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16 Januar 2008

Geheimdienste TV sendung SECRET TV

Andreas von Bülow im Interview: Die Machenschaften der Geheimdienste und die Rätsel um 9/11

TV-Journalist Michael Vogt im Gespräch mit Minister a.D. Andreas von Bühlow

Andreas von Bülow war Minister für Forschung und Technologie im Kabinett von Helmut Schmidt und 25 Jahre SPD-Abgeordneter im Bundestag. Weiterhin war er Mitglied der parlamentarischen Kontrollkommission der Nachrichtendienste, was ihm fundierte Kenntnisse und Einblicke in die Arbeit der Dienste ermöglichte. Trotzdem oder auch gerade deshalb bezweifelt der Minister a.D. die offizielle Version von den Anschlägen des 11. September 2001.

In der neuen Sendereihe .Gegen den Strom. kommen bei Secret.TV Menschen aus Politik und Gesellschaft zu Wort, die eines gemeinsam haben: einst hoch gelobt und gesellschaftlich höchst angesehen, finden sie sich nach kritischen Äußerungen zu brisanten Themen plötzlich im vernichtenden Kreuzfeuer der Kritik wieder und werden diffamiert oder beschwiegen.

In der aktuellen Ausgabe des Magazins ist TV-Journalist Michael Vogt im Gespräch mit dem Minister a.D. Andreas von Bülow, Themen der Sendung sind die Machenschaften der Geheimdienste sowie die Rätsel und Wirrungen um die Anschläge vom 11. September 2001.

Kritische Fragen werden gestellt: Wieso wussten die Geheimdienste im Vorfeld von den Anschlägen angeblich überhaupt nichts, um 48 Stunden danach eine Liste mit den Selbstmordattentätern zu präsentieren, von denen ein Großteil aber zu diesem Zeitpunkt noch lebte? Wieso hinterließen die Attentäter Spuren, die .ein Blinder mit dem Krückstock. lesen könnte? Wieso enthalten die Voice Recorder der an diesem Tag entführten Maschinen keine verwertbaren Aufzeichnungen? Fragen, welche Zweifel an der offiziellen Version von .9/11. aufkommen lassen.

Die neue Folge von "Gegen den Strom" - ab sofort auf www.secret.tv .

www.secret.tv

Pressekontakt:
Public Lounge GmbH
Ronny Mehnert
Tel.: 0371-65118090
Fax: 0371-65118099
pr@public-lounge.com


Andreas von Bülow (* 17. Juli 1937 in Dresden) ist ein deutscher Politiker (SPD) und Autor mehrerer politischer Sachbücher.

Nach dem Abitur 1956 in Heidelberg absolvierte Bülow ein Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg und München, welches er 1960 mit dem ersten Staatsexamen abschloss. Im Jahre 1964 beendete er seine juristische Ausbildung mit dem zweiten juristischen Staatsexamen. 1966 trat er in den höheren Verwaltungsdienst des Landes Baden-Württemberg ein und war hier in den Landratsämtern Heidelberg und Balingen sowie beim Regierungspräsidenten Südwürttemberg-Hohenzollern tätig. 1969 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. an der Universität Heidelberg mit der Arbeit Die Überwachung der Erdgasindustrie durch die Federal Power Commission als Beispiel der Funktionen der unabhängigen Wirtschaftsüberwachungskommissionen der amerikanischen Bundesverwaltung.

Andreas von Bülow ist verheiratet und hat vier Kinder.

Seit 1960 ist er Mitglied der SPD. Von 1968 bis 1975 war er Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Balingen.

Von 1969 bis 1994 war Bülow Mitglied des Deutschen Bundestages. Zeitweise war er Mitglied der parlamentarischen Kontrollkommission der Nachrichtendienste.

Von 1976 bis 1980 war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung. Nach der Bundestagswahl 1980 wurde er dann am 6. November 1980 als Bundesminister für Forschung und Technologie in die von Bundeskanzler Helmut Schmidt geführte Bundesregierung berufen. Am 1. Oktober 1982 schied er nach der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler aus der Bundesregierung aus.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 1994 arbeitet von Bülow als Publizist mit dem Schwerpunkt Geheimdienste. Erfahrungen hierzu konnte er 1992/1993 als SPD-Obmann im Schalck-Golodkowski-Untersuchungsausschuss sammeln. Er kam dabei zu der Auffassung, dass die Geheimdienste viele ihrer Aktivitäten verschweigen.

Als Publizist ist von Bülow umstritten. Seine Unterstützer werfen den Medien eine verleumderische Kampagne vor, weil man ihn bewusst als Spinner diskreditieren und ihn als Rechtsradikalen verunglimpfen wolle, um sich nicht mit seinen Argumenten auseinandersetzen zu müssen. Kritiker hingegen bezeichnen ihn als Verschwörungstheoretiker und sprechen davon, dass er sich vielfach auf unzuverlässige Quellen berufe und wenig selbst recherchiert habe.

Im Namen des Staates [Bearbeiten]

In seinem ersten Buch Im Namen des Staates schreibt Bülow über den Einsatz krimineller Methoden bei den Geheimdiensten BND, Mossad und CIA. Vor allem zu letzterem stellte er zahlreiche Thesen auf, die vielfach im Zusammenhang mit bekannten Ereignissen wie dem mysteriösen Tod Uwe Barschels oder dem Attentat auf Johannes Paul II. stehen. Im Falle Barschel beschreibt er beispielsweise detailliert dessen vermeintliche Ermordung durch Geheimdienste. Zur Geiselnahme von Teheran behauptet er, der im Wahlkampf gegen den amtierenden US-Präsidenten Jimmy Carter stehende Ronald Reagan habe veranlasst, dass die Geiseln nicht rechtzeitig freikommen, um Carter damit einen großen Nachteil zu verschaffen. Das Buch war recht erfolgreich und ist derzeit in der 10. Ausgabe verlegt.

Die CIA und der 11. September. Internationaler Terror und die Rolle der Geheimdienste [Bearbeiten]

Das zweite Buch Die CIA und der 11. September. Internationaler Terror und die Rolle der Geheimdienste aus dem Jahr 2003 behandelt die Anschläge des 11. September. Es beschäftigt sich damit, welche Rolle amerikanische Regierungsbehörden, insbesondere die CIA, bei deren Zustandekommen und der späteren Aufklärung gespielt haben.

Von Bülow stellt hierzu zahlreiche Fragen und führt Indizien an, die nach seiner Auffassung die offizielle Darstellung der Anschläge in Zweifel ziehen. Insbesondere die Tatsache, dass nach dem 11. September kein reguläres Verfahren eingeleitet wurde, wie dies sonst bei jedem Verbrechen üblich ist, sondern unmittelbar danach die Schuldigen präsentiert wurden, ist für ihn ein Indiz, dass Fakten über die Hintergründe der Anschläge zurückgehalten oder verfälscht wurden.

Er stellt die These auf, die Anschläge seien in Wirklichkeit von der amerikanischen Regierung geplant und von den westlichen Geheimdiensten CIA und Mossad ausgeführt worden. Die Flugzeuge seien ferngesteuert gewesen und das World Trade Center von innen heraus gesprengt worden. Die Attentäter hätten gar nicht auf den Passagierlisten gestanden und würden in Wirklichkeit noch leben.

Da zur Zeit der Veröffentlichung laut Umfragen rund ein Fünftel der Deutschen Zweifel an der offiziellen Darstellung der Ereignisse des 11. September hatten, stieß das Buch bei Publikum und Medien auf großes Interesse. Mittlerweile ist es in der 4. Auflage erschienen und ins Arabische übersetzt worden.

Das Buch wurde neben Publikationen des ehemaligen taz-Redakteurs Mathias Bröckers oder des freien Journalisten Gerhard Wisnewski zum Gegenstand von Diskussionen und heftiger Kritik seitens der Medien.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete am 8. September 2003 umfangreich über die Theorien zum 11. September. Laut eigenen Recherchen des Blatts wurden in den Publikationen grobe Fehler gemacht. So seien die vermeintlich noch lebenden Attentäter in Wirklichkeit nur Namensvettern, und Briefkastenfirmen seien ganz normal erreichbar gewesen.

Von Bülow gab zahlreiche Interviews zu seinem Buch, darunter dem Magazin konkret, der MLPD-Wochenzeitung Rote Fahne, dem Tagesspiegel und dem ZDF. Das größte Echo rief ein Auftritt bei Sandra Maischberger am 9. September 2003 hervor. Maischberger kritisierte von Bülow darin stark, dass er sich zu großen Teilen auf Zeitungsberichte und Internetquellen berufe. Ihr Hauptkritikpunkt war, dass er zwar behaupte, die Attentäter lebten und seien schon interviewt worden, er aber nicht versucht habe, selbst mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Von Bülow erwiderte darauf, dass er hierzu nicht die Kapazitäten hätte. Maischberger wurde für ihre Interviewführung kritisiert, da sie von Bülow keine Gelegenheit gegeben habe, seine Argumente darzulegen und stattdessen immer wieder zu denselben Fragestellungen zurückgekehrt sei.

Der Journalist Hans Leyendecker verweist in der Frage der kontaktierbaren Attentäter darauf, dass von Bülow sich immer wieder auf einen Artikel der britischen Zeitung Daily Telegraph berufe, dessen Autoren wiederum auch nicht direkt mit den angeblichen Attentätern gesprochen hätten.

Andreas von Bülow hat im Rahmen seiner politischen Laufbahn zweifellos Einblicke in geheimdienstliche Arbeitsweisen und fragwürdige Aktivitäten erhalten.

Mit diesem Hintergrund zweifelt er die Rolle der Geheimdienste im Zusammenhang mit dem 11. September 2001 an und bewegt sich damit zunächst in einem Rahmen, der nachvollziehbar ist. Er gibt Erklärungen, die sowohl bei den sogenannte LIHOP-Skeptikern eine Rolle spielen als auch in den offiziellen Untersuchungsberichten als Ergebnis zu finden sind, z.B.:
Das Grauen des 11. September ist ein GAU der amerikanischen Dienste. Insgesamt gibt es 26 an der Zahl, und sie stehen in Konkurrenz zueinander. Man kann sich schon vorstellen, daß Nicht-Zyniker an diesem Wirrwarr und Chaos verzweifeln. Wer seinem Staat Terroranschläge vermeiden helfen will, findet sich in einem Sumpf sondersgleichen wieder. (Quelle)

Herr von Bülow erschüttert jedoch seine eigene Glaubwürdigkeit mit seiner unkritischen Auswahl von Indizien, die über seine diffusen Geheimdienst-Kenntnisse hinausgehen. Er sammelt Merkwürdigkeiten, die sich hauptsächlich im Internet finden lassen und von den Mainstream-Medien weitestgehend unbeachtet bleiben.

Solche Merkwürdigkeiten benennt er auch in seinen Interviews und betont gleichzeitig, daß er sich die Erklärungen dafür .nicht zu eigen mache., sondern lediglich zur Diskussion stellen wolle. Ein Beispiel:

Noch interessanter scheint mir die Interpretation eines britischen Flugingenieurs zu sein, der behauptet, die Linienmaschinen seien am 11. September nicht gekidnappt, sondern über eine Hintertüre in den Bordcomputern unter Ausschaltung der Piloten vom Boden aus in die Ziele gesteuert worden.
Dabei muß man bedenken, daß zumindest Maschine Nummer drei ein außerordentlich kompliziertes Flugmanöver durchgeführt hat. Sie steuerte zunächst das Weiße Haus in Washington an und änderte dann mit einem 270-Grad-Looping kurz über die Telegrafenleitungen hinweg ihren Kurs aufs Pentagon. Das erfordert Können und viel Flugerfahrung. Im übrigen mache ich mir die Theorie des britischen Flugingenieurs ja nicht zu eigen. Ich behaupte nur, daß die Zweifel und Fragen, die er und andere formulieren, öffentlich debattiert und fachmännisch untersucht werden müssen. (Quelle)

Die Details zu diesem Punkt zeigen exemplarisch, nach welch fragwürdigen Kriterien seine Zusammenstellung erfolgte, welche Verdrehungen unkritisch präsentiert werden und wie Sachverhalte verzerrt beschrieben werden (z.B. .Looping. für eine einfache Rechtsschleife mit Höhenreduktion von ca. 2100 Metern bis auf ca. 600 Meter innerhalb von drei Minuten).

Von Bülow sieht nach seinen eigenen Worten also seine Aufgabe lediglich darin, diese Merkwürdigkeiten zu sammeln und öffentlich zu machen:

Reporter: Herr von Bülow, was werden Sie nun tun?
von Bülow: Gar nichts. Meine Aufgabe endet damit, zu sagen: So kann es nicht gewesen sein, sucht nach der Wahrheit! (Quelle)

Der Buchautor sagt es also selbst: Es gibt Dinge, die nicht so gewesen sein können, wie sie dargestellt werden. Die erklärenden Antworten sollen aber andere suchen.

Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist jedoch:
Welche Punkte wurden von wem in welcher Form dargestellt, daß sie so nicht stimmen können?

An dieser Stelle werden deshalb sukzessive einige Punkte möglichst konkret und detailliert dargestellt, die Andreas von Bülow nahezu achselzuckend und ohne jegliche eigene Überprüfung in seinem Buch zusammengestellt hat. Seine ursprüngliche Intention scheint es zu sein, den US-amerikanischen .Kampf gegen den Terror. und die Machenschaften der CIA an den Pranger zu stellen. Das katalytische Ereignis hierfür waren zweifellos die Anschläge vom 11. September 2001.

Mit seiner fragwürdigen Indizien-Auswahl und unkritischen Methodik bietet er jedoch selbst die Vorlage, in die Riege der .Verschwörungstheoretiker. einsortiert zu werden:

Maischberger: "Aber jetzt nochmal den Punkt... Warum haben Sie nicht ein Buch geschrieben nur über die Fakten, die Sie tatsächlich nachprüfen können? Dann hätten Sie sich und der Sache einen Gefallen getan. So muß man sagen: das Buch tut der anderen Seite einen Gefallen, weil es so abstrus ist."
von Bülow: "Das scheint nicht so zu sein. Die Leserschaft sieht da ganz anders."
Maischberger: "Aber Sie haben auch eine Verantwortung..."
von Bülow: "Natürlich habe ich eine Verantwortung. Ich habe auch eine Verantwortung, daß uns nicht nochmal sowas wie Pearl Harbor passiert, daß der amerikanische Präsident weiß, daß der Angriff kommt, seiner Truppe überhaupt nichts sagt, 2500 amerikanische Soldaten sterben müssen, damit das amerikanische Volk rübergewuppt wird in die Kriegswilligkeit gegen Japan und Deutschland..
(Auszug aus einem Fensehinterview, .Menschen bei Maischberger, ARD 09.09.2003, Video , leider nicht mehr online; Alternativen?)

Der immunisierende Zirkelschluß wird deutlich: Die Leser des Buches glauben seinen Darstellungen. Also muss der Buchautor auch seine Methoden nicht anzweifeln lassen.

Praktisch, nicht wahr?

Ausserdem ist das Buch ja in guter Absicht geschrieben. Herr von Bülow scheint den Unterschied zwischen .gut gemeint. und .gut gemacht. nicht zu sehen.

