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23 August 2009

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17. Oktober 1930
"Deutsche Ansprache" von Thomas Mann

Beim heutigen erinnerungswerten Ereignis geht es gleich richtig zur Sache...

Kurzfassung: 17. 10.1930 Rechtsradikale Demonstranten unterbrechen Thomas Manns "Appell an die Vernunft" im Berliner Beethovensaal. Mann warnte in seiner Rede vor der Ausbreitung des Rechtsradikalismus in Deutschland.

Langfassung für die Interessierten:
Einen Monat nach der Reichstagswahl vom 14. September 1930, in der die NSDAP 18,6 % der Stimmen erhielt, hielt Thomas Mann als Reaktion auf sowohl die Machtdemonstrationen der Nationalsozialisten im neugewählten Reichstag als auch auf die Zerstörung jüdischer Kaufhäuser durch SA im Berliner Beethovensaal die „Deutsche Ansprache“.
Mann, der in seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“ in den Jahren des Ersten Weltkrieges (noch einmal) die konservative deutsche Weltsicht zusammengefasst hatte, hatte sich seit der Ermordung des Außenministers Rathenau ab 1922 zu einem überzeugten kritischen Demokraten und Verteidiger der Republik entwickelt. Anläßlich des 50. Geburtstages von Gerhardt Hauptmann hatte Mann die deutsche Jugend bereits am 14. Oktober 1922 aufgefordert, sich der Republik zuzuwenden und sie konstruktiv zu gestalten, anstatt sie zu bekämpfen.
Am 17. Oktober 1930 wandte er sich erneut an die Öffentlichkeit. Die „krisenhafte Bedrängnis der Allgemeinheit“ ließ ihn „die spielend leidenschaftliche Vertiefung ins Ewig-Menschliche, die man Kunst nennt“ verlassen, um Stellung zu beziehen. Deutschland werde von der Weltwirtschaftskrise bestimmt und es „heißt wohl zuviel (zu) verlangen, wenn man von einem wirtschaftlich kranken Volk ein gesundes politisches Denken fordert.“ Alle seien „hineingezogen in den Wirbel aus Not und leidvoller Erbitterung, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint.“ Der Ausgang der Reichstagwahlen könne jedoch nicht allein mit der wirtschaftlichen Lage begründet werden: „Es ist nicht richtig, das Politische als ein reines Produkt des Wirtschaftlichen hinzustellen.“ Das deutsche Volk sei „nicht radikalistisch.“ Der Ausgang der Reichstagswahlen sei Ausdruck des deutschen „Seelenzustandes“. Neben die Unzufriedenheit mit Weltkriegsausgang und dem Versailler Vertrag träten „unbestimmte und ratlose Zweifel“: „Zweifel (...) daran, ob die im westeuropäischen Stil parlamentarische Verfassung, die Deutschland nach dem Zusammenbruch des feudalen Systems als das gewissermaßen historisch Bereitliegende übernahm, seinem Wesen vollständig angemessen ist, ob sie seine politische Sittlichkeit nicht in gewissem Grade und Sinne entstellt und schädigt.“ Dennoch hielt er an der Republik fest, wenn er weiter anmerkte, daß die „Sorgen einer volkspersönlichen, politischen Sittlichkeit (...) um so quälender sind, als im Grunde niemand konkrete Vorschläge zum Richtigeren und Angemesseneren zu machen weiß und vorderhand kein Schluß übrigbleibt, als der, daß, solange es dem Deutschtum nicht gelingt, aus seiner eigensten Natur in politicis etwas Neues und Originales zu erfinden, man genötigt sei, aus dem Historisch-Überlieferten das Persönlichste und damit Beste zu machen.“
Mann untersuchte die geistigen Grundlagen des Nationalsozialismus. In den „Neo-Nationalismus unserer Tage“ sei viel eingegangen von einer neuen „Seelenlage der Menschheit, die mit der bürgerlichen und ihren Prinzipien: Freiheit, Gerechtigkeit, Bildung, Optimismus, Fortschrittsglaube, nicht mehr zu schaffen haben sollte.“ Dieser „philosophisch als Abkehr vom Vernunftglauben“ charakterisierte Wandel sei ein „Rückschlag“, der „den Lebensbegriff in den Mittelpunkt des Denkens“ stelle und „die allein lebenspendenden Kräfte des Unbewußten, Dynamischen, Dunkelschöpferischen auf den Schild“ hebe. Der „Geist, unter dem man schlechthin das Intellektuelle verstand“, werde „als lebensmörderisch“ verpönt. Der Nationalsozialismus unterscheide sich „(...) durch seinen orgiastisch naturkultischen, radikal humanitätsfeindlichen, rauschhaft dynamischen, unbedingt ausgelassenen Charakter,“ vom „bürgerlichen, durch stark kosmopolitische und humanitäre Einschläge doch ganz anders ausgewogenen Nationalismus des neunzehnten Jahrhunderts“, dessen Grundsätze Mann vertrat. Der Faschismus leugne „Überwindungen und Befreiungen“ der Menschheit, werde aber durch rückschrittliche „Philologen-Ideologie, Germanisten-Romantik und Nordgläubigkeit“ gestärkt, von „geistigen und pseudogeistigen Zuströmen,“ so daß „diese Bewegung mit der Riesenwelle exzentrischer Barbarei und primitiv-massendemokratischer Jahrmarktsroheit über die Welt geht.“
Deutlich unterstrich Mann den Wert des ‘Menschenanstandes’, den er wie in den ‘Betrachtungen’ noch immer auf eine emotionale Weise definiert und nicht an Grundrechte, wie z.B. Freiheit bindet. Vielmehr scheint die ‘Freiheit’ zu einem Gegensatz der Humanität geworden zu sein:
„Alles scheint möglich, scheint erlaubt gegen den Menschenanstand, und geht auch die Lehre dahin, daß die Idee der Freiheit zum bourgeoisen Gerümpel geworden sei, als ob eine Idee, die mit allem europäischen Pathos so innig verbunden ist, aus der Europa sich geradezu konstituiert und der es so große Opfer gebracht hat, je wirklich verlorengehen könnte, so erscheint die lehrweise abgeschaffte Freiheit nun wieder in zeitgemäßer Gestalt als Verwilderung, Verhöhnung einer als ausgedient verschrienen humanitären Autorität als Losbändigkeit der Instinkte, Emanzipation der Roheit, Diktatur der Gewalt.“
Als Belege dienen ihm Ereignisse in Polen, Rußland, Finnland und Italien. Die Menschheit sei „‘frei’ zu ausgelassener Gemeinheit“ geworden.
Innenpolitisch wolle der militante Nationalismus die Menschen nach seinen Vorstellungen formen und gegen solche vorgehen, die sich dieser „Zurückführung des Deutschen“ widersetzen würden. Mann fragt, ob „eine solche Zurückführung, gesetzt, daß sie wünschenswert sei, auch nur möglich“ sei:
„Ist das Wunschbild einer primitiven, blutreinen, herzens- und verstandesschlichten, hackenzusammenschlagenden, blauäugig gehorsamen und strammen Biederkeit, diese vollkommene nationale Simplizität, auch nach zehntausend Ausweisungen und Reinigungsexecutionen zu verwirklichen in einem alten, reifen, vielerfahrenen und hochbedürftigen Kulturvolk (...)?“
Der Nationalismus wolle „das Fanatische mit dem Würdigen vereinigen; aber die Würde eines Volkes wie des unsrigen kann nicht die der Einfalt, kann nur die Würde des Wissens und des Geistes sein, und die weist den Veitstanz des Fanatismus von sich.“
Wie sollte sich das Bürgertum verhalten? Thomas Mann gibt die Antwort für den Teil, der nicht in der katholischen Kirche geborgen sei. Das Bürgertum solle die Sozialdemokratie stützen. Er kenne die „weltanschauliche Abneigung wohl, die deutsche Bürgerlichkeit gegen den Sozialismus, gegen das, was man ‘marxistische Gedankengänge’ nennt, von Instinkt wegen hegt: Die Vorherrschaft des Klassengedankens vor denen des Staates, des Volkes, der Kultur (...).“ Die Sozialdemokratie habe „damals, als es einen rechten Weg für Deutschland überhaupt nicht gab, wenigstens doch einen gangbaren Weg eingeschlagen.“ Weiter habe sie am „Rhein den Kampf gegen den Separatismus“ geführt und damit das Reich gerettet. Sie habe die Macht akzeptiert, als die Geschichte sie ihr „aufgedrängt“ habe, in einer Zeit, als sonst keiner da gewesen sei, der sie hätte übernehmen können. Auch das positive Werk Stresemanns habe sich eher auf die Sozialdemokratie, als auf dessen eigene Partei gestützt. Stresemann habe eine „friedliche Revision des Versailler Vertrages mit bewußter Zustimmung Frankreichs und ein deutsch-französisches Bündnis als Fundament des friedlichen Aufbaus Europas“ als Vermächtnis hinterlassen. Manns „deutsches Gefühl“ befürwortet eine Verbindung zwischen den beiden Staaten: „Die beste, die wirkliche Sicherheit Frankreichs ist die seelische Gesundheit des deutschen Volkes.“ Der politische Platz des deutschen Bürgertums sei an der Seite der Sozialdemokratie. Die „geistigen Überlieferungen deutscher Bürgerlichkeit“ seien es, die dem Bürgertum seinen Platz im Sinn einer „inneren und äußeren Einheit“ dort zuweisen würden. Nur eine Außenpolitik, die der deutsch-französischen Verständigung diene, garantiere „eine Atmosphäre im Inneren, in der bürgerliche Glücksansprüche wie Freiheit, Geistigkeit, Kultur überhaupt noch Lebensmöglichkeit“ besäßen.

