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29 Juni 2007

Uwe Barschel Mord

Uwe Barschel (* 13. Mai 1944 in Glienicke/Nordbahn; † 11. Oktober 1987 in Genf) war ein deutscher Politiker (CDU). Er war von 1982 bis 1987 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein. Nach einem Skandal während des Landtagswahlkampfs (Barschel-Affäre) wurde Barschel am 11. Oktober 1987 im Hotel Beau-Rivage in Genf tot aufgefunden. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht aufgeklärt worden.

Gerhard Wisnewski schriebt dazu:

Was Sie da unten rechts sehen, ist ein Bild des toten Uwe Barschel aus dem Buch "Der Doppelmord an Uwe Barschel", (siehe unten) das ich Ihnen schon früher vorgestellt habe und Ihnen nochmals wärmstens empfehlen möchte. Es handelt sich um einen Doku-Krimi ohnegleichen, der Ihnen einen tiefen Blick in die Eingeweide dieses Staates ermöglicht. Danach wird allerdings nichts mehr sein wie vorher - und das ist keine Übertreibung. Auch für mich barg es noch jede Menge Überraschungen, die selbst über mein Vorstellungsvermögen hinausgingen - und das ist ja in den letzten Jahren ziemlich ausgedehnt worden.

Der "Stern-Barschel" ohne sichtbare Verletzungen. Der Barschel in der Gerichtsmedizin mit Verletzungen.


Worauf ich hinaus will: Ich habe mir dieses Bild angeschaut und dabei fielen mir die Bilder des toten Ex-Ministerpräsidenten Barschel in der Badewanne wieder ein, die damals, 1987, im Stern veröffentlicht worden waren. Ich kramte in meinen Archiven und fand ein Heft, in dem sich der Stern seiner besten Ausgaben rühmte: "50 Jahre das Beste vom Stern". Darunter zählten die Blattmacher und Verbreiter der gefälschten Hitler-Tagebücher auch die Bilder des angeblich durch Suizid gestorbenen Barschel, gefunden in einer Badewanne des Hotels Beau Rivage in Genf von ihren wackeren Reportern. Aber waren diese Reporter etwa noch wackerer als bisher angenommen? Möglicherweise haben wir ihr Engagement vor Ort unterschätzt, ja, möglicherweise ist es mit dem Begriff "Fotografieren" nur unzureichend beschrieben worden. Denn auch ihre Bilder zeigen das Gesicht des Uwe Barschel - aber ohne Verletzungen. Wie ist das möglich??

Interpretation der Verletzungsspuren
Ich habe das Bild aus dem Stern mal auf den Scanner gelegt. Zunächst mal fällt auf: Das Bild ist in Schwarz-Weiß. Warum? Sollten die Reporter wirklich keinen Farbfilm eingelegt haben? Kaum zu glauben. Natürlich war es 1987 bereits üblich, mit Farbe zu arbeiten. Oder mit beidem. Das Foto von Barschels Ankunft am Vortag am Flughafen ist zum Beispiel in Farbe. Auf einem Schwarz-Weiß-Foto fallen andererseits Barschels rötliche bis blutige Hautveränderungen im Gesicht weniger auf. Auf einem Farbfilm wären sie kaum verborgen geblieben.

Zweitens: Das Schwarz-Weiß-Bild ist ein wenig dunkel. Ich habe es aufgehellt und dann gedreht, damit es sich besser mit dem Obduktionsbild vergleichen läßt. Und wissen Sie was? Tatsächlich überhaupt keine Verletzungen sichtbar! Die verletzte rechte Gesichtsseite wird sogar fast ganz von Barschels mit einem Handtuch umwickelter Hand verdeckt. Sollte er das freundlicherweise selbst gemacht haben? Das ist fraglich. Denn ein Zimmermädchen, das die Leiche schon früher als die Fotografen sah, fand Barschel ganz anders vor, nämlich komplett unter Wasser. Daß ihre Aussage stimmt, erkennt man daran, daß die Haare des Toten auf dem Stern-Foto naß sind. Also war er noch vor kurzem unter Wasser. Erst auf den Stern-Bildern befindet sich sein Kopf über Wasser - mit dem Handtuch vor der rechten Gesichtsseite. Die Haare wirken außerdem zurückgekämmt - wie hat Barschel das gemacht? Hat er sich posthum selbst aus dem Wasser gehoben? Und hat sich der tote Barschel anschließend noch selbst gekämmt? Barschels Gesichtsausdruck auf dem Stern-Foto entspricht einem tiefen Koma oder Rausch, und das macht ja auch Sinn. Denn unbekannte Killer hatten ihm in gewissen zeitlichen Abständen durch einen oder mehrere Tuben Betäubungsmittel verabreicht - so ähnlich wie bei einer Hinrichtung. Wolfram Baentsch hat das lückenlos bewiesen. Die waagerechten, fast wie mit dem Lineal gezogenen Schrammen quer über Kinn und Stirn von Uwe Barschel könnten auf eine Fixierung des Kopfes mit einer Art medizinischem Instrument hindeuten. So hätte man ihm auch den Mund öffnen können: indem die Stirn fxiert wird und das Kinn nach unten gedrückt wird. Der Schorf unterhalb des linken Nasenlochs könnte eine Stelle markieren, an der ein Tubus in die Nase eingeführt wurde.