Zudem reagiert Herr von Bülow mit einer weiteren immunisierenden Definition auf beliebige Vorwürfe:

Das sind keine Falschinformationen. Das sind Informationen. (Menschen bei Maischberger, ARD 09.09.2003,

Vielleicht trifft es ja doch zu: Jeder Buchautor hat die Leser, die er verdient und umgekehrt.

Ich behaupte jedenfalls nicht, daß ich Antworten hätte auf Fragen, die in den Medien nicht gestellt werden mit der Folge, daß die Verantwortlichen sich zu überzeugenden Antworten nicht veranlasst sehen. (Quelle)

Herr von Bülow hat auf Fragen keine Antworten, weil er sie nicht gesucht hat. Trotzdem weiss er aber ganz genau: .So kann es nicht gewesen sein..

Ganz bewusst nenne ich hier stellvertretend ein ganz eklatantes Beispiel, bei dem ich nur kopfschüttelnd (wie so oft) vor dem Buch saß:
Es fällt auch auf, daß das Bankhaus Morgan Stanley, im World Trade Center über 50 Stockwerke verteilt, nicht einen einzigen Mitarbeiter verloren haben soll. Gleiches soll für das Unternehmen Oppenheim Stocks gelten. (S. 213)

Die Erklärung ist so naheliegend und für jeden problemlos und sekundenschnell zu finden, daß dieses einfache Beispiel einen symptomatischen Eindruck dieses Buches vermittelt. Leider begnügt sich der Buchautor mit dieser Haltung:
So kann es nicht gewesen sein, sucht nach der Wahrheit.

Die üblichen Einwände lauten dann: Naja, es gibt ja noch andere, wichtigere Punkte.

So lautet der Einwand bei nachweisbaren .Irrtümern. jedoch jedesmal. Je komplexer und interpretationsfähiger die einzelnen Punkte werden, desto sicherer ist man sich dann, darin ein Indiz für die .Verschwörung. zu erkennen.

Zwangsläufig stellt sich mir dann jedesmal die Frage, warum VT-Autoren bereits bei den einfachsten Sachverhalten regelmäßig danebenliegen.....

12 Januar 2008

3 "must du lesen" artikel - Chomsky

Noam Chomsky gilt als einer der führenden politisch-intellektuellen Dissidenten Amerikas. Nicht verwunderlich, dass sein politisches Werk von den Mainstream-Medien der USA oft an den Rand gedrängt wird. Dennoch überrascht es, dass das Syndicate News-Magazine* der New York Times in den vergangenen Jahren regelmäßig Gastkommentare Chomskys (international) in Umlauf brachte, während die mächtigste und einflussreichste Zeitung der USA - die New York Times - diese mit spitzen Fingern ablehnte. Es handelt sich um Kolumnen mit knapp 1000 Wörtern, die international Verbreitung fanden. In der amerikanischen Presse jedoch wurden diese Kommentare so gut wie nicht veröffentlicht. 'Interventions', Chomskys neues Buch, ist eine Zusammenstellung dieser Kommentare. City Lights Books (www.citylights.com) bringt sie im Rahmen ihrer 'Open-Media'-Serie heraus. Diese Serie wurde in Opposition zum Ersten Golfkrieg gegründet. Hier das Interview, das Chomsky ZNet zu diesem Thema gab.

1) Frage:

Können Sie ZNet bitte sagen, um was es in Ihrem neuen Buch - 'Interventions' - geht? Was will es rüberbringen?

Chomsky:

Das Buch ist eine Sammlung meiner Gastkommentare, die durch das Syndicate* der New York Times weltweit verbreitet wurden. Sie stammen aus den letzten sieben Jahren (inzwischen sind einige neue hinzugekommen). Inhaltlich geht es in den Kommentaren um wichtige Ereignisse, die ich zu analysieren und in einen sachbezogenen, informativen Kontext - aus meiner Sicht - zu stellen versuche. Meist biete ich einen etwas anderen Blickwinkel, als den der Mainstream-Medien.

2) Frage:

Können Sie ZNet etwas über die Entstehung Ihres Buches sagen? Woher kommen die Inhalte? Was floss inhaltlich ein? Was macht das Buch zu dem, was es ist?

Chomsky:

Die Idee mit den Gastkommentaren stammt von John Stickney, dem Herausgeber des Syndicate* (der New York Times). Der Kommentatorenstil entspricht nicht so ganz meiner Natur, denn dieses Format verlangt kaum Quellennachweise. Kein Problem, solange man die konventionellen Einschätzungen teilt (die zudem oft rasch revidiert werden können), aber es wird zu einem ernsthaften Problem, wenn man diese Einschätzungen nicht akzeptiert. Zurecht wollen die Leser wissen, was man dagegen einzuwenden hat. Solange jemand schreibt, der Iran sei ein aggressiver Staat oder die Position der Hamas abstoßend oder die USA hätten Serbien bombardiert, um 'ethnische Säuberungen' zu stoppen, hat er keine Belege nötig. Diese Einschätzungen sind Doktrin, Parteilinie, sozusagen. Sie werden ständig wiederholt und kaum oder gar nicht infrage gestellt. Warum also daran zweifeln? Aber angenommen, jemand spricht die Wahrheit aus - zum Beispiel, Amerika und nicht der Iran, ist der aggressive Staat, die Haltung der Hamas ist zwar abstoßend aber weniger radikal und nicht so extrem wie die der USA oder Israels. Die Bombardierung Serbiens war die Ursache und nicht die Folge der 'ethnischen Säuberungen', eine vorhersehbare Folge. Wie aus höchsten Kreisen der damaligen Regierung Clinton zu hören ist, fielen die Bomben nicht aus Sorge um das schlimme Schicksal der Kosovo-Albaner, sondern, weil Serbien nicht bereit war, die von der Clinton-Administration geforderten sozioökonomischen Reformen durchzuführen usw.. Wer solche Aussagen liest, will natürlich ausführliche Beweise - das ist nur vernünftig. Das Format (Gastkolumne) ist aber so beschränkt, dass es das nicht wirklich leisten kann. Aus diesem Grund habe ich mir immer schwer getan mit Pressekommentaren.

Stickney hat das Problem für mich gelöst, indem er Material aus meinen Interviews und Gesprächen verwendete und es in eine angemessene Form brachte. Wir gingen die Sache durch - von Anfang bis Ende und wieder zurück, der ganze redaktionelle Prozess eben, Quellennachweise, modifizieren usw.. Die vorliegende Sammlung in Buchform ist das Resultat. Inhaltlich geht es um eine große Bandbreite von Themen.

3) Frage:

Welche Hoffnung verbinden Sie mit Ihrem neuen Buch? Was soll es politisch bewirken? Was ist sein politischer Beitrag? Sie haben eine Menge Arbeit und Aspiration in das Buch investiert - was wäre für Sie ein Erfolg?

Chomsky:

Ich hoffe, diese Artikel werden Leser/innen ermutigen, die Welt differenzierter zu sehen und nicht aus dem Blickwinkel der konventionellen Doktrin. Ob es ernsthafter Korrekturen bedarf, müssen sie selbst entscheiden. Zudem wollen meine Kommentare Ideen und Informationen in den Raum stellen, die von Lesern weiterverfolgt werden, weil diese sie für sinnvoll halten. Inwieweit dies funktioniert, ist Maßstab meines Erfolges.

'INTERVENTIONS' von Noam Chomsky

Vorwort: Peter Hart ; Verlagskommentar: Greg Ruggiero

Veröffentlicht von City Lights Books / Open Media Series im Juli 2007.

Das Buch (auf Englisch) ist zu beziehen über AK Press und amazon.

Mehr zum neuen Chomsky-Buch

1) Chomsky: 'Interviewed by Sonali Kolhatkar'

2) Chomsky: 'Columnist Without a Place by Mumia Abu-Jamal'

* mehr über 'Syndicate' unter www.nytsyn.com/syndicate.html


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ir leben in einem Zeitalter der Medienkonzentration. An vielen Fronten (politisch, ökonomisch, militärisch, ideologisch) wird massiv versucht, staatliche und private Macht von einer kritischen Debatte zu isolieren - ja von öffentlichem Bewusstsein - um die Bürger zu atomisierten Kreaturen zu machen, darauf beschränkt, 'geschaffene Bedürfnisse. persönlicher Art zu befriedigen. Diese Kampagne ist koordiniert und massiv und zeigt teilweise schon Erfolg, aber eben nur teilweise.

Denn auch der populäre Aktivismus nimmt weltweit zu - was seine Leidenschaft, Reichweite und sein Ausmaß angeht: Internationale Solidarität und wechselseitige Unterstützung waren noch nie so groß. Die Grundkonflikte sind uralt, nehmen aber neue, signifikante, dramatische Formen an. Es steht viel, viel mehr auf dem Spiel als jemals zuvor. Leider ist es keine Übertreibung, dass das Überleben der menschlichen Spezies - und damit auch vieler anderer Arten - auf dem Spiel steht. Wir alle kennen die Gründe.

Die Volksbewegungen verkörpern die Hoffnung für eine anständige Zukunft. Natürlich benötigen sie Zugang zu Informationen und zu Möglichkeiten der Interaktion. Die populären Bewegungen verlassen sich auf alternative Printmedien und Videos und daneben in sehr hohem Maße auf das Internet. Das Internet erlaubt es Menschen, den Zwängen des doktrinären Systems zu entrinnen, miteinander über entscheidende Themen zu diskutieren und nachzuforschen, zu explorieren, gemeinsam zu planen und zu organisieren.

Z Magazine und ZNet spielen bei all diesen Dingen (Funktionen) eine entscheidende Rolle. Ich sehe es Tag für Tag. Ich befinde mich ständig auf Reisen oder spreche - in den USA oder im Ausland - und verbringe täglich viele Stunden nur damit, auf Nachfragen und Kommentare zu antworten. Dabei fällt mir immer wieder auf, dass Menschen und Organisationen, mit denen ich in Kontakt komme, sich auf die Projekte von ZNet verlassen - in sehr substantieller Weise - wenn es um Informationen, Diskussionen und Möglichkeiten der Interaktion und Organisierung geht. Das Ausmaß, in dem dies geschieht, ist wirklich beachtlich. Für mich persönlich ist Z zudem eine unschätzbare Quelle - in all den genannten Bereichen - sowie ein Forum für intensive, äußerst konstruktive Debatten (es sind die einzigen, an denen ich mich regelmäßig beteilige) und um meine Artikel, Interviews, Kommentare usw. einzustellen. Ich weiß, viele andere teilen diese Erfahrung weitestgehend.

Dass http://www.zmag.org

(deutsch:

http://www.zmag.de ) seine unterschiedlichen Projekte (Z, ZNet, die wachsende Zahl der Videoprojekte oder seine unvergleichliche Summer School (vielleicht die aufregendste und lehrreichste Sommerschule, die ich je erlebt habe)) nun zu etwas Neuem - ZCom (www.zcommunications.org) - verbindet, ist, meinem Urteil nach, von unschätzbarer Bedeutung.

Um es noch einmal zu sagen: Es steht soviel auf dem Spiel, dass Übertreibung kaum möglich ist. Meine Hoffnung ist, dass wir alle, die wir uns verpflichtet fühlen, Widerstand zu leisten und die mächtigen Strömungen der reaktionären, repressiven und gewalttätigen Kräfte umzukehren, die wir beweisen wollen, dass eine andere Welt möglich ist, nach unseren jeweiligen Möglichkeiten unseren Beitrag leisten, um zu gewährleisten, dass die bemerkenswerten Erfolge von Z und ZNet weitergehen können.

Noam Chomsky, USA.

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Als Gegner der US-Politik gehören sie welcher Partei an?

Wenn sie Demokraten oder Republikaner meinen ist die Antwort: keinem von beiden. Politikwissenschaftler haben schon oft gezeigt, dass die USA eigentlich ein Ein-Parteienstaat ist ? die Businesss-Partei. Und diese hat zwei Faktionen, die Demokraten und die Republikaner. Der Großteil der Bevölkerung scheint das auch so zu sehen. Ein sehr hoher Prozentsatz, manchmal mehr als 80%, glaubt, dass die Regierung ?den Wenigen und den Sonderinteressen? dient, nicht ?den Leuten?.

Die umstrittenen Wahlen des Jahres 2000 betrachteten um die 75% als hauptsächlich eine Farce, die sie nicht betrifft, ein Spiel das von reichen Unterstützern, Parteibossen und der Public Relations-Industrie gespielt wird, welche den Kandidaten beibringt fast nur bedeutungslose Sachen zu sagen, die vielleicht ein paar Stimmen einbringen. Das war noch VOR der eigentlichen Wahl, mit den Betrugsvorwürfen und der Auswahl Bushs mit einer Minderheit der gesamten Stimmen.

Ernsthaftere Politikwissenschaftler des Mainstreams beschreiben die USA nicht als ?Demokratie? sondern als ?Polykratie?: ein System in welchem die Elite die Entscheidungen trifft und die Öffentlichkeit dies periodisch bestätigt. Es steckt sicherlich viel Wahres hinter der Schlußfolgerung des führenden amerikanischen Sozialphilosophen des 20. Jahrhunderts, John Dewey, dass die Politik, so lange bis die wichtigsten wirtschaftlichen Institutionen unter demokratischer Kontrolle stehen, ein ?Schatten? sein wird den ?die großen Wirtschaftskräfte [engl.: Big Business] auf die Gesellschaft werfen?.

Was sind die Ziele der amerikanischen Präsenz im Irak und im Nahen Osten?

Das hauptsächliche Ziel ist, was nicht angezweifelt wird, die Kontrolle der riesigen Energiereserven des in der Region um den Persischen Golf, eben auch im Irak. Das ist das im Vordergrund stehende Ziel der westlichen Industriemächte, seit der Zeit als der Irak von den Briten erschaffen worden war, um sicherzustellen, dass die irakischen Ölreserven in britischen Händen sein würden, und dass der neu geschaffene Staat Irak keinen freien Zugang zum Golf hat. Zu dieser Zeit war die USA kein führender Akteur im Weltgeschehen. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg war die USA die bei weitem größte Weltmacht, und die Kontrolle der Energiereserven des Nahen Ostens wurde zu einem der vordersten Ziele ihrer Außenpolitik, wie es dies zuvor für ihre Vorläufer war. In den 40ern erkannten die Planer der USA, dass (in ihren Worten) die Energieressourcen des Golfs eine ?überwältigende Quelle strategischer Macht? und ?einer der größten Materiellen Preise der Weltgeschichte? sind. Natürlich hatten sie vor sie zu kontrollieren ? aber für viele Jahre konnten sie sie für sich nicht besonders nutzen, und in der Zukunft wird die USA, laut US Nachrichtendiensten, sich mehr auf stabilere Ressourcen am Atlantik (also Westafrika und auf der westlichen Hemisphäre) verlassen.

Eine oberste Priorität bleibt dennoch die Kontrolle der Ressourcen am Golf, von denen erwartet wird, dass sie in der nächsten Zeit 2/3 des weltweiten Energieverbrauchs decken. Abgesehen davon, dass ?Profite jenseits den Träumen der Habgier? erzielt werden, wie ein Standard-Geschichtsbuch über die Ölindustrie es ausdrückt, bleibt die Region noch immer ?eine überwältigende Quelle strategischer Macht?, eine [Region mit] Hebelwirkung zur Kontrolle der Welt. Die Kontrolle der Energiereserven des Golfs bietet eine ?Vetomacht? über die Handlungen von Rivalen, wie der führende Planer George Kennan vor einem halben Jahrhundert bemerkt hat.

