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28 September 2010

Kunstfaelschung Campendonk ROTE PFERDE

Diese arrogante WELT der oberen 10.tausend geschieht es ganz recht...

Die tun immer so als seien sie super gescheit nur weil sie viel kohle haben (ob zurecht oder unzurecht verdient lassen wir mal offen) .

When a man tells you that he got rich through hard work, ask him: 'Whose?'


Freiburger Kunstskandal: Das Doppelleben der Fälscher

Drei prominente Freiburger sitzen derzeit in Kölner Haft. Sie sollen die Hauptfiguren in einem der größten Kunstfälscherskandale der Nachkriegszeit sein. Wie wurde der Kunstmarkt genarrt?

  1. Angeblich Louis Marcoussis – aber gefälscht Foto: dpa

Liegt sie hier, die Fälscherwerkstatt? Hier hoch droben in Herdern, in einer Villa in bester Lage, von wo der Künstler einen malerischen Ausblick auf den Münsterturm und die Dächer Freiburgs hatte? Wurde hier ein Kunstkrimi geschrieben, wie es lange keinen gab? Noch sind Fragen offen. Was man weiß: Der Maler Wolfgang B. (59) und seine Frau Helene (51), die in diesem Haus mit viel Glas und Photovoltaik lebten, sitzen seit drei Wochen in Köln in U-Haft, wie auch Schwägerin Jeanette S. (57). Sie sollen die Hauptfiguren in einem der größten Kunstfälscherskandale der Nachkriegszeit sein.

Die Ermittler glauben, dass B. Werke von Expressionisten wie Campendonk oder Pechstein gefälscht und mit seiner Frau und deren Schwester seit 1995 am Kunstmarkt platziert hat. Angeblich stammten sie aus der Sammlung Werner Jägers, des Großvaters der Frauen. Den gab es, die Sammlung eher nicht. Alles flog dank eines dubiosen Galerie-Aufklebers auf, die Bilder galten als meisterhaft.

Unheimlich nette Leute

"Er ist ein genialer Künstler", sagt Professor Björn Stark, Direktor der Abteilung Plastische Chirurgie an der Uniklinik Freiburg und Chef der privaten Erich-Lexer-Klinik. Er hatte beruflich und privat mit dem Ehepaar zu tun, bei ihm hängt ein von B. gemaltes Werk im Büro. B. hat es signiert – mit seinem Namen. Über den Maler und seine Frau kann der Professor nur Positives sagen: "Wenn ich eine Liste mit den zehn nettesten Freiburgern erstellen sollte, die B.' s wären darunter." Er beschreibt Helene B. als kultivierte Frau und ihren Mann als Prototyp eines Künstlers und zugewandten Menschen.



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Bunt aber falsch. Rotes Bild mit Pferden. 1914 Öl auf Leinwand 62 x 100,3 cm


Die B.' s pendelten zwischen Freiburg und Méze in Südfrankreich, wo sie ein umgebautes Bauernhaus bewohnten. Den Wohnsitz in Freiburg richtete das Paar vor etwa fünf Jahren ein. Freiburg habe ihnen einfach gefallen, sagen Bekannte. Zudem liegt Freiburg günstig an der Route von Südfrankreich nach Köln, woher die B.' s stammen. Über die Vorgeschichte weiß man wenig: Der Vater von B. soll Kirchenrenovator gewesen sein, B. soll ihm dabei früh über die Schulter geschaut haben.

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"Leute dieser Vermögensklasse haben wir in Freiburg wenige."

In ihrer Wahlheimat Freiburg führten sich die Eheleute B. als Maler und Kunsthändler ein. In exquisiter Lage fand sich eine Immobilie. Das Haus wurde für etliche Millionen Euro umgebaut. Die Überweisungen für die Handwerker kamen von einer Bank in Andorra. In der letzten Bauphase lebten die B.' s für einige Monate im "Colombi", dem einzigen Freiburger Fünf-Sterne-Hotel. Sie suchten und fanden schnell Anschluss an die bessere Freiburger Gesellschaft. Von dieser hob sich B. schon äußerlich ab: Er wird als Gottschalk-Typ beschrieben, lange Haare, Jeans, flapsige Art. Auch Ed-Hardy-T-Shirts tragen nur wenige 59-Jährige in der Freiburger High Society. Geprotzt hätten die B.' s aber nie. Sie schmissen eine Einweihungsparty, alle Räume standen offen. Unter den Gästen viel Prominenz. Es war ein interessanter Abend, sagt eine, die dabei war: "Leute dieser Vermögensklasse haben wir in Freiburg wenige."

