zum ersten Mal in der Geschichte Räte gebildet. Diese entwickelten sich spontan aus Streikkomitees. Die Ziele dieser gescheiterten Revolution von 1905 waren im Endeffekt eine parlamentarische Demokratie. Auch die Arbeiterparteien waren von der Notwendigkeit einer bürgerlichen Revolution überzeugt. Die spontanen Allianzen zwischen den verschiedenen Anti-Zaristischen Interessengruppen zwangen das Zarenregime zunächst auch zu Zugeständnissen ("Freiheitsrechte", Einrichtung einer Duma, eines Parlamentes), die dieses jedoch nicht wirklich ernstnahm. Durch wechselnde Allianzen mit den gemäßigten liberalen Kräften gelang es der Zarenregierung, ihre Macht weitgehend aufrechtzuerhalten. Leo Trotzki, der damals 26-jährige Vorsitzende des St.Petersburger Soviet (russisch für Rat), entwickelte unter dem Eindruck des Versagen des Bürgertums eine Demokratie zu erkämpfen die Theorie der 'Permanenten Revolution' (einen Begriff den Marx erstmals 1848 verwendete). Diese besagt, dass der Arbeiterklasse eine Schlüsselrolle bei dem Kampf für die Demokratie zukomme. Diese Theorie wurde von Lenin im April 1917 übernommen
In Südrußland war die Arbeiterbewegung relativ schlecht organisiert. Seit 1902/03 agitierten sozialistische Gruppen in der Schwarzmeer-Flotte. 1905 wurden diese vereint und ein Zentralkomitee für einen offenen Aufstand aufgebaut. Revolutionäre Sozialisten spielten auch eine zentrale Rolle bei Meuterei auf der Potemkin. In Odessa nahm die Besatzung Kontakt mit lokalen sozialistischen Komitees auf. Sie konnten aber nicht eingreifen, als Kosaken die Aufständischen in Odessa angriffen und 5000 bis 6000 Menschen ermordeten.
Ein Versuch der Schwarzmeer-Flotte die Meuterei zu unterdrücken scheiterte. Ein Teil der Schiffe wurde im Haupthafen Sevastopol zurückgelassen, weil an der Loyalität der Besatzung gezweifelt wurde. Vor Odessa schloß sich die Besatzung des alten Schlachtschiffs (Barbettschiffs) Georgi Pobiedonosets der Potemkin an, worauf sich der Rest der Flotte wieder zurück zog. Anhänger des Zarenregimes setzten am nächsten Tag die Pobiedonosets auf Grund. Da die Situation in Odessa hoffnungslos war und die Vorräte ausgingen, fuhr die Potemkin nach Konstanza in Rumänien, wo sich die Behörden aber auf Druck der russischen Regierung weigerten sie zu versorgen. Daraufhin versenkte die Besatzung am 8. Juli das Schiff und suchte Asyl in Rumänien.
Die Potemkin wurde gehoben und wieder in den Dienst der russischen Marine gestellt, wobei sie in Panteleimon unbenannt wurde. Am 26. November 1905 gab es auf ihr erneut eine kurze Meuterei. Auch auf anderen Schiffen der Schwarzmeer-Flotte, z.B. dem Geschützen Kreuzer Ocakov und dem Panzerkreuzer Pamjat Azova, sowie in der Hauptbasis der Ostsee-Flotte Kronstadt, gab es zu dieser Zeit Meutereien.
Die Matrosen der Ostsee-Flotte sollten 1917 eine führende Rolle bei der Russischen Oktoberrevolution spielen, z.B. die Besatzung des Geschützten Kreuzers Aurora, der das Signal zur Eroberung des Winterpalais gab, in dem sich von einer Handvoll Kadetten bewacht die Reste der aus der Februarrevolution hervorgegangegen Provisorischen Regierung befanden.
28. Juni 1956:
Aufstand im polnischen Poznan
Unter Umständen, die dem Arbeiteraufstand in der DDR am 17.6.1953 ähnelten, gab es 1956 einen Aufstand der Arbeiter in der polnischen Stadt Poznan (früher Posen). Der Auslöser waren Konflikte der Arbeiter der ZISBO-Fabrik mit der Regierung. Die Löhne sanken, während die Steuern stiegen. Wegen Materialmangel konnten die Arbeiter wiederholt die Normen nicht erfühlen, was zusätzliche Lohneinbußen zur Folge hatte. Auf einer Versammlung am 23.6. wurde beschlossen eine Delegation nach Warschau zu schicken um der Regierung die Forderungen zu überreichen. Die Regierung ging nur auf einen Teil der Forderungen ein und lehnte eine Lohnerhöhung ab. Darauf wurde ein Streik ausgerufen und die Arbeiter marschierten in Richtung Stadtzentrum. Diese Demonstration wurde zu einem Fokus für die allgemeine Unzufriedenheit und viele schlossen sich an. Ca. 1/3 der Bevölkerung versammelte sich auf dem Marktplatz und diskutierte die Forderungen der Streikenden. Die Parolen, die anfangs rein ökonomische Forderungen enthielten, wurden politischer: "Wir wollen Freiheit!", "Nieder mit dem falschen Kommunismus!" und "Nieder mit den Russen!". Da es klar war, dass die Gelegenheit genutzt werden mußte, gingen die Aufständischen in die Initiative. Die Gefängnisse und Polizeistationen wurden gestürmt, die Gefangenen befreit und die Waffen beschlagnahmt. Ein Teil der Truppen kapitulierte gegenüber den Aufständischen. Es schien so, als würde der Aufstand Erfolg haben. Mehrere Panzer waren erobert worden und Barrikaden wurden aus Trambahnen und Autos errichtet. Aber der Regierung gelang es mit Spezialeinheiten der Armee den Aufstand zu unterdrücken.
Nach dem Aufstand in tschechoslowakischen Pilsen Anfang Juni 1953, dem 17.Juni 53 (siehe 17.6.1953: Arbeiteraufstand in der DDR und dem Aufstand in dem riesigen russischen Arbeitslager in Vorkuta kurz danach, bei dem 250 000 Sklavenarbeiter in Streik traten, war der Aufstand der Poznan der Auftakt für noch größere Erschütterungen der staatskapitalistischen Regime. Auf dem XX. Kongreß der KpdSU im Februar 1956 hatte Nikita Chruschtschow, der 1. Sekretär der Politbüros, die Entstalinisierung eingeleitet und einen Teil der Verbrechen Stalins (an denen er selbst führend beteiligt war) offen gelegt. Er versuchte mit den Terrormethoden Stalins zu brechen um eine breitere Basis für das Regime zu gewinnen. Diese Prozeß löste Verunsicherung in den Parteiapparaten und eine Destabilisierung der Sicherheitsapparate aus. Die Kämpfe über die künftige Politik innerhalb der Nomenklatura schaffte Freiräume für eine Opposition außerhalb der herrschenden Kreise. Zudem weckte die "Liberalisierung" Hoffnungen auf wirkliche Reformen.
In Ungarn (siehe 23.10.1956 Revolution in Ungarn) und Polen sollten die Ereignisse ihre Höhepunkt haben. In Polen hatten die Konflikte innerhalb der Nomenklatura Opposition unter den Intellektuellen begünstigt. Es entstanden Zeitungen, in denen das Regime offen kritisiert wurde. Auch die Niederschlagung des Aufstands in Poznan beruhigte die Lage nicht. Zwischen den beiden konkurrierenden Flügel der Herrschenden kam es im Oktober 1956 fast zu einem Bürgerkrieg. Der liberale Flügel um Gomulka wollte durch Zugeständnisse an die Mittelschichten die soziale Basis des Regimes verbreitern. Diese war in den Jahren des stalinistischen Terrors immer mehr geschrumpft. Die soziale Zusammensetzung der Kommunistischen Partei hatte sich drastisch verändert. Der Anteil der Arbeiter viel in den Jahren von 1945 bis 1955 von 62,2% auf 45% und der Bauern von 28% auf 13%. Dafür stieg der Anteil der Bürokraten entsprechend von 10% auf 41%. Die (reicheren) Bauern sollten durch die Beendigung der Zwangskollektivierung und die Technokraten durch höhere Einkommensunterschiede zu den Durchschnittseinkommen gewonnen werden. Gomulka gewann auch die Unterstützung der katholischen Kirche und der westlichen Propagandamedien wie Radio Free Europe, die der Regierung damit Glaubwürdigkeit verschafften.