18. Oktober 1989: Erich Honecker wird entmachtet

Auf der 9. Tagung des Zentralkomitees (ZK) der SED wird Erich Honecker "auf eigenen Wunsch" von allen Ämtern entbunden. Gleichzeitig verliert unter anderem auch Günter Mittag seine Ämter im Politbüro und im Sekretariat des ZK. Egon Krenz wird neuer Generalsekretär der SED. In einer von den Medien übertragenen Rede räumt Krenz ein, daß die SED in den letzten Monaten die reale Lage verkannt habe. Nun sei aber die "Wende eingeleitet", doch der "Sozialismus auf deutschem Boden" stehe nicht zur Disposition

Ok, soviel zur nüchternen Nachricht, aber lassen wir den Genossen Ex-Generalsekräter mal selber zu Wort kommen:

Jenohssen, vohr 13 Joaren worde ich rüchlings von imperialisddischen Varräddern zum Rückdridd jezwungen. Doch jetreu meinem Moddo: Vorwärts imma, Rügwärts nimma! werde ich zurügkehren, um die DäDäÄr wida zu errichden. Um das Volk zu überzoigen habe ich mir ärlaubt ein kleine Biographie zu schraiben. Jenohssen, desweiteren kann überhaupt keine Räde davon sein, dass der real existiernde Sozialismus töd sei, höchstens untöd, so wie ich. Jenüg Jehnossen, ich müss zurüg in meine Gruft.

So wir danken dem Ex-Generalsekräter des ZK der SED, und Ex-Staatsratsvorsitzendem mit einem Ausschnitt aus einem Nachruf von Wolf Biermann:

BALLADE VON DEN

VERDORBENEN GREISEN:

Hey Honney, du gingst aus
Gesundheitsgruenden

Ich glaube dir nichts und auch nicht
dies
Die schlimmste Krankheit hattest
du immer:

Die stalinistische Syphilis

Ich hab dich verachtet und hab dich
gefuerchtet
Und trotzdem bleibt da ein Rest von
Respekt

Es haben dich die verfluchten
Faschisten
Elf Jahre in Brandenburg eingesteckt

Wir wollen dich doch nicht
ins Verderben stuerzen
du bist schon verdorben
genug

Nicht Rache, nein, Rente
im Wandlitzer Ghetto
und Friede deinem
letzten Atemzug

Vollständig hier nachzulesen: Nachruf

Diskussionen hier

edit von endar: Wir wollen dieses hübsche posting noch mit einem Bild schmücken, leider haben wir keines. Daher bitte eben unseren Wer hat den schönsten Erich? beachten.


19. Oktober 1977: Hanns-Martin Schleyer wird ermordet aufgefunden


"Wir haben nach 43 Tagen Hanns-Martin Schleyers klägliche und korrupte Existenz beendet. Herr Schmidt, der in seinem Machtkalkül von Anfang an mit Schleyers Tod spekulierte, kann ihn in der Rue Charles Peguy in Mühlhausen in einem grünen Audi 100 mit Bad Homburger Kennzeichen abholen", so verlautbarte am 19.10.1977 das RAF-Kommando "Siegfried Hausner". Damit ging eine Entführung zu Ende, die im sog. "Deutschen Herbst" den Höhepunkt des Kampfes zwischen der linksterroristischen Vereinigung der Roten Armee Fraktion RAF und der dt. Bundesregierung bildete. Nachdem die Terroristen bereits Generalbundesanwalt Buback und den Bankier Jürgen Ponto ermordet hatten, verschleppte das Kommando "Siegfried Hausner", vermutlich bestehend aus den Terroristen Peter-Jürgen Boock, Brigitte Mohnhaupt, Adelheit Schulz, Rolf Clemens und Stefan Wisniewski am 5.9.1977 den damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer . Sie töteten dabei den Fahrer Schleyers sowie drei Personenschutzbeamte der Polizei.
Ziel der Aktion war die Freipressung der im Gefängnis Stuttgart-Stammheim einsitzenden RAF-Gefangenen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller. Die Bundesregierung unter dem SPD-Kanzler Helmut Schmidt lehnte jedoch jede ernsthafte Verhandlung mit den Entführern ab, um den Staat nicht als erpressbar erscheinen zu lassen. Stattdessen wurde auf Zeit gespielt, um durch eine großangelegte Fahndung Schleyer zu befreien.
Doch trotz eines beispiellosen Aufwandes unter Anwendung moderner Computertechnik ("Rasterfahndung") konnten die Entführer nicht gefunden werden. Zu Hilfe kam ihnen dabei eine Panne im Polizeiapparat: Ein Hinweis, der auf die von den Entführern benutzte Wohnung geführt hätte, wurde im Dickicht der Informationen und Zuständigkeiten schlichtweg verschlampt. Während der Zeit änderten die Terroristen zudem mehrmals ihr Versteck.
Am 13.10.1977 erhielten die Entführer Hilfe aus dem Ausland: Arabische Terroristen vom "Kommando Kofre Kaddum" entführten die Lufthansa-Maschine "Landshut" und schlossen sich den Forderungen der Schleyer-Entführer an, allerdings nicht ohne zusätzlich noch 15 Millionen Dollar zu verlangen.

Nach mehrtägigem Irrflug landete das Flugzeug zunächst in Dubai, dann in Aden, wo der Führer der Hijacker, "Martyr Mahmud" den Flugkapitän Jürgen Schumann erschoß. Am 17.10. flog die Maschine weiter ins somalische Mogadischu. Dort erstürmten am 18.10. um 0.05 Uhr Spezialkräfte der Bundesgrenzschutzeinheit GSG 9 die "Landshut", schalteten die Entführer aus und befreiten die Geiseln.
Um 0.38 verbreitete der Deutschlandfunk über Radio die Nachricht - am morgen um 7.41 wird zunächst Jan-Carl Raspe schwer verletzt in seiner Zelle aufgefunden, er stirbt im Operationssaal. Es folgen Andreas Baader, der einem Kopfschuss erlag, die erhängte Gudrun Enslin und die schwerverletzte Irmgard Möller, die als einzige überlebt. Jahrelang hält sich der Mythos, die RAF-Gefangegen seien entgegen der offiziellen Selbstmordversion umgebracht worden.
Beide Ereignise, das Scheitern der Flugzeug-Entführung und der Tod der Stammheimer Häftlinge, besiegeln auch das Schicksal Hanns-Martin Schleyers - er wird vermutlich am Nachmittag des 18.10. erschossen, und am 19.10. in Mühlhausen im Elsaß aufgefunden - heute vor 25 Jahren.

Diskussionen über die Schleyer-Entführung, den "deutschen Herbst" oder die RAF hier

Weitere Informationen:
http://www.rafinfo.de (von dort aus gibt es weitere links)
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21.Oktober 1909 Erste Landtagswahlen in Sachsen nach dem Pluralwahlrecht

