Kapp Putsch und ander Geschichtsdaten
US-Präsident Roosevelt unterschreibt die Exekutiv-Order 9066
Zehn Wochen nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor authorisiert Franklin D. Roosevelt damit die Entfernung von bestimmten oder allen Personen aus militärischen Bereichen "as deemed necessary or desirable". Das Militär definiert daraufhin die gesamte Westküste, die Heimat des Großteils der aus Japan stammenden US-Bevölkerung, als „militärisches Gebiet“, und beginnt mit Zwangsräumungen. Bis Juni werden im „Land der Freiheit“ über 110.000 japanischstämmige Amerikaner in über das Land verteilte Lager der US-Armee interniert. Für die nächsten zweieinhalb Jahre müssen diese Menschen unwürdige Lebensbedingungen und Repressalien ihrer Militärbewacher ertragen.
Am 17. Dezember 1944 endlich erklärt Major General Henry C. Pratt in der Public Proclamation No. 21 dass die „Evakuierten“ ab dem 2. Januar 1945 wieder in ihre Heimat zurückkehren dürfen. Das letzte Internierungslager wurde jedoch erst im März 1946 geschlossen. Während des Zweiten Weltkriegs wurden insgesamt zehn Amerikaner als japanische Spione überführt – niemand davon war japanischer Abstammung. Erst 1988 entschuldigte sich die US-Regierung unter Ronald Reagan bei den überlebenden Internierten, und stellte ihnen eine Entschädigungszahlung von jeweils 20.000 $ zur Verfügung.
Hier gibt es die Proklamation von Lt.Gen. DeWitt an die zu internierenden japanischstämmigen Amerikaner.
21. Februar 1848:
Das Kommunistische Manifest wird veröffentlicht
Das von Karl Marx und Friedrich Engels verfasste Werk wird in London vom „Bund der Kommunisten“, einer zunächst rein deutschen, später internationalen geheimen Arbeiterverbindung, unter dem deutschen Titel Manifest der kommunistischen Partei veröffentlicht. Das politische Pamphlet, unstrittig eines der einflussreichsten der Geschichte, bezeichnet die „Geschichte aller bisherigen Gesellschaft [als] die Geschichte von Klassenkämpfen“. Der bevorstehende Kampf zwischen Arbeitern und Kapital wird als die letzte Geburtswehe auf dem unabwendbaren Weg hin zur kommunistischen Gesellschaft, dem Ende aller Klassenkämpfe, gesehen. Gegliedert in vier Abschnitte (I: Bourgeois und Proletarier, II: Proletarier und Kommunisten, III: Sozialistische und kommunistische Literatur und IV: Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen oppositionellen Parteien) legt das Manifest die Grundlagen der Kommunismus dar, und ruft am Ende auf: „PROLETARIER ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH!“. Das 1850 auf englisch im Red Republican in London, und 1871 in Amerika erschienene Werk hatte zunächst kaum direkte Auswirkungen, entfaltete aber auf dem Weg ins 20te Jahrhundert ungeheure Kraft: 1917 entstand mit der Sowjetunion in Russland der erste Staat auf marxistischer Grundlage, und um 1950 lebte ca. die Hälfte der Weltbevölkerung unter sozialistischen Regierungen.
Karl Marx wurde 1818 in Trier in Preußen als Sohn eines jüdischen, später zum Protestantismus übergetretenen, Anwalts geboren. Er studierte Jura und Philosophie in Berlin und Jena, und war ein Schüler von Georg Friedrich Wilhelm Hegel, des deutschen Philosophen der die Dialektik (These – Antithese -> Synthese) entwickelte, und alles Irdische als Ausdrücke geistiger Prinzipien sah. 1842 wurde Marx Mitarbeiter der liberalen Rheinischen Zeitung in Köln. Die Zeitung wuchs unter seiner Führung kontinuierlich, und wurde 1843 von den preußischen Behörden wegen zu großer Offenheit geschlossen. Im gleichen Jahr reiste Marx nach Paris, um eine neue politische Zeitung herauszugeben.
Paris war zu dieser Zeit das Zentrum sozialistischer Ideen, und Marx übernahm die extremere Form des Sozialismus, bekannt als Kommunismus, der zu einer gewaltsamen Revolution der Arbeiterklasse aufrief, um den Kapitalismus zu stürzen. Marx freundete sich in Paris mit Friedrich Engels an, der ebenfalls aus Preußen emigriert war. 1845 wurde Marx aus Frankreich ausgewiesen und ging ebenso wie Engels nach Brüssel, wo er seine preußische Staatsbürgerschaft aufgab.
Während der nächsten zwei Jahre entwickelten Marx und Engels ihre Philosophie des Kommunismus und wurden die intellektuellen Führer der Arbeiterbewegung. 1847 wurden beide Mitglieder der „League of Just“, einer London ansässigen geheimen Gruppe von deutschen revolutionären Arbeitern. Marx und Engels benannten die Organisation in „Bund der Kommunisten“ um und planten die Vereinigung mit anderen deutschen Arbeiterkomitees in Europa. Auf einem im November abgehaltenen Kongress wurden sie mit der Abfassung eines „für die Öffentlichkeit bestimmten, ausführlichen theoretischen und praktischen Parteiprogramms“ (aus der Vorrede zur deutschen Ausgabe von 1872) beauftragt.
Marx schrieb das Manifest im Januar 1848 in Brüssel unter Zuhilfenahme eines bereits 1847 von Engels verfassten Traktats. Anfang Februar schickte Marx die Arbeit nach London, wo es der „Bund der Kommunisten“ als ihr Programm übernahm und am 21. Februar herausbrachte. Obwohl viele Ideen des Manifests nicht neu waren, gelang Marx eine kraftvolle Synthese seiner materialistischen Geschichtskonzeption und der kommunistischen Vision. Das Manifest beginnt mit den dramatischen Worten:
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten. [...] Der Kommunismus wird bereits von allen europäischen Mächten als eine Macht anerkannt. Es ist hohe Zeit, dass die Kommunisten ihre Anschauungsweise, ihre Zwecke, ihre Tendenzen vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen vom Gespenst des Kommunismus ein Manifest der Partei selbst entgegenstellen. |
Marx ging wieder nach London, schrieb weiter und organisierte mit Engels die internationale Arbeiterbewegung weiter. 1864 half Marx, die Erste Internationale zu gründen, und veröffentliche 1867 des ersten Teil seines Monumentalwerks Das Kapital. Bis zu seinem Tod 1883 war der Kommunismus eine ernsthafte und mächtige Bewegung in allen Ländern Europas geworden. Im Oktober 1917 schließlich führte Lenin die erste erfolgreiche kommunistische Machtübernahme durch. Die Revolution in Russland erfüllte jedoch nicht in allem die Vorhersagen von Marx: weder gab es in Russland (in dem erst im Februar der Zar gestürzt worden war) eine Dualismus zwischen Kapital und Arbeiterschaft (die kaum entwickelt waren), noch einen Massenaufstand der Arbeiter. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Regime in Osteuropa 1990 bleibt die heftig umstrittene Frage, ob der Kommunismus an systemimmanten Widersprüchen, oder ungünstigen Umständen scheiterte.