Ihre Gegner im Staatsapparat war die Natolin-Gruppe, die sich auf die Schwerindustrie, das Militär und die russische Regierung stützte. Sie stellten sich gegen die Politik Gomulkas. Dieser drohte mit einer Massenmobilisierung und konnte damit die schon aufmarschierten polnischen und russischen Panzer zum Rückzug zwingen.
Nach dem sich Gomulka gegen seine Rivalen durchgesetzt hatte, wandte er sich gegen die Linke und die Arbeiter. Nach dem er zuvor Zugeständnisse in Form von Bildung von Arbeiterräten machen mußte, ging er jetzt daran diese wieder rückgängig zu machen. Seine rhetorische Unterstützung für die Arbeiterräte als demokratisches Organ der Selbstbestimmung der Arbeiter wandelte sich das Gegenteil. Jetzt forderte er, dass die Arbeiterräte eine höhere Produktivität durchsetzen sollten. Also zu einem Mittel für die erhöhte Ausbeutung gemacht werden sollen.
Die Linke hatte dagegen kein klares Programm. Zwar wollte sie den Aufbau eines wirklichen sozialistischen Systems, z.B. dass die Arbeiterräte die Macht übernehmen sollten, hatte aber keine klare Analyse der Politik Gomulkas. Sie versäumte es deshalb klare Forderungen zu stellen und um diese eine unabhängige Organisation aufzubauen. Statt dessen unterstützte ein Teil anfangs auch noch Gomulka und die Liberalen und stärkte dadurch deren Position. So blieb es bei vereinzelten Streiks, die Anfang 1958 offiziell wieder verboten wurden und gewaltsam unterdrückt wurden. Als Studenten gegen das Verbot der linken Zeitungen und damit das Ende der politischen Freiheiten demonstrierten, wurde dies von der westlichen Presse und der katholischen Kirche verurteilt.
Die Revolution bleibt in Polen in den Kinderschuhen stecken, was katastrophale Auswirkungen haben sollte. Dadurch waren die Russen in der Lage die Revolution in Ungarn niederzuschlagen und die Nomenklatura konnte überall im Ostblock ihre Herrschaft wieder stabilisieren, wozu sie nicht in der Lage gewesen wären, wenn eine Revolution in Polen die ungarischen Arbeiter unterstützt hätte.
(von max)
14.7.1789: Der Sturm auf die Bastille und die Französische Revolution
Nach dem sich sans-culottes, die ärmeren Schichten bestehend aus Handwerkern und Händlern, schon am 12.7. angesichts drohenden Aktionen des Königs bewaffnet hatten, belagerten sie am 14.7 die Bastille, eine Festung in Paris mit großen Munitionsvorräten, wo auch viele politische Gefangene saßen. Nach einem dreistündigen Gefecht mit 83 Toten, wobei auch Artillerie auf beiden Seiten eingesetzt wurde, kapitulierte der Festungskommandant. Der Sieg der Pariser Massen stellte den Auftakt der französischen Revolution dar, eine bürgerliche Revolution und ein Versuch die Ideen der Aufklärung, Menschenrechte, Demokratie und Gleichheit durchzusetzen.
Frankreich wirkte vor 1789 sehr stabil, unter Louis XIV hatte Absolutismus seinen Höhepunkt erreicht. Aber langsame Änderungen der gesellschaftlichen Struktur begannen das feudalistische System zu unterhöhlen. Der Adel (noblesse d?epée) hatte noch eine relativ starke Position inne und war stark mit Kirchenoberen verbunden. Der Adel und die Kirche lebten Feudalabgaben der Bauern und waren selbst von Steuern befreit. Der König sicherte seine Macht, indem er dem Adel gegen das Bürgertum ausspielte. Die Bourgeoisie konnte Positionen im Staat kaufen und diese vererben (noblesse de robe). Obwohl sie teilweise deutlich reicher als die Adeligen waren und selbst großen Landbesitz hatten, waren sie politisch gegenüber dem Adel benachteiligt. Die Mehrheit des Bürgertums stand allerdings auch ökonomisch deutlich schlechter dar. Im 18. Jahrhundert veränderte sich die Wirtschaft zugunsten kapitalistischer Produktionsverhältnisse stark. Die Textilproduktion stieg um 250%, die Kohleförderung stieg um sieben bis achtfache und die Eisenproduktion um 350%. 1789 war ein Fünftel der Bevölkerung im Handwerk oder der Industrie beschäftigt. Auch ein Teil der Bauern produzierte für den kapitalistischen Markt, z.B. die Weinbauern und diejenigen die Textilproduktion (Spinnen, Weben) mit der Landwirtschaft verbanden.
Ende des 18. Jahrhunderts verstärkten Hungersnöte die Unzufriedenheit mit den politischen und sozialen Verhältnissen. Aber wie bei der Englischen und Amerikanischen Revolution waren nicht Forderungen der Masse der Bevölkerung der Auslöser, sondern die Aktionen der Herrschenden. Diese hatten mit den steigenden Kosten ihres Luxuskonsums und den hohen Kosten der Kriege (Siebenjährige Krieg, Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg) zu kämpfen. Der König Louis XVI plante Steuererhöhungen und auch Steuern von den Adeligen und der Kirche zu erheben. Letztere forderten darauf zum 5.5. die Einberufung einer Ständeversammlung, der Generalstände (Estates-General), die 1614 zuletzt zusammengetreten waren. Hierfür mußten Vertreter des 3. Standes gewählt werden, was eine politische Mobilisierung des Mittelstandes und die Formulierung deren Forderungen bewirkte. Die Abgeordneten des 3. Standes weigerten sich die Forderungen des Königs und der Adeligen zu unterstützen und erklärten sich selbst am 17.6. zur Nationalversammlung. Der König reagierte mit der Mobilisierung von 20 000 Soldaten.
Der Aufstand am 14.7. (Sturm auf die Bastille) brachte die Gemäßigten (Feuillants) um La Fayette, einen General des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs, an die Macht. Eine konstitutive Monarchie wurde errichtet. Der König erhielt ein Vetorechten, während ein besitzabhängiges Wahlrecht eingeführt wurde. Am 4.8. wurde die Feudalordnung nominell abgeschafft und am 26.8. die Erklärung der Menschenrechte in Anlehnung an die amerikanische Verfassung verabschiedet.
Politische Clubs entstanden. Neben den königstreuen Feuillants, gab es die Jakobiner um Robespierre und Saint-Just, die den radikaler Flügel der unteren Schichten des Bürgertums bildeten. Teile von ihnen, z.B. Hérbert, agitierten auch unter den Armen. Die Girondisten, eine Abspaltung der Jakobiner um Brissot, waren konservativer als Jakobiner und rekrutierten sich mehr aus den reicheren Schichten des Bürgertums. Die Cordeliers um Danton und Marat stellten den radikalsten Flügel des Bürgertums dar und stützten sich hauptsächlich auf die sans-culottes. Marats Zeitung L'Ami du Peuple wurde zum einflußreichsten Agitationsblatt der Revolution. Die Revolution sollte davon gekennzeichnet sein, dass es wiederholt zu Spaltungen zwischen den politischen Aktivisten des Bürgertums kam. Die Mehrheit sorgte sich meist mehr um ihren Besitz und strebte einen Kompromiß mit dem Adel an, während nur eine radikale Minderheit bereit war etwas für ihre Ziele zu riskieren und gemeinsam mit den unteren Schichten die Revolution voranzubringen. Da die Gegenreaktion der Konterrevolutionäre meist aber auch die Mehrheit bedrohte, schwenkte sie hinter die Radikalen, wobei sich aber auch bei jedem Konflikt ein Teil der Konterrevolution anschloß.
Der Adel war mit den Zugeständnissen unzufrieden, während reichere Teile des Bürgertums Revolution beenden wollten, da sie ihre Ziele (politische Beteiligung) erreicht hatten. Streiks und Gewerkschaften wurden verboten, Marat mußte ins Exil fliehen und im Juli 1791 ermordete die Nationalgarde auf dem Marsfeld über 50 Menschen, die eine republikanische Petition unterzeichnen wollten. Verschiedene Gruppen sahen einen Krieg als Lösung. Der König und die Monarchisten erhofften sich durch eine Niederlage eine Restauration ihrer Macht, während Lafayette meinte so diktatorische Vollmachten erhalten zu können. Die Girondisten erhoffen sich eine nationalistische Euphorie um ihre Ziele voranzubringen. Entschiedenster Gegner eines Kriegs war Robespierre, der gerne als blutrünstiges Monster dargestellt wird. Er befürchtete eine Stärkung der Konterrevolution. Nach dem die Girondisten, die die Mehrheit in der Gesetzgebenden Versammlung hatten, in die Regierung gelangt waren, wurde im April 1792 Österreich und Preußen der Krieg erklärt.