Eine wesentliche Stütze zur Stabilisierung des Herrschaftssystems des Kaiserreichs war das Wahlrecht. Das Kaiserreich als halbparlamentarische Demokratie konnte stets auf das politische Schwergewicht der Konservativen bauen, selbst wenn jene nicht die Mehrzahl der Stimmen erhielten. So hatte die SPD z.B. am 20. November 1903 bei den Wahlen zum Preußischen Landtag zwar 19 Prozent aller Stimmen erhalten, jedoch aufgrund des Dreiklassenwahlrechts kein einziges Mandat. Anders als bei gleichen Wahlen besaßen die einzelnen Stimmen der Wahlberechtigten, ein Recht, zu dem Frauen keinen Zugang hatten, nicht dasselbe Gewicht. Nach dem preußischen Dreiklassenwahlrecht wählten die Wahlberechtigten zunächst Wahlmänner, die dann die Abgeordneten wählten. Die Bürger wurden in drei Klassen aufgeteilt. Jede Klasse brachte ein Drittel des Steueraufkommens auf. Wer also wenig Steuern zahlte, befand sich mit dem überwiegenden Teil der Bürger in der „dritten Klasse“. Die Stimme der wenigen am höchsten Besteuerten besaßen also das höchste Gewicht.
Preußen als der größte Teilstaat des Reiches hatte aber nicht als einziger ein stark unterscheidendes Wahlrecht. Am 21. Oktober 1909 erhielten die Sozialdemokraten bei den Landtagswahlen in Sachsen zwar 53,8 Prozent der abgegebenen Stimmen, jedoch nur 25 von 91 Mandaten im Parlament. Das Wahlergebnis basierte auf dem im selben Jahr eingeführten Pluralwahlrecht, welches ähnlich dm Dreiklassenwahlrecht Wähler mit höherem Einkommen deutlich bevorzugte und deren Stimmenabgabe mehrfach wertete.
Trotz zahlreicher Proteste und Demostrationen konnte ein gleichberechtigtes Wahlrecht nicht durchgesetzt werden. Stattdessen wurde das Wahlrecht in vielen Teilen eingeschränkt. Mit Einführung eines neuen Zensuswahlrechts im Freistaat Lübeck verlor am 7. Juli 1905 ein Großteil der Bürger seine Wahlberechtigung.
Auch der erste politische Streik in der deutschen Geschichte hatte das Wahlrecht als Anlaß. Am 17. Januar 1906 streikten rund 80.000 Hamburger Arbeiter erfolglos gegen die Einschränkung ihres Wahlrechts. Am 10. Januar 1908 demonstrierten Zehntausende vor dem Abgeordnetenhaus in Berlin für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Preußen.
Die Sozialdemokratie war auch durch den Zuschnitt der Wahlkreise benachteiligt. Bei den Reichstagswahlen erhielten sie am 25. Januar 1907 mehr Stimmen als bei der Wahl 1903, verloren aber aufgrund der Wahlkreisverteilung 38 ihrer vormals 81 Sitze ein. Trotz massiver Bevölkerungszunahme in vielen Gebieten wurden die 1871 eingeführten Wahlkreise nicht neu verteilt.
Als politisches Problem wurde das Wahlsystem aber erst zu Beginn des ersten Weltkrieges wahrgenommen. Am 21. Oktober 1914 stellte der Reichskanzler Bethmann Hollweg ein Konzept zur Integration der Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie ins monarchistische System vor, welches die Sozialdemokratie einen Tag später mit der Forderung nach Einführung von freien Wahlen beantwortete.
Formen der Anwendung herrschaftsstabilisierender Wahlsysteme gab es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich. Am 28. November 1905 demonstrieren mehr als 200.000 Menschen in Wien für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Zuvor gab es bereits machtvolle Kundgebungen in Prag und Budapest.

In Österreich wurde jedoch am 1. Dezember 1906 nach monatelangen Debatten die Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts für Männer beschlossen. Die Zahl der Wahlberechtigten erhöhte sich damit um 75 Prozent. Frauen besaßen weiterhin kein Wahlrecht.
Die ersten Wahlen zum Reichsrat nach der Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts für Männer vom 11. Mai 1907 ergaben nach Beendigung der Stichwahlen am 24. Mai entsprechend eine Mehrheit für die Sozialdemokratie.

Und dann wurde am 21. Oktober 1969 Willy Brandt zum Bundeskanzler der Sozial-Liberalen Regierung gewählt.

Damit war die CDU das erste Mal seit Gründung der Bundesrepublik nicht mehr in der Regierung vertreten.



22. Oktober 1918
Seekriegsleitung befieht Großoffensive der Flotte

Es ist schon etwas sonderbar, sich auf die Suche der Gründe der Anweisungen vom 22. Oktober 1918 zu begeben, als die Deutsche Hochseeflotte durch die ihre Leitung den Befehl zu einer Großoffensive am 29. Oktober 1918 erhielt. Mit einer letzten Form von Trotzigkeit wollte die Admiralität mit ihren sinnlos erscheinenden Anordnungen einerseits zeigen, dass das Kaiserreich nicht einfach untergehen werde, andererseits letzten kurzsichtigen taktischen Überlegungen Rechnung tragen. Sie bewirkte, was sie verhindern wollte. Ihre Befehle, erlassen in einer Situation der unmittelbaren Friedesnerwartung, trafen auf ein kriegsmüdes Militär.
Kaum drei Wochen zuvor hatte General Erich von Ludendorff, den Mann, der – von Verfassung, Kaiser und Reichskanzler gänzlich unbeeindruckt - im deutschen Reich die tatsächliche Macht der Händen in der Hand hielt, am 29. September die Panik erfasst und überstürzt die längst überfällige Parlamentarisierung, Verfassungsreform, Wahlrechtsreform sowie die Entlassung des Kanzlers Hertling und sofortige Waffenstillstandverhandlungen fordern lassen. Vielleicht überraschend für das hinter „Stahl“ und „Junkertum“ seit nunmehr seit über dreißig Jahren politisch entmachtete Bürgertum und die ohnehin politisch einflusslose, aber mittlerweile staatstreue Sozialdemokratie sahen sich beide gesellschaftlichen Kräfte am Ziel ihrer Wünsche, wenn auch unter ungünstigen Bedingungen. Das Reich, welches, wie Max Weber 1915 schrieb, vor dem Frieden mehr Angst als vor einer Fortsetzung des Krieges zu haben schien, bewegte sich. Zu nie ernsthaft für möglich gehaltener Kompromißfähigkeit genötigt, begab sich die Heeresleitung in das „Experiment einer parlamentarischen Monarchie“.
Am 30. September entließ Kaiser Wilhelm II. den Kanzler und kündigte die Bildung einer Regierung, an welcher, für das Kaiserreich bemerkenswert, die im Reichstag die Mehrheit stellenden Parteien beteiligt werden sollten. Am 3. Oktober wurde der liberale Max von Baden zum Reichskanzler ernannt und auf Druck der Obersten Heeresleitung mit der Übergabe eines Waffenstillstandsgesuches beauftragt. Am 4. Oktober 1918 wurden Gesuche, sowohl von österreichischer, als auch von deutscher Seite an den amerikanischen Präsidenten Wilson abgeschickt. Die Antwort ließ auf sich warten. Bis zum 22. Oktober hatte man aus Washington nichts weiter gehört als die Forderung vom 14. Oktober, den U-Boot-Krieg einzustellen.
Zudem wurde deutlich, dass die unpräzisen und improvisierten „Oktoberreformen“ nicht die erhoffete Befreiung bringen mochten, da es ihnen an Glaubwürdigkeit mangelte und sie in der Bevölkerung keinen Widerhall fanden. Der nicht mit der Reichsleitung abgesprochene Großoffensiven-Vorstoß der Seekriegsleitung vom 22. Oktober 1918 löste eine zunächst nicht monarchiefeindliche Widerstandsstimmung unter den Matrosen aus, die sich, zu einer Revolution geworden, auf das Heer und das Reich ausbreitete und binnen von drei Wochen die Monarchie in Deutschland beseitigte.

"Kleine Reihe": Die Kuba-Krise 1962


22.Oktober 1962:
Ansprache Kennedy´s an die Nation

In einer Fernsehansprache an die Nation informiert US-Präsident John F. Kennedy am 22.10. die Bevölkerung über die bisher streng geheimen Ereignisse, die zu einer der schwersten Krisen im Kalten Krieg geführt haben.
Rückblick: Am 14.10. führt ein amerikanisches U2-Spionageflugzeug einen Aufklärungsflug über Kuba durch. Die Insel vor der amerikanischen Ostküste wird seit der kommunistischen Revolution von 1959 von Fidel Castro regiert. Verschiedene Versuche der USA diese Herrschaft zu beenden scheiterten. Der spektakulärste Fehlschlag war die von Exilkubanern und CIA durchgeführte Invasion in der "Schweinebucht" am 17.4.1961, die maßgeblich durch die Verweigerung Kennedys von Luftunterstützung der US-Air Force scheiterte. "Der rote Hund im Vorgarten" der USa blieb ein Dorn im Auge des US-Militärs und ein willkommener Verbündeter der Sowjetunion unter Präsident Chruschtschow. Es war bekannt, daß die Russen Waffen an Kuba lieferten, doch die Aufklärungsbilder der U2 brachten eine neue Qualität ans Licht:

Die Sowjetunion stationierte ballistische Mittelstreckenraketen auf Kuba, welche die meisten Großstädte der USA innerhalb von 5 Minuten ereichen konnten.
Kennedy richtete einen Krisenstab ein, das sog. EXCOMM, in dem die wichtigsten und erfahrensten Leute saßen, darunter Johns Bruder Bobby Kennedy, Staatssekretär Dean Rusk und Verteidigungsminister McNamara, sowie Vertreter des Militärs. Zunächst wird strengste Geheimhaltung gewahrt: Man will zuerst wissen, wie man reagieren soll. Schließlich bilden sich drei Optionen heraus: Ein Luftschlag gegen die Raketen, ein Luftschlag mit anschließender Invasion oder eine Seeblockade Kubas, um weitere Waffenlieferungen zu verhindern und die Krise diplomatisch lösen zu können. Trotz massiven Widerstands der Militärs entscheidet Kennedy sich für die letzte Variante. Am 18.10. konfrontiert Kennedy bei einem Treffen mit Botschafter Gromyko die Sowjets mit den Anschuldigungen: Diese Leugnen die Raketenstationierung schlicht. Schon am 19.10. kommen Gerüchte über eine Krise auf: Truppenverlegungen (u.a. eine Übung mit dem vielsagenden Namen "ORTSAC") und Erhöhungen der Einsatzbereitschaft machen die Presse mißtrauisch.
Am 22.10. informiert Kennedy schließlich die Bevölkerung und die Welt über die Vorgänge und die bevorstehende Seeblockade, welche als "Quarantäne" bezeichnet wird. Er kündigt außerdem an: "Jeder Abschuß einer Atomrakete von Kuba gegen irgenein Land der westlichen Hemisphäre wird als Angriff der Sowjetunion auf die USA gewertet, und hat einen vollen Vergeltungsschlag gegen die Sowjetunion zur Folge". Die Sowjets reagieren mit einem Hinweis auf die Freiheit der Meere und kündigen die Mißachtung der Quarantäne an, die es der US Navy erlauben soll, jedes sowjetische Schiff nach Waffen zu durchsuchen. In der Bevölkerung der USA und der westlichen Hemisphäre löst die Nachricht Angst und Panik aus: Die Kirchen sind überfüllt, Hamsterkäufe werden getätigt - Es droht der 3. Weltkrieg...

23. Oktober 4004 v. Chr.:
Erschaffung der Welt

Dieses Datum setzte der Erzbischof von Armagh und Primas der anglikanischen Kirche in Irland James Ussher (1581 - 1656) 1650 in seinen Annales Veteris et Novi Testamenti fest. Enthalten waren außerdem u.a die Daten der Vertreibung aus dem Paradies (10.11.4004 v.Chr.) oder das Ende der Sintflut (5.5.1491 v.Chr.).
Die Annahme, die Welt sei vor ca. 6000 Jahren von Gott in sieben Tagen geschaffen worden, war bis ins 19te Jahrhundert weit verbreitet und wird auch heute noch von sog. Kreationisten v.a. in den USA gelehrt.
(von Jack)

23. Oktober 1918
Antwortnote Wilsons

In seiner Antwortnote an die deutsche Regierung erklärte der amerikanische Präsident Wilson seine Bereitschaft, nur einen solchen Waffenstillstand zu vermitteln, der Deutschland außer Stande setze, die Kampfhandlungen wieder aufzunehmen. Außerdem sei die Parlamentarisierung [vgl. den Beitrag vom 22. Oktober in diesem Thread] noch unzulänglich, und die Macht der Militärs sowie des Königs von Preußen seien noch ungebrochen.
Wilhelm II. verfügte eine allgemeine Amnestie für politische Gefangene, bei der auch Karl Liebknecht (USPD) begnadigt wird. Der sozialdemokratische Rechtsanwalt, radikale Pazifist und Gründer des Spartakusbundes im Jahr 1916 war im Laufe seiner politischen Karriere mehrfach wegen Majestätsbeleidigung und Landesverrat inhaftiert worden. Als die SPD 1908 trotz des für sie sehr ungünstigen Wahlsystems sieben Mandate im preußischen Landtag erringen konnte, war Liebknecht einer von den Abgeordneten. Die aktuelle Verhaftung war am 1. Mai 1916 bei einer Anti-Kriegskundgebung erfolgt.
(von Tante Hildegunde)

23. Oktober 1956
Revolution in Ungarn

Nach dem Zweiten Weltkrieg schuf sich die Sowjeunion relativ bald aus den teilweise befreiten, aber doch besetzen Ländern Osteuropas die außenpolitische seit den Zwanziger Jahren bereits angestrebte Pufferzone. Diese Form des Imperialismus, die mit dem Export des stalinistischen Systems einherging, provozierte in den Ländern Osteuropas mehrere Aufstände. Der erste Aufstand war der Ost-Berliner Aufstand vom 17. Juni 1953, welcher aber nur den Anfang einer Reihe von Unruhen darstellte, die sich in Folge des Todes des sowjetischen Diktators Stalin ergaben. 1956 kam es im polnischen Posen zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Fabrikarbeiten, die ungefähr 100 Todesopfer forderten. In Polen kam es jedoch nicht zu einem sowjetischen Eingreifen, da sich die macht bereits mit einer Revolution in Ungarn auseinanderzusetzen hatte. Studentenunruhen hatten auf Arbeiter, den Mittelstand und selbst auf Armee und Polizei ausgestrahlt und zu Demonstrationen geführt, in denen der Abzug der Russen, die Umbesetzung der Regierung und demokratische Reformen gefordert wurden. Schüsse der Geheimpolizei in die Menge führten zu Kämpfen, bis die russischen Truppen Budapest räumen mussten. Unter Irme Nagy wurde eine Volksregierung gebildet, die die Vereinten Nationen vergeblich zu Hilfe rief. Am 4. November 1956 rollten polnische Panzer in die größeren städtischen Zentren und schlugen Widerstand, der sich besonders in der Haupstadt zeigte, nieder. Unter Janos Kádár wurde eine Regierung installiert und Nagy trotz des Geleitschutzes durch die jugoslawische Botschaft hingerichtet.
Die ungarische Revolution hatte trotz ihres raschen Scheiterns dennoch positive Auswirken, da sie die Notwendigkeit von Liberalisierungen vor Augen führten, die unter Kádár vorsichtig umgesetzt wurden. 1963 wurden noch Inhaftierte durch eine Amnestie befreit.


24. Oktober 1945
Gründung der United Nations Organsiation (UNO) mit der Unterschreibung der UN-Charta.

Die Organisation der Vereinten Nationen ist Nachfolgerin des Völkerbundes und nahm ihre heutige internationale Rechtspersönlichkeit am 26. Juni 1945 mit der Verabschiedung ihrer Charta an. Zuvor hatten die im 2. Weltkrieg gegen die Achsenmächte kämpfenden Alliierten in der Atlantikcharta (mit deren In-Kraft-Treten am 1. Januar 1942 sich bereits 26 Länder unter dem Namen United Nations zusammengeschlossen hatten), der Erklärung der Vereinten Nationen (1942) sowie in den Moskauer und Teheraner Erklärungen (1943) das Programm für die neu zu schaffende internationale Staatenorganisation entworfen. Über die Charta berieten China, Großbritannien, die UdSSR und die USA vom 21. April bis zum 7. Oktober 1944 in Dumbarton Oaks in der Nähe von Washington D.C. Auf der Konferenz von Jalta vom 4. bis 11. Februar 1945 wurde über letzte Feinheiten Einigkeit erzielt, so etwa über das Abstimmungsverfahren im Sicherheitsrat. Die "United Nations Conference On International Organization", die am 25. April 1945 in San Francisco zusammengetreten war, verabschiedete am 26. Juni desselben Jahres die Charta der Vereinten Nationen.

Mitglieder

Nach der Charta kann jedes "friedliebende" Land, das die sich aus der Charta ergebenden Pflichten anerkennt, Mitglied der UN werden. Die 50 Nationen, die an der Konferenz von San Francisco teilnahmen, und Polen waren die Gründungsmitglieder der UN. Bis 1971 wurde China von einer Abordnung der nationalistischen Regierung von Taiwan vertreten; im Oktober des gleichen Jahres stimmte die Vollversammlung aber dafür, dass die Volksrepublik China an ihre Stelle treten sollte.

Neue Mitglieder werden auf Empfehlung des Sicherheitsrates von der Vollversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit aufgenommen. Seit 1945 hat sich die Zahl der Mitglieder mehr als verdreifacht, hauptsächlich durch die Aufnahme neuer afrikanischer und asiatischer Länder, die vorher europäische Kolonien gewesen waren. Anfang 1996 hatten die UN 185 Mitgliedsstaaten.

Organisation

Die Charta schuf sechs Hauptorgane der UN: die Vollversammlung, den Sicherheitsrat, den Wirtschafts- und Sozialrat, den Treuhandschaftsrat, den Internationalen Gerichtshof und das Sekretariat.

In der Vollversammlung sind alle Mitgliedsstaaten vertreten. Sie tritt jährlich einmal zusammen. Auf Verlangen der Mehrheit der Mitglieder des Sicherheitsrates werden zudem Sondersitzungen der Vollversammlung anberaumt. Die Vollversammlung besitzt keine exekutive Gewalt; ihre Beschlüsse haben den Charakter bloßer Empfehlungen. Die Charta erlaubt aber der Vollversammlung, zur Umsetzung ihrer Empfehlungen Behörden einzurichten und Programme zu erstellen, von denen das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), die Welthandelskonferenz (UNCTAD) und das Weltkinderhilfswerk (UNICEF) zu den wichtigsten zählen.