27./28. Februar 1933:
Der Reichstag brennt
Knapp einen Monat nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler schlagen am Abend des 27. Februar hohe Flammen aus dem Berliner Reichstagsgebäude. Im Reichstag wird der niederländische Linksanarchist Marinus van der Lubbe mit einer brennender Fackel in der Hand, halbnackt und verwirrt festgenommen – er trägt ein kommunistisches Parteibuch mit sich. Die nationalsozialistische Parteiführung ist – obwohl sie ansonsten fast tagtäglich im tobenden Wahlkampf um die für den 5. März angesetzten Reichstagswahlen engagiert ist – sofort zur Stelle. Vor dem brennenden Reichstagsgebäude verkündet Hitler mit theatralischer Geste dem englischen Berichterstatter Sefton Delmer, der wie bestellt zur rechten Zeit am rechten Ort war, dies sei ein von Gott gegebenes Zeichen, um den Kommunismus mit eiserner Faust zu vernichten.
Bereits seit Beginn des Wahlkampfes, den der am 30. Januar zum Reichkanzler einer Minderheitenregierung von NSDAP und Deutschnationalen ernannte Hitler zur Erringung der absoluten Mehrheit nutzen wollte, wurde dieser mit äußerster Brutalität geführt. Der „Todeskampf der demokratischen Republik“ (Wilhelm Hoegner, SPD) forderte über 70 Todesopfer, die meisten davonm Sozialdemokraten oder Kommunisten. Nach dem Reichstagsbrandt fielen endgültig alle Hemmungen: Die Nazis erklärten, der Anschlag sei der Beginn eines kommunistischen Aufstands, und nutzten ihre Kontrolle der Staatsorgane zu unbarmherzigen Terror. Noch in der Nacht wurden an die 5000 Mitglieder und Funktionäre der KPD festgenommen, zugleich eine Reihe von missliebigen Akademikern und Schriftstellern wie der Anarchist Erich Mühsam und der Weltbühne-Herausgeber Carl von Ossietzky. Van der Lubbe, so erklärte Göring, sei nur Nebenfigur einer groß angelegten kommunistischen Verschwörung. Dabei hatte sich der KPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Torgler freiwillig bei der Polizei gemeldet : Seine Partei habe mit der Sache nichts zu tun.
Am nächsten morgen ließ sich Hitler unter der Vorspiegelung des bevorstehenden Aufstands vom greisen Reichspräsidenten die Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat („Reichstagsbrandverordnung“) unterzeichnen – und setzte damit praktisch alle Grundrechte außer Kraft. Zudem ermächtigte sie die Reichsregierung, willkürlich Befugnisse in den Ländern an sich zu reißen oder Zeitungen zu verbieten, und sie verschärfte das politische Strafrecht. Die Todesstrafe wurde ausgeweitet - auch auf Brandstiftung in öffentlichen Gebäuden. Der so erklärte Ausnahmezustand blieb bis zum Ende des dritten Reiches in Kraft, und bildete so die „gesetzliche“ Grundlage der sich nun frei entfaltenden Terrorherrschaft.
Zehntausende Oppositionelle wurden in den nächsten Wochen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
Bei den Reichstagswahlen im März errangen die Nationalsozialisten zusammen mit ihren Mehrheitsbeschaffern von den Deutschnationalen mehr als 50% der Stimmen. Doch die genaue Stimmzahl der Nazis war fast unwichtig – das eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordernde Ermächtigungsgesetz, mit dem sich die Demokratie praktisch selbst abschaffte, wurde von allen im Reichstag vertretenden Parteien mit Ausnahme der SPD mitgetragen – die Kommunistische Fraktion war vorher bereits aufgelöst worden. Im Sommer traf es dann auch Hitlers Steigbügelhalter – alle Parteien außer der NSDAP wurden verboten.
Dass auch der Rechtsstaat am Ende war, zeigte der Prozess gegen van der Lubbe. Dem zuständigen Richter entzogen, wurden die polizeilichen Ermittlungen zum Reichstagsbrand einer von Göring eingesetzten Brandkommission der Politischen Polizei übertragen. Sie wurden tendenziös, d.h. aussschließlich in Richtung vermeintlicher kommunistischer Täter geführt. Die Zeugen hatten Grund, Angst um Leib und Leben zu haben; der Reichstagsbrandprozeß war eine Farce, vorgeplant und manipuliert, mit meineidigen NS-Zeugen und kommunistischen Zeugen, die aus dem Konzentrationslager vorgeführt wurden. Dennoch erreichten die Nazis nicht die beabsichtigte Verurteilung des Komunismus. Die Veröffentlichungen der deutschen Emigrantenpresse und ein in London tagender internationaler Gegenprozeß öffneten der Weltöffentlichkeit die Augen. Der kommunistische Angeklagte Dimitroff entlarvte vor dem Reichsgericht die von den Nazis inszenierte „Rechtstaatlichkeit“. Die Rundfunkübertragungen wurden deshalb bereits nach wenigen Sitzungen abgebrochen. Dimitroff und die mitangeklagten Kommunisten Popoff, Taneff und Torgler mußten „mangels Beweisen“ freigesprochen werden. Nur van der Lubbe wurde für schuldig befunden und im Januar 1934 hingerichtet – auf Grundlage eines Gesetzes, das erst nach der Tat erlassen worden war.