Europa und Asien verstehen das sehr gut, und sie haben schon lange versucht einen eigenen unabhängigen Zugang zu Ölressourcen zu bekommen. Ein Großteil des Rangelns um die Macht im Nahen Osten und in Zentralasien hat mit diesen Themen zu tun. Die Bevölkerungen der Region werden als beiläufig betrachtet, so lange sie passiv und gehorsam sind. Wenige wissen das so gut wie die KurdInnen, zumindest wenn sie sich an ihre eigene Geschichte erinnern.

Die Planer der USA haben sicher vor im Irak einen Klientenstaat zu etablieren, mit demokratischen Formalitäten, wenn das möglich ist, wenn nur für Propagandazwecke. Aber der Irak soll das sein was die Briten, als sie die Region betrieben, eine ?arabische Facade? nannten, mit der britischen Macht im Hintergrund, wenn das Land zu viel Unabhängigkeit sucht. Das ist ein bekannter Teil der Geschichte dieser Region im vergangenen Jahrhundert.

Es ist auch die Art in welcher die USA ihre eigenen Gebiete in der westlichen Hemisphäre für ein Jahrhundert geführt hat. Es gibt überhaupt keine Andeutung für irgendeine wunderliche Änderung. Die Besatzungstruppen der USA haben im Irak ein wirtschaftliches Programm gestartet, das kein souveränes Land jemals akzeptieren würde: Es garantiert beinahe, dass die irakische Wirtschaft von westlichen multinationalen (hauptsächlich US-) Konzernen und Banken übernommen wird. Das ist eine Politik die für jene Länder denen sie aufgezwungen worden ist verheerend war; In der Tat sind solche Programme ein Hauptgrund für die heutige scharfe Kluft zwischen den reichen Ländern und ihren früheren Kolonien.

Es gibt natürlich auch immer einen inländischen Sektor der sich durch Kollaboration mit der herrschenden ?Facade? bereichert. Bis jetzt ist die Ölindustrie von den ausländischen Übernahmen ausgenommen worden, weil das zu eklatant gewesen wäre. Aber das wird wahrscheinlich noch passieren, wenn die Aufmerksamkeit sich von dort wegbewegt hat. Außerdem hat Washington bereits verkündet, dass es vor hat ein ?status of forces? Abkommen aufzuerlegen, welches es der USA erlauben wird im Irak Militärkräfte zu behalten und, was sehr wichtig ist, Militärbasen, die ersten stabilen US Militärbasen direkt im Herzen der größten Energiereserven der Welt.

Als Experte für amerikanische Geschichte und Politik, glauben sie, dass es gut für die KurdInnen ist, wenn sie dem amerikanischen Projekt im Irak vollkommen vertrauen?

Sie kennen das berühmte kurdische Sprichwort was Vertrauen schenken angeht besser als ich. (Chomsky meint wohl ?Kurden haben keine Freunde?). Das gilt auch für andere, aber KurdInnen die mit ihrer eigene Geschichte vertraut sind brauchen nicht daran erinnert werden, wie sie 1975 von den USA verraten worden sind, zurück gelassen um vom US Klientenstaat im Iran massakriert zu werden, und wie die Leute die jetzt in Washington regieren Saddam Hussein in der ganzen Zeit in welcher er seine schlimmsten Gräueltaten beging unterstützten, und das lange nachdem der Krieg mit dem Iran vorbei war, aus Gründen welche die Bush I Regierung ziemlich offen bekannt gab: wegen ihrer Verpflichtung die US-Exporteure zu unterstützen, aber sie fügten die übliche Rhetorik hinzu, wie die Unterstützung ihres Freundes Saddams den Menschenrechten und der ?Stabilität? nützlich sei.

Die selben Leute ? die jetzt in Washington wieder an der Macht sind ? unterstützten Saddam auch als er 1991 den Aufstand niederschlug der den Tyrann stürzten hätte können, und erklärten wieder warum. Man kann in der New York Times lesen, dass für die USA ?die beste aller Welten? eine ?militärische Junta mit einer eisernen Faust? wäre, die den Irak genauso regieren würde wie es Saddam tat, und dass Saddam mehr Hoffnung für die ?Stabilität? des Iraks bietet als jene welche ihn umstürzen wollen. Sie geben nun vor entsetzt über die Massengräber im Süden und über die Gräueltaten in Halabja zu sein, aber das ist reiner und offensichtlicher Betrug, wie wir sehen können wenn wir nachsehen, was sie taten als diese Gräueltaten passierten.

Natürlich wussten sie alles über [die Massaker], aber kümmerten sich nicht darum. Und mit all dieser späteren Vortäuschung [einer Entrüstung] über das Halabja Massaker, wie viel medizinische Hilfe haben sie den Opfern im letzten Jahrzehnt zur Verfügung gestellt? Außerdem betrifft das nicht nur die USA. Das ist, unglücklicherweise, die Standard-Art auf welche Machsysteme agieren, in der sicheren Gewissheit, dass die intellektuellen Klassen zu Hause eine passende Verschleierung aus hohen Idealen basteln werden. Das war sogar bei den schlimmsten Massenmördern so: Hitler, den Japanischen Faschisten, und eben auch bei Saddam Hussein.

Wenn die Schwachen ihr Vertrauen auf Machtsysteme legen, verlangen sie einfach nach einer Katastrophe. Sie können sich dafür entscheiden mit den mächtigen Staaten zu kooperieren, aber wenn sie das tun, sollten sie das ohne Illusionen machen. Und wiederum weiß das niemand besser als die Kurden, nicht nur hier im Irak sondern auch in der Türkei und anderswo.

Die USA fand im Irak keine Massenvernichtungswaffen und redet jetzt darüber dem Nahen Osten Demokratie zu bringen, wird dieses Projekt erfolgreich sein, und wird diese Demokratie echt sein?

Nachdem sie keine Massenvernichtungswaffen gefunden haben hat Washington seine Propaganda auf die ?Etablierung von Demokratie? verlegt. Das ist schlicht eine Widerlegung ihrer früheren Behauptung, dass die ?einzige Frage? wäre, ob Saddam entwaffnen würde. Aber mit einer genügend gehorsamen intellektuellen Klasse und loyalen Medien kann die Farce ohne Störungen weitergehen. Um diese neue Propagandabehauptung einzuschätzen würde eine rationale Person fragen, was jene welche jetzt ihr ?Verlangen nach Demokratie? verkünden tatsächlich getan haben, und heute tun, wenn ihre Interessen in Gefahr sind.

Ich werde nicht die komplette Aufzählung durchgehen, aber jene welche daran interessiert sind diese Behauptungen einzuschätzen sollten das sicherlich tun. Sie werden herausfinden, dass ?Demokratie? geduldet wird, aber nur wenn es eine ?top-down Version der Demokratie? ist, in welcher die Eliten die mit den US- Business und Staatsinteressen kollaborieren die Kontrolle innehaben ? Ich zitiere von einer der führenden Autoritäten für Lateinamerikanische Demokratie, der als Insider schreibt, da er in den ?Demokratiestärkungs?-Programmen der Reagan-Verwaltung mitgearbeitet hat, welche Zentralamerika verwüsteten und im Nahen Osten und auch im Süden Afrikas eine Spur des Schreckens zurückgelassen haben.

Außerdem wird heute die gleiche Politik verfolgt, ohne die kleinste Änderung. Bringt die USA Demokratie nach Usbekistan? Oder nach Äquatorialguinea, das auch von einem Monster regiert wird, der mit Saddam Hussein vergleichbar ist, aber vom Weißen Haus Bushs herzlich willkommen geheißen wird, weil er auf einem großen See von Öl sitzt. Man betrachte Paul Wolfowitz, der vom Propagandasystem als führender ?Visionär? beschrieben wird, der Demokratie verlangt und dessen ?Herz blutet? wenn er an das Leiden der armen Muslime denkt. Wahrscheinlich erklärt das, warum er einer der führenden Apologeten General Suhartos von Indonesien war, einem der größten Massenmörder und Folterer der modernen Zeit, und ihn noch 1997 lobte, gerade bevor er von einer internen Revolte gestürzt worden ist. Es ist zu einfach fortzufahren.

Für die reichen und Mächtigen ist diese Illusion über sich selbst befriedigend und bequem. Viele finden es recht angenehm sich selbst großzügig mit Lob zu überhäufen, eine der wichtigsten Rollen der Intellektuellen, in der ganzen Geschichte schon. Für die Schwachen und Schutzlosen ist der Glaube an Illusionen kein kluger Entschluss ? wie die Opfer von jahrhundertelanger imperialistischer Praxis sicherlich verstehen sollten.

Ist der derzeitige Krieg der USA zum Schutz ihrer nationalen Sicherheit legitim? Was sagen sie zur nationalen Sicherheit der USA?

Die nationale Sicherheit der USA wird nur durch Terror und Massenvernichtungswaffen (MVWen) bedroht ? welche früher oder später wahrscheinlich kombiniert werden, vielleicht mit furchtbaren Konsequenzen. Nachrichtendienste der USA und anderer Länder, und unabhängige ausländische AußenpolitikanalystInnen, haben vorhergesagt, dass die Invasion des Iraks zu vermehrtem Terror und vermehrter Verbreitung von MVWen führen wird, und ihre Vorhersagen sind bereits bestätigt worden. Die Gründe sind offensichtlich.

Die führende Weltmacht hat in der Nationalen Sicherheitsstrategie des Septembers 2002 ihre Absicht verkündet jeden anzugreifen, wie es ihr gefällt, ohne glaubhaften Vorwand oder internationale Autorisierung. Dann machte sie sich sofort daran eine ?exemplarische Aktion? durchzuführen um der Welt zu demonstrieren, dass sie genau das meint was sie sagt, und marschierte in einem wichtigen Land ein, von dem sie natürlich wusste, dass es fast ohne Verteidigung war.

Wenn potentielle Ziele das beobachten sagen sie nicht: ?Danke, bitte schneid mir den Hals durch?. Sie werden es eher mit Abschreckungsmitteln versuchen, und manchmal mit Rache. Niemand kann, was militärische Stärke angeht, mit der USA konkurrieren, die soviel [für ihr Militär] ausgibt wie der ganze Rest der Welt zusammen. Aber die Schwachen haben Waffen: nämlich Terror und MVWen. Das ist der Grund für die fast einstimmigen Vorhersagen von ExpertInnen, dass Terror und MVWen von der Verkündung der Nationalen Sicherheitsstrategie und der Invasion des Iraks angespornt werden.

Die Bush-Verwaltung versteht das genauso gut wie die Nachrichtendienste und unabhängige AnalystInnen. Sie wollen nicht die Nationale Sicherheit der USA zu schädigen und die Bevölkerung ernsten Gefahren auszusetzen. [Aber] das ist einfach keine hohe Priorität für sie, wenn man sie mit anderen vergleicht: die Herrschaft über die Welt und die Umsetzung eines radikalen reaktionären Programms in ihrem Land, welches darauf abzielt die progressive Gesetzgebung des letzten Jahrhunderts abzubauen, die zum Schutz der allgemeinen Bevölkerung vor den Heimsuchungen von marktwirtschaftlichen Systemen diente.

Sie wollen auch einen sehr mächtigen Staat: sobald sie ins Amt kamen erhöhten sie die Regierungsausgaben (relativ zur Wirtschaft) auf das höchste Level seit der ersten Zeit als sie an der Macht waren, vor 20 Jahren, in der Reagan-Verwaltung. Aber der mächtige Staat den sie wollen soll die Interessen der Reichen und Privilegierten verfolgen, nicht jene der allgemeinen Bevölkerung. Wieder werden jene die ein bisschen etwas von Geschichte wissen erkennen, dass politische Führer sehr oft in ihrer Suche nach Macht, Herrschaft und Reichtum das Risiko einer Katastrophe akzeptieren.

In welchem Ausmaß sucht die USA internationale Legitimität und Vereinbarungen?

Die USA hat schon seit langem ihre Verachtung für den Sicherheitsrat, den Weltgerichtshof und das internationale Recht und [internationale] Organisationen im Allgemeinen, gezeigt. Das wird überhaupt nicht bestritten. Aber diese Verwaltung ist so extrem in ihrer Verachtung für das internationale Recht und seine Institutionen, dass sie sogar von der Elite der Außenpolitik dafür verurteilt worden ist, was noch nie zuvor passiert ist. Außerdem ist dies alles so offensichtlich und dreist, dass man es wirklich nicht besprechen muss.

Waren die UNO und andere internationale Organisationen erfolgreich dabei ihre Unabhängigkeit zu bewahren?

Offensichtlich nicht. Die Bush-Verwaltung hat die UNO vor einem Jahr darüber informiert, dass sie ?relevant? sein kann, wenn sie die Befehle der USA befolgt, oder sie kann (wie es Colin Powell formuliert hat) ein Debattierclub sein. das ging so weiter und geht auch heute noch so weiter, nicht nur im Fall des Iraks.

Wenn man nur den Nahen Osten betrachtet hat die USA ihre Praxis der letzten Jahre weitergeführt, ihren Klientenstaat Israel durch Vetos vor Sicherheitsratsbeschlüssen und die Blockade von Beschlüssen der Generalversammlung zu beschützen, und natürlich indem sie militärische Hilfe und wirtschaftliche Unterstützung für ihren Klientenstaat zur Verfügung stellt, um ihm zu erlauben sein Integrationsprogramm der wertvolleren Teile des Westjordanlandes in Israel weiter zu betreiben.

Das ist einer der Gründe warum die USA beim Veto von Sicherheitsratsresolutionen seit den 60ern, als die UNO als Folge der Dekolonisierung und der Erholung der Industriemächte vom Krieg etwas unabhängiger von den USA wurden, weit in Führung war (gefolgt von Großbritannien, und sonst kam niemand auch nur Nahe [an so viele Vetos] heran). Das ist natürlich nicht der einzige Grund. Die USA spricht ihr Veto gegen Sicherheitsratsresolutionen auch in einer Vielzahl anderer Fälle aus, auch bei einer Mahnung an alle Staaten internationales Recht zu beachten ? ohne die USA zu erwähnen, aber jeder verstand, an wen dies gerichtet war.

Sie betrachteten die USA als Führer der Terroristen, warum? Und in welchem Ausmaß könnte sie Menschenrechte schützen?

Ich habe die USA nicht ?einen Führer der Terroristen? genannt, aber ich habe die lange und entsetzliche Geschichte der terroristischen Akte der USA und ihre entscheidende Unterstützung für den Terrorismus ihrer Klienten im Detail dokumentiert. Wenn ich diese Geschichte betrachte, benutze ich die offizielle Definition der US Regierung für das Wort ?Terrorismus?. Aber wenige sind gewillt die offizielle Definition zu verwenden, weil das die Konsequenz ist die dann sofort folgt.