Der Sicherheitsrat, der ständig tagt, ist das zentrale Organ der UN zur Sicherung des Friedens. Der Rat hat 15 Mitglieder, von denen fünf – China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die Vereinigten Staaten – ständige Sitze zuerkannt wurden. Es wurden immer wieder Vorstöße unternommen, neue ständige Mitglieder aufzunehmen (z. B. Deutschland oder Japan) und alte zu entfernen (z. B. Frankreich oder Großbritannien), um dem sich wandelnden Kräftegleichgewicht in der Welt Rechnung zu tragen; doch bis jetzt blieben tiefer gehende Änderungen aus. Nichtständige Mitglieder sind für zwei Jahre im Amt; jedes Jahr wählt die Vollversammlung fünf neue Mitglieder. Entscheidungen des Rates erfordern neun Stimmen, die übereinstimmenden Voten der ständigen Mitglieder zu wichtigen Fragen mit eingerechnet.

Der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC), der sich jährlich trifft, hat 54 Mitglieder; 18 Mitglieder werden jedes Jahr von der Vollversammlung auf drei Jahre gewählt. Der ECOSOC koordiniert die wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten der UN und ihrer Fachbehörden, wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO); der Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO); der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO); und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). In der Praxis sind die Aufgaben des ECOSOC begrenzt, weil jede der Fachbehörden für sich organisiert ist und mittels einer eigenen Satzung von einem gewählten Gremium verwaltet wird; die Behörden legen dem ECOSOC jährliche Berichte vor.

Der Treuhandschaftsrat war anfangs für die Aufsicht über elf Gebiete verantwortlich, die am Ende des 2. Weltkrieges unter internationale Treuhandschaft gestellt wurden. Nachdem die Palau-Inseln, das letzte verbliebene Treuhandgebiet, 1994 unabhängig wurden, konnte der Treuhandschaftsrat seine Tätigkeit einstellen. Andere Kolonialfragen wurden der Vollversammlung und eigens dafür geschaffenen Tochterorganisationen übergeben.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag (Niederlanden) ist die Rechtsorganisation der UN. Der Gerichtshof hört Fälle an, die ihm von UN-Mitgliedern vorgelegt werden; die UN-Mitglieder behalten sich jedoch das Recht vor, zu entscheiden, ob sie den Spruch des Gerichts als bindend ansehen. Dem Gerichtshof gehören 15 Richter an; sie werden von der Vollversammung und dem Sicherheitsrat auf neun Jahre gewählt.

Das Sekretariat ist das Verwaltungsorgan der UN und führt die Programme und die Politik der Organisation durch. Ihm steht der Generalsekretär vor, der von der Vollversammlung auf Empfehlung des Sicherheitsrates ernannt wird. Seit der Gründung der UN waren sechs Generalsekretäre im Amt: Trygve Lie (Norwegen), 1946-1953; Dag Hammarskjöld (Schweden), 1953-1961; U Thant (Birma), 1961-1971; Kurt Waldheim (Österreich), 1972-1981; Javier Pérez de Cuéllar (Peru), 1982-1991; und Boutros Boutros-Ghali (Ägypten), seit dem Jahr 1992.



"Kleine Reihe": Die Kuba-Krise 1962

25. Oktober 1962
Duell im Sicherheitsrat



Die unmittelbare Konfrontation auf See wurde abgewendet, aber die Bedrohung besteht weiter: Der Aufbau der Atomraketen auf Kuba geht weiter, die SS-4 "Sandal" werden in wenigen Tagen einsatzbereit sein. Um einen Krieg zu verhindern, startet Präsident Kennedy diplomatische Offensiven:
Bei der Sitzung des UN-Weltsicherheitsrats soll US-Botschafter Adlai Stevenson Sowjet-Botschafter Zorin vor der Welt direkt mit dem Raketenprogramm konfrontieren. Befürchtungen, Stevenson sei zu "weich" um mit dem ausgebufften Zorin fertig zu werden, erweisen sich als unbegründet: Auf die Weigerung Zorins, auf Fragen zu antworten ("Ich befinde mich nicht in einem amerikanischen Gerichtssaal"), reagiert Stevenson unerbittlich: "Ich bin bereit hier auf meine Antwort zu warten und wenn dabei die Hölle zufriert!". Auch die anderen Mitglieder des Sicherheitsrates wollen Antworten, und schließlich präsentiert Stevenson die unwiderlegbaren Beweise für die sowjetische Raketenstationierung.
Auch Präsident Kennedy selbst agiert: In einem direkten Brief an Staats- und Parteichef Chruschtschow schreibt er: "Sie haben offenbar immer noch nicht verstanden, warum wir uns in dieser Lage befinden". Zum ersten Mal überlegt Chruschtschow nun, die Raketen zurückzuziehen: Bei einer Präsidiumssitzung mit den Spitzen des Apparates äußert er: "Die Amerikaner sagen, man muss die Raketeneinrichtungen demontieren. Vielleicht muss man das auch tun...". Er beabsichtigt nun, einen Handel herauszuschlagen: Demontage der Raketen gegen eine Zusage der USA, Kuba zukünftig nicht anzugreifen. Aber er erkennt den waren Ernst der Situation immer noch nicht: Er will Kennedy "Zeit lassen, damit er sich beruhigt". Doch Kennedy steht unter massivem Druck des Militärs, die unbedingt vor gegebener Einsatzbereitschaft der kubanischen Raketen angreifen wollen. Sie rechnen mit einem rel. leichtem Sieg bei einer Invasion, doch was sie nicht wissen: auf Kuba stehen weit mehr sowjetische Soldaten als erwartet, und sie sind mit taktischen Atomwaffen ausgerüstet. Während also Chruschtschow auf Zeit spielt, läuft Kennedy selbige davon...



26. Oktober 1962:
Ein Deal zeichnet sich ab

Ein CIA-Report vom Morgen bestätigt, dass die Sowjets weiter am Aufbau der Raketen arbeiten und beginnen, sie zu tarnen. Kennedy kommt zu der Überzeugung, dass das Embargo allein den Abzug der Raketen nicht erzwingen kann. Als einzige mögliche Alternative zum Militärschlag erscheint ein politischer Deal: Man könnte im Gegenzug zu einem sowjetischen Truppenrückzug die eigenen, veralteten Atomraketen von Typ Jupiter aus der Türkei abziehen. Dies ist sowieso geplant, doch ein offizielles Abkommen in diese Richtung würde die USA erpressbar und unglaubwürdig in der Öffentlichkeit machen.
Da eröffnen unerwartete Sondierungen von Seiten der Russen einen friedlichen Lösungsweg: Alexandr Fomin, offiziell Mitarbeiter des sowjetischen Botschafters, in Wahrheit jedoch ranghöchster KGB-Agent in Washington, nimmt Kontakt mit ABC-Newskorrespondent John Scali auf. Er schlägt vor, die Raketen unter UN-Aufsicht abzuziehen gegen eine offizielle Zusicherung Kennedys, Kuba jetzt und in Zukunft nicht anzugreifen. Zunächst bleibt unklar, ob Fomin tatsächlich im Auftrag Chruschtschows handelt, doch man geht auf den Versuch ein – dies erweist sich als richtig. Einige Stunden später trifft ein Brief ein, offenbar von Chruschtschow persönlich an Kennedy, der denselben Vorschlag enthält, jedoch vager formuliert:
Zitat:
You and I should not now pull on the ends of the rope in which you have tied a knot of war, because the harder you and I pull, the tighter the knot will become. And a time may come when this knot is tied so tight that the person who tied it is no longer capable of untying it, and then the knot will have to be cut. What that would mean I need not explain to you, because you yourself understand perfectly what dread forces our two countries possess.