Der Ausdruck des tiefen Rausches ist auf dem Obduktionsfoto einer fast friedlichen Entspanntheit gewichen, was an den weiteren muskulären Vorgängen in einer Leiche liegen mag.

Was mich noch immer umtreibt: Was haben die Stern-Reporter am Tatort gemacht? Warum haben Sie einen Schwarz-Weiß-Film benutzt - oder hat der Stern ein Farbfoto nur in SW veröffentlicht? Warum sitzt Barschel mit dem Kopf und seinen nassen Haaren über Wasser? Haben die Stern-Leute Barschel für das Foto etwa zurechtdrapiert?



Wenn man jedoch das Buch von Victor Ostrovsky "Geheimakte Mossad" durchliest, dann wird dort exakt beschreiben wie und warum Herr Barschel gestorben WORDEN ist.
Das solche Dinge nicht in die Öffentlichkeit gelangen liegt einfach daran, dass unsere "tolle" Demokratie machen und lassen kann was sie möchte, die meisten Menschen können sich einfach nicht vorstellen, dass ein Staat (vorallem ein westlich-demokratischer) so etwas tun könnte.
Das einfachste wäre es mal den ganz normalen Menschenverstand zu benutzen und einfach mal die Frau von Barschel fragen.


Eine weitere Tatsache, die mir erst durch die Lektüre des Thrillers von Wolfram Baentsch bewußt wurde, ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert. Die Staatsanwaltschaften eines Bundeslandes sind zwar gehalten Ermittlungen bei Straftaten in die Wege zu leiten und zu führen, ihrerseits aber streng durch ihre Justizminister weisungsgebunden. Im Fall Barschel winken die Machthaber in Kiel ab; kein öffentliches Interesse, kein Mord. Angeblich war das Budget zu knapp, den Zeugen Victor Ostrowsky in Kanada befragen zu lassen.
Auch das erste Attentat auf Barschel, der durch eine zu hohe Antenne herbeigeführte Flugzeugabsturz, wurde nicht aufgeklärt, die Täter nicht ermittelt.

Genaugenommen war dies sogar ein Fall für Generalbundesanwalt Rebmann, denn daß die innere Sicherheit bedroht war, ist offenkundig.



Barschel wuchs gemeinsam mit seinen Geschwistern bei seinen Großeltern in Börnsen bei Hamburg auf. Dort lebten sie in einer Barackenanlage für Flüchtlinge. Die Mutter war als Näherin tätig und überließ so die Erziehung ihren Eltern. Barschels Vater war im Krieg gefallen. Uwe Barschel wurde von seinen Lehrern als auffällig ruhig und ernst beschrieben.

Während seiner Schullaufbahn am Otto-Hahn-Gymnasium in Geesthacht, strebte er als 17-Jähriger das Amt des Schulsprechers an. Seinen Mitbewerber soll er als Homosexuellen verleumdet haben. Beweise dafür gibt es keine. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sah darin jedoch eine Kontinuität zu späteren Vorwürfen. Kritiker verurteilen dies als konstruierten Vorwurf. Als Schulsprecher lud Barschel den Großadmiral Karl Dönitz in die Schule ein und sorgte damit für einen politischen Skandal.

Nach dem Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium in Geesthacht – er wohnte damals in Börnsen – begann Barschel 1964 das Studium der Rechtswissenschaften, Volkswirtschaftslehre, Politologie und Pädagogik in Kiel. Das Studium der Rechtswissenschaften schloss er 1968 mit dem ersten und 1971 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen ab. 1970 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. mit der Arbeit Theoretische Möglichkeiten und Grenzen der Strafrechtspolitik einer politischen Partei und 1971 die Promotion zum Dr. phil. mit der Arbeit Die Stellung des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein unter besonderer Berücksichtigung der Lehre von der Gewaltenteilung. Seit 1971 war er als Rechtsanwalt zugelassen. 1969–1970 war er als Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Kiel tätig. 1971 wurde er Gerichtsassessor, im Anschluss daran arbeitete er als Rechtsanwalt und Notar.

Darüber hinaus war Barschel im Vorstand der Hermann-Ehlers-Stiftung tätig, er fungierte als Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg und er war Landesvorsitzender des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Barschel veröffentlichte neben seiner politischen Tätigkeit zahlreiche Schriften zum öffentlichen Recht und zur politischen Wissenschaft. So zählen unter anderem die folgenden Titel zu seinem Werk: Kommentar zur Landessatzung für Schleswig-Holstein (1976) und Die Staatsqualität der deutschen Länder (1981).