Wenn man nicht überzeugt ist schaue man sich die reichhaltige Dokumentation an ? auch die Geschichte der KurdInnen, bis heute, obwohl die entscheidende US Unterstützung für den Staatsterror gegen die KurdInnen hauptsächlich in den 90ern in der Türkei stattfand, als die Türkei der führende Empfänger von militärischer Hilfe der USA wurde (abgesehen von Israel und Ägypten), und als sie Millionen von KurdInnen von den verwüsteten ländlichen Gebieten trieb, Zehntausende tötete, und jede nur vorstellbare Art von Barbarei beging, was einige der schlimmsten Verbrechen der furchtbaren 90er waren, gerade hier in der Nähe von ihnen.

Ich habe einige der Folgen persönlich gesehen, in den Slums von Istanbul in welche die Flüchtlinge getrieben worden sind, in den Stadtmauern von Diyarbakir, wo sie zu überleben versuchen, und anderswo. Aber sie müssen das sicherlich selbst wissen, [weil es ja] gleich nebenan [passiert ist]. Und das ist nur ein kleiner Auszug aus dieser Geschichte, und dieser lässt die direkte Durchführung von terroristischen Gräueltaten aus. Auch über das gibt es lange und häßliche Dokumentationen.

Tatsächlich ist nur die USA vom Weltgerichtshof für das was eigentlich internationaler Terrorismus ist verurteilt worden, wegen ihrem Angriff auf Nicaragua. Der Gerichtshof trug der Reagan-Verwaltung ? jene die jetzt wieder in Washington an der Macht ist ? auf, ihren terroristischen Krieg gegen Nicaragua einzustellen. Natürlich ignorierte die Verwaltung den Entschluss des Gerichtshofes, eskalierte auf der Stelle den terroristischen Krieg, und legte Vetos gegen die Sicherheitsratsresolutionen ein welche das Urteil des Gerichtshofes unterstützen. Die USA ist keinen Falls allein, was diese Praktiken betrifft. Im Allgemeinen sind solche Praktiken in dem Ausmaß vorhanden, in dem die Macht besteht Verbrechen zu begehen. Wiederum ist dies den Opfern seit einigen Jahrhunderten bekannt, oder sollte es ihnen zumindest sein.

Können Machtsysteme Menschenrechte schützen? Natürlich können sie das, und manchmal tun sie das, auch die USA. Das passiert wenn der Schutz von Menschenrechten Machtinteressen dient oder wenn eine aufgebrachte Bevölkerung das verlangt. Beide dieser Faktoren waren für den US-Schutz für die irakischen KurdInnen in den 90ern verantwortlich, während die USA gleichzeitig die entscheidende militärische und diplomatische Unterstützung für die grauenhafte Unterdrückung der KurdInnen über der Grenze bereitstellte ? aber die Bevölkerung der USA war und bleibt uninformiert über diese Verbrechen; die entscheidenden Beweise werden von den Medien und den intellektuellen Klassen unterdrückt, wie es oft der Fall ist.

In manchen ihrer Arbeiten sagen sie, dass es keine Hoffnung für eine bessere Zukunft gibt, weil die Macht der USA zunimmt, warum sind sie ein pessimistischer Mensch? Bedeutet das, dass das amerikanische Modell nicht erfolgreich sein wird?

Ich habe das nie gesagt. Eher das Gegenteil. Es gibt große Hoffnung für eine bessere Zukunft, und sie zu schaffen sollte die hauptsächliche Priorität für die Menschen in den USA, im Westen im Allgemeinen, und auf dem Rest der Welt sein. Und es gibt sehr positive Zeichen, was ich andauernd betone. Was das ?amerikanische Modell? betrifft, kommt es darauf an, was sie meinen. Die Menschen in den Vereinigten Staaten haben viele wunderbare Errungenschaften die für sie sprechen: Der Schutz der Redefreiheit [hier] ist zum Beispiel einzigartig auf der Welt, soweit ich das weiß, und viele andere Rechte sind gewonnen worden. Das waren keine Geschenke von Oben, sondern das Ergebnis von engagiertem öffentlichem Kampf. Wenn dies das Modell ist, an das Sie denken, hoffe ich dass es noch erfolgreicher sein wird, in den USA und anderswo.

Wenn Sie mit dem ?amerikanischen Modell? das meinen, was in der Nationalen Sicherheitsstrategie Bushs verkündet wird, und in die Praxis umgesetzt wird, oder das neoliberale wirtschaftliche Modell, welches darauf ausgelegt ist die Kontrolle des Großteils der Welt auf transnationale Korporationen übertragen wird, welche miteinander und mit einigen mächtigen Staaten verbunden sind ? was die internationale Wirtschaftspresse ?die de facto Weltregierung? nennt, dann hoffe ich sicherlich, dass es nicht erfolgreich sein wird, was wir alle tun sollten.

In welchem Ausmaß sind die Medien und die Propaganda erfolgreich dabei, die amerikanischen BürgerInnen dazu zu bringen, die Politik ihrer Regierung zu akzeptieren? Könnten Gegner dieser Politik ihre Stimme hörbar machen lassen?

Das ist unterschiedlich. Man betrachte, zum Beispiel, die Invasion des Iraks. Die Invasion wurde eigentlich im September 2002 bekannt gegeben, zusammen mit der Nationalen Sicherheitsstrategie. Dem folgte eine massive Propagandakampagne der Regierung, bzw. den Medien, welche schnell große Teile der US Meinung ganz vom internationalen Spektrum schoben. Eine Mehrheit kam zu dem Eindruck, dass Saddam Hussein eine akute Gefahr für die USA ist, dass er für die Verbrechen des 11. Septembers 2001 verantwortlich war, und dass er in Zusammenarbeit mit Al Kaida neue Gräueltaten plant, usw. Diese Überzeugungen waren sehr nahe mit der Unterstützung der Invasion verbunden, was nicht überraschend ist. Man wusste sogleich, dass sie vollkommen falsch sind, aber das war nicht wichtig: Lügen die laut und unaufhörlich verkündet werden, werden zu einer Höheren Wahrheit.

Trotzdem war die Propagandakampagne nur zum Teil erfolgreich. Der Protest gegen die Invasion erreichte ein Niveau weit jenseits von allem was es in der Geschichte Europas oder den Vereinigten Staaten je gegeben hat. Als die USA 1962 Südvietnam angriff ? es ist unkontroversiell, dass sie das tat ? gab es überhaupt keinen Protest. Der Protest erreichte für 4 oder 5 Jahre kein ernsthaftes Level; bis dahin war Südvietnam, das hauptsächliche Ziel des US Angriffs, beinahe zerstört, und der Angriff hatte sich auf fast ganz Indochina ausgedehnt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Westens gab es einen enormen Protest gegen die Invasion des Iraks, noch bevor er Krieg offiziell erklärt worden ist. Das ist nur eines der vielen Beispiele wie Machtsysteme die Kontrolle über ziemlich große Teile ihrer Bevölkerungen verloren haben. Die weltweiten Bewegungen für globale Gerechtigkeit, was es auch zum ersten Mal gibt, sind ein anderes starkes Beispiel. Und es gibt viele weitere.

Manche kritisieren sie als den militantesten Amerikaner unter jenen welche Gegner Israels sind, mache sagen, dass sie sich als Jude selbst hassen. Wie kommt es, dass sie Israel in einer solchen Art kritisieren?

Diese Vorwürfe sind interessant. Jene welche die Bibel kennen, kennen auch ihre Ursprünge. Die Vorwürfe gehen zurück auf König Ahab, der in der Bibel der Inbegriff des Bösen ist. König Ahab beschuldige den Propheten Elias Israel zu hassen. Elias war ein ?sich selbst hassender Jude?, um die Terminologie der heutigen Schmeichler des Hofes auszuborgen, weil er die Politik des Königs kritisiert hat, und Gerechtigkeit und Respekt für die Menschenrechte verlangt hat. Ähnliche Vorwürfe waren in der ehemaligen Sowjetunion üblich: Dissidenten wurde vorgeworfen Russland zu hassen. Und es gibt weitere Beispiele in Militärdiktaturen und totalitären Staaten. Derartige Kritik spiegelt tief sitzende totalitäre Werte wieder.

Für einen hingebungsvollen Anhänger totalitären Denkens, müssen die herrschenden Mächte mit den Leuten, der Kultur, und der Gesellschaft identifiziert werden. Israel ist König Ahab, Russland ist der Kreml. Für Totalitäre ist eine Kritik des Staates eine Kritik am Land und an seinen Menschen. Für jene welchen Demokratie und Freiheit irgendetwas bedeutet, sind solche Vorwürfe nur ein Witz.

Wenn ein italienischer Kritiker Berlusconis als ?anti-Italiener? oder als ?sich selbst hassender Italiener? verurteilt wird, würde das in Rom oder Milan in die Lächerlichkeit gezogen werden, aber dies war in den Tagen von Mussolinis Faschismus möglich. Das ist besonders interessant, wenn solche Einstellungen in freien Gesellschaften geäußert werden, wie in dem Fall, den sie zitiert haben.

Tatsächlich kritisiere ich nicht besonders Israel, sondern ich kritisiere die entscheidende Rolle der USA ? schließlich mein Land ? bei der Unterstützung von barbarischen Verbrechen seines Klientenstaates, und bei der Verhinderung einer friedlichen Lösung von jener Art, wie sie von fast der ganzen Welt seit den 70ern befürwortet wird. Für die totalitäre Mentalität bedeutet dies ?Israel hassen?, oder ?die Vereinigten Staaten hassen?. König Ahab und die Schmeichler an seinem Hof, der Kreml und seine Kommissare, und andere, die erbärmliche Unterwerfung unter die Machthabenden verlangen, werden sicherlich zustimmen. Jene, welche Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte schätzen, werden einen anderen Weg gehen, wie es in der Geschichte immer schon gewesen ist.

09 Januar 2008

Rechte Angstmacher scheissen uns ins Gehirn


Wir brauchen mehr Überwachungskameras

http://www.spiegel.de/img/0,1020,1064101,00.jpg

Hoppla, wir haben schon genug Überwachungskameras!!

Millionen tote Iraqis und zerfetzte Afghanen, kein Problem! Rentner sind willige Wähler.


"Deutschland wird in der U-Bahn verteidigt"
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CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, Angriffe auf Rentner seien so verwerflich wie fremdenfeindliche Angriffe: "Es muss auch hier zu einem Aufstand ...
Steinmeier für Steigerung des Entdeckungsrisikos bei Jugendgewalt PR-Inside.com (Pressemitteilung)
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Ein 67 Jahre alter Rentner ist am Donnerstagabend im niederbayerischen Mammingerschwaige von seinem elektrischen Garagentor zu Tode gequetscht worden. ...
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04 Januar 2008

Deutsche verarscht von Medien-Eliten

"Gerade das vermeintlich Unpolitische ist in höchstem Grade politisch"

Reinhard Jellen 02.01.2008

Interview mit dem Soziologen Bernd Hamm über die zunehmende Ideologisierung der Medien

Bernd Hamm ist Professor für Siedlungs-, Umwelt- und Planungssoziologie an der Universität Trier und gibt im Kai Homilius-Verlag die Reihe "Globale Analysen". Seine letzten Bücher waren "Gesellschaft zerstören - der neoliberale Anschlag auf Demokratie und Gerechtigkeit" (2004) und "Die soziale Struktur der Globalisierung" (2006). Demnächst erscheint von ihm "Kulturimperialismus: Beiträge zur politischen Ökonomie kultureller Herrschaft". In dem Essay "Medienmacht . wie und zu wessen Nutzen unser Bewusstsein gemacht wird" zeichnet er die Entwicklung der Medien seit den Siebziger Jahren nach und kommt zu dem Schluss, dass mit der zunehmenden Privatisierung und Kommerzialisierung der Medien die Selbstaufklärungsmechanismen der Gesellschaft in steigenden Maßen versagen.

Herr Professor Hamm - nach gängiger Meinung müssten die Medien eigentlich, um attraktiv für die Werbewirtschaft zu sein, ihre Auflagen steigern und zu diesen Zweck permanent mit sensationellen und skandalösen Enthüllungen der herrschenden Politik aufwarten. Können Sie uns sagen, warum dieses Kalkül nicht oder nicht mehr funktioniert?

Bernd Hamm: Es funktioniert aus drei Gründen nicht mehr:

Erstens ist der Konzentrationsprozess in den Medien rasch fortgeschritten, sowohl international als auch in Deutschland. Es sind nur noch wenige Konzerne, die die Medienlandschaft beherrschen.

Zweitens neigen die Eigentümer . von Springer über Bertelsmann, Bauer, Burda oder Holtzbrinck . alle einem politisch konservativen, wirtschaftsfreundlichen, sozial und ökologisch wenig sensiblen Weltbild zu. Nehmen Sie Bertelsmann, einen Konzern, der sein Geld vor allem mit Unterhaltung macht, übrigens durch alle Mediensparten hindurch. Das sieht vordergründig nur nach Geldverdienen aus . und propagiert wird tatsächlich eine überaus konservative, christlich angehauchte Vorstellung davon, wie Gesellschaft sein sollte. Viel deutlicher wird das allerdings bei der [local] Bertelsmann-Stiftung, die die Zwangsamerikanisierung unserer Hochschulen, den betriebswirtschaftlich . statt am Gemeinwohl . ausgerichteten Umbau der Kommunalverwaltungen mit grossem Erfolg mit betrieben hat. Dort gibt es auch einen Fortschrittsindex für alle Länder der Erde . wobei Fortschritt verstanden wird als Ausrichtung an kapitalistischen Prinzipen und an westlichen Vorstellungen von Mehrheitsdemokratie. Das ist der Absicht nach diktatorisch und hat mit Toleranz und Empathie für andere Kulturen nichts zu tun. Das gilt aber auch für den wenig sichtbaren schwäbischen Riesen Holtzbrinck: Der hat inzwischen (neben zahlreichen Zeitungen) alle wichtigen Taschenbuchreihen (bis auf Suhrkamp) aufgekauft und sogleich kritische Reihen . wie Rororo-Aktuell oder Fischer alternativ . eingestellt.

Drittens hängen heute alle Medien entscheidend von den Werbeeinnahmen ab. Auf weite Strecken kann man sagen, dass die redaktionellen Teile dazu dienen, der Werbewirtschaft die entsprechend selektierten Publika anzuliefern. Das aber hat zur Folge, dass sich alle Medien heute durchgehend an den Einstellungen und Wünschen der kaufkräftigen Mittelschicht orientieren. Deshalb ist die Medienbotschaft insgesamt homogener und eintöniger geworden, obgleich die äusserliche Vielfalt des Medienangebots kaum noch zu überblicken ist. Die Ausnahmen . taz und junge Welt im Printbereich, Deutschlandfunk beim Radio . seien immerhin erwähnt.

Spielt die Entwicklung der Medien in den USA eine besondere Rolle in diesem Prozess?