Der Krieg war anfangs von Niederlagen gekennzeichnet, die auch durch die Tendenz der monarchistischen Generäle überzulaufen bedingt waren. Die Girondisten gingen aber weder gegen die Konterrevolutionäre in Frankreich entschieden vor, noch trafen sie Maßnahmen um Invasoren aufzuhalten. Die Invasion bewirkte insgesamt aber eine Schwächung der Konterrevolution, da eine Mobilisierung für Revolution bewirkt wurde. Hier spielte das am 25.7. veröffentlichte Manifest des Herzogs von Braunschweig eine wesentliche Rolle, indem er in Falle eines Sieges Rache an den Revolutionären schwor. Dies bewirkt eine Stärkung der radikaleren politischen und der Pariser Stadtversammlungen (sections). Alleine in Paris meldeten sich 15 000 Freiwillige (Fédérés). Der Aufstand in Paris am 10.8.1792 (Sturm auf die Tuilerien) bildete den zweiten großen Wendepunkt der Revolution. Die Jakobiner wurden an der Regierung beteiligt und entschiedenere Maßnahmen eingeleitet. Bei Valmy konnte die revolutionäre Armee am 20.9.1792 die monarchistischen Söldnerarmeen Preußens geschlagen. Am 21.9.1792 wurde die Republik ausgerufen und das allgemeines Wahlrecht für Männer eingeführt. Massnahmen um Feudalismus und die Privilegien der Reichen zu beenden werden eingeleitet und begonnen die Ideen der Aufklärung durchzusetzen, so z.B. die Trennung von Staat und Kirche und die Beschneidung der Rechte der Kirchen. Atheistische Ideen breiteten sich aus.
1793 wurde es aber klar, dass entweder die Revolution voranschreiten mußte oder die Konterrevolution siegen würde. Die Girondisten stellten sich gegen Preiskontrollen bei Lebensmitteln zum Schutz der ärmeren Schichten in den Städten und auf dem Land und verfolgten die Radikalen wie Marat und Hérbert. Die Gemäßigten und Monarchisten starteten in ländlichen Regionen Aufstände. Den Jaobinern war klar, dass sie Zugeständnisse an die Bauern und sans-culottes machen mußten, auch wenn diese mit ihren (bürgerlichen) Interessen kollidierten. Die radikalen Teile des Bürgertums, die Jakobiner, verbündeten sich mit den revolutionären Pariser sections gegen die konservativere Bourgeoisie um die Girondisten. Robespierre schrieb in sein Tagebuch:
Die Gefahr geht von der Mittelklasse aus, und um diese zu schlagen müssen wir das Volk mobilisieren |
Im September begann der Terror. Um die Konterrevolution zu verhindern wurden deren Anhänger eingesperrt oder hingerichtet. Im September 1793 wurden 66 von 260 Menschen, die vor das Revolutionäre Tribunal gebracht wurden auf der Guillotine hingerichtet, in den letzten drei Monaten wurden 177 von 395 Angeklagten hingerichtet. Die Zahl der Gefangenen stieg von 1500 im August auf 4525 im Dezember. Im Kontrast dazu wurden von den Monarchisten alleine nach der Eroberung von Lyon 800 hingerichtet. Interessant ist, dass anfangs Robespierre für die Abschaffung der Todesstrafe war, während die Girondisten diese für normale Kriminelle beibehielten, aber Zweifel bekamen, als der König an die Reihe kam. Unter dem absolutistischen Regime waren Hinrichtungen an der Tagesordnung gewesen. Mark Twain schrieb dazu:
Es gab zwei Schreckensherrschaften: eine dauerte mehrere Monate und die andere 1000 Jahre. |
Den Jakobiner war es gelungen das revolutionäre Regime zu verteidigen. Die revolutionäre Armee war die stärkste Macht in Europa und befand sich überall auf dem Vormarsch. Aber sie hatten sich selbst total isoliert. Eine Koalition aus Jakobinern (z.B. Anhänger des Ermordeten Danton und Hérbert) und Girondisten stimmten am 27.7.1794 für Robespierres Festnahme und Hinrichtung. Er wurde am nächsten Tag mit 21 Anhängern hingerichtet, worauf am nächsten Tag noch einmal die Exekution von 71 Anhängern folgte. Ein Aufruf zum Aufstand zur Verteidigung wurde weitgehend ignoriert. Der Name dieses Monats im revolutionären Kalender der Republik, Thermidor, wurde seitdem ein Symbol für eine Konterrevolution. Es begann der Weiße Terror mit einer Welle von Exekutionen von Revolutionären. Schlägertrupps aus reichen Jugendlichen (jeunesse dorée] terrorisierten die Stadt. Als allerdings im Oktober Monarchisten einen Aufstand in Paris vorbereiteten, bewaffneten die konterrevolutionären Bürgerlichen erneut die Jakobiner und die sans-culottes. Die Macht wurde in die Hände eines Direktoriums aus fünf Männern gelegt, unter ihnen der jakobinische Offizier Napoleon Bonaparte, der in den folgenden Jahren alle Macht an sich reißen sollte.
Napoleon gelang es mit der revolutionären Armee große Teile Europas zu erobern, wobei er auch Teile der verbliebenen Errungenschaften der Revolution in den besetzten Gebieten verbreitete. Auch wenn letztendlich nach den Schlachten von Leipzig (1813) und Waterloo (1815) die Monarchie wieder errichtet wurde, war der Feudalismus zerstört worden und konnte den Bauern nicht wieder aufgezwungen werden.
(von max)
17. Juli 1936:
Franco putscht in Spanien
Am 17.7.1936 putschte General Franco gegen die gewählte Volksfrontregierung Spaniens. Das Militär versuchte Spanien und Spanisch-Marokko unter Kontrolle zu bringen, was ihm wegen der Feigheit und Passivität der Regierung auch fast gelang. Anstatt gegen die Putschisten vorzugehen, leugnete die Regierung den Putsch, rief zur Ruhe (sprich keinen Widerstand zu leisten) auf und versuchte letztendlich mit Franco zu verhandeln. Dies scheiterte an der Weigerung Francos. Die sozialistische Gewerkschaft UGT und die anarcho-syndikalistische Gewerkschaft CNT riefen zum Generalstreik auf. Die Reaktion der Arbeiter übertraf einen Streik bei weitem. In vielen Regionen entwaffneten sie das Militär und die Polizei. Bewaffnete Arbeitermilizen wurden gebildet, die Fabriken von Arbeiterkomitees übernommen und das Land für die Bauern aufgeteilt. Der bürgerliche Staat kollabierte in Katalonien, der wichtigsten industriellen Region, und wurde durch eine Selbstverwaltung der Arbeiter ersetzt. Viele einfache Soldaten und Polizisten schlossen sich an, in der Marine wurde die Offiziere entwaffnet und fast alle Schiffe stellten sich gegen den Putsch. Der Putsch war anfangs nur in Marokko und in den ländlichen Provinzen Navarra, Leon, Estremadura und dem Großteil Andalusiens erfolgreich. In mehreren Städten, so Sevilla, Cadiz, Zaragoza und Oviedo, glaubten die Arbeiter die Behauptung der Regierung, dass das Militär loyal sei und zogen sich wieder zurück, worauf die Militärs die Kontrolle übernahmen und sich den Putschisten anschlossen. Statt eines schnellen, erfolgreichen Putschs, wie sich Franco erhofft hatte, entwickelte sich ein vierjähriger Bürgerkrieg und in Teilen der republikanischen Gebiete brach eine Arbeiterrevolution aus. Tausende von Freiwilligen aus der ganzen Welt schlossen sich den Kampf gegen den Faschismus in Spanien an.
Spanien war in den 1930er ein relativ rückständiges Land. Die Arbeiterklasse machte nur die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung aus und die Industrie war auf wenige Bereiche konzentriert: das Baskenland (Stahlindustrie, Schiffbau), Asturien (Bergbau), die Region um Madrid und Katalonien. Die Industrie war von ausländischen Kapital abhängig und das spanische Kapital relativ schwach. Es herrschte eine Monarchie gestützt auf die Großgrundbesitzer und die Kirche.