Aus der am 7. Juli 1973 mit Freya von Bismarck (* 3. März 1947 in Reinbek) in Aumühle geschlossenen Ehe gingen vier Kinder hervor.

Barschel war seit 1960 Mitglied der Jungen Union und seit 1962 auch der CDU. Von 1967 bis 1971 war er Landesvorsitzender der Jungen Union in Schleswig-Holstein. 1969 wurde er Stellvertretender Landesvorsitzender der CDU. Von 1973 bis 1981 war er Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Herzogtum Lauenburg.

Von 1970 bis 1974 war er Mitglied im Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg. Bis zum Jahr 1972 war er zugleich Kreisrat.

Von 1971 bis zu seinem Tode war Barschel Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein. In der Zeit von 1971 bis 1973 war Barschel als Parlamentarischer Vertreter des Kultusministers und Regierungsbeauftragter für Jugend und Sport tätig. Hier war er von 1973 bis 1979 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion.


Am 1. Januar 1979 wurde er von Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg zum Finanzminister ernannt. Nach der Landtagswahl im Frühjahr 1979 übernahm er am 1. Juli 1979 das Amt des Innenministers des Landes Schleswig-Holstein. Im Jahr 1979 übernahm Barschel die Vertretung Schleswig-Holsteins im Bundesrat. Ein Jahr darauf saß er als Abgeordneter in der Nordatlantischen Versammlung. Es folgte in den Jahren 1981 und 1982 der Vorsitz der Innenministerkonferenz. Im Anschluss daran leitete er 1982/83 als Vorsitzender die Ministerkonferenz.

Nachdem Gerhard Stoltenberg am 4. Oktober 1982 zum Bundesminister der Finanzen in der von Bundeskanzler Helmut Kohl geleiteten Bundesregierung ernannt worden war, wurde Barschel am 14. Oktober 1982 als sein Nachfolger zum Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein gewählt.

Bei den Landtagswahlen 1983 konnte die CDU unter seiner Führung mit 49 Prozent der Stimmen die absolute Mandatsmehrheit verteidigen, obwohl die SPD auf 43,7 Prozent zulegte.

1985 war Barschel Gründungsmitglied und Mitinitiator des seit 1986 jährlich stattfindenden, über die Landesgrenzen hinaus beachteten Schleswig-Holstein Musik Festivals, bei dessen Gründungsveranstaltung der Politiker an der Aufführung des Karneval der Tiere von Saint-Saëns neben den Musikern um Hauptinitiator Justus Frantz selbst als Erzähler mitwirkte.

Am 31. Mai 1987, kurz vor Beginn des Wahlkampfs für die Landtagswahl 1987, überlebte Barschel einen Flugzeugabsturz auf dem Flughafen Lübeck-Blankensee nur knapp.

Flugzeugbrand auf dem Flugplatz Lübeck-Blankensee
In der Nacht vom 31.05. auf den 01.06.1987
Beim Absturz eines Flugzeuges, in dem sich Ministerpräsident Uwe Barschel befand, sind auf dem Lübecker Flughafen Blankensee die Piloten ums Leben gekommen. Barschel, der sich nach dem Aufschlagen der Cessna 501 selber aus der brennenden Maschine befreien konnte, erlitt einen Kreuzbeinbruch, Prellungen und Blutergüsse. Der den Politiker begleitende Sicherheitsbeamte wurde lebensgefährlich verletzt.
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Der zweimotorige Charterjet der Travel Air (Düsseldorf) kam aus Bonn. Dort war Barschel mit Bundeskanzler Helmut Kohl zusammengekommen. Als die Maschine am Sonntag gegen 23 Uhr beim Landeanflug in Blankensee einen Funkmast streifte und auf den Boden aufschlug, bevor sie blitzartig in Flammen aufging, herrschte nach Auskunft der Flugleitung gute Sicht. Es sei unerklärlich, warum die Maschine so tief flog, hieß es. Blankensee sei trotz der Nähe zur Grenze problemlos anzufliegen.
Barschel und der schwerverletzte Sicherheitsbeamte Bernd Hansen waren nach Absturz des Flugzeuges in die Unfallklinik der Medizinischen Universität gebracht worden. Nach Angeben der Kieler Regierung geht es dem Ministerpräsidenten den „Umständen entsprechen gut“.
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Der Geschäftsführer der Flughafen Lübeck GmbH, Harry Kleinschmidt: „ Es grenzt an ein Wunder, dass Barschel überlebte.“ Auch Landeswirtschaftsminister Manfred Biermann, der Barschel im Krankenhaus besuchte, meinte, es sei „wie ein Wunder“, dass Barschel, der wenige Meter von dem Flugzeug entfernt im Gras gerettet werden konnte, „nahezu unverletzt überlebt hat“. Baldige Genesung wünschten der Oppositionschef im Kieler Landtag, Björn Engholm (SPD), und seine Frau Barbara dem verletzten Barschel.
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Nur noch ein ausgeglühtes Wrack blieb übrig von der Cessna, mit der Barschel von Bonn
nach Lübeck zurückkehrte. Pilot und Co-Pilotin überleben den Absturz nicht.

