Afghanistan Bundeswehr Massaker (ACHTUNG SCHRECKLICHE FOTOS)
Tankwagen-Bombardement
Ex-Minister Rühe empfiehlt "Flucht in die Wahrheit"
Der Luftangriff in Afghanistan mit möglicherweise 125 Toten bringt Franz Josef Jung jetzt auch innenpolitisch Kritik ein. Die Grünen werfen dem Verteidigungsminister "absolutes Versagen" vor, die SPD fordert Aufklärung bis Dienstag und selbst Jungs Parteifreund und Vorgänger Volker Rühe spricht von einem "Desaster".
Der verheerende Luftangriff auf von Taliban entführte Tankwagen mit dutzenden Toten bringt die Bundesregierung immer stärker in Erklärungsnöte. Unter Druck gerät vor allem Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), dem neben der Opposition auch die SPD eine miserable Informationspolitik vorwirft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte mittlerweile zu, dass die Umstände des von der Bundeswehr befohlenen Angriffs zügig aufgeklärt würden. Der Vorfall in der Nacht zum Freitag hat auch die Debatte über einen Rückzug der Bundeswehr neu entfacht. Nach wie vor ist unklar, wie viele Menschen bei dem Angriff ums Leben kamen und ob unter ihnen auch Zivilisten waren.
Merkel sagte am Sonntagabend bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister Gordon Brown in Berlin, Deutschland werde der Nato-Untersuchungskommission alle relevante Informationen bereitstellen. Es gehe ihr darum schnell aufzuklären, ob es auch zivile Opfer gegeben habe. Falls diese zu beklagen seien, bedauere sie das zutiefst. Zugleich betonte sie, dass die deutschen Soldaten und internationalen Truppen in Afghanistan unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten. "Mir ist es sehr wichtig, dass die Soldaten wissen, dass wir hinter ihnen stehen und sie unsere politische Unterstützung haben."
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte es entscheidend, dass der Vorfall schnellstmöglich und rückhaltlos aufgeklärt werde. "Wir müssen deutlich machen, dass wir alles tun, um zivile Opfer zu vermeiden", sagte er der "Berliner Zeitung". Der SPD-Verteidigungspolitiker Walter Kolbow sagte den "Ruhr Nachrichten": "Das Verteidigungsministerium muss Ergebnisse liefern, am Montag, spätestens am Dienstag."
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Ulrike Merten (SPD), sagte dem "Tagesspiegel" aus Berlin: "Der Minister täte gut daran, nicht nur die Obleute des Verteidigungsausschusses, sondern das gesamte Parlament über den Vorfall zu informieren. Schließlich ist es das Parlament, das über die Einsätze der Bundeswehr entscheidet."
Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, warf Jung in der "Financial Times Deutschland" vor, er habe außen- und sicherheitspolitischen Schaden angerichtet. Der "Rheinischen Post" sagte Trittin: "Frau Merkel muss die Verantwortung für dieses fatale Vorgehen übernehmen." Deshalb erwarte seine Fraktion noch in dieser Woche eine Regierungserklärung zu dem Vorfall nahe Kundus.
Der Grünen-Afghanistan-Experte Winfried Nachtwei warf dem Verteidigungsminister "absolutes Versagen" vor. Der CDU-Politiker unterschätze völlig die politisch-psychologische Wirkung des verheerenden Luftangriffs. "Jetzt sind offene und konkrete Worte des Ministers gefragt, eine deutliche Entschuldigung an die Adresse der Familien der Opfer", sagte Nachtwei der "Frankfurter Rundschau".
Auch Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) bezeichnete die Informationspolitik als ein "Desaster". "Der einzige Weg, um in der Nato, in Afghanistan und auch hier im deutschen Parlament wieder Vertrauen herzustellen, ist die Flucht in die Wahrheit", sagte er. "Wenn Fehler gemacht worden sind, dann muss es eine Entschuldigung der Bundesregierung geben", sagte Rühe.
Der Obmann der Linken im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Wolfgang Gehrcke, rief die Mitglieder seiner Partei und alle Bürger für diesen Dienstag zu Mahnwachen und Demonstrationen gegen den Bundeswehr-Einsatz auf. "Der Krieg in Afghanistan eskaliert. Die Bundesregierung lügt, wenn sie immer noch nicht von einem Krieg spricht. Deutschland verantwortet den Tod vieler Zivilisten", sagte Gehrcke laut Mitteilung.
Die FDP-Sicherheitsexpertin Birgit Homburger warf der Bundesregierung vor, sich "wegzuducken". Sie stellte die Frage nach der Verantwortung Steinmeiers. "Der hat die Federführung für den Afghanistan-Einsatz – das wird gerne übersehen -, und der ist auf Tauchstation," kritisierte die Politikerin.