Bernd Hamm: In den USA ist nicht nur der Prozess weiter fortgeschritten als bei uns, es ist auch häufiger, dass die Medieneigentümer . [local] Rupert Murdoch, [local] Sumner Redstone etc. . sich ausdrücklich und gänzlich unverblümt als politische Missionare sehen und betätigen. Die enge Beziehung etwa zwischen Murdoch und G.W. Bush (ich vermeide bewusst die Bezeichnung "Präsident", weil die Wahlen der Jahre 2000 und 2004 nachweislich [local] gefälscht worden sind . haben deutsche Medien darüber ausreichend berichtet?) ging so weit, dass extra seinetwegen das Gesetz über die Besitzrechte an landesweit verbreiteten Fernsehsendern geändert worden ist, und Tony Blair soll ihn vor wichtigen Entscheidungen persönlich konsultiert haben, so dass er einmal als stilles Mitglied des britischen Kabinetts bezeichnet worden ist. Aber die enge Bindung zwischen Helmut Kohl und Leo Kirch, von dem Kohl bis in seine Amtszeit als Bundeskanzler hinein [local] Geld bezogen haben soll, zeigt, dass dies keineswegs amerikanische Ausnahmen sind. Natürlich fällt einem in diesem Zusammenhang Silvio Berlusconi ein, der sein Medienimperium in kaum erreichter Schamlosigkeit benutzt hat, um sich politische Macht zu verschaffen, und der seine Macht genutzt hat, um sich gegen strafrechtliche Verfolgung wegen seiner zahlreichen Vergehen zu schützen.

Gab es hierzulande einen Bruch von der gesellschaftlichen Selbstaufklärung hin zu Ideologie, Infotainment und Propaganda?

Bernd Hamm: Das würde ich in der Tat so sehen, zumindest als Tendenz. Ein gutes Beispiel ist der Spiegel, der unter Stefan Aust nach rechts gewendet und dem Focus immer ähnlicher wurde. Am deutlichsten wurde das vielleicht in der journalistischen Behandlung der Anschläge vom 11. September 2001: Nachdem Aust und Schnibben in ihrem Buch die offizielle Linie quasi kodifiziert hatten, wurde jeder Zweifel an dieser Interpretation abgewehrt, lächerlich gemacht und zur haltlosen Verschwörungstheorie erklärt.

Verschiebung des Spektrums nach rechts

Das hat sicher mit seriösem Journalismus wenig zu tun, wie sich an der Aufarbeitung dieser Ereignisse in den USA zeigen wird. Aber das gilt für andere auch: Die Zeit, früher einmal linksliberal, ist . beginnend mit Helmut Schmidt - behäbig rechts geworden, FAZ und Welt waren das schon immer, aber die Frankfurter Rundschau und die Süddeutsche Zeitung sind nahe an sie heran gerückt. Das gesamte Spektrum hat sich verschoben. Wenn man einmal die alten Kategorien bemüht von links (sozial, internationalistisch, pazifistisch) und rechts (eher nationalistisch, im Interesse der Reichen, "realpolitisch") . dann ist das ganze Spektrum nach rechts verschoben worden, und zwar von den Eigentümern, die sich die dafür geeigneten Redakteure und Journalisten herausgesucht haben. Es geht heute überwiegend um Kommerz . aber gerade das ist die Perspektive, die sich für soziale Ungerechtigkeit, Frieden, Sicherheit, Menschenrechte faktisch wenig interessiert, obgleich sie die verbal immer vor sich her trägt. Es ist doch auffällig, wie sehr sich das Spektrum der politischen Diskussion bei uns verändert hat: Wenn es in den späten sechziger Jahren "links" war, über die Enteignung von Springer, über die öffentliche Kontrolle der Grossbanken nachzudenken und die in der UNO diskutierte Neue Weltwirtschaftsordnung zu begrüssen, wird heute schon als "links" verschrien, wer die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere verlängern will. Wir sind uns gar nicht bewusst, in welchem Ausmass hier eine Gehirnwäsche stattgefunden hat, die Themen jenseits des neoliberalen Mantras einfach nicht mehr zulässt.

In welchem Zeitraum hat sich diese ereignet?

Bernd Hamm: Die neoliberale Wende ist um die Mitte der siebziger Jahre eingeleitet worden. Den rechten Propagandisten ist es mit immensen Geldern gelungen, für die 1974 im Gefolge der Ölpreiskrise einsetzende Wirtschaftsflaute die sozialdemokratischen Regierungen verantwortlich zu machen und mit entsprechenden Wahlkampfmitteln 1979 Margret Thatcher in Grossbritannien, 1980 Ronald Reagan in den USA und 1982 Helmut Kohl in Deutschland als Regierungschefs an die Macht zu bringen. Die haben dann die neoliberale Agenda vollzogen. Vor allem haben sie die "Liberalisierung" des Kapitals durchgesetzt mit dem Ergebnis, dass heute fast alle grossen und vor allem die börsennotierten Medienunternehmen von institutionellen Anlegern beherrscht und nach den Kriterien der maximalen Auflage/Einschaltquote, also des kurzfristig maximalen Profits geführt werden.

Welche Rolle spielt hierbei der Spiegel, der vom "Sturmgeschütz der Demokratie" zur neoliberalen und nationalistischen Speerspitze mutierte? Könnte der Rauswurf von Stefan Aust und Matthias Matussek positive Auswirkungen auf die deutsche Medienlandschaft haben?

Bernd Hamm: Es ist doch bezeichnend, dass ausgerechnet Springer's Welt, Sprachrohr der Rechten, den Rausschmiss von Aust kommentiert mit den Worten: "Eine Verschwörung von Missgünstigen hat "Spiegel"-Chefredakteur Stefan Aust gestürzt. Mit ihm werden all jene guten Schreiber gehen, die er aufgebaut hat. Jetzt kann die Koalition der Mittelmäßigkeit wieder ihren gefühlslinken Pamphletismus pflegen" (5.12.07). Völlig undenkbar, dass vor zwanzig, dreissig Jahren ausgerechnet die Springer-Welt den Spiegel gelobt hätte. Man achtet dort mit Argusaugen darauf, dass niemand vom rechten Weg abkommt.

Wie beurteilen Sie die Einführung des Privatfernsehens (und .hörfunks) im Hinblick auf das Wegbrechen kritischer Komponenten in Rundfunk und TV?

Bernd Hamm: Schon die Einführung des ZDF sollte ja einen CDU-nahen Gegenpol zur angeblich SPD-unterwanderten ARD setzen . die politische Auseinandersetzung darüber, wer die Medien kontrolliert, hat lange vor den Privaten begonnen und findet im Streit um Sitze in den Rundfunkräten ihre meist stille Fortsetzung. Natürlich hat das private Fernsehen eine zentral wichtige Rolle bei der Trivialisierung der Medien gespielt: Sie haben mit Unterhaltung Quote gemacht und so die Werbemittel abgeschöpft, so dass die Öffentlich-rechtlichen nur mühsam mithalten konnten. Es handelt sich aber grade nicht, wie manche vermuten, um eine Entpolitisierung . im Gegenteil: Gerade weil sie sich ausschliesslich an die schon erwähnte kaufkräftige Mittelschicht richten und gedankenloses Konsumieren propagieren, werden die unterschwellig verbreiteten Gesellschaftsbilder und politischen Einstellungen vor allem dem Kommerz gefällig. Gerade das vermeintlich Unpolitische ist in höchstem Grade politisch.

Man möchte meinen, die "Bewusstseinsindustrie" (Hans Magnum Enzensberger) hat nun jenen ideologischen Perspektivwechsel von der Selbstaufklärung zur Selbstentmündigung der Gesellschaft erreicht, die ihr seit den Sechziger Jahren kritisch unterstellt wurde. Warum interessiert das heutzutage keinen Menschen mehr, inklusive jener, welche sich aufgrund dieser Kritik seinerzeit profiliert haben?

Bernd Hamm: Ja, das ist ebenso richtig wie bedrückend. Gerade Enzensberger hat im Zusammenhang mit dem Golfkrieg 1990/91 kritiklos und ohne Quellenangabe jene Formel als Titel eines Spiegel-Essays verwendet, die die PR-Agentur Hill & Knowlton im Auftrag der kuweitisch-amerikanischen Stiftung erfunden hatte: Saddam = Hitler. Das gehört in die gleiche Kategorie wie die (frei erfundene) Geschichte von den irakischen Soldaten, die in kuweitischen Krankenhäusern Frühgeburten aus den Inkubatoren gerissen und auf dem Boden zu Tode gebracht hätten. Ein ganz erheblicher Teil dessen, was uns heute als Nachrichten präsentiert wird, wird von solchen Agenturen im Auftrag von Regierungen und grossen Unternehmen verfasst und von den Medien, die ihre eigenen Redaktionen massiv ausgedünnt haben, oft ohne Angaben von Quellen verbreitet. Das Weltbild, das uns so quer durch die Medien angedient wird, stammt wesentlich aus solchen Quellen und stellt die Wirklichkeit verzerrt durch die Brillen der jeweiligen Interessen dar. Auch diejenigen, die sich des Problems bewusst sind und deshalb verschiedene Medien konsultieren, haben kaum eine realistische Chance, dem faktischen Einheitsbrei zu entkommen.

In bestimmten politischen und medialen Debatten sind höchst zweifelhafte Aussagen über Wirtschaft und Gesellschaft - wie z.B. die These vom Segen der Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und der Privatisierung öffentlicher Güter oder die Aufteilung der Welt in "Gute" (wir) und "Böse" (dort) - bereits solange Voraussetzung und nicht mehr Gegenstand der Untersuchung, dass die Realität und ihre Darstellung scheinbar identisch geworden sind. Welche Rolle spielt in diesem Prozess die Ökonomisierung und kapitalistische Ausrichtung der Medien? Welche Auswirkung hat die kritische ökonomische Situation auf die hiesige Medienlandschaft? Kann es Ihrer Meinung nach ein so großes Auseinanderdriften von Deutung und Realität geben, dass die Medien von selbst wieder zu einer kritischen Berichterstattung übergehen?

Bernd Hamm: Das hängt mit der einfachen Tatsache zusammen, dass wir jede Information, die sich auf Dinge jenseits unserer unmittelbaren Wahrnehmung bezieht, nur noch durch Medien, nur noch sekundär empfangen können.

Epistemologische Säuberung

Diese Medien sind aber nicht mehr . wenn sie es denn je waren, aber davon geht ja z.B. unsere Verfassung, davon geht unser politisches Selbstverständnis aus . neutrale, objektive Beobachter und Berichterstatter, schon gar nicht mehr sind sie Kontrolleure der Macht. Sie sind vielmehr Instrumente in den Händen der Mächtigen geworden. Dazu gehört, dass die Medien, selbst überwiegend kapitalistisch verfasste Unternehmen, natürlich die Grundprinzipien kapitalistischer Gesellschaftsorganisation nicht angreifen werden . ausser wenn sich daraus punktuell Profit schlagen lässt. Dazu gehört auch, dass die Medien systematisch verschweigen, was unsere Gesellschaften im Innersten umtreibt: die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit, das, was Marxisten Klassenkampf nennen. Medien sind hier Partei, nämlich Teil des Kapitals und von ihm abhängig, und werden schon deshalb alles unternehmen, unsere Gesellschaft als wenigstens dem Prinzip nach sozial gerecht und demokratisch darzustellen, auch wenn das längst nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Eine realistische Chance, dass die Medien selbst wieder zu einer kritischen Berichterstattung übergehen, besteht in meiner Wahrnehmung nicht. Schon die Selektion der vielen Bewerber in die wenigen Positionen festangestellter Redakteure erfolgt mehr nach Kriterien des Gehorsams als der kritisch-selbstständigen Wahrheitssuche. Da gleichen die Medien übrigens in mancher Hinsicht den Hochschulen, die ebenfalls durch eine rigide epistemologische Säuberung getrieben worden sind.

Welche Funktion ordnen Sie dem Instrument der "Meinungsumfrage" bei der Selbstentmündigung der Medien zu?

Bernd Hamm: Meinungsumfragen gehören heute zum alltäglichen Handwerkszeug von Politikern. So wie die Fernsehforschung der GfK inzwischen [local] sekundengenau die Präferenzen des TV-Publikums abbildet und damit Einfluss nimmt auf das vermeintlich werbefreie redaktionelle Programm, so helfen Meinungsumfragen den Politikern, ihre Verlautbarungen möglichst nahe am Mehrheitsgeschmack auszurichten. So sehen denn auch die Wahlprogramme der "Volksparteien" aus . überall die gleichen Formeln, überall die gleichen Widersprüche, überall der gleiche Anspruch, die Mitte zu repräsentieren. Der eigentliche politische Auftrag der Aufklärung war gerade das Gegenteil: die Schwachen vor der Ausbeutung durch die Starken zu schützen. Das kommt heute in den Medien nicht mehr vor.

Wie sehen Sie die Zukunft der medialen Entwicklung weltweit und in Deutschland?

Bernd Hamm: Die Herrschaft des Kapitals über die Medien, weltweit ebenso wie bei uns, wird sich weiter perfektionieren. Da es kaum mehr Alternativen gibt, wird es auch zunehmend schwierig, sich die Informationen zu beschaffen, die für eine eigene kritische Meinungsbildung unerlässlich sind. Die Bewusstseinsindustrie hat ihr Ziel erreicht: Unsere Wahrnehmung der Dinge, unsere Meinungsbildung folgt einem industriell organisierten Prozess. Es ist dafür besonders bezeichnend, dass sich die Medienforschung, die es ja erfolgreich gibt, dem wenig Aufmerksamkeit widmet. Ihr gilt der "mündige Konsument" als das wichtigste Objekt.

Wie sehen Sie dabei die Rolle des Internets?

Bernd Hamm: Das anarchische Element, der Ort des Widerstands ist heute das Internet. Allerdings: Da dort jeder und jede irgendeinen Quatsch als "Nachricht" einstellen kann, ist es mindestens ebenso schwierig wie in den konventionellen Medien, Relevantes von Irrelevantem, Aufhebenswertes von Belanglosem, Richtiges von Falschem zu unterscheiden. Wir haben also nicht nur das Problem des sog. "digital divide", also des sozial ungleich verteilten Zugangs zu diesem Medium, sondern auch die Schwierigkeit der Internetnutzer zu entscheiden, was sie aus dem Meer der Belanglosigkeiten für wahr halten sollen. Es gibt nur zwei Wege, dieses Dilemma zu überwinden: Entweder man verbringt unendlich viel Zeit mit der Nachrichtenanalyse . oder man verlässt sich auf ein gänzlich antiquiertes Prinzip des Informationsaustauschs: Vertrauen in die Quelle. In jedem Fall kostet das Informieren über die Geschehnisse der Welt heute viel Zeit und viel Geld. Das können sich die meisten nicht leisten. Das bleibt den Nachrichtenabteilungen der grossen Unternehmen und der Politiker überlassen, die ja tatsächlich Informationen über wirkliche Ereignisse suchen und für ihre Entscheidungen brauchen. Dafür gibt es mannigfach kleine, spezialisierte Nachrichtenmedien, die sich an ein genau definiertes Publikum richten, z.B. die zahlreichen Börsenbriefe . aber auch, auf der Linken, z.B. den Informationsbrief Weltwirtschaft und Entwicklung. Informieren ist zu einem eigenen Beruf geworden, zu einem Privileg, das sich nur wenige leisten können. Wir leben, das ist nicht mehr zu übersehen, in einer manipulierten Gesellschaft. George Orwell hat sie 1948 vorhergesehen und beschrieben. Er hatte erschreckend recht.