Bereits kurz nach dem Brand kam das Gerücht auf, die Nazis selbst hätten den Brand gelegt, um ihre Macht durchzusetzen. Lange Zeit galt diese Theorie als zumindest unbewiesen (maßgeblich befördert durch die Memoiaren des ehemaligen Gestapo-Chefs Diel und der SPIEGEL-Serie des Amateurhistorikers und Verfassungsschützers Frits Tobias), in neuerer Zeit erhärteten jedoch umfangreiche Untersuchungen der 50.500 Blatt umfassenden originalen Akten des Reichstagsbrandprozesses - Bestände des Reichsgerichts, des Oberreichsanwalts und der Gestapo (Fond 551, St 65; seit 1945 als Kriegsbeute im »Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU«, ab 1982 im »Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED« in Berlin/Ost unter Verschluß und nur einigen wenigen Historikern zugänglich) – diesen Verdacht erheblich. Danach wurde der Brand tatsächlich von einem SA-Kommando gelegt, das unter Führung eines gewissen Hans-Georg Gewehr, Chef der Stabswache des berüchtigten Berliner SA-Führers Karl Ernst, durch einen unterirdischen Heizungstunnel vom Reichstagspräsidentenpalais, dem Amtssitz Görings, in das Reichstagsgebäude eindrang. Van der Lubbe sei als Strohmann benutzt worden, um so die ungehemmte Verfolgung der Kommunisten durch die staatlichen Organe zu ermöglichen.
Eine umfangreiche (sehr empfehlenswerte) Bearbeitung dieser Vorgänge findet ihr hier.
beides von max:
8. März 1908:
Textilarbeiterinnenstreik begründet den Internationalen Frauentag am 8. März
Der Internationale Frauentag wird am 8.3. zu Gedenken an einen Streik von Textilarbeiterinnen am 8.3.1908 in New York gefeiert. Die Arbeiterinnen, hauptsächlich Einwanderinnen, protestierten gegen Kinderarbeit und die Arbeitsbedingungen (die den Bedingungen in heutigen Sweat-Shops entsprachen), sowie für Gewerkschaftsrechte und das Wahlrecht. Die Arbeiterinnen einer Fabrik wurden damals von den Besitzern und Aufsehern eingeschlossen. Aus ungeklärten Gründen brach in der Textilfabrik ein Brand aus und zerstörte sie gänzlich. Nur wenigen der eingesperrten Arbeiterinnen gelang die Flucht; 129 Arbeiterinnen starben in den Flammen. Es entstand darauf eine Bewegung, die eine massive Zunahme des gewerkschaftlichen Organisationsgrades bewirkte und 1909 in einem 13-wöchigen Streik, dem „Aufstand der 20 000“, gipfelte. Eine der Streikführerinen, Clara Lemlich sagte über die Bedeutung dieser Bewegung:
Sie pflegten zu sagen, dass es nicht möglich ist Frauen zu organisieren. Sie würden nicht zu Gewerkschaftstreffen kommen. Sie sind Leiharbeiter. Nun, wir haben ihnen es gezeigt. |
1909 wurde das erste Mal in den USA der 8.3. als Kampftag für die Frauenrechte durchgeführt. Clara Zetkin, eine der bedeutendsten revolutionären Sozialistinnen der SPD, später der KPD, schlug den 8.3. für einen internationalen Frauentag auf einer sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen 1910 vor. Es wurde folgende Erklärung verabschiedet:
In Übereinstimmung mit dem Klassenbewusstsein und den politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats ihrer jeweiligen Länder werden die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr der Frauentag veranstalten, dessen erstes Ziel sein muss, dabei zu helfen das Frauenwahlrecht zu erlangen. |
Was ist das Ziel der Feministinnen? Ihr Ziel ist es die selben Vorteile, die selbe Macht und die gleichen Rechte, die jetzt ihre Ehemänner, Väter und Brüder besitzen, innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft zu erlangen. Was ist das Ziel der Arbeiterinnen? Ihr Ziel ist es alle Privilegien, die von Geburt oder Reichtum ausgehen, abzuschaffen. Für die Arbeiterinnen ist es gleichgültig, wer ihr Chef ist - ein Mann oder eine Frau. |
8. März 1917:
Februarrevolution in Russland
Am 8. März (23. Februar des julianischen Kalenders) demonstrieren Textilarbeiterinnen in Petrograd am Internationalen Frauentag für Brot. Die Verbitterung über den Krieg und den Hunger führt dazu, dass die Bewegung rapide anwächst. Am nächsten Tag war die Hälfte der 400 000 ArbeiterInnen der Stadt beteiligt und die Forderungen wandelten sich von ‚Brot für die Arbeiter!‘ zu ‚Nieder mit der Autokratie!‘ und ‚Nieder mit dem Krieg!‘. Versuche des zaristischen Regimes, durch den brutalen Einsatz von Polizei und Truppen die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen, scheiterten. Am vierten Tag der Aufstände und Demonstrationen meuterten ein Großteil der Soldaten. Truppen, die von auswärts geschickt wurden um die Ordnung wieder herzustellen, liefen zu den Revolutionären über - das marode zaristische Regime kollabierte fast ohne ernsthaften Widerstand.
Die Generäle zwangen den Zaren zur Abdankung, da sie dies als einzige Möglichkeit für das Überleben des Regimes sahen. Sie bildeten zusamen mit bürgerlichen Kräften die sog. Provisorische Regierung vornehmlich aus Industriellen und Großgrundbesitzern unter dem Prinzen Lwow, die sich auf die alte Duma stützte. Diese beruhte auf einem auf Besitz basierenden Wahlsystem, daß die Reichen überrepräsentierte. Diese neue Regierung weigerte sich, sich aus dem desaströs verlaufenden Krieg zurückzuziehen, und eine Landreform durchzuführen. Einer der führenden Politiker der alten Duma, Rodzianko, schrieb:
Die gemäßigten [bürgerlichen] Parteien sehnten sich nicht nur nicht nach der Revolution, sie hatten einfach Angst vor ihr. Insbesondere die Kadetten, eine Partei, die auf dem linken Flügel der gemäßigten Parteien stand und deshalb mehr Kontakt mit den revolutionären Parteien des Landes hatte, sorgte sich mehr über die zunehmende Katastrophe als alle anderen zusammen. |
Unsere Bourgeoisie verriet, anders als die anderen, das Volk nicht an dem Tag nach dem Umsturz, sondern bevor der Umsturz stattfand |
Die Abgeordneten der Sowjets unterstützten anfangs die provisorische Regierung. Auch die ersten bekannteren Bolschewiki, die aus der Verbannung eintrafen (u.a. Stalin) unterstützten, wie die anderen linken Parteien, die Regierung. Für sie war der Krieg kein Eroberungskrieg des Zaren mehr, sondern ein Krieg für die Verteidigung der Revolution. Dabei waren die Bolschewiki die einzige Partei gewesen, die gegen den 1. Weltkrieg Stellung bezogen. Die Position der Bolschewiki änderte sich entscheidend, als Lenin im April aus dem Exil zurückkehrte. Er forderte in den ‚Aprilthesen‘ den Sturz der provisorischen Regierung und ein Ende des Krieges. Diese Position setzte er in den Bolschewiki durch. Die Hauptforderungen wurden ‚Land, Brot, Frieden‘ und ‚Alle Macht den Räten‘.