Geheimakte Mossad

Viktor Ostrovsky führt in diesem Band die Geschichte aus dem Band "Der Mossad" fort. Ostrovsky, ein ehemaliger Mossadagent beschreibt hier die Entstehung seines Enthüllungsbuches und seine konsekutive Flucht, sowie verschiedene Mossadaktionen.

Unter anderem beschreibt er en detail in Kapitel 25 die Ermordung von Uwe Barschel am 11.10.1987. Uwe Barschel hatte in seiner Funktion als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein nicht dem Transport von israelische Waffen an Iran (Iran befand sich im Krieg mit dem Irak) über Kieler Boden zugestimmt. Es wurde deshalb eine Bespitzelungsaffäre gegen den Gegenkanditaten vor den Landtagswahlen vom Mossad vorgetäuscht. Zu diesem Zweck wurde der Medienreferent Barschels (Reiner Pfeiffer), der aufgrund eines früheren Deliktes gegen eine Prostituierte erpressbar war, angeworben. Am 12.9.1987, ein Tag vor der Landtagswahl, veröffentlicht der Spiegel die angebliche Spitzelaffäre. Dies führte zu deutlichen Verlusten der CDU. Nach gelungenem Komplott und deutlichem Wahlverlust beabsichtigte Barschel vor dem Untersuchungsauschuß des Landtages am 12.10.1987 über die israelischen Waffentransporte auszusagen. Aus diesem Grund wurde er in das Genfer Hotel Beau Rivage gelockt und nachdem er sich dort nicht bestechen ließ, ermordet.

Obwohl das Buch 1996 erschien, gilt der Fall weiterhin als ungeklärt Offizielle Version des Landes Schleswig-Holstein - Bild

Bei der Landtagswahl 12.9.1987 errang die CDU/FDP-Koalition 37 Mandate vor der SPD mit 36 Mandaten. Erst eine langanhaltende Medienkampagne (fortgesetzte Wiederholungen der Ehrenbezeugung "Ich gebe mein Ehrenwort") führte am 25.9.1987 zum Rücktritt Uwe Barschels. Im Abschlußbericht des Untersuchungsauschusses vom 3.2.1988 werden dem inzwischen verstorbenen Barschel schwere Verfehlungen im Wahlkampf gegen Engholm und Machtmißbrauch vorgeworfen. In den Neuwahlen vom 8.5.1988 erlangte die SPD daraufhin das erste mal nach 1950 in Schleswig-Holstein die Regierungsgewalt.

Weitere Evidenz für die Richtigkeit der gemachten Angaben findet sich im Band Im Namen des Staates von Andreas von Bülow und in Tod in Genf von Armand Mergen.


Auch weiterhin werden anscheinend aus Israel Rüstungsgüter über Schleswig-Holstein in den Iran transportiert. Spiegel, 29.8.02

Geplante Buchveröffentlichung

GlobeStaatsanwälte streiten im Fall Barschel

Dieter Hanisch -- 24.06.2007 17:04 Uhr

Kiel - Der Streit zwischen zwei führenden Staatsanwälten in Schleswig-Holstein wird vermutlich vor Gericht enden. Der Leiter der Lübecker Staatsanwaltschaft, Heinrich Wille, möchte ein Buch über den bis heute nicht aufgeklärten Tod des damaligen Kieler Ministerpräsidenten Uwe Barschel am 11. Oktober 1987 schreiben. Wille leitete damals die Ermittlungen. Sein Vorgesetzter, der Generalstaatsanwalt von Schleswig-Holstein, Erhard Rex, hat ihm dies untersagt. Wille möchte jetzt sein Vorhaben vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig einklagen und behält sich auch den Gang vor weitere gerichtliche Instanzen vor.