Dennoch: Ein bisschen mysteriös wirkten die begüterten Neubürger dann doch, hört man auch. Manch einer googelte deren Namen im Internet. Dort findet sich wenig bis nichts. Einer fragte Wolfgang B., wann denn mal eine Ausstellung des Malers zu bewundern sei. Und bekam zu hören: "Das habe ich schon lange nicht mehr nötig." Die Verhaftung der drei hat in Freiburg jedenfalls Wirbel gemacht – wenn auch kein Vergleich zu dem, was seither in der Kunstszene los ist.

Der Kunstmarkt lebt nämlich vom untadeligen Ruf der Händler und dem Vertrauen einer betuchten Kundschaft, die Diskretion zu schätzen weiß. Ein Skandal wie der um die vermeintliche Sammlung Jägers wirft ein grelles Licht auf Anspruch und Wirklichkeit des Geschäfts mit der Kunst. Vor den Augen der Öffentlichkeit entsteht ein Sittengemälde, das so gar nicht zum Selbstbild der Branche passen will: von sorglosen Händlern, fehlbaren Fachleuten und der Gier der Sammler – vielleicht sogar von Fehlern im System? "Händler, Experten, Käufer – alle Beteiligten sind erschüttert", sagt Susanne Schreiber, Leiterin der Redaktion Kunst und Kunstmarkt des Handelsblatts. Auch bei Auktionshäusern, die nicht mit der Sammlung Jägers in Verbindung gebracht werden, fragten Kunden nach, ob ihre Kunstwerke aus der vergifteten Quelle stammen – "selbst bei Verkäufen, die schon länger zurück liegen", sagt Schreiber. "Es ist eine durchgehende Verunsicherung zu spüren."

Den schwersten Stand haben nun die Gutachter. Die Campendonk-Expertin Andrea Firmenich, der Max-Ernst-Kenner Werner Spies, Max Pechsteins Nachfahren – sie alle haben sich in den meisterhaft gefälschten Bildern getäuscht. Sind die Fachleute das schwächste Glied der Kette? Fest steht für die Fachjournalistin: Will die Branche Vertrauen zurückgewinnen, muss sie hier ansetzen. Mündliche Expertisen oder die Begutachtung von Bildern nach Fotos – "all das muss ein Ende haben".

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Eher ein Expertenskandal

Werner Fuld hat 1999 das "Lexikon der Fälschungen" veröffentlicht. Die Sammlung Jägers ist für ihn weniger ein Kunst- als ein "Expertenskandal". Das Zusammenspiel von Auktionshäusern und Gutachtern zum beidseitigen Nutzen mache es Gaunern leicht. Auf dem Markt seien viel mehr Fälschungen, als die Branche zugebe. "Nur hat niemand ein Interesse daran, diese als Falsifikate zu deklarieren, weil jeder daran verdient." An der Sammlung Jägers findet Fuld eines außergewöhnlich: "Es ist relativ selten, dass ein Fälscher eine so breite Palette von Malern hat." Das setze große Kenntnisse der Kunstgeschichte und der Werksverzeichnisse voraus. Dazu passt aber nicht der Missgriff, der die Fälschungen auffliegen ließ. Für Campendonks "Rotes Bild mit Pferden" wurde ein Farbpigment verwendet, das zur angeblichen Entstehungszeit noch gar nicht auf dem Markt war, sagt das Doerner-Institut, die Nummer 1 im Land für die naturwissenschaftliche Überprüfung von Kunst.

"So einen groben Fehler würde kein historisch versierter Fälscher machen", sagt Fuld. "Deshalb bin ich sehr skeptisch, ob ein Mensch all diese Bilder gefälscht hat." Sein Tipp: Arbeitsteilung. In Deutschland könnte jemand den Markt bereitet, Kontakte aufgebaut, den Bildern einen Lebenslauf verpasst haben. Gemalt worden sei eventuell woanders, etwa in Asien, von einem nachempfindenden Fälscher, der keine Motive kopiert, sondern Bilder im Stil bekannter Maler kreiert.