Nach dem Aufschwung der Arbeiterbewegung 1918-20 (Trienio Bolchevista gelang es Primo de Rivera in den frühen 20er Jahren die Arbeiterbewegung zu zerschlagen und eine Militärdiktatur zu errichten. Im Gegensatz zu dem Faschismus Mussolinis stützte sich dieses Regime nicht auf eine Massenbasis und zerbrach in der Weltwirtschaftskrise. Die folgenden Wahlen gewann die Linke, worauf der König abdanken mußte und im April 1931 die Republik ausgerufen wurde. Obwohl die neue Regierung die Erwartungen auf soziale Reformen der Arbeiter und Bauern nicht erfühlen konnte und sich Enttäuschung ausbreitete, waren alleine die Erwähnung von Reformen zu viel für die oberen Schichten. Viele schlossen sich der CEDA an, einer Partei, die, wie Dollfuß in Österreich, den Faschismus Mussolinis mit christlichen Fundamentalismus kombinieren wollte. Der Wahlsieg der CEDA 1934 wurde nicht nur von der Linken, sondern auch von den katalanischen und baskischen Nationalisten als Gefahr gesehen. Aber nur die Bergarbeiter in Asturien machten gegen diese Regierung einen Aufstand, der von marokkanischen Truppen unter den Befehl Francos niedergeschlagen wurde. Aber der CEDA-Regierung gelang es nicht die Arbeiterbewegung zu brechen. Eine Koalition aus bürgerlichen Parteien (Republikanische Linke, Republikanische Union, zwei katalonische nationalistische Parteien, die kleinere der baskischen nationalistischen Parteien) und Arbeiterparteien (sozialdemokratische PSOE, kommunistische PCE, katalanische Vereinigte Sozialistische Partei, katalanische Kommunisten) bildete mit Unterstützung der anarchosyndikalistischen CNT und der marxistischen POUM eine Volksfront, die die Wahlen im Februar 1936 gewann.
In den herrschenden Kreisen löste dies Panik aus. Die CEDA-Aktivisten strömten in die offen faschistische Falange und terrorisierten SA-artig Linke und Liberale, wobei Hunderte getötet und Tausende verletzt wurden. Das Militär verbündete sich mit den Faschisten und versuchte mit dem Putsch vom 17.7. die Macht zu übernehmen.
Rein militärisch waren im folgenden Bürgerkrieg alle Vorteile auf der Seite von Francos Faschisten. Sie wurden von Hitler und Mussolini mit den modernsten Waffen beliefert und von deutschen (Legion Condor) und italienischen Einheiten unterstützt. Die republikanische Seite wurde nur von Mexiko und der UdSSR unterstützt, wobei diese Unterstützung deutlich schwächer ausfiel. Der große Vorteil der republikanischen Seite war die revolutionäre Begeisterung ihrer Arbeitermilizen und die internationalen Freiwilligenverbände, die z.B. in der Schlacht um Madrid Ende 1936 überlegene Verbände schlugen. Die Armee der Faschisten bestand größtenteils aus Wehrpflichtigen, davon wieder ein großer Teil aus Marokko. Es wäre möglich gewesen, die Faschisten entscheidend zu schwächen, wenn die Volksfrontregierung soziale Reformen (Landreform, Arbeiterkontrolle) vorangebracht hätte und den Unabhängig Marokkos unterstützt hätte. In Marokko hatte es in den 1920er große Aufstände gegeben, so dass neue Aufstände und damit das Überlaufen der marokkanischen Truppen realistisch gewesen wäre.
Aber die Volksfrontregierung wollte die Unterstützung Frankreichs und Großbritanniens gewinnen, weshalb sie versuchte, den Kampf gegen die Faschisten als ein Kampf für die Verteidigung der bürgerlichen Demokratie darzustellen. Ein marokkanischer Unabhängigkeitskampf hätte auch den Unabhängigkeitskampf in den französischen und britischen Kolonien bestärkt. Aber keine der demokratischen Regierungen Europas unterstützte die Republikaner. Aber um den Kampf gegen die Faschisten auf bürgerlich-demokratischer Ebene zu halten, war es notwendig für die Volksfront-Regierung die sozialistische Revolution und die schon erreichten Errungenschaften zu bekämpfen. Sie startete deshalb einen zweiten Bürgerkrieg innerhalb der republikanischen Gebiete. Die Arbeitermilizen wurden aufgelöst und eine Armee mit hierarchischer Befehlsstruktur aufgebaut. Für diese Armee mußten die Soldaten auch wieder zum Dienst gezwungen werden. Die Fabriken wurden den Eigentümern zurückgegeben und die Kollektivierungen der Landwirtschaft (die von den Bauern ausgegangen war) wieder rückgängig gemacht. Hierfür mußte gewaltsam vorgegangen werden und ein Terrorapparat nach dem Vorbild von Stalins GPU aufgebaut werden.
Den Höhepunkt erreichte dieser Konflikt am 1.5.1937. Die Volksfront-Regierung hatte die 1. Mai-Demonstrationen in Barcelona, dem Schwerpunkt der Revolution, verboten und ließ die von Arbeiter kontrollierte Telephonzentrale besetzen. Diese Provokation löste einen Aufstand in ganz Katalonien aus. Überall wurden Barrikaden errichtet. Es war klar, dass die Regierung in der schwächeren Position war. Aber es wurden keine zentralen Machtorgane der Arbeiter gebildet und die Regierung entmachtet, so dass der Aufstand verpuffte und die Macht der Arbeiter auch in Katalonien gebrochen werden konnte. Damit wurde auch das Rückgrat des Widerstands gegen die Faschisten gebrochen. Den Todesstoß gab der Republik ein Putsch von der Volksfront ernannten Generälen, die anschließend gegenüber Franco 1939 kapitulierten.
Was waren die Gründe für das Handeln der Volksfront-Regierung? Die beteiligten bürgerlichen Parteien verfügten über keine nennenswerte Basis in der Arbeiterklasse und auch die sozialdemokratische PSEO, die die größte Arbeiterpartei gewesen war, verlor nach Beginn des Bürgerkriegs massiv an Einfluß. Die treibende Kraft war die kommunistische Partei (PCE). Diese hatte zu Beginn der 1930er, wie die anderen Parteien der III. Internationale (Komintern), die Sozialfaschismustheorie vertreten und weigerte sich mit den anderen Arbeiterparteien zusammenzuarbeiten, die sie als faschistisch denunzierte. Nach der Machterübernahme Hitlers schwenkte die Komintern auf die Volksfront-Taktik um, was bedeutete, dass auch mit bürgerlichen Kräfte zusammengearbeitet wurde und revolutionäre Ziele auf Sonntagsreden reduziert wurden. Dies lag im Interesse Stalins, der damals versuchte Frankreich und Großbritannien als Verbündete gegen Hitler zu gewinnen. Die kommunistischen Parteien wurden der Außenpolitik Stalins untergeordnet.
Sowohl die anarcho-syndikalistische CNT, als auch die marxistische POUM, sowie kleinere anarchistische und trotzkistische Gruppen stellten sich gegen die Politik der Volksfront-Regierung. Die CNT hielt aber jeden Staat für Gefahr, was dazu führte, dass sie keine klare Position zur Volksfront-Regierung einnahm. Insbesondere wurde nicht versucht die Macht der Regierung zu brechen und eine Räteregierung aufzubauen. Die POUM hatte zwar theoretisch richtige Positionen, hängte sich aber in entscheidenden Fragen an die zu passive CNT.
Der Spanische Bürgerkrieg ist sowohl ein Beispiel für internationale Solidarität von unten im Kampf gegen den Faschismus, aber auch für den Verrat der Stalinisten.
Empfehlenswert ist zu dem Thema Orwells 'Mein Katalonien' und der darauf basierende Film 'Land and Freedom'.
04. August 1914:
Einmarsch deutscher Truppen in Belgien - Der erste Weltkrieg beginnt
Die Ermordung des Österreichischen Erzherzogs Franz Ferdinand in Sarajevo am 28.6.1914 war der Auslöser für den ersten weltweiten Konflikt zwischen den imperialistischen Großmächten. Österreich-Ungarn erklärte Serbien den Krieg am 28.7., worauf Rußland, um seine Interessen auf den Balkan zu schützen, gegen Österreich-Ungarn am 30.7 mobilisierte. Dies resultierte in Ultimaten Deutschlands, dessen Regierung und Militär zuvor Österreich-Ungarn zum Angriff auf Serbien ermutigt hatte, an Rußland und Frankreich (31.7.), in denen die Einstellung der Mobilmachung Rußlands bzw. die Zusicherung der Neutralität Frankreichs im Falle eine deutsch-russischen Krieges gefordert wurde. Dies führte wiederum zur Mobilmachung Deutschlands und Frankreichs am 1.8. und der Kriegerklärung Deutschlands an Rußland am gleichen Tag. Frankreich fürchtete, wie auch Großbritannien, dass ein Sieg Deutschlands über Rußland seine eigene Position schwächen würde. Am 3.8. erklärte Deutschland Frankreich den Krieg und marschierte in der Nacht zum 4.8. in Belgien ein, um die französischen Befestigungsanlagen zu umgehen. Die deutsche Invasion im neutralen Belgien war schließlich der Vorwand für Großbritannien um Deutschland am 4.8. den Krieg zu erklären - innerhalb von einer Woche war eine Epoche von 44 Jahren Frieden zwischen den europäischen Großmächten beendet.