Der Tod Barschels wird im Herbst 20 Jahre zurückliegen. Das nördlichste Bundesland erlebte dadurch eine bis dahin ungekannte Politaffäre. Bespitzelungen des politischen Gegners SPD im Landtagswahlkampf, ein gebrochenes Ehrenwort, der Rücktritt als Ministerpräsident – die alles mündete im ersten landespolitischen Machtwechsel von einer CDU- hin zu einer SPD-Regierung zwischen Nord- und Ostsee seit 1950. Der Tod Barschels, dessen Leiche Stern-Reporter in seinem Zimmer im Genfer Hotel Beau Rivage fanden, blieb umstritten. Mord oder Selbstmord? Die Ermittlungen blieben beim Suizid stecken. Die Mordthese, die auch Wille als Chefermittler verfolgte, konnte bis 1998 nicht erhärtet werden. Dann ordnete Generalstaatsanwalt Rex die Einstellung der Ermittlungen an.
Oberstaatsanwalt Wille möchte jetzt die Akte 705 Js 33247/87 publizistisch wieder öffnen. Sie umfasst 69 Bände mit etwa 14 000 Seiten. Wille ist ein Vertrauter der Familie Barschel und Befürworter der Mordtheorie – das macht ihn durchaus angreifbar. Der „Spiegel“ möchte Wille als Buchautor und ist sich darüber mit dem Juristen seit Ende 2006 einig, der daraufhin seinem Vorgesetzten einen Antrag für eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit vorlegte. Dieser lehnte das Ersuchen ab, Wille legte Widerspruch ein und wandte sich an den Justizminister Uwe Döring (SPD), der sich für nicht zuständig erklärte. Nun lehnte Rex auch Willes Widerspruch ab.

In der Begründung dazu heißt es: „Wenn mit Hinweis auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung die private Vermarktung dienstlichen Wissens gestattet würde, könnte jeder Staatsanwalt seine interessanten Fälle in den Medien gewinnbringend verwerten. Die Bürger des Landes können erwarten, dass ein gut bezahlter Beamter sein dienstliches Wissen nicht noch einmal zu Geld macht.“ Dem hält Wille entgegen, dass Sachbuchautoren verglichen mit dem Aufwand keine Reichtümer anhäufen. Eine Befangenheit verneint er: „Aus den historischen Gegebenheiten muss ich nicht befürchten, dienstlich noch einmal mit dem Fall befasst zu werden.“ Er sieht bei diesem Thema ein öffentliches Interesse an einer Veröffentlichung und verweist auf Klaus Pflieger, den Generalstaatsanwalt in Stuttgart, der zur RAF und zur Schleyer-Entführung publizieren durfte.

Biographie

Nach dem Abitur in Geesthacht begann Barschel 1964 ein Studium der Rechtswissenschaft, Volkswirtschaftslehre, Politologie und Pädagogik in Kiel, welches er 1968 mit dem ersten und 1971 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. Schon 1970 erfolgte die Promotion zum Dr. jur. und 1971 die Promotion zum Dr. phil. Seit 1971 war er als Rechtsanwalt zugelassen.

Seit 1962 war Barschel Mitglied der CDU, seit 1971 war Uwe Barschel Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein. Am 1. Januar 1979 wird er unter Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg Finanzminister, am 1. Juli 1979 Innenminister. Als Gerhard Stoltenberg am 4. Oktober 1982 Bundesfinanzminister wurde, übernahm Barschel ab dem 14. Oktober 1982 das Amt des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein.

Am 31. Mai 1987, mitten im Landtagswahlkampf, überlebte Barschel als einziger einen Flugzeugabsturz bei Lübeck nur knapp. Schon vor dem Wahltermin, dem 13. September 1987, wurde bekannt, dass "Der Spiegel" in seiner am Montag nach der Wahl erscheinenden Ausgabe berichten werde, dass Barschel eine Verleumdungskampagne gegen seinen Herausforderer Björn Engholm initiiert habe. Diese wird heute auch als Barschel-Affäre bezeichnet (siehe unten).

Die CDU verlor bei dieser Wahl ihre absolute Mehrheit und wurde mit 42,6 % der Stimmen nur noch zweitstärkste Kraft hinter der SPD, die 45,2 % der Stimmen erzielen konnte.

Wegen der ungeklärten Affäre und wegen eines Patts im Landtag (CDU, FDP contra SPD, SSW) gestalteten sich die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP äußerst schwierig. Barschel trat daraufhin am 2. Oktober 1987 als Ministerpräsident zurück. Die Landesregierung wird daraufhin kommissarisch von seinem bisherigen Stellvertreter Henning Schwarz geleitet.

Am 11. Oktober 1987 wurde Uwe Barschel von zwei Stern-Reportern tot im Hotel "Beau Rivage" in Genf aufgefunden, wobei die Hintergründe bis heute im Dunkeln liegen und bis heute strittig ist, ob es sich um Mord, Selbsttötung oder einen Unfall handelte.

Barschel-Pfeiffer-Affäre

Am 13. September 1987, einen Tag vor der Wahl, wurde bekannt dass Der Spiegel am Montag nach der Wahl einen Bericht über die Verleumdungskampagne gegen Barschels Konkurrenten Björn Engholm veröffentlichen wollte. Als Quelle hierfür diente dem Spiegel Barschels Medienreferent Reiner Pfeiffer, der selbst schon wegen Verleumdung vorbestraft war.

