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16 August 2009

Hautkrebs besiegt?

Neue Hautkrebs-Therapie im Mausversuch erfolgreich
Frank Luerweg, Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
12.08.2009 11:49

Eine neue Kombinationstherapie kann augenscheinlich sogar gegen weit fortgeschrittenen Hautkrebs Erstaunliches ausrichten - zumindest in Mäusen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Bonn, die in der Zeitschrift Cancer Research erschienen ist (doi:10.1158/0008-5472.CAN-09-0579). Die Forscher konnten selbst schwerkranke Tiere erfolgreich behandeln: Sowohl die Primär-Tumoren in der Haut als auch die Metastasen verschwanden vollständig. Eine Studie mit menschlichen Patienten steht noch aus.
Mit kombinierten Chemoimmuntherapien konnten in den USA bereits Menschen mit fortgeschrittenem Hautkrebs erfolgreich behandelt werden. Dies erfolgte jedoch im Rahmen von sehr aufwändigen und teueren wissenschaftlichen Studien. Diese sind derzeit weltweit nur an ganz wenigen Zentren möglich. Die Bonner Wissenschaftler haben nun eine neue Form von Chemoimmuntherapie entwickelt. Sie kombinierten dazu drei verschiedene Ansätze: Zunächst unterzogen sie die krebskranken Mäuse einer Chemotherapie. Im Anschluss spritzten sie den Tieren Killerzellen des Immunsystems in die Blutbahn, die Hautkrebszellen spezifisch erkennen können. Zusätzlich injizierten die Forscher künstlich hergestelltes Viren-Erbgut, um die natürliche Immunabwehr in Alarmbereitschaft zu versetzen. Alle Komponenten waren für den Erfolg der Therapie notwendig.

"Um erfolgreiche Kombinationstherapien zu finden, braucht man vor allem neue experimentelle Modelle, die die Situation beim Menschen simulieren", erklärt der Bonner Hautkrebsforscher Professor Dr. Thomas Tüting. Hierzu haben die Bonner Forscher einen besonderen genetisch veränderten Mausstamm verwandt. Diese Tiere bekommen Melanome, die in ihrer Entstehung und Morphologie den menschlichen Tumoren verblüffend ähnlich sind. Bei der Behandlung waren alleinige Chemo- oder Immuntherapien weitgehend unwirksam. Durch ihre Dreierstrategie konnten die Forscher jedoch sowohl die Primär-Tumoren in der Haut als auch die Metastasen gezielt zerstören.

Tumor in die Zange genommen

Ein Schlüssel zum Erfolg war die Nutzung eines uralten körpereigenen Abwehrsystems: Normalerweise macht unser Immunsystem Krebszellen den Garaus. In vielen Fällen erkennt es jedoch die entarteten Tumorzellen nicht als Feind. Durch den Einsatz von künstlicher Erbsubstanz lassen sich diese Tumoren gewissermaßen enttarnen. "Wir nutzen dabei einen Abwehrmechanismus unseres Körpers gegen Viren", sagt Professor Dr. Gunther Hartmann, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Pharmakologie. "Unsere Zellen erkennen das Erbgut von Viren mit Hilfe spezifischer Rezeptoren. Dies führt zur Aktivierung der körpereigenen Abwehr. Mit neuen Designer-Molekülen können wir diese Rezeptoren sowohl in Immunzellen als auch direkt in Tumorzellen gezielt stimulieren. Dieses neue Therapieprinzip nimmt Tumorzellen in die Zange und treibt sie in den Selbstmord."

Gefährlichster Hauttumor

Der schwarze Hautkrebs, fachsprachlich auch "malignes Melanom" genannt, bildet sehr schnell Tochtergeschwülste (Metastasen) in Lymphknoten und inneren Organen. Daher gilt er als der bösartigste Hauttumor. Lässt er sich chirurgisch entfernen, ist eine Heilung möglich. Im fortgeschrittenen Stadium versagen jedoch etablierte Behandlungsmethoden wie die Chemo- und Strahlentherapie. In den letzten Jahrzehnten haben Wissenschaftler weltweit untersucht, wie das Immunsystem zur Bekämpfung von Hautkrebszellen aktiviert werden kann. "Unsere Experimente in einem dem Menschen ähnlichen Tiermodell könnten uns helfen, diese neuen Therapieformen besser zu verstehen und zu vereinfachen", meint Professor Tüting. Die klinische Entwicklung ist mit enormen Kosten verbunden und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Kontakt:
Professor Dr. Thomas Tüting
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-19257
E-Mail: Thomas.Tueting-at-ukb.uni-bonn.de

Professor Dr. Gunther Hartmann
Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Pharmakologie,
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-16080
E-Mail: gunther.hartmann-at-ukb.uni-bonn.de

URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news329055

Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medizin
überregional

Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen deutsch

Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: Simulierte Vireninfektion könnte Hautkrebs gezielt bekämpfen

22.07.09.