Schon zuvor war deutlich geworden, dass der Imperialismus nicht nur zur Eroberung von Kolonien, sondern auch zu Kriegen zwischen den Kolonialmächten führt. 1904 war es zum Krieg zwischen Japan und Rußland gekommen, als die russischen Expansion nach Osten mit der japanischen nach Westen in Korea kollidierte. 1906 und 1911 schien es, als würde ähnliche Ursachen zu einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich führen (Marokko-Krisen). Der gefährlichste Konfliktpunkt war der Balkan. Hier stritten Rußland, Italien und Österreich-Ungarn um die Konkursmaße des Osmanischen Reichs, wobei sie von ihren jeweiligen Verbündeten unterstützt wurden. Dieser Konflikt führte zu einer Reihe von Stellvertreter-Kriegen (1. und 2. Balkan-Krieg). 1912 fielen Serbien, Griechenland, Montenegro und Bulgarien mit der Unterstützung Rußlands über die verbliebenen europäischen Territorien des Osmanischen Reichs her, während 1913 im Zweiten Balkan-Krieg Bulgarien, was von dabei von Österreich-Ungarn unterstützt wurde, wegen Streit um die Beute Serbien angriff. Griechenland, Montenegro, Rumänien und die Türkei unterstützten Serbien und besiegten Bulgarien. Der Versuch der Mittelschichten der entstehenden Balkanstaaten einheitliche Nationalstaaten zu errichten verursachte Vertreibungen und Massaker. Diese Kriege änderten nichts an der Explosivität der Situation, was sich im August 1914 zeigen sollte.
Eine ein relativ unbedeutendes Ereignis hatte eine Kette von diplomatischen Aktivitäten ausgelöst, die schließlich zum Ersten Weltkrieg führten. Deshalb werden die Ereignisse im Juli und August 1914 oft auch als Produkt einer zufällige Verkettung unglücklicher Umstände und Fehleinschätzungen der Beteiligten dargestellt.
Diese Anschauung ignoriert aber die wirklichen Ursachen des Krieges. Im Gegensatz zum frühen Kapitalismus mit seiner freien Konkurrenz zwischen kleinen und mittleren Unternehmen, ist der reife Kapitalismus durch monopolistische Strukturen mit marktbeherrschenden Positionen weniger großer Kapitalisten gekennzeichnet. Der Prozeß der Konzentrierung und Zentralisation des Kapitals hatte sich während der Stagnation zwischen 1873 und 1895 massiv beschleunigt. Die entstandenen Großunternehmen waren von Binnenmärkten abhängig, die durch Zölle abgeschottet wurden, so dass mit Dumpingpreisen exportiert werden konnte. Wegen der niedrigen Profitraten stieg der Anteil der Direktinvestitionen im Ausland stark an. Um diese Investitionen zu schützen stützten sich die Kapitalisten auf ihre jeweiligen Nationalstaaten, was zur eine Kolonialisierungswelle führte, der fast ganz Afrika, sowie Teile Chinas zum Opfer fielen. Durch die Schutzzölle und die Kolonialpolitik veränderte sich die Konkurrenz zwischen den Unternehmen von einem Preiskrieg zu einer Konkurrenz zwischen den Nationalstaaten. Die wirtschaftrlichen Interessen der Großkonzerne und die Machtinteressen der Nationalstaaten verschmolzen, und die wirtschaftliche Konkurrenz schlug in eine militärische Konkurrenz um. Dies war besonders deutlich in dem Flottenwettrüsten zwischen Deutschland (Aufbau der 'Risikoflotte') und Großbritannien. Die einzelne Nationalstaaten versuchten ihre wirtschaftlichen, und tlw. auch sozialen ("Sozialimperialismus") Probleme durch territoriale Expansion zu lösen. Dabei waren nicht etwa landwirtschaftliche Gebiete (wie in der Feudalzeit), sondern industrialisierten bzw. rohstoffreiche Gebiete das Ziel für die Eroberungspläne.
Die einzelnen Mächte hatten jeweils spezifische Ziele. Österreich-Ungarn versuchte den Vielvölkerstaat zusammenzuhalten und die Bedrohungen im Form des jugoslawischen Nationalismus (bzw. Pan-Slawismus) und dem großserbischen Nationalismus auszuschalten. Die russische herrschende Klasse war durch eine Revolution bedroht (im Juli 1914 kam es zu Streiks und Barrikadenkämpfen in St. Petersburg) und suchte ihr Heil in einem Krieg. Ziel war es auch die eigenen Ansprüche auf dem Balkan und das verbündete Serbien zu schützen und den Bosporus zu kontrollieren. Frankreich sah das Bündnis mit Rußland als Chance Elsaß-Lothringen zurückzuerobern und Kontrolle über die Industrie im Rheinland zu erlangen. Deutschland sah sich zwischen Rußland und Frankreich eingezwängt und so an seinen Expansionsbestrebungen behindert. Das Ziel war es, die Industriegebiete Belgiens und der französischen Lorraine erobern, sowie die deutsche Einflußzone auf Rumänien und über die Türkei bis in den Nahen Osten (Bagdad-Bahn) auszudehnen. Das Britische Empire sah sich durch das Expansionstreben Deutschlands bedroht und versuchte auf Kosten des Osmanischen Reichs Kontrolle über den Nahen Osten zu erlangen.
Zu Beginn des Krieges war nicht nur die jeweilige Herrschaftsschicht für den Krieg, sondern auch in der Bevölkerung, insbesondere in den Mittelschichten, gab es eine starke Kriegsbegeisterung. Diese wurde durch das Verbreiten vermeintlicher Greueltaten der Gegner und die Umdichtung des Krieges als Krieg für die Zivilisation und gegen die Tyrannei verstärkt. Die Sozialdemokratie, die in den Tagen vor Kriegsausbruch noch große Antikriegsdemonstrationen und -kongresse organisiert und beschlossen hatte, gegen einen Krieg einen Generalstreik in allen beteiligten Ländern zu organisieren, stellte sich hinter die jeweiligen nationalen Regierungen und war damit für die Kriegsbegeisterung mitverantwortlich. Eine rühmliche Ausnahme bildeten die serbischen und italienischen (auch nach Kriegseintritt Italiens) Sozialdemokraten und ein Flügel der russischen Sozialdemokratie (Bolschewiki), sowie einzelne isolierte Sozialisten, wie in Deutschland Karl Liebknecht.