Für sein Lexikon hat sich Fuld mit den berühmtesten Kopisten der Kunstgeschichte beschäftigt. Eines ihrer Motive ist gekränkte Eitelkeit: Der Niederländer Han van Meegeren, dessen falsche Vermeers sogar den Nazibonzen Hermann Göring täuschten, sei so einer gewesen, sagt Fuld. Seine eigenen Bilder seien geschmäht, die Vermeers gerühmt worden. Den Ungarn Elmer de Horys, den Fuld für den "größten Fälscher unserer Zeit" hält, habe es gereizt, die Kenner hinters Licht zu führen. Und der schnöde Mammon? Unter den Fälschern, die das Pekuniäre antrieb, kennt Fuld "keine künstlerisch herausragenden Persönlichkeiten".

1200 falsche Giacomettis

Von solchen Theorien hält Ernst Schöller vom Landeskriminalamt Stuttgart gar nichts. "Es geht immer ums Geld." Die Rache am Markt, der Kitzel des Fälschens – für ihn alles Ausreden überführter Täter, die er schon zu oft gehört hat. Schöller ist bundesweit einer von vielleicht 15 Spezialisten der Polizei, die sich mit falscher Kunst beschäftigen. Die Personalstellen sind weniger geworden, die Zahl der Fälschung geht derweil "stark nach oben". Drei Teams versuchen, der Flut Herr zu werden. Die Stuttgarter haben es mit 1200 falschen Giacomettis zu tun, die 2009 auftauchten. Und die Berliner befassen sich die kommenden Monate mit der Sammlung Jägers.

Ob Aktien oder Kunst – Betrug ist Betrug, sagt Schöller. Es geht ihm aber auch um die Kunst als Kulturgut: "Ich möchte nicht, dass unsere Enkel eines Tages in Museen nur noch Fälschungen sehen."

Was sagt das Ehepaar B. zu den Anschuldigungen? Ferdinand Gillmeister, der bekannte Freiburger Anwalt, verteidigt die Beschuldigten. Er will derzeit nichts Näheres zu den Vorwürfen sagen. Die Staatsanwaltschaft überprüfe derzeit noch Auktionshäuser auf der ganzen Welt und suche nach Galerienaufklebern. Nur so viel will Gillmeister sagen: "Wir werden alle als Kunstspezialisten aus diesem Verfahren hervorgehen."

Es gibt in Freiburg auch Bekannte von Wolfgang und Helene B., die von der Unschuld der beiden überzeugt sind. Das Atelier in Freiburg sei rundum verglast und gut einsehbar, alle Besucher hätten immer Zugang gehabt: "Wie soll da jemand Bilder fälschen?" Andererseits gab es auch noch ein Atelier in Südfrankreich. Einem Freiburger hat B. erzählt, die Muße zum Malen, die finde er nur dort.

HINTERGRUND
Geniale Fälschungen, stümperhafte Etiketten
Wolfgang B., seine Frau und deren Schwester sollen 20 oder mehr Bilder der klassischen Moderne von Malern wie

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fake
Max Pechstein, Max Ernst oder Fernand Léger gefälscht haben. Der Schaden wird auf 15 bis 80 Millionen Euro geschätzt. Allein das "Rote Bild mit Pferden" von Heinrich Campendonk wurde von Lempertz in Köln für 2,4 Millionen Euro versteigert. Betroffen sind auch Christie's in London und der Kunsthandel in Paris und der Schweiz.  Die Fälscher gingen geschickt vor. Die Bilder sind meisterlich gemalt, die Motive selbst ausgedacht oder an andere Bilder angelehnt und sie brachten eine clever gesponnene kunsthistorische Vita mit. Angeboten wurden Bilder, die in Werkverzeichnissen oder zeitgenössischen Dokumenten vermerkt sind, von denen aber keine Abbildungen existieren.

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Und die Leinwände wurden mit gefälschten Aufklebern bekannter Galeristen versehen, um die "Provenienz" der Werke zu belegen. Zwar waren die Etiketten stümperhaft nachgemacht. Im Moment des Verkaufs fragte danach aber keiner. Zu groß ist die Nachfrage nach Meistern der klassischen Moderne – erst recht, wenn sie vorher noch nie angeboten wurden. Erst im Nachhinein kamen Zweifel auf, wurden Experten mit Recherchen beauftragt – aber da war es schon zu spät.




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Pechsteinfälschungen und ihr heutiger Besitzer Hermann Gerlinger.