Den größten Einfluß in den Räten hatten in den ersten Monaten der Revolution die Sozialrevolutionäre. Diese Partei war nicht marxistisch. Sie betonten die Forderungen der Bauern nach einer Landreform, wollten diese aber durch terroristische Methoden (Guerilla) durchsetzen. Als sie aber an der Provisorischen Regierung beteiligt wurden, stellten sie sich gegen ihr eigenes Programm.
Im Mai stimmten in den Wahlen für den Petrograder Sowjet 20% für die Bolschewiki, 3% für die Menschewiki und 50% für die Sozialrevolutionäre. Das Versagen der Provisorischen Regierung führten nicht nur zu einem Split der Sozialrevolutionäre, sondern auch zu einem massiven Stimmungsumschwung zugunsten der Bolschewiki. Bei den Wahlen im Oktober 1917 (vor der Oktoberrevolution) für den 2. all-russischen Sowjet-Kongress gewannen die Bolschewiki 51% und die verbündeten Linken Sozialrevolutionäre 21%. Nachdem die provisorische Regierung im Laufe des Jahres so ziemlich jede Unterstützung verloren hatte, wurde sie schließlich in der Oktoberrevolution gestürzt.
13. März 1920:
Lüttwitz-Kapp-Putsch in Berlin
Um 4 Uhr morgens marschiert die Marinebrigade Erhardt (benannt nach ihrem Gründer Hermann Erhart) unter dem Kommando von Reichswehrgeneral von Lüttwitz mit Hakenkreuzen auf den Stahlhelmen in Berlin ein, besetzen alle Ministerien und setzen den konservativen ostspreußischen Generallandschaftsdirektor Kapp als Regierungschef ein. Das Kampflied der Aufständischen lautet:
"Hakenkreuz am Stahlhelm, schwarz-weiß-rotes Band, die Brigade Ehrhardt werden wir genannt. Die Brigade Ehrhardt schlägt alles kurz und klein, wehe Dir, wehe Dir, du Arbeiterschwein.“ |
Dieser Putsch hatte sich aber schon die Monate zuvor angekündigt. General von Lüttwitz hatte dem SPD-Kriegsminister Gustav Noske selbst im Juni 1919 eine Diktatur vorgeschlagen. Noske ging noch Stunden vor dem Putsch von der Loyalität der Generäle aus. Aber sowohl die Reichswehr, als auch die Polizei weigerte sich die Regierung zu verteidigen, die daraufhin über Dresden nach Stuttgart floh. Der Chef des Allgemeinen Truppenamts und spätere Oberkommandierende der Reichswehr General Hans von Seeckt sagte: „Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr.“
Die Truppen, die Noske zuvor aufgebaut und eingesetzt hatte, um die revolutionäre Arbeiterbewegung blutig zu unterdrücken, und die in den Monaten zuvor über 20 000 Menschen umgebracht hatten, fielen jetzt über den „Bluthund“ (Noske über sich selbst) her. Die maßgeblich beteiligten Offizieren hatten sich bereits im Kampf gegen die Revolutionäre hervorgetan: Marineoffizier Erhardt hatte auf dem Baltikum gegen die russische Revolution gekämpft, von Lüttwitz die Aktionen gegen die ArbeiterInnen in Berlin im Januar und März 1919 geleitet, Pabst war in die Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verwickelt und Oven leitete die Niederschlagung der Bayerischen Räterepublik, an der auch die Brigade Erhart teilnahm. Die Putschisten glaubten deshalb, dass Ebert und Noske die neue konterrevolutionäre Regierung unterstützen würden.
Reichspräsident Ebert und Noske hatten in den Monaten zuvor alles dafür getan, den kaiserlichen Staats- und Verwaltungsapparat zu retten und dafür gesorgt, dass er der direkten Kontrolle der Bevölkerung entzogen war. Sie hatten geholfen, dass fast das gesamte Offizierskorps an monarchistischen und konservativen Prinzipien festhalten konnte. Ebert und Noske gingen nicht so weit den Putsch zu unterstützen, aber sie hatten auch nicht die Macht ihn zu stoppen. Die Mehrheit der Militärs, der Kapitalisten und der bürgerlichen Parteien sympathisierten mit den Putschisten, wartenden aber passiv ab, ob der Putsch erfolgreich sein würde.
Die Gewerkschaftsfunktionäre waren aber in einer anderen Lage. Sie hatten nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch die Möglichkeit gewerkschaftlich und politisch aktiv zu sein, zu verlieren. Ausgehend von dem Chef des Gewerkschaftsbundes ADGB Legien wurde ein Generalstreik organisiert. Auf dem Aufruf waren auch die Unterschriften der SPD-Regierungsmitglieder und des SPD-Vorsitzenden Otto Wels, wobei Noske und Reichskanzler Gustav Bauer sich bezeichnenderweise davon distanzierten. Der Aufruf wurde am 13.März um 11 Uhr herausgegeben. Mittags begann der Streik und breitete sich auf das ganze Land aus: auf das Ruhrgebiet, Sachsen, Thüringen, Hamburg, Bremen, Bayern und sogar auf die ostpreußischen Landgüter. An dem Generalstreik beteiligten sich nicht nur IndustriearbeiterInnen, sondern auch zum ersten Mal auf der Seite der Linken auch viele der traditionell konservativen Angestellten und Beamten.