Das deutsche Militär ging nach dem Schlieffen-Plan vor, der eine Konzentrierung auf die Westfront vorsah. Um die französischen Truppenmassierungen an der Grenze zu umgehen erfolgte ein Einmarsch in das neutrale Belgien. Nach anfänglichen Erfolgen scheiterte der Vormarsch in der Marne-Schlacht. An der Westfront entwickelte sich ein Stellungskrieg, in dem beide Seiten versuchten die andere "ausbluten" zu lassen. Beispiele für diese menschenverachtende Taktik waren die Schlachten von Verdun und an der Somme 1916. Beide Seiten versuchten durch eine wirtschaftliche Blockade die andere auszuhungern. Deutschland war durch die geographische Lage dabei im Nachteil, den es durch den Uboot-Krieg auszugleichen suchte. Im Osten war den anfangs erfolgreiche russische Vormarsch in der Schlacht von Tannenberg gestoppt worden. Auf dem Balkan waren die österreichisch-ungarischen Truppen nicht in der Lage sich durchzusetzen. Deutschland gelang es, die Türkei durch das Überlassen des Schlachkreuzers Goeben und des Leichten Kreuzers Breslaus auf seine Seite zu ziehen. Auch Bulgarien schließt sich am 14.10.1915 Deutschland an, während Italien am 23.5.1915, Rumänien am 27.8.1916 und Griechenland am 27.6.1917 sich der Entente anschließen. Japan hatte bereits am 23.8.1914 Deutschland den Krieg erklärt, um die deutschen Kolonien im Pazifik und China zu besetzen. Die deutschen Kolonien wurden mit Ausnahme von Deutsch-Ostafrika, wo sich Truppen bis 1918 hielten, schnell erobert und die dort stationierten Kreuzer bis 1915 alle versenkt. Der Versuch der Entente 1915 eine dritte Front zu eröffnen und die Dardanellen zu erobern scheitert (Landung auf Galliploli). Ebenso scheitert der Vormarsch der Türken auf den Suez-Kanal, während die Gegenoffensive der Briten in Palästina und im Irak mit Unterstützung der Araber, denen Unabhängigkeit versprochen wurde, erfolgreich war. Zuvor waren schon 1914 Zypern und Ägypten von den Briten besetzt worden, die auch Persien 1917 eroberten. Die USA hatten seit Kriegsbeginn die Entente wirtschaftlich unterstützt und nach einer Reihe von Zwischenfälle auf See und der Erklärung des uneingeschränkten Ubootkrieges, sowie der Veröffentlichung des Zimmermann-Telegrams (deutscher Versuch Mexiko als Verbündeten zu gewinnen), erklärte die USA am 6.4.1917 Deutschland den Krieg. Dadurch standen der Entente frische Truppen und zusätzlicher Nachschub zu Verfügung. Zwar gelang den Deutschen unter Ausnutzung der Russischen Revolution große Teile der Ukraine zu erobern, die deutschen Frühjahrsoffensiven im März/April 1918 brachten aber nicht den entscheidenden Durchbruch, während die Offensive der Entente im Sommer 1918 Deutschland an den Rande der Niederlage brachten. Die deutsche Oberste Heeresleitung erklärte die Fortführung des Krieges am 14.8.1918 für aussichtslos und die Militärdiktatoren Hindenburg und Luddendorf verlangten im September einen Waffenstillstand (vgl. 26. Oktober 1918 Der Kriegsdiktator geht. Dies war auch eine Reaktion auf den Zusammenbruch des bulgarischen Armee und den Durchbruch der Entente in Mazedonien, sowie der Zusammenbruch der türkischen Armee in Palästina im gleichen Monat. Auch die österreichische Armee auf dem Balkan brach zusammen, die Tschechoslowakei und Jugoslawien erklärten am 28. bzw. 29. Oktober ihre Unabhängigkeit, worauf Österreich-Ungarn am 3.11.1918 den Waffenstillstand akzeptierte. Angesichts der Revolution in Deutschland übergibt das Militär die Regierungsgewalt an die SPD, die unter diesen Bedingungen auch für die Waffenstillstandsverhandlungen und den folgenden Friedensvertrag von Versailles verantwortlich gemacht werden konnte.
Der Erste Weltkrieg war der bis dahin blutigste Krieg der Geschichte. Insgesamt 10 Millionen starben, davon 1,8 Millionen aus Deutschland, 1,7 Millionen aus Rußland, 1,4 Millionen aus Frankreich, 1,3 Millionen aus Österreich-Ungarn, 740 000 aus dem Britischen Empire und 615 000 aus Italien. Ein Fünftel der männlichen Franzosen im wehrfähige Alter und ein Achtel der Deutschen starben. Alleine in der Schlacht von Verdun und Somme starben jeweils eine Million. Dazu kommen noch die Opfer durch die mangelnde Versorgungslage. So verhungerten in Deutschland 750 000 Menschen, weil die tägliche Diät des durchschnittlichen Arbeiters um ein Drittel unterhalb die für das langfristige Überleben notwendige Kalorienmenge gefallen war.
Der Erste Weltkrieg zerstörte die verbliebenen Vielvölkerstaaten aus der Feudalzeit und leitete den relativen Niedergang der europäischen Großmächte im Vergleich zu Japan und insbesondere den USA ein. Nicht nur die Verlierer des Krieges hatten unten den wirtschaftlichen Folgen zu leiden, sondern auch die Sieger Großbritannien und Frankreich. Zudem stellte der Krieg den Auslöser für eine revolutionäre Epoche dar. Die ökonomischen Kämpfe der Arbeiter wegen ihrer wirtschaftlichen Notlage und der Kampf gegen den Krieg, die anfangs isoliert voneinander waren, verbanden sich gegen Ende des Krieges. In den meisten Armeen kam es zu großen Meutereien. So meuterten 68 Divisionen, die Hälfte der französischen Armee, im April 1917, als sie nach einer Offensive mit 250 000 Toten wieder an die Front sollten. Auch in Italien meuterten 1917 50 000 Soldaten, genauso wie 100 000 Soldaten in dem britischen Basislager Ètables bei Boulogne. Diese Rebellionen wurden durch eine Mischung von Zugeständnissen und brutaler Repression inklusive zahlreicher Hinrichtung niedergeschlagen. Die größten Auswirkungen hatte die Februarrevolution (siehe 8. März 1917 Februarrevolution in Russland) und die folgende Oktoberrevolution in Rußland. Auf den Friedensaufruf Trotzkis reagierten die Spartakisten und Kriegsgegner in der SPD mit der Organisation der großen Streiks im Januar 1918. Diese blieben, wie ein Aufstand der Matrosen der österreichisch-ungarischen Marine in Cattaro am 1.2.1918, erfolglos. Erst der Matrosenaufstand am 29.10. (siehe auch 22. Oktober 1918: Seekriegsleitung befiehlt Großoffensive der Flotte) löste die Revolution in Deutschland aus (siehe auch 9. November 1918 Ausrufung der Ersten Deutschen Republik). In den meisten Staaten konnte in der Folge das allgemeine Wahlrecht (inklusive des Wahlrechts für Frauen) erkämpft werden. Die revolutionäre Kämpfe gingen bis Anfang der 1920er Jahre, so in Spanien (Trienio Bolchevista), Italien, Deutschland (siehe 13. März 1920 Lüttwitz-Kapp-Putsch in Berlin
und 7.April 1919 Bayerische Räterepublik wird ausgerufen), Ungarn und Großbritannien (siehe 31. Januar 1919 "Blutiger Freitag" auf dem George Square, Glasgow).
(von max)
Atombombenabwurf auf Nagasaki
Um 12 Uhr Mittags explodiert eine auf Plutonium basierende Atombombe über Nagasaki und tötete mindestens 70 000 Menschen (die Hälfte der Einwohner). Die Sprengkraft dieser Bombe ('Fat Man') war stärker wie die Atombombe, die drei Tage zuvor auf Hiroshima geworfen wurde und durch die letztendlich über 300 000 Menschen umgebracht wurden: Fat Man hatte eine Sprengkraft von 22 000 Tonnen TNT, während die der über Hiroshima abgeworfenen Little Boy 12 500 t TNT war. Allerdings verfehlte die US-Bomberbesatzung in Nagasaki das berechnete Ziel um ca. fünf Kilometer.
links: Nagasaki nach dem Angriff; rechts: Die eingesetzte Atombombe
Die offizielle Rechtfertigung für diese Massaker ist die Behauptung, dass die Atombomben den Krieg beendet hätten und eine halbe Million Leben auf beiden Seiten gerettet hätten. So sagte Präsident Harry Truman 1945: "Wir benutzen die Bombe um die Schmerzen des Krieges zu verkürzen und das Leben Tausender junger Amerikaner zu retten."
Japan lag zu diesem Zeitpunkt allerdings schon am Boden. Nach der Schlacht von Okinawa war Japan eingekreist, hatte den Großteil seiner Flotte und Luftwaffe verloren und war machtlos den Flächenbombardements der US-amerikanischen Bomber ausgeliefert. Zudem hatten war die alliierte Seeblockade basierend auf einem uneingeschränkten Uboot-Krieg und Luftangriffen sehr effektiv. Über 90% des japanischen Schiffsraums waren zerstört worden. Japan war nicht mehr in der Lage ausreichend Lebensmittel und Rohstoffe (wie Öl) zu importieren. Dazu kamen die Bombenangriffe. 600 große Fabriken waren zerstört worden und 8,5 Millionen Menschen mußten aus den Städten fliehen. Jede größere Stadt mit Ausnahme von Hiroshima und Kyoto war vor bereits vor dem Abwurf der Atombomben zerstört worden.
Eine US-amerikanische Untersuchungskommission stellte 1946 fest, dass Japan auch ohne die Atombomben Ende 1945 kapituliert hätte. US-Militärs rechneten im Falle einer Invasion auf den japanischen Hauptinseln auch "nur" 25 000 bis 46 000 toten US-Soldaten. Zudem gab es innerhalb der japanischen Führung einen Flügel, der seit Mitte 1944 Friedensverhandlungen aufnehmen wollte. Ihre Forderung war, dass das japanische Staatswesen inklusive dem Kaiser beibehalten werden sollte, was die US-Regierung ablehnte und in Potsdam am 26.7.1945 die bedingungslose Kapitulation forderte. Nach dem Abwurf der Atombomben, als das japanische Außenministerium am 10.8. die bedingte Annahme der Potsdamererklärung verkündete, wurde diese Forderungen fallengelassen und am 2.9.1945 die Kapitulation Japans akzeptiert.