Die CDU verlor bei der Landtagswahl ihre absolute Mehrheit und erzielte mit 42,6% weniger Stimmen als die SPD mit 45,2%.

Laut Pfeiffers Aussage habe Barschel ihn damit beauftragt Björn Engholm zu bespitzeln um so belastendes Material gegen ihn zu finden. Pfeiffer sollte zudem eine anonyme Anzeige wegen Steuerhinterziehung gegen Björn Engholm gemacht haben und sollte ein Telefonabhörgerät beschaffen und in Barschels Telefon installieren, damit man dies der SPD in die Schuhe schieben könnte.

Am 18. September 1987 dementierte Barschel die Vorwürfe: "Über diese Ihnen gleich vorzulegenden Eidesstattlichen Versicherungen hinaus gebe Ihnen, gebe ich den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Schleswig-Holsteins und der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort, ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind"

Die Koalitionsverhandlungen waren von dem Skandal überschattet. Die FDP gab an mit der CDU, nicht aber mit Barschel, zu verhandeln. Barschel trat daraufhin am 2. Oktober vom Amt des Ministerpräsidenten zurück. 9 Tage später, am 11. Oktober, wurde Barschel nach einem Flucht-Urlaub" auf Gran Canaria Tod in Genf aufgefunden.

Der Todesfall

Am 11. Oktober fanden zwei Stern-Reporter den mit Medikamenten vergifteten Uwe Barschel tot in der Badewanne des Hotels "Beau Rivage" (Zimmer 317) auf. Sie sollten aber erst zwei Stunden nach dem Auffinden die Polizei verständigen. Auch gab es bei der Obduktion und Ermittlung der Schweizer Behörden diverse Pannen.

Angeblich wollte Barschel sich mit dem Agenten Roloff zu treffen, um Beweis eines Komplotts gegen Barschel aufzudecken. Vorher soll es ein Treffen zwischen ihm und Adnan Kashoggi, einem CIA/Mossad-Partner, Großwaffenhändler und Bekannter Shimon Peres' gegeben haben.

Die Ermittlungen verliefen ins leere, man konnte weder widerlegen das es sich um einen Selbstmord handelte noch um einen Mord, auch wenn einige Indizien für letzteres Sprechen, z.B. ein Schuhabdruck der nicht zugeordnet werden konnte.

1995 versuchte Barschels Familie mit der Lübecker Staatsanwaltschaft neue Ermittlungen gegen Unbekannt zu starten, wobei die Ermittlungen vor allem auf Spuren ausgerichtet wurde die zu dem MfS oder einem anderem Geheimdienst führten. Diese Ermittlungen wurden 1998 ergebnislos auf Weisung der Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig eingestellt, Oberstaatsanwalt Heinrich Wille schloss einen Mord aber nicht aus.

Kurz vor Abschluss seiner Arbeit, starb der Schweizer Detektiv, welcher von der Familie Barschels eingesetzt wurde, an einem Herzinfarkt. Dessen Akten wurden weder der Öffentlichkeit noch der deutschen Staatsanwaltschaft übermittelt.

Die Stern-Reporter

Der Stern-Redakteur kannte - woher ist unbekannt - Ort und Zeit der Ankunft Barschels in Genf. Als er um 12 Uhr anrief, nahm niemand ab, also machte er sich direkt auf den Weg. Um 12:45 Uhr machte er ein Foto der Leiche, um 14 Uhr verständigte er die Polizei. Es fand keine Überprüfung statt, was der Reporter solange gemacht hatte. Eine Spurensicherung fand nur sehr eingeschränkt statt.

Da die Presse scheinbar in den Skandal verwickelt zu sein scheint (Der Spiegel brachte Barschel-Pfeiffer-Affäre und Der Stern sorgte für die vermeintliche „Aufklärung“ des Selbstmord/Mordfalles) wird ihr in diesem Fall oft wenig glauben geschenkt.

Der „Medikamenten-Cocktail“

Barschel soll während seiner Karriere als Politiker schwer medikamentenabhängig, etwa von Tavor(„Lorazepam n-mg“), geworden sein.

In Kombination mit anderen Medikamenten, welches ebenfalls in Barschels Blut gefunden wurde, soll dessen Wirkung erheblich verstärkt werden. Die Folgen die eine weitere Kombination mit Alkohol (z.B. Rotwein) hat sind nicht absehbar.

Laut einigen Quellen waren nicht mehr alle Medikamente, die man in Barschels Blut fand, im Handel erhältlich.

BND-Verdacht

Ein Verdacht fiel auf den BND als bekannt wurde dass dieser zur Zeit des Todes von Barschel einen Agenten im selben Hotel hatte. Der Agent Werner Mauss gab selbst zu in der entsprechenden Nacht im Hotel „Beau Rivage“ auf der Rückreise aus Südamerika gewesen zu sein, doch erfuhr er laut Eigenaussage erst am nächsten Tag von dem Mord.