Angesichts der Erfahrungen mit den Militärs während der Streiks in den Monaten zuvor, bewaffneten sich die Arbeiter. Sie sahen, dass es der Revolution von 1918/19 nicht gelungen war den alten reaktionären Apparat zu entfernen. Im Ruhrgebiet entstand eine „Rote Ruhrarmee“ mit 50.000 Mann unter Waffen, die das Militär aus dem Ruhrgebiet vertrieben, wobei es besonders schwere Kämpfe um Dortmund und Essen gab.
Auch Mitteldeutschland bewaffneten sich die Arbeiter. Arbeiter übernahmen die Kontrolle über alle größeren Städte in Thüringen bis auf Erfurt. Auch in Sachsen wurden mehrere kleine Städte kontrolliert. In Chemnitz wurde ein Arbeiterrat gewählt, der die Kontrolle übernahm. Im sächsischen Plauen rief der als „Roter Robin Hood“ verehrte Max Hoelz die Räterepublik aus und kontrollierte bis Mitte April das Vogtland. Trotz einer relativ starken Arbeiterbewegung gelang es aber nicht, Leipzig zu kontrollieren. Auch Dresden blieb unter Kontrolle der Reichswehr.
In Norddeutschland wurde in Wismar eine Räterepublik ausgerufen. Rostock wurde von einer bewaffneten Arbeiterwehr kontrolliert. In Kiel meuterten die Matrosen gegen ihre Offiziere und unterstützten die Arbeiter in den Kämpfen. In den beiden Zentren der Revolution von 1918/19 - Hamburg und Bremen - blieb es dagegen relativ ruhig.
Auch in Berlin blieb trotz einzelner Aufstände in den Arbeitervierteln relativ ruhig. In den landwirtschaftlich geprägten Gegenden östlich der Elbe, wo die Putschisten die größte Unterstützung erwartet hatten, beteiligten sich die LandarbeiterInnen an dem Streik und entwaffneten Militärs und Polizei. Auch die Eisenbahner streikten deutschlandweit, womit die Verlagerung von Truppen für die Reichswehr massiv behindert wurde.
Kapp konnte gegen den bewaffneten Generalstreik nichts ausrichten, obwohl er über die Reichswehr und die Freikorps verfügen konnte. Er drohte mit der Erschießung aller Streikenden, zog aber den Befehl zurück, als er sah, dass er ihn nicht durchsetzen konnte. Zusätzlich zum Streik weigerten sich große Teile der Ministerialbürokratie, den Anweisungen Kapps Folge zu leisten. Der „starke Staat“, auf den sich Kapps „Regierung der Tat“ stützen sollte, konnte nichts durchsetzen. Als ein Teil der Truppen in Berlin gegen die Offiziere meuterte und die Polizei die Seite zu wechseln begann, brach der Putsch am 17. März zusammen.
Damit war aber noch nicht der Streik beendet. Die reaktionären Generäle hatten mit ihren Anstrengungen, die Reste der alten Revolution von 1918/19 zu beerdigen, die Anfänge einer neuen Revolution losgetreten. Forderungen nach einer Entwaffnung des Bürgertums, der Entfernung der Putschisten und ihrer Sympathisanten aus dem Staatsapparat und die Bildung einer Arbeiterregierung wurden von der Seite der streikenden ArbeiterInnen gestellt. Legien formulierte vage Forderungen („9 Punkte-Programm“) an die Regierung und rief auf deren Grundlage am 20.3. zur Beendigung des Streiks auf. Gleichzeitig führte er Gespräche über die Bildung einer Arbeiterregierung. Aber die umgebildete Regierung aus SPD, DDP und Zentrum ging auf keine diese Forderungen ein. Der Staatsapparat blieb von Reaktionären durchsetzt, was sich 1933 bitter rächen sollte. Zwar wurde gegen ein Teil der Offiziere, die den Putsch aktiv unterstützt hatten, Anklage erhoben, aber nur einer wurde verurteilt. Hermann Erhart konnte nach Bayern fliehen, wo er nicht weiter verfolgt wurde, und Teile seiner aufgelösten Brigade in die Organisation Consul, den späteren Wiking-Bund, umwandelt. Die Mitglieder des "Wiking-Bunds" waren für die Ermordung von Finanzminister Matthias Erzberger, Außenminister Walther Rathenau und für zahlreiche andere politische Morde verantwortlich.
Der Streik brach zusammen, obwohl keine der Forderungen erreicht waren und ein erneuter Versuch der Rechten das Rad der Geschichte zurückzudrehen nicht auszuschließen war. Jetzt rächte es sich, dass es die Linke versäumt hatte eine zentrale Struktur aufzubauen, die die Aktivitäten koordinieren und ein Gegengewicht zu der Regierung hätte darstellen können. Einzelne Regionen beendeten den Streik, die anderen wurden isoliert und brutal mit Massenerschießungen von der Reichswehr niedergeschlagen. Die Initiative ging verloren, und damit auch das Selbstbewußtsein der Streikenden. Die linken Parteien waren nicht in der Lage, auf den Ausverkauf des Streiks durch Legien zu reagieren, noch konnten sie eine Antwort auf seine Versuche, eine Arbeiterregierung zu bilden geben. Deshalb konnte die SPD die Initiative wieder übernehmen und bildete die Regierung nicht nach links, sondern nach rechts um. Die Ereignisse lösten eine massive Desillusionierung mit der SPD aus, aber auch sich ausbreitende Frustration. Die Rechte konnte deshalb bei der Reichstagswahl am 6. Juni 1920 hinzugewinnen, während die Regierungsparteien massiv Stimmen verloren. Am härtesten wurde die SPD getroffen: ihr Anteil sank von 37,1% auf 21,7%, während der Anteil der USPD von 7,6% auf 17,9% stieg. Eine Mehrheit der USPD schloß bald darauf der KPD an.