Der US-Admiral Leahy kommentierte die Entscheidung Trumans die Atombombe einzusetzen so:
Der Einsatz dieser barbarischen Waffe gegen Hiroshima und Nagasaki brachte uns keinen materiellen Vorteil im Krieg gegen Japan. Die Japaner waren bereits geschlagen und zur Kapitulation bereit, allein schon auf Grund der Blockade und der Abwürfe konventioneller Bomben |
Die Jahre, die vergehen, ehe eine mögliche Großmacht die Fähigkeit uns wirksam mit Massenvernichtungswaffen anzugreifen, sind die Jahre unserer Chance. |
Der Einsatz der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki zeigt zusammen mit der Flächenbombardements deutscher und japanischer Städte vielleicht am besten, dass der Zweite Weltkrieg kein Krieg zwischen "guter Demokratie" und "bösem Faschismus", sondern zwischen imperialistischen Konkurrenten war. Die alliierten Militärs unterschieden nicht zwischen den Opfern und den Tätern der Nazi-Barbarei bzw. der japanischen Militärdiktatur. Der spätere Präsident Truman machte bereits 1941 deutlich, das seine Kriegsziele die Ausschaltung von konkurrierenden Mächten und die Ausweitung des US-Einfluß waren:
Wenn wir sehen, dass Deutschland gewinnt, sollten wir Rußland helfen, und wenn Rußland gewinnt, sollten wir Deutschland helfen und sie auf diese Weise gegenseitig so viele wie möglich töten lassen.. |
19.8.1936:
Die Moskauer Prozesse und der Große Terror
Vom 19. bis zum 24. August 1936 fand der erste der Moskauer Prozesse statt. Weitere folgten im Januar 1937 und im März 1938. Im ersten Prozeß wurde eine Gruppe von 16 führenden Kommunisten um Sinowjew und Kamenew wegen terroristischer Aktivitäten gegen die UdSSR, u.a. die angeblich auf Anweisung Trotzkis geplante Ermordung Stalins und anderer führender Stalinisten, angeklagt und zum Tode verurteilt. Eine beispiellose Verleumdungskampagne gegen den Kern der Bolschewiki von 1917 begann, der Hunderttausende zum Opfer fallen sollten. Die Moskauer Prozesse wurden international damals von vielen kommunistischen Künstlern, über den rechten Flügel der Sozialdemokratie bis zu Konservativen wie Churchill begrüßt und verteidigt. Sie stellten den Auftakt für den Großen Terror und den Säuberungsaktionen der Kommunistischen Partei dar, welche Stalin die Festigung seiner Macht, die Zerstörung der Überreste der Oktoberrevolution und den Aufbau eines staatskapitalistischen Systems ermöglichten.
Am 7. November 1917 (25.10 des Gregorianischen Kalenders) hatten die Arbeiter unter der Führung der Bolschewiki mit der Unterstützung der Mehrheit der Soldaten und Bauern in der Oktoberrevolution die nicht-gewählte Provisorische Regierung (siehe auch 8url=http://www.scifi-forum.de/showthread.php?postid=491944#post491944]8. März 1917: Februarrevolution in Russland [/url]) gestürzt. Gestützt auf eine klare Mehrheit in den Räten begannen die Bolschewiki im Bündnis mit den Linken Sozialrevolutionären mit der Durchsetzung sozialistischer Maßnahmen, wie die Errichtung einer Rätedemokratie und der Befreiung der Frau durch den Aufbau einer staatlichen Kinderversorgung, billiger Großküchen oder Wäschereien. Allerdings unterwarfen sich die Bürgerlichen und der Adel nicht den Mehrheitsverhältnissen. Unter Führung faschistischer Elemente begannen sie mit der Unterstützung des rechten Flügels der Sozialdemokraten (Menschewiki) und aller Großmächte (u.a. Deutschland, USA, Großbritannien, Frankreich, Japan) einen Bürgerkrieg, den die Bolschewiki erst 1921 gewinnen konnten. Im diesem Bürgerkrieg wurde die schon vorher schwache industrielle Basis Rußlands fast vollkommen zerstört. Die Industrieproduktion betrug 1920 nur noch 18% des Standes von 1916. Die Arbeiterklasse, auf die sich die Oktoberrevolution gestützt hatte, war vernichtet worden. Ein großer Teil war im Bürgerkrieg gefallen und der Zusammenbruch der Industrie hatte den Rest zerstreut. Die Anzahl der Industriearbeiter war von 3 Millionen im Jahre 1917 auf 1,2 Millionen 1921 gefallen. In Petrograd, dem Ursprung der Revolution, sank die Zahl von 400 000 im Oktober 1917 auf 72 000 im April 1918. Die Bolschewiki hatten sich zwar an der Macht halten können, aber ihre soziale Basis verloren. Unter diesen Bedingungen mußte sich der Charakter der Partei ändern. Die Bolschewiki waren gezwungen eine Bürokratie aufzubauen und sich dabei auf Beamte der Zarenzeit zu stützen. Lenin kommentierte die Situation so:
Man nehme doch Moskau ? die 4700 verantwortlichen Kommunisten ? und dazu dieses bürokratische Ungetüm, diesen Haufen, wer leitet da und wer wird geleitet? Ich bezweifele sehr, ob man sagen könnte, dass die Kommunisten diesen Haufen leiten. Um die Wahrheit zu sagen, nicht sie leiten, sondern sie werden geleitet. |
Diese Politik des "Aufbau des Sozialismus im Schneckentempo" scheiterte 1928, als Großbritannien die Handelsbeziehungen mit der UdSSR abbrach und die Bauern sich weigerten ihr Getreide zu verkaufen. Die herrschende Gruppe in der Bürokratie spaltete sich. Während Bucharin so weitermachen wollte, wie bisher, wollte Stalin jetzt eine verstärkte Industrialisierung mit einem Schwergewicht auf die Schwerindustrie. Er wollte damit das Militär stärken um der Bedrohung durch die westlichen Staaten zu begegnen:
Wir liegen 50 bis 100 Jahre hinter den fortschrittlichen Ländern. Wir müssen diesen Rückstand in zehn Jahren gutmachen oder sie werden uns vernichten |
Um diese Politik durchsetzen zu können mußte Stalin alle Überreste der Oktoberrevolution, die Organisationen der Arbeiterklasse und die alte Partei der Bolschewiki von 1917 vernichten. Streiks wurden verboten, die freie Berufswahl aufgehoben und die Gewerkschaften zu Durchsetzungsorganen des Regimes umorganisiert. Nicht nur die Anhänger Trotzkis, Sinowjews und Bucharins wurden angeklagt und meist exekutiert, auch viele von Stalins Kollaborateuren wurden hingerichtet. Auch die Führung der Roten Armee wurde hingerichtet, wodurch diese zu Beginn der Invasion der Nazis 1941 kopflos war. Stalin ließ jede mögliche Opposition liquidieren. Die Zahl der Hinrichtungen, die relativ selten zwischen 1921 und 1928 waren, stieg von 20 201 1930 (doppelt so viele wie am Ende des Bürgerkriegs 1921) auf 353 074 1937. Dazu wurden das Gulag-System aufgebaut. Die Zahl der Menschen in den Lagern stieg von 30 000 1928, über 662 257 1930 auf ca. fünf Millionen in den Jahren des Großen Terrors Ende der 30er. Die Gefangenen wurden im großen Umfang als Sklavenarbeiter mißbraucht. Stalins hat weitaus mehr Kommunisten als die diversen rechten Diktaturen und faschistische Regime umgebracht und lieferte sogar deutschen Kommunisten an die Nazis aus.
Um seine Machtbasis zu stärken, erhöhte er die Einkommen der Bürokraten. Diese waren bis 1929 unabhängig von der Stellung auf das Gehalt eines Facharbeiters begrenzt, stiegen aber danach drastisch, während die Löhne für die Arbeiter fielen. Er sicherte sich so die Unterstützung einer Schicht von opportunistischen Karrieristen, die ihren Aufstieg ihrer Unterstützung des Terrors verdankten.