Verbindungen zum MfS?

Barschel war ein- bis dreimal in Kavelsdorf, einem Umschlaglager des MfS für Waffen, und achtmal in diversen Biotopen der DDR gewesen. Einmal machte er eine vierwöchige Kur in Marienbad (Tschechoslowakei).

Victor Ostrovskys Mossad-These

Victor Ostrovsky, ein im kanadischen Exil lebender ehemaliger Agent des Mossad, stellte die Behauptung auf das Barschel im Rahmen einer geheimdienstlichen Operation getötet wurde.

Laut Ostrovsky wickelte der Mossad in den 1980 Waffengeschäfte mit dem Iran ab (vgl. Iran-Contra-Affäre). Diese Waffengeschäfte liefen über Deutschland (mit Unterstützung des BND) und Dänemark ab, als es aber zu Problemen am Dänischen Hafen kam wurden die Transportwege nach Schleswig-Holstein verlagert und Uwe Barschel eingeweiht. Barschel lehnte dies ab, worauf man versuchte seine nächste Amtzeit als Ministerpräsident mit der inszenierten Barschel-Pfeiffer-Affäre zu verhindern. Dieser Versuch hatte Erfolg doch Barschel drohte nun damit an die Öffentlichkeit zu gehen, was man mit seinem Mord verhinderte.

Laut Ostovsky wurden 5 tödliche Medikamente mittels einer Magensonde in Barschels Körper eingeführt.

Interessant in dem Zusammenhang ist das Ostrovsky auch über Flugsimulatoren in Schleswig-Holstein schreibt. In den Flugsimulatoren sollen der Mossad Piloten ausgebildet haben. Da ist der Weg zu Mohamed Atta und den Anschlägen vom 11._September nicht mehr weit.

Bilderberger These

Ein Jahr vor dem Vorfall war Björn Engholm bei den Bilderbergern eingeladen. Vermutlich war er der 'Wunschkandidat' dieser Clique für die Landtagswahl. Auffällig ist auch, daß Pfeiffer trotz Privatdedektiven keinen einzigen Anhaltspunkt für eine Verleumdung Engholms findet. Es sieht so aus, als arbeitete dieser oft als zwielichtig beschriebene Charakter für die andere Seite. Dafür spricht auch, dass die SPD-Führung nicht zugeben wollte frühzeitig von der Beschattung durch Privatdedektive gewusst zu haben - am Ende hätte man zugeben müssen informiert worden zu sein. Eventuell gab es sie garnicht in dem behaupteten Ausmaß.

Doch warum musste Barschel dann sterben? Ich denke die Sache ist ausser Kontrolle geraten wegen dem plötzlichen Medieninteresse und wegen der Erklärungsnot in die beide Seiten (SPD und CDU) durch die Finanzierung der ganzen Aktion gerieten.

Die Sache wurde ihnen 'zu heiß' und immer mehr Politiker und selbsternannte Insider liefen zum Spiegel oder zum Stern... Barschel konnte dem ganzen Druck nicht standhalten und es bestand die Gefahr dass er Hintermänner aus dem Bilderberger-Umfeld ausplaudert, wenn er was von dem Fake ahnt oder in Erfahrung bringen konnte. Oder es käme zu Ermittlungen gegen Pfeiffer, die unliebsame Tatsachen ans Licht bringen. Der Tot von Barschel hat dem ganzen Treiben schnell ein Ende gesetzt.

Möglich auch, daß er von Anfang an als Opfer eingeplant war. Aber ich denke er ist einfach zu einem Unsicherheitsfaktor geworden. Vielleicht wollte er sich nicht geschlagen geben (obwohl Mauss vernünftig mit ihm reden wollte) oder er ging auf Peiffer los. Peiffer scheint jedenfalls gute Gründe zu haben nicht die Wahrheit zu sagen. Er ist allem Anschein nach ein sehr sicherer Kandidat der Bilderberger...

Dass ausgerechnet Stern-Reporter zugegen waren überrascht auch nicht direkt: die Chefetagen aus dem Hause Springer sind bei jedem Bilderbergertreffen mit dabei.

Schubladenaffäre

Eine der politischen Spätfolgen der Barschel-Affäre war die so genannte Schubladenaffäre.

1993 wurde bekannt das der schleswig-holsteinischen Sozialministers Günther Jansen (SPD) etwa 40000 Mark in zwei Raten an Reiner Pfeiffer, denjenigen der auch belastend gegen Barschel ausgesagt hatte, gezahlt hatte. CDU-Politiker witterten sofort ein Komplott der SPD, doch Jansen bestritt dass das Geld eine Bezahlung für die Aussage Pfeiffers war.