Die Ereignisse des März 1920 in Deutschland bei der Abwehr des Kapp-Putsches ähnelten in bemerkenswerter Weise denen in Rußland im August 1917 bei Abwehr des Kornilow-Putsches. In Rußland führte dies zu einer massiven Stärkung der Bolschewiki, die die Mehrheit gewinnen und damit die Macht übernehmen konnten. Warum konnte die Linke in Deutschland nicht von den Erfolgen bei der Abwehr des Putsches profitieren, obwohl für sie die Rahmenbedingungen eher besser waren? Die revolutionäre Linke in Deutschland war damals gespalten. Ein Teil war in der USPD, die zwar eine Massenpartei darstellte, sich aber aufgrund der Gegensätze zwischen dem rechten und dem linken Flügel vor allem durch Schwankungen auszeichnete, und deshalb kaum in der Lage war, eine vorantreibende Rolle zu spielen. Die KPD war damals eben erst gegründet worden und zeichnete sich durch Unorganisiertheit und Unerfahrenheit aus, was noch durch die Ermordung erfahrener KommunistInnen wie Luxemburg und Liebknecht verschlimmert wurde. Die KPD hinkte, insbesondere in Berlin, meist den Ereignisse hinterher und es gelang ihr deshalb nicht eine Mehrheit für ihre Politik zu gewinnen (eine nennenswerte Ausnahme war die KPD in Chemnitz, die eine Mehrheit für ihre Politik gewinnen konnte und zu stärksten Arbeiterpartei wurde). Zudem war sie durch ihre starke Bindung an die russischen Bolschewiki diskreditiert, von denen sich große Teile der Linken auch außerhalb der SPD distanzierten.
Die brutale Unterdrückung der Versuche der ArbeiterInnen, soziale und demokratische Emanzipation zu erkämpfen, und die gleichzeitige Ablehnung der Demokratie durch die Mehrheit der Bürgerlichen und der Generäle, führte dazu, dass die Weimarer Republik auf tönernen Füßen stand, was sich 1933 zeigen sollte.
(von max, assistiert von Jack)
Deutsche Admirale putschen nicht? | | | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hitler hat sie später für ihren Kampf gegen die Republik belohnt | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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16. März 1968:
Massaker von My Lai
Kurz nach Sonnenaufgang bricht eine etwa 80 Mann starke Abteilung US Soldaten der Charly Kompanie unter dem Kommando des vierundzwanzigjährigen Lieutenants William L. Calley mit Helikoptern vom Stützpunkt Chu Lai in Richtung des im nördlichen Südvietnam liegenden Dorfes My Lai auf. Mit dabei ist auch ein Pressefotograf der Armeezeitschrift „Stars & Stripes“, Ron Haeberle. Es scheint eine der vielen „Search & Destroy“-Missionen zu sein, mit denen die US-Truppen im Vietnamkrieg „Nester“ des Vietcong ausheben, oder die mit diesem sympathisierenden Bauern von ihrer Unterstützung abhalten wollen. Doch dieses Mal gehen die Soldaten noch brutaler als gewöhnlich vor. Obwohl kein Widerstand geleistet, und keine Vietcong-Truppen gefunden werden, eröffnen die Soldaten das Feuer auf unbewaffnete Zivilisten. Kelly und seine Leute treiben die Einwohner aus ihren Häusern, erschießen sie mit Maschinengewehrsalven oder lassen Handgranaten in den Erdlöchern detonieren, die der Bevölkerung gegen die pausenlos im Einsatz stehende amerikanische Luftwaffe und Artillerie Schutz bieten sollten.
Insgesamt töteten die GI´s 507 Menschen, unter ihnen 107 Kinder, 70 Babys und 60 Greise. Der einzige Soldat, der sich bei dem Einsatz nicht eines Verbrechens schuldig machte, war der Aufklärungspilot Hugh Thompson, dem es sogar gelang, Vietnamesen zu evakuieren, und der später mit seinem Bericht zur Aufklärung des Geschehens beitrug.
Nach dem Massaker händigte Haeberle der Armeeführung vierzig Schwarzweißfotos aus. 18 Bilder, die er auf einem Farbfilm gemacht hatte, behielt er für sich, veröffentlichte sie jedoch erst nach seinem Ausscheiden aus dem Armee-Pressedienst. Mit den "offiziellen" Fotos versuchte die Army zunächst, das Massaker als einen großen Sieg über den Feind darzustellen, mit einer glänzenden Bodycount-Bilanz von 128 zu 0. Die Berichte von Thompson und seiner Besatzung wurden vom Kommandeur der Einheit ignoriert, und die Angelegenheit vertuscht.
Es dauerte über ein Jahr, bis die Aufklärung in Gang kam. Ende April 1968 kam der Soldat Roland Ridenhour nach Chu Lai. Er war gerade zwanzig Jahre alt und traf im Stützpunkt alte Freunde. Einer von ihnen, der in My Lai dabei war, erzählt ihm die ganze Geschichte. Ridenhour wollte es zunächst nicht glauben und befragte andere Soldaten der Kompanie. Angesichts von 12 übereinstimmenden Berichten war er schließlich davon überzeugt, dass da ein Massaker stattgefunden hatte. Am 29. März 1969 verfasste er einen Brief, den er an Kongressmitglieder, Senatoren, Verteidigungs- und Kriegsministerium sowie hohe Offiziere schickte, mit allen Namen der befragten Zeugen. Er erhielt nur drei positive Reaktionen, das Verteidigungsministerium sprach von einem "Brief, der Anspielungen enthält auf Gerüchte, die im Umlauf sind über angebliche Grausamkeiten seiner Kameraden". Schließlich wurden auf hartnäckigen Nachfragens von Ridenhour und wenigen anderen doch ernsthafte Untersuchungen eingeleitet, und Zeugen befragt. Viele Soldaten, darunter Calleys unmittelbarer Vorgesetzter, Captain Medina, verweigerten die Aussage, doch u.a. mit Hilfe der Aussagen Thompsons und dessen Besatzung wurde Lieutenant Calley im September vor Gericht gestellt, was AP meldete, aber von keiner Zeitung übernommen wurde.
Schließlich wurde der Journalist Seymour Hersh von einem Freund auf die Sache aufmerksam gemacht, interviewte Calley und einige andere. Seinen ersten Bericht bot er Life, Look und anderen Magazinen an, keiner wollte ihn: Das alles sei doch alltäglich im Vietnamkrieg. Erst das eifrige Telefonieren eines Freundes, der eine kleine Nachrichtenagentur hatte, brachte den Durchbruch. Am 13. November erschien ein Artikel über die Verhaftung Calleys in 35 Zeitungen gleichzeitig (unter anderem in der New York Times). Jetzt kamen auch Haeberles Farbfotos in einem Bericht des Life-Magazins an die Öffentlichkeit, Beteiligte wurden im Fernsehen interviewt, und die Sache wurde weltweit bekannt. Die Den Haager Tageszeitung Het Vrije Volk schrieb: "Die Amerikaner massakrieren diejenigen, die sie beschützen wollten. Es ist die Bankrotterklärung der Politik der USA in Vietnam."