Anstelle eine Kontinuität der Politik der Bolschewiki, die viele Gegner des Sozialismus unterstellen, stellten die damaligen Ereignisse einen deutliche Bruch dar. Gut zu sehen ist dies z.B. daran, dass 1934 noch 40% der Delegierten auf dem Parteikongreß schon vor der Revolution der Partei angehörten und 80% seit 1919 oder früher. Nach den Moskauer Prozessen und dem Großen Terror waren nur noch 5% der Delegierten Mitglied schon vor der Revolution und 14% vor 1919 gewesen. Von dem Politbüro von 1917 überlebten nur Trotzki (der 1940 von einem Agenten Stalins ermordet wurde), Alexandra Kollontai, die auf einen Posten als Botschafterin abgeschoben wurde, und Stalin selbst.
Auch in der Außenpolitik wurden die Änderungen der Politik deutlich. Die Politik der Parteien der III. Internationale wurde der Außenpolitik Stalins untergeordnet und die Revolution bekämpft. Das ging von der Rolle der Stalinisten im Spanischen Bürgerkrieg (siehe 17. Juli 1936: Franco putscht in Spanien, über das Bündnis mit Hitler zur Aufteilung Polens (Hitler-Stalin-Pakt), der fehlenden Unterstützung der chinesischen, jugoslawischen und griechischen Partisanen gegen die Deutschen bzw. die Briten, zu der Anweisung an die französischen und italienische Kommunistische Partei sich den rechten, bürgerlichen Kräften nach dem Zweiten Weltkriegs unterzuordnen. In Osteuropa konnte Stalin eine Reihe von Staaten erobern, die nach dem Vorbild der UdSSR staatskapitalistisch organisiert wurden.
In den 20er und 30er Jahren war es der Bürokratie unter der Führung Stalins gelungen sich an die Stelle des Bürgertums zu setzen, dessen Funktion zu übernehmen und die neue herrschende Klasse zu werden. Damit war Stalin der Schlächter der Oktoberrevolution und der Sozialismus in der UdSSR wurde nicht 1989, sondern bereits 1929 komplett vernichtet und durch ein staatskapitalistisches Regime ersetzt. Die Bürokratie konnte ihre Macht sichern und überlebte so auch die Revolutionen 1989, als es ihr auch noch gelang ihre Kontrolle der Wirtschaft zu legalisieren, indem die Unternehmen in Privatbesitz der Topbürokraten überführt wurden.
Als Fazit möchte ich Victor Serge, einen Anarchisten und Unterstützer der Oktoberrevolution und der Linken Opposition zitieren:
Es wird oft gesagt, dass der Keim des ganzen Stalinismus im Bolschewismus von Anfang an enthalten war. Gut, ich habe keine Einwände. Nur, der Bolschewismus enthielt auch viele andere Keime - eine Masse von anderen Keimen - und die, die während des Enthusiasmus der ersten Jahre der siegreichen Revolution lebten, sollten dies nicht vergessen. |
01. September 1939:
Der Überfall auf Polen
Das berühmte "Schlagbaum-Bild" - es handelt sich allerdings um eine gestellte Aufnahme
Mit den Worten „seit 4:45 wird nun zurückgeschossen“ verkündet Adolf Hitler am 1. September 1939 erfolgten Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen, der endgültig den zweiten Weltkrieg auslöst. Zu dem von Hitler genannten Zeitpunkt hatte das Linienschiff „Schleswig-Holstein“ das Feuer auf polnische Befestigungen auf der Westerplatte vor der Freien Stadt Danzig eröffnet, und damit den Nichtangriffspakt vom 26. Januar 1934 gebrochen. Noch am selben Tag erklärte die deutsche Führung den Anschluß Danzigs an das Deutsche Reich.
Die deutsche Bevölkerung nahm den Beginn der Kampfhandlungen mit eher gedrückter Stimmung auf, eine große Euphorie wie 1914 fand kaum statt. Der Begriff „Krieg“ war vom NS-Regime ausdrücklich untersagt. Unermüdlich verkündete die NS-Propaganda den Angriff als verdiente „Strafaktion“ gegen polnische Provokationen und Grenzverletzungen. Tatsächlich aber waren Zwischenfälle wie der vermeintlich von Polen durchgeführte Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz mit zwei Toten am 31. August gründlich vorbereitete Aktionen der SS. Sie sollten den Einmarsch der Wehrmacht in Polen als berechtigte Verteidigungsmaßnahme begründen. Hitler hoffte, dass sich die Westmächte ebenso wie 1938 beim Einmarsch in die Tschechoslowakei, zurückhalten und keinen Krieg riskieren würden. Zudem wusste er sich einig mit der von Stralin regierten Sowjetunion: mit dieser hatte er im berühmten Zusatzprotokoll des „Hitler-Stalin-Paktes“ vom 23. August 1939 die Teilung Polens vereinbart. Diesmal jedoch brechen Frankreich und Großbritannien ihre Beistandsgarantie nicht – sie fordern ultimativ den Rückzug der Angriffstruppen, und erklären schließlich am 3. September dem Deutschen Reich den Krieg.
Doch dieses Eingreifen hilft den tapferen Polen zunächst wenig: Zwar ist ihre Armee der deutschen an Kopfstärke nahezu ebenbürtig, in technischer und strategischer Hinsicht ist sie ihr jedoch hoffnungslos unterlegen: Teilweise greifen Kavallerieverbände Panzertruppen an, zudem erringt die deutsche Luftwaffe innerhalb kürzester Zeit die absolute Luftüberlegenheit. Bedingt durch das Überraschungsmoment wird der größte Teil der polnischen Kriegsflugzeuge noch am Boden vernichtet, auch die Versorgungslinien nehmen durch Bombenangriffe schwere Schäden. Der deutschen „Blitzkriegs“-Taktik, die auf schnelle motorisierte Panzerverbände in Verbindung mit großangelegten Luftoperationen setzt, haben die von Marschall Eduard Rydz-Smigly strategisch äußerst ungünstig entlang der 1.900 km langen Grenze ohne natürliche Hindernisse oder Barrieren aufgestellten polnischen Truppen nichts entgegenzusetzen. Innerhalb von einer Woche sind die Deutschen an allen Fronten durchgebrochen, und die von Pommern und Ostpreußen angreifende 630.000 Mann starke Heeresgruppe Nord unter Generaloberst Fedor von Bock sowie die Heeresgruppe Süd von Generaloberst Gerd von Rundstedt mit 886.000 Soldaten bewegen sich in einer Zangenbewegung auf Warschau zu. Unterstützt werden sie von zwei Luftflotten mit über 1.100 Maschinen – insgesamt befionden sich 57 Divisionen im Vormarsch.
Am 17. September löst dann die Sowjetunion ihren Teil der Abmachung ein: Zwei Heeresgruppen der Roten Armee greifen Ostpolen an und rücken bis an die Linie Narew-Weichsel-San vor. Am gleichen Tag flieht die polnische Regierung nach Rumänien, wo sie auf deutschen Druck hin interniert wird. Die von ihr zurückgelassene Hauptstadt kapituliert schließlich nach schwerem Bombardement und Artilleriebeschuß am 28. September, die letzten polnischen Truppen ergeben sich am 6. Oktober bei Kock und Lublin.
Die Eroberung Polens hatte die hochgerüstete Wehrmacht vor keine große Herausforderung gestellt: Die eigenen Verluste waren mit rund 10.600 Gefallenen, 30.000 Verwundeten sowie 3.400 Vermissten relativ gering. Die polnische Armee dagegen verlor im Kampf gegen die Wehrmacht und die Rote Armee zusammen 120.000 Soldaten, 917.000 mussten den Weg in die Kriegsgefangenschaft antreten. In einem Vertrag wurde bereits am 28. September die Teilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion geregelt: Die sowjetischen Truppen zogen sich hinter den Bug zurück, Teile des von der Wehrmacht besetzten Gebietes wurden als Reichsgaue „Danzig-Westpreußen“ und „Wartheland“ in das Reich inkorporiert, der Rest als „Generalgouvernement“ der Verwaltung eines deutschen Besatzungregimes unter Hans Frank unterstellt. Unter diesem begann bereits im Oktober der Terror gegen die polnische Zivilbevölkerung, insbesondere den Juden, dem schätzungsweise ca. fünf Millionen Menschen zum Opfer fallen (siehe 19. April 1943: Der Aufstand des Warschauer Ghettos. Polen wurde erst 1944/45 von der vorrückenden Roten Armee von der deutschen Besatzung befreit, gelangte allerdings auch nach 1945 nicht zu echter Eigenständigkeit – es wurde ein Satellitenstaat der Sowjetunion.
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