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Die Medienanalyse von Edward S. Herman und Noam Chomsky und ihre Anwendbarkeit auf die deutsche Medienlandschaft

Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung: Die Rolle der Medien in demokratischen Gesellschaften
II. Propagandainstrument oder zentraler Bestandteil der Demokratie?
III. Ein analytischer Rahmen zur Untersuchung der Handlungen der
Massenmedien: Ein Propagandamodell
IV. Die fünf Filter
1. Die Größe, die Besitzverhältnisse und die Profitorientierung der
Massenmedien
2. Die Werbung durch die Wirtschaft
3. Die Nachrichtenquellen der Massenmedien
4. Flak und seine Durchsetzung
5. Die herrschende Ideologie als Kontrollmechanismus
V. Schlussbemerkungen
VI. Literaturverzeichnis

.They who have put out the peoples eyes, reproach them of their own blindness..
John Milton

Einleitung: Die Rolle der Medien in demokratischen Gesellschaften

Die Funktion und die Rolle welche die Medien in der parlamentarischen Demokratie spielen ist für diese von zentraler Bedeutung. Das demokratische Postulat besagt, dass eine freie und unabhängige Presse die im Volk auftretenden Meinungen an die staatlichen Organe heranträgt, welche diese dann dem Volkswillen entsprechend umsetzen. Die Medien dienen als zentrales Kommunikations- und Kontrollorgan zwischen Regierenden und Volk. Die demokratische Legitimation durch Wahlen ist ohne eine unabhängige und umfassende Information der Bevölkerung durch die Medien nicht möglich. Der totalitäre Charakter einer Gesellschaft äußert sich dementsprechend durch die Unfreiheit und Zensur der Presse und die Freiheit der Presse ist dementsprechend ein guter Indikator für die Freiheit einer Gesellschaft überhaupt. Man muss sich darüber bewusst sein, dass wir in einer zum Großteil durch Medien vermittelten Welt leben und dass die Informationsbeschaffung und Meinungsbildung der Bevölkerung hauptsächlich auf dem von der Presse gelieferten Material basiert. Während frühe Kommunikationsstrukturen auf die lokale oder regionale Ebene beschränkt waren, sind Kommunikation und Medienmärkte heute global. Auch die Kirchen, Gewerkschaften und andere gesellschaftlichen Institutionen, die früher einen wichtigen Einfluss auf die Kommunikation ausübten verlieren Zusehens an Bedeutung.

Die Probleme die sich aus der wichtigen und einflussreichen Rolle der Medien ergeben, finden sich im wissenschaftlichen Diskurs in Deutschland hauptsächlich in der Diskussion um die Medien als vierte Gewalt wieder, welche die Folgen des Einflusses der Medien auf die Gesellschaft zum Inhalt hat und die Vereinbarkeit dieser Machtfülle mit den drei staatlichen Gewalten diskutiert. Zwar sind sich die meisten Teilnehmer des Diskurses über die Probleme und über die Folgen des zunehmenden Einflusses der Medien bewusst, allerdings werden dabei meist weder die institutionellen Zwänge innerhalb derer die Medien agieren, noch die Ziele und Haltungen derjenigen berücksichtigt, die in der Lage sind das Verhalten der Medien zu beeinflussen. Diese Institutionellen Zwänge sind es aber gerade, die das Verhalten der Medien maßgeblich bestimmen und dementsprechend für diese Entwicklung verantwortlich sind. Wenn die Medien eine vierte Gewalt darstellen, stellt sich die Frage nach der Kontrolle und der demokratischen Legitimation dieser Gewalt.

Wenn das Programmangebot der Medien sich zunehmend angleicht, das Niveau sinkt und Unterhaltung an die Stelle von Informationen tritt, stellt sich die Frage welche Faktoren dazu führen. Wenn sich Medien in Kriegszeiten zu großangelegten Propagandakampagnen .missbrauchen lassen., gezielt gestreute Fehlinformationen verbreiten und vollkommen auf kritische Berichterstattung verzichten, stellt sich die Frage in welchem Verhältnis die Medien zu den Lieferanten der Nachrichten stehen und auf Grundlage welcher Kriterien die Medien bewerten, ob eine Nachrichtenquelle als zuverlässig anzusehen ist oder nicht. In diesem Zusammenhang kann auch das völlige Ignorieren bestimmter Konflikte, wie beispielsweise die Verfolgung der Kurden in der Türkei oder die Besetzung von Ost Timor durch indonesische Truppen nicht durch das Desinteresse der Bevölkerung gerechtfertigt werden, während Menschenrechte gleichzeitig als Grundpfeiler der neuen Weltordnung ausgerufen werden und ein großes Medienecho hervorrufen.

All diese Fragen werden in Wissenschaft und Öffentlichkeit in Deutschland nicht hinreichend diskutiert, geschweige denn beantwortet. Einen Versuch die Institutionellen Zwänge und das Verhalten der US Medien zu erklären, stellt das von Edward S. Hermann und Noam Chomsky entwickelte Propagandamodell dar, welches die Handlungsweisen der US Medien auf empirisch- analytische Art und Weise untersucht. Das Propagandamodell wurde und wird mit Hilfe von zahlreichen Fallstudien dahingehend überprüft ob es als authentisches Modell dienen kann. Zwar ist das Propagandamodell nach Chomsky grundsätzlich auf alle westlichen Demokratien mit privatem Mediensektor anwendbar, allerdings unterscheidet sich der amerikanische Medienmarkt vom europäischen sowohl durch den Grad der Konzentration als auch durch das intellektuelle Klima innerhalb derer die Medien agieren. Es soll im Folgenden versucht werden dieses Propagandamodell auf den deutschen Medienmarkt und die deutsche Gesellschaft anzuwenden und zu überprüfen, in wie weit die innerhalb des Modells beschriebenen Mechanismen und Filter auch in Deutschland vorhanden sind. Selbstverständlich können in diesem Rahmen die Fallstudien nicht oder nur sehr oberflächlich betrachtet werden und dienen lediglich dazu das Wirken und die Arbeit der verschiedenen Filter zu veranschaulichen, die das rohe Nachrichtenmaterial durchlaufen muss um die Konsumenten zu erreicht.

Propagandainstrument oder zentraler Bestandteil der Demokratie?

Die Massenmedien dienen als ein System zur Verbreitung von Nachrichten und Symbolen in der breiten Masse. Ihre Funktion besteht darin Individuen zu vergnügen, zu unterhalten und zu informieren und ihnen die Werte, Vorstellungen und Verhaltensvorschriften einzuschärfen die sie in die institutionellen Strukturen der Gesamtgesellschaft integriert. In einer Welt des konzentrierten Reichtums und der großen Konflikten von Klasseninteressen benötigen die Medien systematische Propaganda um diese Rolle auszufüllen.

Walter Lippman, einer der bedeutendsten liberalen Theoretiker Amerikas, sah in dem neu entdeckten Werkzeug der Propaganda eine .Revolution. in der .praktischen Umsetzung der Demokratie., als die .Erstellung von gesellschaftlichem Konsens eine eigenständige Kunst und reguläres Organ des Regierens wurde.. Er sah darin die normale Entwicklung, wenn sich .die Gemeinschaftsinteressen von der Öffentlichen Meinung unterscheiden und nur von einer spezialisierten Klasse geleitet werden können, deren persönliche Interessen über die Beschränktheit der Öffentlichkeit hinausreichen..

Diese Ansichten äußerte er kurz nach dem ersten Weltkrieg, als die liberale Gemeinschaft von dem Erfolg der ersten modernen Propagandakampagne, des 1916 von Woodrow Wilson eingesetzten .Regierungsausschusses für Propaganda. begeistert war. Diese Begeisterung wurde von großen Teilen der Eliten, sowohl in Amerika als auch in Europa, geteilt. Ziel dieser sogenannten .Creel Kommission. war es, die .pazifistisch gesinnte Bevölkerung [Amerikas] in eine hysterisch nach Krieg schreiende Bevölkerung zu verwandeln.. Mit Wilsons Slogan .Frieden ohne Sieg. erreichte die .Creel Kommission. ihr angestrebtes Ziel innerhalb von 6 Monaten.

Die große Begeisterung für diese Leistung blieb auch nach den Erfahrungen des zweiten Weltkrieg erhalten. Hatte der Propagandaapparat von Hitler doch nur bewiesen, wie wirkungsvoll Propaganda als Herrschafts- und Kontrollinstrument dienen kann. Der Begriff der Propaganda wurde hingegen wegen der negativen Assoziation mit der NS- Propaganda durch den Begriff der Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit ersetzt. Die Begriffe bezeichnen jedoch das gleiche und können synonym verwandt werden. Ein aktuelles PR Handbuch definiert Öffentlichkeitsarbeit als .Imagegestaltung, kontinuierlichen Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens..

Edward Bernays, einer der Väter der modernen Public Relations Industrie, erklärt dazu weiter, was er die .Erstellung von Konsens. nennt. Er ist der Meinung, dass .Überzeugen und Behaupten die Essenz des demokratischen Prozesses. sind und dass .die Führer oft nicht darauf warten können, dass die Menschen auch nur zu einem grundsätzlichen Verständnis gelangen [...]. Demokratische Führer müssen ihren Part in der Erstellung von Konsens im Hinblick auf sozial Ziele und Werte spielen..


1 Vgl. Lippman, Walter, Public Opinion, London, 1921.
2 Chomsky, Noam, Necessary Illusions. Thought Control in Democratic Societies, Boston/MA 1989, S.16f..
3 Chomsky, Noam, Desinformation und der Golfkrieg, S.1.
4 Müller, Martina: Einführung in die Public Relations, 2001. S. 6.


Diese, von Bernays ausgeführte Demokratiekonzeption, erstreckte sich über das gesamte politische Spektrum und wurde bis zum heutigen Tag ständig weiter entwickelt. In Deutschland erschienen die ersten Bücher zur Public Relations Anfang der 50er Jahre, in denen die Autoren ähnliche Ansichten äußerten und in der Tradition des Positivismus der Meinung waren, die Gesellschaft zum Wohle aller mit Hilfe von Propaganda konfliktfrei und optimal steuern zu können.

Einen aktuelleren Ausdruck dieser Sichtweise findet sich in einem Bericht der Trilateralen Kommission, einem Zusammenschluss der Wirtschafts- und Politikeliten aus den USA, Europa und Japan, die wohl wie keine andere Institution die Meinungen und Sichtweisen der westlichen Eliten repräsentieren. Die Trilaterale Kommission sah in der zunehmenden Beteiligung der Bürger am politischen Geschehen in den 60er und 70er Jahren eine .Krise der Demokratie. und kommt zu dem Schluss, dass die Medien ein .beträchtlicher Machtfaktor. geworden sind und ein Teil der .Auswüchse der Demokratie. darstellen, welche .zu einer Reduzierung der Autorität der Regierungen führt..

Es ist wichtig zu verstehen, dass sich diese Konzeption komplett von der ursprünglichen Demokratiekonzeption unterscheidet, welches besagt das das Volk die Herrschenden kontrolliert und nicht, dass die Herrschenden die Gesellschaft mit Hilfe von Propaganda steuern. Trotzdem sollte man sich darüber bewusst sein, dass Letzteres das vorherrschende Konzept ist und dies nicht nur in der Praxis sondern auch in der Theorie. Ein analytischer Rahmen zur Untersuchung der Handlungen der Massenmedien: Ein Propaganda Modell

Das von Edward S. Herman und Noam Chomsky entwickelte Propagandamodell ist ein analytischer Rahmen mit dessen Hilfe versucht werden soll das Verhalten der US Medien im Bezug auf deren grundsätzliche institutionelle Struktur und die internen Beziehungen, in denen sie operieren zu erklären. Herman und Chomsky greifen die eben beschriebenen theoretischen Konzepte auf und versuchen deren praktische Umsetzung in den heutigen Medienstrukturen nachzuweisen. Sie gehen davon aus, das die Medien den Interessen der einflussreichen gesellschaftlichen Gruppen dienen, von denen sie kontrolliert und finanziert werden und aus deren Sichtweise und in deren Interesse berichten. Normalerweise wird dies ihrer Ansicht nach nicht durch rohe Interventionen erreicht, sondern durch die Auswahl des richtig denkenden Personals durch die Herausgeber und der Verinnerlichung von Prioritäten und Definitionen von Nachrichtentauglichkeit die der institutionellen Politik der Medien entsprechen.

Chomsky, Noam, Necessary Illusions. Thought Control in Democratic Societies, Boston/MA, 1989, S18.
Vgl. Kunczik, Michael, Public Relations. Angewandte Kommunikationswissenschaft oder Ideologie?, in: Armbrecht, Wolfgang/ Zabel, Ulf (Hrsg.), Normative Aspekte der Public Relations, Opladen, 1994, S. 229, S. 257 ff..
Vgl. Crozier, M.P. / Huntington, Samuel J. / Watanuki, J., The Crisis of Democracy. Report on the Governability of Democracies to the Trilateral Commission, New York, 1975.

Solange die Macht eines Landes in der Hand einer staatlichen Bürokratie liegt, wird durch die monopolistische Medienkontrolle . häufig durch eine offizielle Zensur verstärkt . deutlich, dass die Medien den Zielen der herrschenden Eliten dienen. Wo sich die Medien aber in Privatbesitz befinden und es keine formelle Zensur gibt, ist das Wirken eines Propagandasystems viel schwieriger zu verfolgen . ganz besonders, wenn die Medien miteinander konkurrieren, in regelmäßigen Abständen Missstände in der Regierung oder im Big Business anprangern, sich also massiv als Vorkämpfer für das Recht der freien Rede und überhaupt der Interessen der Gemeinschaft in Szene setzen. Dabei bleibt auch verborgen (und wird in den Medien auch nie angesprochen), dass dieser Kritik enge Grenzen gesetzt sind und dass die Mittel, durch deren Einsatz man Zugang zu den Privatmedien gewinnen kann, extrem ungleich verteilt sind.

Das Propagandamodell fasst diese ungleiche Verteilung von Macht und Reichtum ins Auge und ebenfalls die vielfältigen Auswirkungen dieser Ungleichheit auf die Interessensgebiete und die Themenauswahl der Massenmedien. Das Modell zeichnet die Wege nach, über die Kapital und Macht in die Lage versetzt werden, das jeweilig Druckbare herauszuziehen, abweichende Meinungen an den Rand zu drängen und es der Regierung und den vorherrschenden Privatinteressen zu ermöglichen, ihre Botschaft an den Mann und an die Frau zu bringen.

Die wichtigsten Komponenten des Propagandamodells sind:
(1) Die Größe der wichtigsten Mediengesellschaften, die Konzentration und der Reichtum ihrer Eigentümer sowie die Profitorientierung der Medienunternehmen
(2) Die Werbung als Haupteinnahmequelle der Massenmedien
(3) Die Abhängigkeit der Medien von Informationen der Regierung, der Wirtschaft und der von diesen Machtzentren alimentierten und approbierten .Experten.
(4) .Flak. als Mittel zur Disziplinierung der Medien
(5) Die .Herrschende Ideologie. als Kontrollmechanismus

Diese fünf Filter interagieren und verstärken ihre Wirkung untereinander. Das Rohnachrichtenmaterial muss diese Folge von Filtern durchlaufen, bis der nachrichtentaugliche Rest übrigbleibt. Es sind diese Komponenten, welche die Grundsätze für Diskurs und Interpretation festlegen, und die definieren, was überhaupt Nachrichtenwert besitzen soll. Aus ihnen erklären sich auch die Gründe und die Abläufe regelrechter Propagandafeldzüge.