Calley, zu lebenslänglicher Haft verurteilt, wurde nach drei Tagen auf persönliche Intervention Nixons aus dem Gefängnis entlassen. Keiner der sonst für das Massaker oder die Vertuschung verantwortlichen Personen wurde ansonsten zur Rechenschaft gezogen. Und der Soldat Ridenhour, der die Aufklärung initiiert hatte, wurde in Teilen der konservativen Presse als "Verräter, Dreckskerl, Agent von Hanoi, Kommunist, Jude und eine Schande für unsere Gesellschaft" beschimpft.
My Lai ist heute eine Gedenkstätte. Die Überlebenden und ihre Nachkommen besuchen den jetzt unbewohnten Ort, um zu trauern.Am dreißigsten Jahrestag des Massakers besuchte Hugh Thompson My Lai , im Andenken an den 16. März 1968. Kein Soldat der Charly Company kehrte dorthin zurück, um Abbitte zu leisten. Weder während des Krieges, noch in jüngster Vergangenheit.
7. April 1919:
Bayerische Räterepublik wird ausgerufen
An diesem Tag wurde in München auf einer Versammlung, an der MSPD (Mehrheits-SPD)-Minister, Arbeiterräte und die Schwabinger "Kaffeehausanarchisten" teilnahmen, die Räterepublik ausgerufen.
Bayern war vor dem 1. Weltkrieg hauptsächlich landwirtschaftlich geprägt, erst die Kriegswirtschaft änderte etwas den Charakter von München. So baute Krupp eine Munitionsfabrik mit 6000 ArbeiterInnen auf, was bei 600 000 Einwohner eine beträchtliche Zahl war. Diese ArbeiterInnen kamen auch teilweise aus dem Norden und standen in einer viel radikaleren Tradition als bayerischen ArbeiterInnen. In der SPD dominierten vor dem Krieg die AnhängerInnen Eduard Bernsteins, also des reformistischen "rechten" Flügels. Im Krieg spaltete sich die USPD (Unabhängige-SPD) ab, deren bekanntester Politiker Kurt Eisner war, der wegen seiner Rolle in den großen Januarstreiks 1918 gegen den Krieg bekannt wurde.
Im November 1918 erfuhr die Antikriegsbewegung durch die Nachrichten von der Revolution in Österreich und den Matrosenaufständen einen neuen Aufschwung. Die MSPD und USPD riefen am 7.11. zu einem Generalstreik auf. An diesem beteiligten sich auch bewaffnete Matrosen und Soldaten, die von der Theresienwiese (Ort der Wiesn) unter der Führung von Eisner und des linken Bauernbundführers Ludwig Gandorfer loszogen, die Soldaten in den Kasernen dazu brachten sich dem Aufstand anzuschließen und schließlich vor dem Parlament den "Freistaat Bayern" proklamierten. Der König und die alten Regierung flohen. Die MSPD wurde von den Ereignissen total überrollt und mußte sich erstmal den Gegebenheiten beugen. Eine neue provisorische Regierung bestehend aus MSPD und USPD wurde eingesetzt, die den 8-Stunden-Tag und das Frauenwahlrecht einführte. Gleichzeitig entstanden bis zu 8000 Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte in jeder größeren Gemeinde und Stadt Bayerns. Der sozialistische Ursprung des "Freistaats Bayern" wird von der CSU heute natürlich total verdrängt.
Die provisorische Regierung unter Eisner stand auf tönernen Füßen. Eisner schwebte eine Kombination von Räten und Parlament vor. Die MSPD und die bürgerlichen Parteien wollten hingegen die Räte zerschlagen und eine parlamentarische Demokratie errichten. Die Mehrheit der Münchner ArbeiterInnen wollte hingegen eine Räterepublik. Die von der MSPD durchgesetzten Landtagswahlen am 13.1.1919 führten zu einer Niederlage der Linken. Die USPD erhielt nur 3% der Stimmen, die MSPD dagegen 33% die konservative Bayerische Volkspartei sogar 55%. Die KPD hatte die Wahl boykottiert. Eisner fügte sich der neuen Mehrheit und plante für die erste Sitzung am 21. Februar seinen Rücktritt als Ministerpräsident. Dazu sollte es nicht mehr kommen. Auf dem Weg zum Landtag ermordete der Leutnant Anton Graf von Arco-Valley den Ministerpräsidenten. Arco stand der rechtsradikalen Thule-Gesellschaft nahe, die auch an der Gründung der NSDAP beteiligt war. Zum Dank für diese Mordtat sollte Arco später zum Lufthansa-Direktor ernannt werden!
Der Mord radikalisierte die Münchner ArbeiterInnen weiter. Der MSPD-Vorsitzende Erhard Auer, der für den Mord verantwortlich gemacht wurde, wurde durch den Anarchisten Lindner schwer verletzt, das Parlament wurde auseinander getrieben. In München wurde ein Zentralrat der bayerischen Räte gebildet, der eine Art Regierung bildete und das Zusammentreten des Landtags verhinderte. Auf einem Kongreß der Räte konnte aber keine Entscheidung getroffen werden. Am 18. März wurde eine neue Regierung unter Johannes Hoffmann (MSPD) gebildet, der auch der Vorsitzende der Arbeiterräte Ernst Niekisch beitrat. Diese war aber machtlos und wurde zudem durch internen Meinungsverschiedenheiten über Sozialisierung der Industrie lahmgelegt.
Während sich die Versorgung der Bevölkerung immer mehr verschlechterte, stellten die Arbeiterräte in Österreich und die Ausrufung der Räterepublik in Ungarn am 22.3 eine Hoffnung dar. Vielen Arbeiter schien eine Reihe von Räterepubliken von Bayern bis Moskau möglich. Die sozialdemokratische Basis in Südbayern stimmte für eine Räterepublik, eine Versammlung der Räte in Augsburg am 4.4. schloß sich dem an.