I propose we, for our part, will declare that our ships bound for Cuba are not carrying any armaments. You will declare that the United States will not invade Cuba with its troops and will not support any other forces which might intend to invade Cuba. Then the necessity of the presence of our military specialists in Cuba will disappear.
Endlich scheint ein diplomatischer Ausweg aus der Krise offenzustehen...
(von Jack)


26. Oktober 1962
Beginn der Spiegel-Affäre.

Vor dem Hintergrund der Korea-Krise entfaltete sich der bislang größte Skandal in der Bundesrepublik, welche das autoritäre Kanzlerregime Konrad Adenauers in den Grundfesten erschütterte und eine Politisierung schuf, welche in Deutschland die „68er“-Bewegung vorbereitete.
Im Auftrag der Bundesanwaltschaft durchsuchte die Polizei am 26. Oktober 1962 die Redaktionsräume des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Anlaß für die Untersuchung ist der „Spiegel“-Artikel „Bedingt abwehrbereit“ vom 10. Oktober1962, indem sich der Chefredakteur Conrad Ahlers kritisch mit der Verteidigungskonzeption der massiven Abschreckung auseinandersetzte. In der Folge wurden der Herausgeber Rudolf Augstein und Conrad Ahlers unter dem Verdacht des Landesverrates verhaftet und monatelang inhaftiert.
Die Durchsuchung des „Spiegels“ beschäftigte die Öffentlichkeit monatelang. Verantwortlich für die Durchsuchung zeichnete der seit 1956 amtierende Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU). Strauß bemühte sich seit längerem um eine Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen. Obwohl die Regierung Kennedy seit 1961 die Strategie der „flexiblen Abschreckung“ favorisierte (d.h. im Kriegsfall den Atomwaffeneinsatz so lang wie möglich herauszuzögern), blieb die „massive Abschreckung“ (d.h. jegliche Kriegshandlung mit Atomwaffeneinsatz zu beantworten) für das Verteidigungsministerium unter dem CSU-Vorsitzenden bindend. Darüber hinaus thematisierte Strauß auch die Möglichkeit eines „vorbeugenden Schlages“ gegen die UdSSR, falls man meinte, Kriegsabsichten deutlich erkennen zu können.
Strauß war, seitdem er im März 1961 zum CSU-Vorsitzenden gewählt worden war, häufig vom „Spiegel“ krisitert worden. Zudem thematisierte das Magazin kleinere und größere Affären des Ministers, der z.B. eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Bonner Verkerhspolizisten eingereicht hatte, nachdem dieser dem Minister nicht schnell genug Vorfahrt gewährt hatte. In dem Artikel vom 8. Oktober, der die Durchsuchung ausgelöst hatte, waren Strauß‘ Äußerungen eines „vorbeugenden Schlages“ als friedensgefährend bezeichnet worden, zudem wurde angezweifelt, ob die Bundesrepublik im Kriegsfalle verteidigt werden könne. 18 Tage später wurden der Spiegel und mehrere Privatwohnungen in der Nacht durchsucht und Material beschlagnahmt. Bundes- und Landesminister, die der SPD, bzw. FDP angehörten, waren über diesen Vorgänge nicht informiert worden. Der Journalist Ahlers hielt sich in Spanien auf, wo er verhaftet wurde. Die Verhaftung war pikanterweise erst nach einem Anruf von Strauß persönlich beim Militärattaché der spanischen Botschft erfolgt, da eine Verhaftung durch Interpol aufgrund internationaler Rechtslage gar nicht möglich war. Auch Ahlers Frau wurde verhaftet. In Deutschland ebenso Augstein, wobei es nicht bei diesen Verhaftungen blieb. Die Redaktionsräume des „Spiegels“ blieben wochenlang blockiert. Insgesamt zeichnete sich das Vorgehen des zuständigen Bundesanwaltes durch Unverhältnismäßigkeit aus. Mehrfache Attacken und Anklagen des „Landesverrats“ von Seiten der Politik gegen den kritischen Journalismus des Spiegels, den man nicht verbieten konnte, führten zu einer Solidarisierung mit dem Magazin. Stück für Stück traten die Details und die Verstrickung des Verteidigungsministers an die Öffentlichkeit, welcher die Beteiligung lange, auch im Bundestag, leugnete. Auch Adenauer und dem Innenminister Höcherl konnten Falschaussagen nachgewiesen werden. Am 19. November 1962 traten die 5 Minister der FDP, die nicht informiert worden waren, von ihren Ämtern zurück, um den Rücktritt von Strauß zu erzwingen. Am 20. November 1962 folgte der Rücktritt der Minister der CDU/CSU. Die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft blieben ergebnislos, Adenauer kündigte während der Affäre an, sich in absehbarer Zeit von seinem Amt zurückzuziehen. Zwischen CDU/CSU und FDP entstand ein Bruch, der ihr Verhältnis für die nächsten Jahrzehnte prägen sollte. Der Gewinner der Affäre war die Öffentlichkeit.
(von endar)

27.Oktober 1962:
Auf Messer´s Schneide

Hatte es am vorherigen Tag noch gut ausgesehen, eine diplomatische Lösung zu treffen, brachte der 27.10. mehrere bedrohliche Ereignisse, die die Welt näher an den Rand des Krieges brachten als jemals zuvor.
Zunächst gerieht ein U-2 Spionageflugzeug, daß "Routinemessungen" über Alaska durchführte, versehentlich in sowjetischen Luftraum - eine Situation, die leicht als Vorbereitung für einen B-52 - Bombenangriff mißverstanden werden konnte. MiG-Abfangjäger starteten, und der U-2-Pilot rief um Hilfe, woraufhin auch mehrere F-102 - Jäger der Amerikaner abhoben - glücklicherweise konnte die U-2 rechtzeitig den sowjetischen Luftraum verlassen. Diese Ereignis, welches absolut vermeidbar und möglicherweise vom kriegslüsternden Militär provoziert worden war quitierte Kennedy mit den indirekt an das Militär gerichteten Worten:
"There is always some son of a bitch who doesn't get the word".
Die nächste Hiobsbotschaft traf gegen Mittag ein: Über Kuba war bei einem der Aufklärungsflüge eine U-2 von einer SAM-Stellung angegriffen und abgeschossen worden. Der Pilot, Major Rudolf Anderson, wurde damit das erste Todesopfer der Krise. Der Abschuß war weder von der politischen Führung, noch vom Oberbefehlshaber auf Kuba authorisiert worden, sondern wurde von dem lokalen Luftabwehrkommandanten angeordnet. Gemäß ihren Einsatzvorschriften drängten die Militärs nun noch stärker auf einen baldigen Luftangriff, doch Kennedy entschloß sich, noch zu warten. Er wollte sicher gehen, daß es sich um eine gezielte Eskalation des Kreml handelte und und einen weiteren Angriff vor Vergeltungsmaßnahmen abwarten. Aior Force General Maxwell Taylor aktzeptierte dies in dem Glauben, innerhalb der nächsten Tage ohnehin angreifen zu können - der Angriff mit anschließender Invasion für den 30.10. vorgesehen, sollten sich die Russen bis dahin nicht zurückgezogen haben. Dieser Zwischenfall brachte auch Chruschtschow zu der Überzeugung, die Krise schnell lösen zu müssen, da er befürchten musste, die Kontrolle über seine Streitkräfte auf Kuba zu verlieren.
Auch der Hoffnungsstreifen, der sich am Vortag durch den Brief Chruschtschows abgezeichnet hatte, verdunkelte sich, als ein weiteres Schreiben eintraf:
Zitat:
You are disturbed over Cuba. You say that this disturbs you because it is ninety miles by sea from the coast of the United States of America. But. . . you have placed destructive missile weapons, which you call offensive, in Turkey, literally next to us. . .

I therefore make this proposal: We are willing to remove from Cuba the means which you regard as offensive...Your representatives will make a declaration to the effect that the United States...will remove its analogous means from Turkey. . . . And after that, persons entrusted by the United Nations Security Council could inspect on the spot the fulfillment of the pledges made. . . .
Der Stil des Schreibens und die erhöhten Forderungen nach dem Abzug der Türkei-Raketen ließen Ex-Comm spekulieren, daß Hardliner die Macht in Moskau übernommen haben könnten - es war unklar wie man darauf reagieren sollte, zumal den Mitgliedern unklar war, wie die Sowjets auf die Raketen in der Türkei kamen.
Was sie nicht wußten: In der Nacht hatte Justizminister Robert Kennedy eine geheime Unterredung mit Sowjetbotschafter Dobrinyn geführt, in der auch die Raketen als möglicher Preis für den Rückzug genannt wurden. Doch diese Regelung war als rein informell gedacht gewesen - auf eine offizielle Aufforderung konnten die USA nicht reagieren, ohne "klein bei zu geben" und die NATO zu gefährden. Es wäre der Eindruck entstanden, Washington würde seine Verbündeten verkaufen.
Robert Kennedy war es schließlich, der eine Lösung der verfahrenen Situation entwickelte: Er machte den Vorschlag, einfach chruschtschows erstes Schreiben zu aktzeptieren, und das zweite zu ignorieren - ein Versuch, bei dem zumindest klarwerden würde, ob Chruschtschow in Moskau wirklich noch an der Macht war. Für den Notfall wurden auch die erprobten informellen Kanäle nach Moskau wieder bemüht: Robert Kennedy traf sich mit Botschafter Dobrynin, und John Scali von NBC mit Alexandr Fomin. Kennedy informierte Dobrynin über das Vorgehen der USA und stellet außerdem eine stille Entfernung der ohnehin veralteten Jupiter-Raketen aus der Türkei in Aussicht, allerdings scheinbar
unzusammenhängend mit den Ereignissen auf Kuba einige Monate, später. Dies würde es erlauben, daß Gesicht zu wahren. Scali machte Fomin derweil Vorwürfe wegen der zweideutigen Haltung chruschtschows und stellte ohne Absprache mit der Regierung die Invasion auf Kuba für den folgenden Tag in Aussicht.
Chruschtschow wurde somit unter Druck gesetzt, den amerikanischen Kompromißvorschlag schnell anzunehmen, um einem Angriff zuvorzukommen.
Gegen 20:00 übermittelte Kennedy die offizielle Antwort der USA auf die russischen Schreiben:
Zitat:
As I read your letter, the key elements of your proposals--which seem generally acceptable as I understand them--are as follows:

1. You would agree to remove these weapon systems from Cuba under appropriate United Nations observation and supervision; and undertake, with suitable safe-guards, to halt the further introduction of such weapon systems into Cuba.
2. We, on our part, would agree--upon the establishment of adequate arrangements through the United Nations, to ensure the carrying out and continuation of these commitments (a) to remove promptly the quarantine measures now in effect and (b) to give assurances against the invasion of Cuba.
Der Zug war damit bei Chruschtschow - am folgenden Tag würde sich die Krise entscheiden. "We had not abandoned hope," sagte Robert Kennedy, "but what hope there was now rested with Khrushchev... It was a hope, not an expectation. The expectation was a military confrontation by Tuesday (October 30) and possibly tomorrow."

28.Oktober 1962:
Das Ende der Krise: Moskau zieht die Raketen zurück

Bei einem Treffen früh am Morgen mit seinen Beratern erkennt Chruschtschow endlich den wahren Ernst der Situation. Während der Nacht erhielt er die Nachrichten von Botschafter Dobrynin und Alexandr Fomin - zudem erhält er die Nachricht, Präsident Kennedy plane für 17:00 eine Ansprache an die Nation.
Chruschtschow ist überzeugt, das diese der Information über die Invasion dienen wird. In aller Eile verfasst er ein Antwortschreiben, in dem er Kennedys Vorschlag vom Vortag aktzeptiert. Mit Vollgas wird diese in die Hauptstadt gefahren, und über Radio Moskau ausgestrahlt:
Zitat:
Esteemed Mr. President:

I have received your message of October 27, 1962. I express my satisfaction and gratitude for the sense of proportion and understanding of the responsibility borne by you at present for the preservation of peace throughout the world...

In order to complete with greater speed the liquidation of the conflict... the Soviet Government... in addition to previously issued instructions on the cessation of further work at building sites for the weapons, has issued a new order on the dismantling of the weapons which you describe as "offensive," and their crating.
Die Nachricht erreicht Amerika beim Frühstück - um 9:00 Uhr morgens ist die Krise endlich beigelegt. Kennedy verfasst ein Antwortschreiben, in dem er die verantwortungsvolle Entscheidung Chruschtschows lobt: "I think that you and I, with our heavy responsibilities for the maintenance of peace, were aware that developments were approaching a point where events could have become unmanageable".
Die Nachwehen der Krise beschäftigen die Staatschefs noch eine Weile, so mussten noch Fragen wie der Abzug sowjetischer Bomber von Kuba geklärt, und Fidel Castro, der sich mehr als nur eine Nicht-Invasions-Zusage der USA erhofft hatte, beruhigt werden.
Doch die große Bedrohung war vorbei. Die sowjetischen Raketen, und schließlich auch die IL-28 "Beagle"-Bomber wurden zurück in die Sowjetunion verschifft, und am 21.November hob Kennedy die Quarantäne offiziell auf und stufte die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte auf DEFCON 4 zurück.
Die Welt war der nuklearen Vernichtung noch einmal entgangen, und die Dramatik der Krise trug dazu bei, daß sich die Beziehungen zwischen den Vereinigten staaten und der Sowjetunion langsam entspannten:
Zitat:
"Having come so close to the edge, we must make it our business not to pass this way again."

-National Security Advisor, McGeorge Bundy
Eine direkte Folge war etwa die Einrichtung des "Heißen Drahtes" zwischen Moskau und Washington, der es den Führern er Supermächte zukünftig erlaubte, direkt miteinander zu sprechen, war doch die Zeitverzögerung der konventionell übertragenen Briefe eines der größten Hindernisse einer Verständigung 1962 gewesen.
Neun Monate später leitete das Abkommen über den Stop von athmosphärischen Atomtests die Abrüstungsverhandlungen ein.
Sowohl Kennedy, als auch Chruschtschow wurde allerdings die Verhinderung des Krieges nicht gedankt: Kennedy wurde im November 1963 ermordet, und Chruschtschow elf Monate später von Hardlinern abgesetzt.


31.Oktober 1517

Mit dem legendären Anschlag der 95 Thesen gegen den Ablaßhandel der Kirche an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg beginnt die Reformation.

Als Martin Luther, ehemaliger Mönch und studierter Theologe, diesen, historisch umstrittenen Schritt, denn vielfach geht die Meinung, dass es diesen Thesenanschlag niemals gab, tat, wusste er nicht welche Ereignisskette er damit auslöste. Sein eigentliches Ziel, die Kirche von innen heraus zu reformieren, den Ablaßhandel zu stürzen, und die Bibel auch den einfachen Menschen zugänglich zu machen, führte zu eine Erschütterung der kirchlichen Ordnung und des klerikalfaschistischen Systems der Zeit. Aufgrund seiner, für die Zeit revolutionären, Ansichten wurde Luther 1520 von der Kirche gebannt, am 2.April 1521 begibt er sich nach Worms, um vor dem Reichstag auszusagen, doch anstatt zu widerrufen, bestätigt er seine Thesen, woraufhin er am 25.April 1521 für vogelfrei erklärt wird. Am 4.Mai 1521 lässt der Kurfürst Friederich der Weise von Sachsaen Luther zu seiner eigenen Sicherheit "entführen". In dieser Zeit übersetzt Luther auf der Warthburg die Bibel ins Mitteldeutsche. 1525 verurteilt Luther die Bauernerhebungen, die sich auf ihn beziehen, mit der Schrift "Wider die Mordischen und Reuberischen Rotten der Bawren". 1525 heiratet er auch Katharina von Bora. 1534 gibt er die ins deutsche übersetze Bibel heraus. 1546 stirbt er in Eißleben. Die Reformation hatte noch lange Nachfolgen: Bauernkriege Kirchenspaltung und 30jähriger Krieg.

Interessant: Luther war Antisemit und Reaktionär!

3.November 1957:
Die Hündin Laika startet ins All


Nachdem am 4.Oktober 1957 mit Sputnik I der erste künstliche Satellit durch die Sowjetunion erfolgreich ins All geschossen worde war, solte diesem Experiment bereits einen knappen Monat später mit Sputnik II ein weiteres folgen. Entscheidender Unterschied: Diesmal sollte die Kapsel "bemannt" werden. Zum ersten lebenden Erdenwesen im Weltraum wurde die Moskauer Strassenhündin Laika auserkoren. Die Daten, die während der Mission gesammelt wurden, sollten der Vorbereitung für den ersten Menschen im Weltraum dienen. Nach dem Start am 3.November um 22:28 Moskauer Zeit konnten die Forscher am Boden das Gebell und die Herzschläge der Hündin aufzeichen: Die Mission war ein Erfolg.
Während des siebten Tages ihrer Reise erhielt Laika mit ihrem Futter ein tödliches Gift, um ihr die Qualen eines Verbrennungstodes während des Wiedereintritts von Sputnik II in die Erdatmosphäre zu ersparen. Dies geschah am 14.April des folgenden Jahres in den Antillen.
Neben den wissenschaftlichen Ergebnissen erfüllte die Mission vor allem einen propagandistischen Zweck: Die Sowjetunion schockte die Amerikaner mit dem ersten Satelliten, dem ersten Lebewesen, und am 12.April 1961 gar mit dem ersten Menschen im All.

Ein nettes Tribut an Laika, die heldenhaft für die Menschheit starb, findet ihr hier.

04. November 1979:
In Teheran wird die amerikanische Botschaft gestürmt und besetzt


Iranische Studenten stürmen die US-Botschaft in Teheran, nehmen das gesamte Personal (52 Personen) als Geiseln und fordern die Auslieferung des Schahs, der sich derzeit wegen einer Krebs-Operation in den USA aufhält, an den Iran. Dies wird von den USA abgelehnt, die ihrerseits die sofortige Freilassung der Geiseln fordern.
In Teheran tritt daraufhin Minsterpräsident Mehdi Basargan zurück, und der Revolutionsrat unter Ayatollah Chomeini übernimmt die Regierung. Am 12. Dezember 1979 verhängen die USA einen Wirtschaftsboykott, dem sich europäische Staaten wenig später anschließen. Schließlich befiehlt US-Präsident Jimmy Carter eine militärische Befreiungsaktion für den 25. April 1980. Diese scheitert jedoch kläglich, in der Wüste von Tabas stürzten die wüstenuntauglichen Hubschrauber der Marines im Sandsturm ab.
Nach Beginn des 1.Golfkriegs Ende 1980, bei dem der von den USA unterstützte Irak unter Saddam Hussein den Iran angreift, werden die Geiseln schließlich im Januar 1981 freigelassen - nur wenige Tage nach dem Ende der Amtszeit Carters.