Widerspruch auch aus der eigenen Partei erntete Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) mit seiner Forderung nach einem Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan innerhalb von fünf Jahren. Schröder sagte laut "Welt am Sonntag" bei einer Rede im westfälischen Lübbecke, im Jahr 2015 müsse ein Ende sein mit dem internationalen Engagement.
Zwar betonte auch SPD-Chef Franz Müntefering, Deutschland wolle ebenso wie die anderen Nationen so schnell wie möglich aus Afghanistan raus. Das müsse der neuen afghanischen Regierung klargemacht werden. Im "Bericht aus Berlin" der ARD betonte er am Sonntagabend aber zugleich: "Ich glaube, dass eine Jahreszahl die falsche Antwort ist." Außenminister und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte der "Süddeutschen Zeitung", eine konkrete Jahreszahl könnte in Afghanistan von den Falschen als Ermutigung verstanden werden.
Kritik kam auch vom Deutschen Bundeswehrverband. Sein Vorsitzender Ulrich Kirsch sagte der "Neuen Presse" aus Hannover: "Ich frage mich bei Schröder und anderen, auf welcher Basis sie eine solche Forderung erheben." In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte auch der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer auf die Frage, ob eine Ausstiegsstrategie nötig sei: "Die muss es geben. Allerdings sollten wir das immer so machen, dass das bisher Erreichte nicht in Gefahr gerät. Wir dürfen die Bevölkerung dort nicht alleinlassen."
Der Nato-Angriff soll nach einem Zeitungsbericht zu schweren Verstimmungen innerhalb der Internationalen Schutztruppe Isaf geführt haben. Nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" reagieren hochrangige deutsche Militärs empört über "offenbar von den USA gezielt gestreute Fehlinformationen in einem laufenden Untersuchungsverfahren". Hintergrund sind kritische Stellungnahmen des Nato-Befehlshabers, US-General Stanley McChrystal, und ein Artikel der "Washington Post", in dem schwere Vorwürfe gegen den deutschen Kommandeur des Bundeswehrlagers in Kundus, Oberst Georg Klein, erhoben wurden.
Laut dem Artikel soll der deutsche Oberst, der den Nato-Luftangriff auf die zwei Tanklastwagen befahl, dies aufgrund nur einer Quelle getan haben. Dem Bericht zufolge schätzte ein Erkundungsteam der Nato die Zahl der Toten bei dem Angriff auf 125. Mindestens zwei Dutzend davon, vermutlich aber mehr, seien keine Aufständischen.
Die Isaf wie den Breicht zurück. Nato-Experten würden den Vorfall in der nordafghanischen Provinz Kundus derzeit noch untersuchen, sagte Isaf-Sprecher Eric Tremblay am Sonntag in Kabul. Es seien aber noch keine Untersuchungsergebnisse übermittelt worden. Auch stehe die Zahl der Opfer noch nicht fest.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), warnte die Nato und die EU davor, sich in Afghanistan in interne Auseinandersetzungen treiben zu lassen. Angesichts der kritischen Stimmen am Vorgehen der Bundeswehr sagte er, es sei verheerend, wenn die tragischen Vorfälle um die Bombardierung das Bündnis belasten würden.
Taliban haben nach Angaben der Bundeswehr die beiden Lkw in ihre Gewalt gebracht
Bei dem Angriff seien die Tankzüge explodiert. Dadurch nicht nur die Aufständischen sondern auch Zivilisten ums Leben gekommen. Unklar ist warum. Einigen Angaben zufolge seien die Bewohner des Dorfes Hadschi Amanullah zu den gekaperten Tankern gegangen, um aus ihnen Treibstoff zu entnehmen
Einer von zwei zerstörten Tanklastzügen: Bei dem Luftangriff durch Isaf-Truppen in Afghanistan auf die Fahrzeuge sind Dutzende von Menschen getötet und verletzt worden - darunter auch Zivilisten
Die Dorfbewohner selber sagen jedoch, die Menschen hätten sich lediglich anschauen wollen, was passiert war. Ein Mann Namens Nadschibullah sagte der Nachrichtenagentur DPA, dass mehr als 150 Menschen bei dem Luftangriff getötet worden seien
Die Bundeswehr selbst stritt zunächst ab, dass es zivile Opfer gegeben habe und sprach von 50 getöteten Aufständischen. Mittlerweile aber hat Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen eingeräumt, dass es auch Tote in der Zivilbevölkerung gegeben haben könnte. Die Verletzten werden derzeit in Krankenhäusern behandelt
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