Darauf wurde im Ministerium des rechten sozialdemokratischen Kriegsministers Schneppenhorst eine Versammlung einberufen, an der auch zahlreiche anarchistisch beeinflußte Künstler teilnahmen. Diese Versammlung beschloß am 7.4. die Bildung einer Räterepublik. Die KPD lehnte dies ab, da sie das ganze als Operetten-Räterepublik ansah und die Ausrufung für verfrüht hielt. Eugen Leviné, der die KPD in München neu organisierte, begründete die Ablehnung so:
Wir Kommunisten hegen das größte Mißtrauen gegen eine Räterepublik, deren Träger die sozialdemokratischen Minister Schneppenhorst und Dürr sind, die die ganze Zeit den Rätegedanken mit allen Mitteln bekämpft haben. Wir können uns es nur als einen Versuch bankrotter Führer, durch eine scheinbare revolutionäre Aktion den Anschluß an die Massen zu gewinnen, oder als bewußte Provokation erklären. Wir wissen aus Beispielen in Norddeutschland, dass die Mehrheitssozialisten häufig bestrebt waren, verfrühte Aktionen ins Leben zu rufen, um sie desto erfolgreicher abwürgen zu können. Eine Räterepublik wird nicht vom grünen Tisch proklamiert, sie ist das Ergebnis von ernsten Kämpfen des Proletariats und seines Sieges. Das Münchner Proletariat steht noch vor solchen entscheidenden Kämpfen. Nach dem ersten Rausch wird folgendes eintreten: Die Mehrheitssozialisten würden sich unter den ersten besten Vorwand zurückziehen und das Proletariat bewußt verraten. Die USPD würde mitmachen, dann umfallen, anfangen zu schwanken, zu verhandeln und dadurch zum unbewußten Verräter werden. Und wir Kommunisten würden mit dem Blut unserer Besten eure Taten bezahlen ... Wir Kommunisten sind alle Tote auf Urlaub. Dessen bin ich mir bewußt. |
Die Räteregierung bestand nach dem Rückzug der MSPD aus dem expressionistischen Dichter Ernst Toller und anderen Mitgliedern von Eisners ehemaligen Künstlerstammtisch wie Erich Mühsam und Gustav Landauer. Ihr Kommissar für auswärtige Angelegenheiten wurde Dr. Lipp, der anscheinend psychisch gestört war und der Schweiz und Württemberg den Krieg erklärt hatte, da diese ihm keine Lokomotiven geliefert hatten. Er schrieb an Lenin:
Oberbayerns Proletariat ist glücklich siegreich... Aber der flüchtige Hoffmann hat die Schlüssel für meine Toilette im Ministerium mitgenommen. |
Dieser konterrevolutionäre Aufstand machte deutlich, wie groß die Gefährdung durch Regierung Hoffmann war und gleichzeitig wie schwach der Operetten-Rat der Künstler war. Die KPD wurde gedrängt eine wirkliche Räterepublik zu errichten. Obwohl ihr eigentlich die Hoffnungslosigkeit der Situation klar war, - das revolutionäre München stand in Bayern und deutschlandweit isoliert da - machte sich die KPD an den Aufbau der Zweiten Räterepublik. Am 14.4 wurde der Generalstreik ausgerufen, an dem sich auch Angestellte und untere Beamte beteiligten. Die Räte in den Betrieben wurde neu gewählt und auf diese der neue Vollzugsrat der Arbeiterräte gestützt. Das Bürgertum wurde entwaffnet, Nahrungsmittelvorräte und Autos der Reichen beschlagnahmt und die Banken unter die Aufsicht der Räte gestellt. Auch die Verwaltung wurde den Räten übertragen (in der Ersten Räterepublik der Künstler hatten noch die alten monarchistischen Beamten die Kontrolle gehabt). Eglhofer, der die Abwehr des Putsches am 13.4. organisierte, baute eine Rote Armee mit 15 000 Bewaffneten auf, die auch die Truppen Hoffmanns am 20.4. bei Dachau zurückschlagen konnten.
In einem offiziellen Bericht der Regierung Hoffman vom 23.4.19 wurde die Situation so geschildert:
Immer wieder konnte man in den Gesprächen auf der Straße hören, dass Bayern berufen sei, die Weltrevolution in Gang zu bringen, dass jetzt die ganze Welt auf Bayern sehe, usw. Die Sprecher waren oft ganz vernünftige Leute. Immer wieder wurde auch betont, dass Bayern von der Reichsregierung nichts wissen wolle. Es wäre ein unglücklicher Irrtum, wenn geglaubt wird, dass in München eine ebenso klare Scheidung zwischen Spartakusleuten und anderen Sozialisten wie zum Beispiel in Berlin besteht. Denn auch die augenblickliche Politik der Kommunisten richtet ihr Augenmerk darauf, dass die gesamte Arbeiterschaft unter dem Schlagwort gegen den Kapitalismus und für die Weltrevolution zu einigen. |
Die Freikorps marschierten am 1. Mai 1919 in München ein. Sie veranstalteten ein furchtbares Massaker, dem auch vollkommen unbeteiligte zum Opfer vielen. Gerechtfertigt wurde dies mit der Erschießung von zehn Geiseln durch die Rote Armee während der Kämpfe. Die Geiseln waren hauptsächlich Mitglieder der antisemitischen Thule-Gesellschaft, einer der Vorläufer der NSDAP (Rudolf Heß, eine der Führer der Thule-Gesellschaft war leider nicht dabei). Nach dem Massaker wurden eine große Zahl von politischen Gefangen von den Militärs und später von der Regierung Hoffmann hingerichtet. Bezeichnend ist die Reaktion des Staates im Vergleich zu späteren rechten Putschen (Kapp-Putsch, Hitler-Putsch). Im Falle der Bayerischen Räterepublik wurden 2209 Menschen hingerichtet und die Überlebenden wurden zu zusammen 4092 Jahre verurteilt. Die Rechten hingegen wurde entweder gar nicht oder sehr mild bestraft. Die MSPD-Regierung Hoffmann blieb bis zum März 1920 im Amt. Aber es rächte sich, dass sie sich der rechtsradikalen Freikorps bediente. Die Rechte stütze sich auf diese bei dem Sturz der Regierung während des Kapp-Putsches und konnten sie auch danach halten. Die Niederschlagung der Bayerischen Räterepublik machte Bayern für die restliche Weimarer Republik zu einer Bastion der Rechten.
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