Die Größe, die Besitzverhältnisse und die Profitorientierung der Massenmedien: der erste Filter

Um das Verhalten und Auftreten einer beliebigen Institution zu verstehen ist es sinnvoll, erst die innere Struktur zu untersuchen, um das Verhalten, die Ziele und Strukturzwänge zu erklären, um danach das Verhalten in der Gesamtgesellschaft zu betrachten. Das primäre Ziel und die Überlebensgrundlage von Medienunternehmen ist, dass sie wirtschaftlich profitabel arbeiten. Zwar garantiert auch der wirtschaftliche und publizistische Wettbewerb alleine noch keine publizistische Vielfalt, jedoch wird ein stark konzentrierter Medienmarkt schon aufgrund der geringen Zahl der Anbieter zu einer einseitigen Berichterstattung tendieren.

In der Konzentrationsforschung unterscheidet man deshalb ebenso wie im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen horizontale und vertikale Konzentration. Mit Hilfe der horizontalen Konzentration sollen die Wettbewerbsverhältnisse auf derselben Wirtschaftsstufe erfasst werden. Der höchste Grad horizontaler Konzentration ist das Monopol. Unter vertikaler Konzentration versteht man die Verbindung aufeinander folgender Wirtschaftsstufen innerhalb eines Unternehmens.

Kennzeichnend für fast alle europäischen Länder sowie für die USA ist ein hochkonzentrierter Mediensektor. In den USA wird der gesamte Medienmarkt von sechs sowohl vertikal als auch horizontal hochintegrierten Multinationalen Unternehmen kontrolliert, die meist - wie z.B. NBC und CBS die General Electric gehören . im Besitz noch größerer Unternehmen sind. Fünf dieser sechs Unternehmen sind amerikanischen Ursprungs, das einzige ausländische Unternehmen mit Einfluss im amerikanischen Medienmarkt ist das Gütersloher Unternehmen Bertelsmann, das auch in Deutschland großen Einfluss auf den Medienmarkt hat.

8 Herman, Edward S., Chomsky, Noam, Manufacturing Consent. The Political Economy of the Mass Media, New York, 1988, S. 1f..
9 Vgl. Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Fortschreitende Medienkonzentration im Zeichen der Konvergenz, Berlin, 2000, S.15.
10 ebd. S. 42.

Bertelsmann ist der drittgrößte Medienkonzern der Welt mit einem Umsatz von 15 Milliarden . und substanziellem Besitz in allen Medienbereichen und ist nach Angaben der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich ein Beispiel sowohl horizontaler als auch vertikaler Konzentration. Die Kommission geht davon aus, das von einer .multimedialen Konzentration der Bereiche Fernsehen, Hörfunk, Film- und Fernsehproduktion, Rechtehandel, Buch, Presse, Musik, Internet und Online-Dienste gesprochen werden kann.. Dabei hat Bertelsmann nicht nur in allen Medienbereichen großen Einfluss, sondern ist sowohl an allen Produktionsschritten als auch an dem Verkauf und Vertrieb der Produkte beteiligt.

Ein ähnlich stark vertikal integriertes Medienunternehmen ist die zur Zeit zum Verkauf stehende Kirch Gruppe, die eine möglichst vollständige Verwertung von erworbenen Programmrechten oder selbstproduzierten Programmen verfolgte. Der Kirch Konzern entwickelt und vertreibt sowohl Übertragungstechnik als auch Zugangstechnologie und ist an Rechtehandel, Produktion und an der Ausstrahlung des Materials beteiligt. Die Tochtergesellschaft Kirch Media hat 1999 alleine einen Umsatz von 2 Mrd. . und liegt damit nach eigener Einschätzung auf Platz vier aller deutschen Medienunternehmen und an fünfter Stelle im TV-Bereich in Europa. Weltweit wird die Kirch Gruppe mit einem geschätzten Vermögen von 4,9 Mrd. . auf Platz 16 eines Ranking der größten Medienkonzerne eingeordnet. Bei dem für die Finanzierung und der Wirtschaftlichkeit von Fernsehsendern enorm wichtigen Werbemarkt hat die Kirchgruppe einen Anteil von 51% und die CLT-UFA (RTL- Group) 39,6 %, damit kommen die beiden größten Anbieter zusammen auf einen Anteil von 90,6 %.

Der Konzentrationsgrad im Tageszeitungsmarktes ist zwar nicht so ausgeprägt wie im
Fernsehmarkt, aber die fünf größten Verlagsgruppen kommen zusammen einen Marktanteil
von 42,8 %. Bei den Kaufzeitungen hat der Axel Springer Verlag mit 81,9 % fast ein
Monopol. Die Fünf größten Verlagsgruppen bei den Kaufzeitungen kommen auf 98,9 %
Marktanteil. Lediglich bei den Abonnentenzeitungen liegt der Marktanteil der 5 größten
Verlagsgruppen bei 24,9 %.

11 Vgl. Solomon, Norman, The Media Big Six, in: Z Magazine, June 2000.
12 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Fortschreitende Medienkonzentration im Zeichen der Konvergenz, Berlin 2000, S.19ff..
13 Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.), Informationen zur politischen Bildung Heft 260 Massenmedien, Bonn 2000, Neudruck.

Der Regionale Zeitungsmarkt ist durch eine Vielzahl regionaler und lokaler Monopole gekennzeichnet, Markteintrittschancen für neue Anbieter auf diesem Markt bestehen seit Anfang der 50er Jahren faktisch nicht mehr. Immer wieder wurde versucht, tatsächliche oder vermeintliche Monopole aufzubrechen. 14 Mehrere Duzend solcher Neugründungen scheiterten zum Teil unter hohen Verlusten, und zwar auch dann, wenn größere Verlagsunternehmen beteiligt waren. Von 1954 bis heute ist es nur in vier Fällen gelungen, echte Neugründungen zu einem relativen Erfolg einer Zweitzeitung zu führen. 15 Die hohe Konzentration im Medienmarkt, die nicht vorhandenen Eintrittschancen für andere Wettbewerber und die Voraussetzung einer hohen Investitionssumme und den hohen notwendigen Kapitalaufwand beschränken den Besitz der Medien auf eine sehr kleine Gruppe von Unternehmen und Personen. Diese Beschränkung wurde maßgeblich schon vor über einem Jahrhundert eingeführt und erklärt das fast völlige Verschwinden der Arbeiterpresse und der konfessionellen Presse Mitte des letzten Jahrhunderts. Durch diese Beschränkung des Besitzes sind die Medien vollkommen von ihren Geldgebern abhängig und Herman und Chomsky gehen davon aus, .dass die Unabhängigkeit der Medien von den Unternehmen und der Regierung unvereinbar mit den strukturellen Faktoren [wie Besitz und Reichtum der Eigentümer] ist.. 16 Die Werbung durch die Wirtschaft: der zweite Filter .Wie jedes andere Gewerbe verkaufen sie [die Medien] ein Produkt an die Käufer. Ihr Erwerb sind die Inserenten und das Produkt ist das Publikum, mit einer Ausrichtung auf wohlhabenderes Publikum welches höhere Anzeigenraten erzielt. [...] Es ist wahrscheinlich keine große Überraschung, wenn sie das Weltbild, dass sie präsentieren aus der Perspektive und den Interessen der Käufer, der Verkäufer und des Produktes wiederspiegeln.. 17

Die wirtschaftliche Ausrichtung der Medienunternehmen und die Werbung als Haupteinnahmequelle haben einen großen Einfluss auf die Auswahl und Vielfalt der Medieninhalte. Während der Anzeigenmarkt bei Zeitungen ungefähr zwei Drittel des Gesamtumsatzes beisteuert, liegt er bei Fernsehsendern bei fast 100 Prozent. 18


14 Vgl. Kopper, Gerd G. (Hrsg.), Marktzutritt bei Tageszeitungen. Zur Sicherung von Meinungsvielfalt durch Wettbewerb, München u.a. 1984.
15 Schütz, Walter J., Entwicklung in der Tagespresse, in: Jürgen Wilke (Hg.), Bundeszentrale für Politische Bildung. Mediengeschichte in der Bundesrepublik, Bonn 1999, S. 112.
16 Herman, Edward S. / Chomsky, Noam, Manufacturing Consent. The Political Economy of the Mass Media, New York, 1988, S. 4.
17 Chomsky, Noam: Necessary Illusions. Thought Control in Democratic Societies. Boston/MA 1989, S.8.
18 Schütz, Walter, Entwicklung der Tagespresse, in: Wilke, Jürgen (Hrsg.), Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, 1999, S.120

Ohne Werbung bringt eine Sendung keinen Gewinn und ist damit für die Sender uninteressant bzw. schlicht nicht finanzierbar. Auch die zunehmende und oft kritisierte Banalisierung der Medieninhalte und die Verflachung des Niveaus sind Folgen der Werbung als Haupteinnahmequelle der Medien. Sendungen mit ernsthaften Komplexitäten oder beunruhigenden Kontroversen werden von Werbekunden eher gemieden, weil sie die .Kaufstimmung. beeinträchtigen könnten bzw. dieser nicht förderlich sind. Für die Fernsehsender sind leichte Programmformate billiger zu produzieren und verkaufen sich besser, da diese von den Werbekunden bevorzugt werden. William Evan nennt die Medienunternehmen .normative Referenzorganisationen., die sich den Bedingungen und Anforderungen der Werbekunden anpassen müssen um erfolgreich zu sein. 19 Welches Programm gesendet wird, bestimmen also zum Großteil die Anzeigenkunden, nicht die Zuschauer. Otfried Jarren bemerkt dazu, dass die Medien nicht nach inhaltlichen Gesichtspunkten agieren, sondern .eigenständig und in inhaltlicher Hinsicht .neutral... Diese Neutralität beschränkt sich dabei allerdings nur auf rein wirtschaftliche Gesichtspunkte, denn wie Joseph Turrow bemerkt ist der Freie Markt .mit Werbung [...] im Endeffekt kein neutrales System [mehr] in dem die Käufer die Entscheidung treffen. Die Werbekunden bestimmen über den Einfluss, den Wohlstand und das Überleben.. 20 Dadurch gewinnt das Mediensystem zwar eine relative Autonomie gegenüber des politischen Systems, wird aber zugleich durch die Werbung als Haupteinnahmequelle in eine symbiotische Beziehung mit der Wirtschaft gezwungen. Die Medien .organisieren Kaufgruppen für die Wirtschaft., wobei sich das Hauptaugenmerk auf wohlhabendere und damit profitablere Zuschauer richtet. 21 Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, besitzen alle großen deutschen Tageszeitungen, Magazine und Fernsehsender eigene Abteilungen zur Untersuchung der Leserschaft bzw. Zuschauerstruktur, welche den Anzeigenkunden
.angeboten. werden. Die Nachrichtenquellen der Massenmedien: der dritte Filter Die Massenmedien benötigen einen stetigen Fluss von zuverlässigen Nachrichten. Sie müssen ihren täglichen Nachrichtenbedarf decken und ihre Termine einhalten. Durch die Notwendigkeit diesen Bedarf zu befriedigen, sowie durch wirtschaftliche Notwendigkeiten werden die Massenmedien in eine symbiotische Beziehung mit den machtvollen Quellen der 19 Evan, William, Organisation Theory, New York 1976), S. 123. 20 .... die Produzenten repräsentieren die [Werbe] Kunden mit der größten Gewinnmöglichkeiten welche Unterstützung durch die Öffentlichkeit erhalten werden, während die die in diesem Wettbewerb keine Chance haben nicht überleben werden..

Turow, Joseph: Media Industries. The Production of News and Entertainment, New York, 1984, S. 52.
21 Vgl. Kurt Imhof, Eine Symbiose: soziale Bewegung und Medien, Bonn 1999, S. 165-186


Nachrichten gezwungen. Diese Beziehung zwischen Nachrichtenverwertern und Nachrichtenquellen ergibt sich aus einer Reihe von Gründen. Die Medienunternehmen können es sich nicht leisten, Reporter an allen Stellen zu unterhalten, an denen wichtige Ereignisse stattfinden könnte. Dadurch konzentrieren sie ihre Ressourcen auf die Orte, wo Nachrichten oft verbreitet werden: Bei den offiziellen Pressekonferenzen im Kanzleramt, im Außenministerium u.s.w.. Als weitere Nachrichtenquellen kommen noch Wirtschaftsunternehmen, Handelsgruppen, Gewerkschaften u.ä. hinzu. Diese Bürokratien produzieren eine große Zahl von Material um den Nachrichtenbedarf der Medienunternehmen zu sichern. Mark Fishman nennt diese Beziehung .das Prinzip der bürokratischen Affinität: Nur Bürokratien können den notwendigen Input einer anderen Bürokratie befriedigen..


Die Informationen dieser Bürokratien sind billig, leicht zu bekommen und werden zudem noch als eine zuverlässig Nachrichtenquelle angesehen. Während ein redaktioneller Text sehr gewissenhaft recherchiert werden muss und die Informationen zuverlässig sein müssen, um den Verfasser vor Kritik oder sogar Klagen zu schützen, ist dies bei Informationen der oben genannten Bürokratien nicht notwendig, da diese aufgrund des Prestiges und Ansehen als zuverlässig eingestuft werden können.

Fishman bemerkt weiter, dass Beschäftigte im Nachrichtensektor dahingehend beeinflusst werden .bürokratische Beiträge als Tatsachen anzuerkennen, [...] Insbesondere, wird ein Nachrichtenarbeiter eine offizielle Behauptung nicht als eine Behauptung, sondern als einen zuverlässigen, kompetenten Teil von Wissen sehen. Dies führt zu einer moralischen Aufteilung der Arbeit: Offizielle haben die Fakten und geben sie heraus; Reporter bekommen diese nur..

Während redaktionelle Arbeit aufwändig und teuer ist und Kritik auf sich ziehen könnte, sind die von den Bürokratien angebotenen Informationen billig, schnell, werden als zuverlässig angesehen und schützen die Medienschaffenden vor Kritik. Diese .Vorteile. der Nachrichtenquellen haben in Deutschland dazu geführt, das nur noch ca. 20% der Beiträge in Zeitungen redaktionelle Arbeit sind und die restlichen 80% entweder gekürzt oder leicht verändert direkt von den Primärquellen übernommen werden, seinen es Regierungs-, Unternehmens-, Militär- oder Agenturquellen.


22 Fishman, Mark, Manufacturing the News, Austin 1980, S. 143.
23 Vgl. Herman, Edward S. / Chomsky, Noam, Manufacturing Consent. The Political Economy of the Mass Media, New York, 1988, S.19f..
24 Fishman, Mark, Manufacturing the News, Austin: University of Texas Press, 1980, S. 144ff..
25 Vgl. Leif, Thomas, Macht ohne Verantwortung. Der wuchernde Einfluss der Medien und das Desinteresse der Gesellschaft, in: Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.), Aus Politik und Zeitgeschichte, B 41-42/2001, Bonn 2001.