5. November 1937 –
Eine Besprechung Hitlers oder: Wie Legenden entstehen.

Am 5. November 1937 hielt Adolf Hitler um 16.15 Uhr eine Besprechung mit dem Reichskriegsminister von Blomberg, dem Oberbefehlshaber des Heeres Fritsch, dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Raeder, dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe Göring und dem Außenminister von Neurath, sowie Oberst Hoßbach ab. Von der Besprechung ist eine Überlieferung enthalten, welche als „Hoßbach-Protokoll“ bezeichnet wird.
Das ist ja nun alles sehr schön – werdet ihr sagen – aber was macht das nun zu einem bemerkenswerten Ereignis? -
Hoßbach war Heeresadjutant bei Hitler. Er fasste den Inhalt der Rede Hitlers nach nach Tagen zu einem Text nach eigenen Stichworten zusammen, was zunächst einmal bedeutet, dass es, wie einige andere Zusammenfassungen auch, nicht wörtlich genommen werden. Eigentlich ist es noch nichteinmal ein Protokoll, da es wohl von Blomberg und Beck, nicht jedoch von Hitler abgesegnet wurde. Auch hat es einen recht verschlungenen Weg genommen aber sei’s drum.
Da „Hoßbach-Protokoll“ ist in mehrfacher Hinsicht interessant – am interessantesten mag wohl neben dem Inhalt die Bedeutung des Protokolls für die Sicht auf die nationalsozialistische Herrschaft gewesen sein.
Lange Zeit hielt man an die Besprechung vom 5. November 1937 für einen der entscheidenden Wendepunkte der Geschichte des „Dritten Reiches“. Diese Sicht wird jedoch inzwischen stark relativiert.
Nun wollt ihr aber bestimmt alle wissen, was in dem Protokoll nun so hübsches drinsteht.


Immer dabei, der Oberst Hoßbach!

Das Protokoll beginnt recht kettenrasselig - der „Führer“ bezeichnete seine folgenden Äußerungen als seine „testamentarische Hinterlassenschaft“. Diese mögliche „Hinterlassenschaft“ behandelte dann – surprise, surprise „Rassenfrage“ und „Lebensraum“. Zunächst habe sich der „Führer“ den Fragen der Autarkie und der Weltwirtschaft zugewandt, bis er schließlich Überlegungen anstellte, auf welchem Wege das Reich Zugriff auf Österreich und die Tschechoslowakei erhalte. Er unterschied dabei zwischen 4 Konstellationen, die einen Zugriff erlaubten:
a) Eine Möglichkeit bestand während eines Krieg mit den „Hassgegnern“ Frankreich und Großbritannien. Dabei sei eine Wendung gegen Österreich und dann die Tschechslowakei möglich, um die Flanken zu schließen und die Ressourcen zu erlangen.
b) Zusätzlich sei ein aus dem Spanischen Bürgerkrieg hervorgehender Krieg der Westmächte gegen Italien möglich, bei der eine Annexion ohne ein Kriegsrisiko erfolgen könne.
c) Eine weitere Option würde sich bieten, falls eine innenpolitische Krise Frankreichs, die frz. Armee „absorbiere“
d) Als viertes hielt Hitler es für möglich, dass sich Britannien und Frankreich sich bereits damit abgefunden hätten, dass Deutschland sich die CSR und Ö. irgendwann „nehmen“ würde.
Als Zeitpunkt wurde der Bereich 1943 – 1945 in Betracht gezogen.
Älterer Geschichtsschreibung zufolge stieß Hitler mit seinen Vorstellungen auf Widerstand, da die Spitzen der Wehrmacht seinen Kriegskurs nicht hätten teilen wollen, so daß Hitler sich entschlossen habe, sie alle aus dem Weg zu räumen.
Diese Sicht gilt mittlerweile als nicht mehr haltbar. Vielmehr hat die Forschung inzwischen herausgearbeitet, wie sehr die Reichswehr bereits seit 1922 dem Gedanken anhing, ein großes Heer zu schaffen, die Hegemonie in Mitteleuropa zu schaffen und sich „Verlorenes“ wiederzuholen.
Dennoch hielt die ältere Forschung Indizien in der Hand: Am 4. Februar 1938 wurden Fritsch, Neurath und Blomberg im „großen Revirement“ ersetzt. Dabei lautete das Bild: Gegen Fritsch habe die Gestapo eine Intrige gestartet, indem sie ihm eine homosexuelle Geschichte angedichtet hätten (Homosexualität war nach § 175 StGB strafbar) und Blomberg sei eine Frau zugeführt worden – die, nachdem er sie geheiratet habe, sich als Prostituierte entpuppte.


Na, wer heiratet denn da ein leichtes Mädchen?

Wer einmal ein wirklich spannendes Buch lesen möchte, der solle sich dazu -Karl Heinz Janßen, Fritz Tobias, Der Sturz der Generäle. Hitler und die Blomberg-Fritsch-Krise 1938, München 1994- zu Gemüte führen (ein sehr lesenswertes Buch, wobei das beste die ausführlichen Fußnoten sind, in denen sich viele interessante und auch amüsante Kommentare finden). Anerkannt ist, dass Blomberg über den Beruf seiner Gattin wohl Bescheid wusste und gehen musste, da er selbst in der Wehrmacht großen Wert auf „Standesbewußtsein“ gelegt hatte und dass es bei der Fritsch-Affäre nicht um eine getürkte, sondern um eine echte Verwechslung gehandelt habe.


Generaloberst von Fritsch wurde mit einem Berliner Rittmeister aus dem "Homosexuellen-Milieu" verwechselt, der "Unzucht" verdächtigt und musste gehen. Wenig hilfreich war, dass er nicht verheiratet war und auch, dass er beim Erbsensuppensonntag vom Winterhilfswerk gern mit den Hitlerjungen Kartenstudium und bei Nichtwissen körperliche Züchtigungen praktizierte.


Herr Blomberg und Eva Gruhn

Der einzige, der wohl selbst um seine Ersetzung bat, war von Neurath. Hitler war über den Verlust seiner Experten enttäuscht.
Aber der eigentliche Knüller ist ein ganz anderer. Es handelte sich bei der Rede nicht wirklich um das Testament Hitlers, sondern um eine Ad-hoc-Rede, die Hitler hielt, um Entscheidungsfragen aus dem Weg zu gehen.

Der eigentlicher Grund für die Besprechung war nämlich ein durch einen Rohstoff-Engpass bedingtes rüstungskonjunkturliches Stocken (=Drastische Eisen- und Stahlkontigentierungen führten in der Rüstungsindustrie überall zu Schwierigkeiten und Engpässen und deshalb zu einer Verlangsamerung des seit zwei Jahren forcierten Rüstungstempos).

Die Sache war so: Die rapide Aufrüstung brauchte mehr Rohstoffe, als vorhanden waren, also stritten alle Wehrmachtsteile (Heer, Marine, Luftwaffe) um die Zuteilungen, die durch den Beauftragten des 4-Jahres-Plans, Göring, verteilt wurden. Göring (als gleichzeitiger Chef der Luftwaffe) beanspruchte alles für sich, so dass der Marine-Chef Raeder seinem Vorgesetzten Blomberg drohte, das ganze Programm der Marine einzufrieren (wenn sich nicht das zugeteilte Kontigent verdopple), so dass Blomberg damit zu seinem Chef Hilter ging. Blomberg hätte auch zu Göring gehen können, dessen Vorgesetzter er als Reichskriegsminister war, aber er war als Reichsminister auch Görings Kollege am Kabinettstisch, so dass er diesen Schritt vermied und sich an den Oberbefehlshaber Hitler wandte.


Darf's noch ein Pöstchen mehr sein?


Dieser wiederum lud kurzerhand zur Konferenz noch den Aussenminister von Neutrath ein und nutzte die Gelegenheit - wohl um keine Entscheidung zugunsten eines Wehrmachtteils treffen zu müssen -, einen außenpolitischen Monolog, während vor der Tür weitere Rüstungssachverständigen warteten.
Bundesrepublikanischen Bestrebungen, die Wehrmacht von Kriegsvorbereitungen im Nachhinein reinzuwaschen und eine „Gleichschaltung“ der Wehrmacht zu konstruieren, kam die Geschichte jedenfalls gerade recht.
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