Der schwarze Hautkrebs, das maligne Melanom, gehört zu den gefährlichsten Tumorarten. Er bildet rasch Metastasen aus, die sich bis in die Lunge oder Leber ausbreiten können und dann nicht mehr heilbar sind. Ein Forscherteam unter der Leitung des LMU-Pharmazeuten Privatdozent Dr. Robert Besch hat nun ein Verfahren entwickelt, das die Krebszellen in die Apoptose treibt, also in den programmierten Zelltod. Dazu wird synthetische Erbinformation von Viren in die Krebszellen eingeschleust, die sich daraufhin selbst vernichten. Gleichzeitig aktiviert diese Behandlung das Immunsystem, das dann die Krebszellen erkennt und zusätzlich bekämpft.

Gesunde Zellen bleiben bei diesem Ansatz verschont, weil ein Schutzmechanismus sie vor dem programmierten Selbstmord bewahrt. In Laborversuchen konnten die Forscher zeigen, dass das neue Verfahren Hautkrebs-Metastasen in der Lunge erfolgreich reduziert . und so künftig möglicherweise als Grundlage für neuartige Krebstherapien genutzt werden könnte.

Hautkrebs ist weltweit auf dem Vormarsch: Wichtigster Auslöser sind Schäden der Haut durch starke und anhaltende Sonnenstrahlung oder künstliches UV-Licht in Solarien. Aber auch genetische Faktoren spielen eine Rolle.

Werden die bösartigen Veränderungen nicht frühzeitig erkannt und vollständig entfernt, ist die Gefahr einer Metastasenbildung sehr hoch. Besonders problematisch ist zudem, dass die Tumoren weitgehend resistent sind gegenüber einer Bestrahlungs- oder Chemotherapie. Dabei verfügt der Körper über Schutzmechanismen, die geschädigte Zellen erkennen und reparieren . oder aber sie eliminieren.

.Wenn etwa die Erbsubstanz irreparabel beschädigt ist, wird bei der betreffenden Zelle normalerweise der programmierte Selbstmord eingeleitet., sagt Robert Besch, Leiter der Studie und der Arbeitsgruppe .Zelladhäsion. an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. .Die Apoptose schützt also den Körper vor potentiell gefährlichen Zellen.. Bei Krebs ist dieses Programm außer Gefecht gesetzt.

Viren dagegen, die nur ihre nackte Erbinformation in die Körperzellen einschleusen, erkennt der Körper anhand bestimmter Merkmale. Daraufhin wird in den infizierten Zellen Apoptose eingeleitet. .Wir wollten die Mechanismen der Virenabwehr zur Bekämpfung von Tumoren einsetzen., berichtet Professor Gunther Hartmann von der Universität Bonn. .Dazu haben wir künstlich hergestelltes Viren-Erbgut wie ein Arzneimittel eingesetzt.. Diese sogenannte Triphosphat-RNA besitzt charakteristische chemische Merkmale, mit deren Hilfe der Körper eine Virusinfektion identifizieren und bekämpfen kann. Gegenüber intakten Viren hat die synthetische RNA den Vorteil, dass sie sich nicht im Körper ausbreiten und vermehren kann.

Wirksam ist sie dennoch: Melanomzellen verleitet sie zum sofortigen programmierten Selbstmord . und löst so ein massives Absterben der Krebszellen aus. Gesunde Zellen blieben dagegen verschont. .Wir konnten beobachten, dass alle Zellen als Antwort auf die künstliche Viren-RNA vermehrt Proteine produzierten, die normalerweise die Apoptose einleiten., berichtet Besch. .Das Spannende daran ist, dass ein Protein namens Bcl-xL in gesunden Zellen . und nur dort . den programmierten Zelltod verhindert hat.. In der Studie, die von der Deutschen Krebshilfe und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) gefördert wurde, verringerten sich im Tierversuch die Tumoren in Größe und Masse deutlich.

Zusätzlichen Schub erfährt dieser therapeutische Ansatz durch einen weiteren wichtigen Akteur, der durch Virus-RNA auf den Plan gerufen
wird: .Tumoren sind oft im Körper quasi unsichtbar und werden nicht angegriffen., sagt Privatdozent Dr. Simon Rothenfusser von der Medizinischen Klinik Innenstadt der LMU. .Unsere Versuche zeigten, dass die Behandlung mit Virus-RNA dazu führte, dass die Melanomzellen vom Immunsystem wieder erkannt werden. Die Körperabwehr konnte dann die restlichen Tumorzellen als Fremdkörper identifizieren und angreifen., ergänzt Dr. Hendrik Poeck ebenfalls maßgeblich an der Studie beteiligt.

.Dank seiner kombinatorischen Wirkung ist dies ein vielversprechender Ansatz für eine neue Therapie des malignen Melanoms und möglicherweise auch für andere Krebserkrankungen., meint Besch. .Bis die neue Methode auch an Patienten getestet oder tatsächlich in der Krebstherapie eingesetzt werden könnte, sind zunächst aber noch ausführlichere Forschungsarbeiten nötig..
Die Untersuchung wurde in enger Zusammenarbeit der Dermatologischen Klinik mit der Abteilung für Klinische Pharmakologie der LMU und dem Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie des Universitätsklinikums Bonn durchgeführt, und unter anderem im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs 1202 .Oligonukleotide in Zellbiologie und Therapie. unterstützt.

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München