Flak und seine Durchsetzung: der vierte Filter

Ein weiterer wirkungsvoller, aber nicht so offensichtlicher Faktor in der Verarbeitungskette von Rohnachrichten zu Nachrichten ist die Produktion von .Flak.. Edward Herman und Noam Chomsky definieren Flak als .negative Reaktionen auf eine Aussage oder ein Programm in den Medien.. Diese Reaktionen können .die Form von Briefen, Telegrammen, Anrufen, Petitionen, Prozessen, Reden und Gesetzesentwürfen und andere Arten der Beschwerde, Drohung und Bestrafung annehmen. Es kann zentral oder lokal organisiert sein oder aus dem vollkommen unabhängigen Handeln von Einzelpersonen bestehen..

Meist bleibt die Produktion von Flak von der Öffentlichkeit unbemerkt, und direkter Druck ist eher selten. Zieht z.B. ein Werbekunde seine Anzeigen zurück, was zu starken wirtschaftlichen Einbußen bei dem Medienunternehmen führt, so werden sowohl der betroffene Medienkonzern als auch seine Mitbewerber beim nächsten Mal vorsichtiger sein, um solche Reaktionen zu vermeiden.

Ein in Deutschland publik gewordenes Beispiel für .Flak. ist die Diskussion um eine Aussage von Ulrich Wickert und die Forderung vieler Politiker nach dem Rücktritt des angesehenen Tagesschausprechers. Wickert hatte in einem Interview mit dem Magazin Max die Indische Schriftstellerin Arundhati Roy mit den Worten zitiert: .Ossama Bin Laden ist Amerikas Familiengeheimnis, der dunkle Doppelgänger des amerikanischen Präsidenten. und fügte selbst hinzu, dass .Bush weder ein Killer noch ein Terrorist sei, aber die Denkstrukturen dieselben wären.. Ein Beispiel für die Reaktion vieler Politiker lieferte die Parteivorsitzende der CDU, Angela Merkel: .Wenn es wahr ist, das er diese Äußerung getroffen hat, dann ist er nicht länger qualifiziert Tageschausprecher zu sein.. Aufgrund des entstandenen Drucks entschuldigte sich Wickert und zog den Kommentar zurück. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig zu bemerken, dass Ulrich Wickert das Aushängeschild Deutschlands angesehenster Nachrichtensendung, der Tagesschau, ist. Man kann sich leicht vorstellen, welche Konsequenzen diese Aussage bei weniger bekannten und angesehenen Journalisten ausgelöst hätte, bzw. welche Signalwirkung dieser Fall für andere Journalisten hatte.

26 Herman, Edward S. / Chomsky, Noam, Manufacturing Consent. The Political Economy of the Mass Media, New York 1988, S. 26 f..

Ein Fall, bei dem Druck durch ein Unternehmen ausgeübt wurde, ereignete sich am 12. März 2001, als die Lufthansa das Management der Süddeutschen Zeitung informierte, dass sie die Anzahl der bisherigen Abonnements der Zeitung um 10.000 senken würden. Die Süddeutsche Zeitung hatte eine Serie von Artikeln und Reportagen über die streikenden Lufthansapiloten gebracht, welche der Lufthansaführung missfielen. Die Lufthansa bestreitet eine Verbindung zwischen ihrer Entscheidung und den Artikeln, obwohl beide Seiten kurz zuvor ein Abkommen geschlossen hatten, dass keine Reduzierung der Abonnements vorsah.27

Die britische Journalistin Kate Connolly berichtete von einer Aussage eines leitenden Angestellten der Lufthansa, dass die Rücknahme der Abonnements eine direkte Bestrafung für die .negative. Reportage für die SZ sein sollte. .Weber [der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa] bestrafte die SZ wegen der kritischen Artikel eines Wirtschaftsreporters, weil er seinen eigenen Standpunkt nicht einnahm.. 28

Sie berichtet weiter, dass sie ihre Story nach eingehender Recherche auch anderen deutschen Tageszeitungen und Magazinen angeboten habe, diese aber aus .vorauseilendem Gehorsam. abgelehnt hätten. Weiter hätte ein Redakteur ihr gegenüber erklärt, der Beitrag sei aus Furcht vor Unannehmlichkeiten zurückgewiesen worden. 29

Dies sind nur zwei publik gewordene Fälle, in den meisten Fällen bleibt die Produktion von Flak verborgen, denn weder die Produzenten von Flak noch die Medienunternehmen selbst haben ein Interesse an einer Diskussion über dieses Thema. Wegen der Signalwirkung solcher .Einzelfälle. ist ein häufiges Eingreifen auch nicht notwendig, da die Presseschaffenden die Normen und Werte ihrer Auftraggeber verinnerlichen und sie als Teil der .professionellen. Arbeitsweise betrachten.

Die Herrschende Ideologie als Kontrollmechanismus: der fünfte Filter

Der ursprüngliche Name dieses Filters war .Antikommunismus als Kontrollmechanismus., da dieser Begriff aus der Zeit des Kalten Krieges stammt und mittlerweile überholt ist, wurde er von Edward Herman in einem Interview 1988 durch den Kontrollmechanismus der herrschenden Meinung präzisiert bzw. ersetzt. Tatsächlich haben sich die Begriffe nach dem Ende des Kalten Krieges zwar verändert, dass grundsätzliche Prinzip und die Filterfunktion sind jedoch als effektiver Mechanismus zur Unterdrückung abweichender Meinungen beibehalten worden.

27 Reporter ohne Grenzen, Germany - Annual Report 2002, online 12.0.9.2002: http://www.rsf.org/article.php3?id_article=1818.
28 Connolly, Kate, Lufthansa cuts papers in-flight saltes after strike articles, in: The Guardian, Montag 21.03.2001, 07.06.2002 online: http://www.guardian.co.uk/international/story/0,3604,493739,00.html.
29 Mielke, Ralf, Ein übles Ding. Im Streit zwischen Lufthansa und .Süddeutscher Zeitung. geht es um die Unabhängigkeit der Medien, in: Berliner Zeitung, 30. Mai 2001, online: http://www.berlinonline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/2001/0530/medien/0006/.


Die Funktionsweise des Filters erklären Herman und Chomsky damit, dass .jeder Streitpunkt [...] auf Hinsicht einer zweigeteilten Welt von kommunistischer und antikommunistischer Macht unterteilt. wird und damit jede Kritik als pro- kommunistisch verurteilt und denunziert werden kann. 30

Dabei ist der Begriff des Kommunismus ohne weiteres ersetzbar. Letztendlich handelt es sich bei diesem Vorgehen um ein sehr klassisches Propagandainstrument. Indem man nur zwei Optionen im Diskurs zulässt, zwingt man jeden Abweichler zu bedingungslosem Gehorsam, oder man kann sie für die Unterstützung des ultimativ bösen denunzieren.

In Deutschland sind die Begriffe vielfältiger und teilweise sicherlich nicht so stark ausgeprägt wie in den USA, dennoch kann die Arbeit des Filters der herrschenden Meinung in abgeänderter Form auch in Deutschland beobachtet werden. Beispielsweise wird die Ideologie des Freien Marktes in einer ähnlichen Art und Weise benutzt und ist als Konzept nicht mehr hinterfragbar. Daran Ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Diskussion innerhalb der Eliten durchaus geführt wird, beispielsweise im Zusammenhang mit Freihandelsabkommen wie NAFTA oder die EU Osterweiterung. In den Eliten ist diese Diskussion durchaus erlaubt, nicht aber in der Öffentlichkeit.

Ein Fall, in dem dieser Filter der herrschenden Meinung ganz konkret von einem Public Relations Unternehmen aufgegriffen und benutzt wurde, war der Kosovokrieg, in dem die Geschichte des Holocaust erfolgreich für eine Propagandakampagne instrumentalisiert wurde. James Harff der ehemalige Direktor von Ruder Finn brüstet sich in einem Interview damit, dass es ihm trotz des latenten Antisemitismus der bosnischen und kroatischen Führung gelang, die jüdische Meinung auf seine Seite zu ziehen: .Wir überlisteten die drei großen jüdischen Organisationen [...] Wir schlugen vor, dass diese eine Annonce in der New York Times veröffentlichen und eine Demonstration vor der UNO organisierten. Das war ein großartiger Coup. Als die jüdischen Organisationen in das Spiel [...] eingriffen, konnten wir sofort, in der öffentlichen Meinung, die Serben mit den Nazis gleichsetzen. [...] Fast unmittelbar danach benutzten die Medien eine andere Sprache mit emotionsgeladenen Begriffen, wie .ethnische Säuberung., .Konzentrationslager' etc., Begriffe, die man mit Bildern aus Nazideutschland und den Gaskammern von Auschwitz assoziiert. Niemand konnte sich mehr dagegen wenden, ohne des Revisionismus angeklagt zu werden. Wir hatten hundertprozentigen Erfolg..31


30 Herman, Edward S. / Chomsky, Noam, Manufacturing Consent. The Political Economy of the Mass Media, New York 1988, S. 30.
31 Ramati, Yohanan, Stopping the War in Yugoslavia. In: Midstream - A Monthly Jewish Review, April 1994, 07.06.2002 online: http://www.balkanpeace.org/cib/bac/bac09.shtml. Page 16

Die Strategie von Ruder Finn ging voll auf und war in Deutschland ein Beispiel für den Einsatz dieser herrschende Meinung durch die PR Industrie und ihre Umsetzung durch die Politik. Während Rudolf Scharping davon sprach, dass .im Norden von Pristina ein Konzentrationslager eingerichtet wird., und dass man die .serbische Bevölkerung auffordert, ein großes .S. auf die Türen zu malen, damit sie von den Säuberungen nicht betroffen sind, dann ist etwas im Gange, bei dem kein Zivilisierter Europäer mehr die Augen zumachen darf, außer er wolle in die Fratze der eigenen Geschichte schauen.. Joschka Fischer bemühte sogar den direkten Vergleich zwischen Nazis und Serben, indem er mit dem Ausspruch .Nie wieder Auschwitz. den Krieg rechtfertigte. 32

Dass sich alle Anschuldigungen nach dem Krieg als nicht mehr haltbar erwiesen, ist von keiner Bedeutung mehr, da es nach J. Harff nur .die erste Behauptung [ist], die wirklich zählt. Alle Dementis sind völlig wirkungslos. Die Public Relation Profis sind sich der Wirkung dieses letzten Filters sehr bewusst und setzen ihn dementsprechend ein. Dabei arbeiten sie weitgehend unideologisch und verstehen sich, wie John W. Rendon von der renommierten Rendon Group, als .Informationskrieger. deren Aufgabe nicht darin besteht .den Wahrheitsgehalt von Informationen zu überprüfen. Sie sehen dies als einen Ausdruck von Professionalität an und werden dementsprechend nicht .dafür bezahlt werden zu moralisieren.. 33

Schlussbemerkungen

Die von Herman und Chomsky aufgeführten zentralen Komponenten des Propagandamodells, wie strukturelle Faktoren, die Abhängigkeit von den verschiedenen Institutionen und die Einflussnahme auf die Medien sind auch in Deutschland vorhanden und bieten eine Erklärung für die Handlungsweise der deutschen Medien. Dabei sollte man sich darüber bewusst sein, dass das Propagandamodell nicht davon ausgeht, dass die Medien immer monolithische Ergebnisse liefern. Das die Filter ihre Arbeit nicht immer mit letzter Konsequenz verrichten können und das dies - wie Herman und Chomsky betonen - gerade die Schönheit und die Effizienz des Modells ausmache. Beschäftigte im Mediensektor arbeiten oft mit voller Integrität und gutem Willen und werden die Existenz eines Propagandamodells vehement bestreiten. Dabei ignorieren sie aber die Tatsache, dass sie ohne die Verinnerlichung der Werte und strukturellen Zwänge der Medien gar nicht in ihrer Position wären.

32 Monitor, Es begann mit einer Lüge. 07.06.2002 online: http://online.wdr.de/online/news/kosovoluege/sendung_text.pdf.
33 Ramati, Yohanan, Stopping the War in Yugoslavia. In: Midstream - A Monthly Jewish Review, April 1994, 07.06.2002 online: http://www.balkanpeace.org/cib/bac/bac09.shtml. Page 17

Ein Chefredakteur kann gerade in Zeiten von Übernahmen und schlechter wirtschaftlicher Lage keine kritischen Berichte eines Redakteurs dulden, die zu einer Reduzierung oder Beendigung von Anzeigen führen könnten, weil er damit dieÜberlebensgrundlage seines Unternehmens zerstören würde. Die Annahme, dass die Berichterstattung im fundamentalen Gegensatz zu den Interessen der Inserenten und der Besitzer der Medien stehen würde, ist absurd. Auch die weit verbreitete Ansicht, die Zuschauer seien für das fehlende Niveau in den Medien verantwortlich, ist angesichts der strukturellen Zwänge, denen Medienunternehmen ausgesetzt sind, nicht haltbar. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Medien für Demokratie und Kommunikation stellt sich die Frage nach einer Änderung bzw. Demokratisierung der Medien. Robert McChesney betont, dass .wenn wir es mit Demokratie ernst meinen, wir das Mediensystem strukturell reformieren müssen. und führt weiter aus, dass diese Reform seiner Ansicht nach .Teil einer breiteren Bewegung sein [muss], um alle Kerninstitutionen der Gesellschaft zu demokratisieren..34

Der Aufbau alternativer Medienstrukturen ist notwendig und Projekte wie Indymedia 35 und viele andere zeigen, dass dies machbar ist. Die von Noam Chomsky vorgeschlagene Reaktion auf die vorhandenen Medienstrukturen wird von Ihm als .Intellektuelle Selbstverteidigung. bezeichnet und ist, ein kritisches Denken den Medien gegenüber vorausgesetzt, lediglich der Einsatz von klarem Menschenverstand in Verbindung mit der Suche nach Nachrichten mit wirklichem Informationsgehalt. Die Medienanalyse von Herman und Chomsky soll dabei behilflich sein, zu unterscheiden bei welchen Nachrichten es sich um wirkliche Informationen handelt und welche Propaganda darstellen. Diese Unterscheidung ist für ein grundsätzliches Verständnis der in den Medien diskutierten Inhalten von großer Bedeutung und der Einsatz von Begriffen wie Anti- Amerikanismus, die simple Unterteilung der Welt in Gut und Böse und das völlige Ausblenden des historischen Kontextes bei bestimmten Konflikten, sollte einem in diesem Zusammenhang zu denken geben.

34 McChesney, Robert, Rich Media Poor Democracy. Communications Politics in Dubious Times, Illinois 1999.
35 Indymedia ist ein internationales Netzwerk von Aktivistinnen für unabhängige unkommerzielle Berichterstattung von unten . vor Ort und weltweit. Es versteht sich als Teil des weltweiten Widerstands gegen die kapitalistische Globalisierung

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SEMINAR FÜR POLITISCHE WISSENSCHAFT DER RHEINISCHEN
FRIEDRICH- WILHELMS- UNIVERSITÄT BONN

Propädeutikum
Dozent: Prof. Ch. Rotkegel
Sommersemester 2001/2002
Vorgelegt von:
Timo Stollenwerk
7. Semester,
HF: Informatik
NF: Politische Wissenschaft
Franziskanerstraße 1
53113 Bonn