Pfeiffer hatte nach der Barschel-Affäre bei keiner Zeitung mehr eine Anstellung gefunden. Laut Jansens Aussage hatte er das Geld von verschiedenen Politikern als Unterstützung für den so finanziell geschwächten Pfeiffer gesammelt und es in seiner Schublade (Name) aufbewahrt und es Pfeiffer in Briefumschlägen übergeben.

Jansens Aussage Entstand unter dem Eindruck, dass Pfeiffers Lebensgefährtin die Zahlungen in einem Sterninterview bekannt machte.

Die CDU trieb die Einsetzung eine Untersuchungsausschusses voran, der Pfeiffers Aussage nicht widerlegen konnte, allerdings stellte sich heraus das die Spitze der schleswig-holsteinischen SPD schon vor der Landtagswahl wusste das Björn Engholm bespitzelt wurde und schon über Gegenmaßnahmen beriet. Dies widersprach der Aussage die diese vor dem Untersuchungsausschuss zur Barschel-Affäre gemacht hatten und führte so zum Rücktritt Björn Engholms vom Posten des Ministerpräsidenten und seinen Ämter bei der SPD.

Uwe Barschel ein Freimaurer?

Quelle: luebeck-kunterbunt.de

Als der damalige Bischof von Holstein und Lübeck die Trauerpredigt für den in Genf verstorbenen Dr. Uwe Barschel hielt -damals ging man allgemein noch von Selbstmord und nicht von Mord aus -wunderte sich doch der eine oder andere über gewisse Formulierungen, wie beispielsweise "die brennende Scham", die ob dieses Dramas nicht nur empfunden und gepredigt, sondern auch medienweit transportiert wurde. Nur für die Eingeweihten und eine Handvoll wissender Profaner wurde die Signalsprache verständlich, der sich beispielsweise auch der Altbundeskanzler Kohl vor einer Horde handverlesener Logenbrüder in Hamburg bediente, als er seine kriminellen Handlungen damit rechtfertigte, die, "die guten Willens seien, würden ihn schon verstehen". In diese Richtung gehende Spekulationen fanden neue Nahrung, als Joachim Siegerist die 5. Auflage von "Das Testament des Uwe Barschel" publizierte.

Siegerist war hoher journalistischer Mitarbeiter im Axel Springer-Verlag und ist heute noch Vorsitzender der 'Deutschen Konservativen'.

Der Freimaurer Wolfgang Bittner zitiert aus einem nachträglich in die 5. Auflage praktizierten Einschub: "Uwe Barschel, der als junger Mann von einem großen Förderer in die Freimaurerbewegung gelotst wurde, wollte sich von diesem in Waffengeschäfte verwickelten Kreis vermutlich befreien. Nicht nur das -er wollte 'auspacken', 'Die ganze Bande in die Luft jagen'. Dabei sprach er sogar von einer 'politischen Mafia' ... Es ist Tatsache, dass alle Mitglieder in der Familie Barschel bereits wenige Tage nach dem Tode Barschels von mehreren Seiten den Hinweis erhielten: Uwe Barschel ist von den Freimaurern umgebracht worden. Es war eine klassische und rituelle Hinrichtung ..."

Zitat

Mathias Bröckers: "Das Barschel-Rätsel ist nicht nur 'Waterkantgate', sondern auch das JFK-Attentat im Deutschland-Format."


06 Juni 2007

Schattenkabinett aus Gütersloh

Das Rezept der allgegenwärtigen gemeinnützigen Stiftung ist stets das
Gleiche: Die Gesellschaft soll wie ein Unternehmen geführt werden


Die Bertelsmann-Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet. Heute ist
sie der mit Abstand einflussreichste Politikberater im Land. Und da sie
offiziell als "gemeinnützig" agiert, ist auch gleich ganz oder teilweise
von Steuerzahlungen befreit.
   

Das ist kein unbedeutendes, sondern wichtiges Detail, denn während es
beispielsweise in den USA untersagt ist, dass eine steuerbegünstigte
Stiftung mehr als 20 Prozent der Anteile eines Unternehmens besitzt, hält
die Bertelsmann-Stiftung bereits 76 Prozent der Anteile der Bertelsmann
AG, einem der bedeutendsten Medien- und Dienstleistungsriesen weltweit,
und spart somit – ganz im Sinne ihres Stifters – einen Großteil der
Steuern für die jährlich etwa 18 Milliarden Euro Bertelsmann'schen
Konzernumsatz ein.

Das uneingeschränkte Stimmrecht in Sachen des Konzerns liegt dabei nicht
etwa bei der Stiftung, sondern bei den Mitgliedern der Familie Mohn, die
ebenso in der Stiftung selbst themensetzend und tonangebend sind.


Einzigartiger Machtapparat

Die Stiftung ist nicht etwa eine Förderstiftung, sondern arbeitet
ausschließlich operativ. Das heißt, mit den ihr zur Verfügung stehenden
Mitteln von etwa 60 Millionen Euro im Jahr, die sich aus einer
steuerfreien jährlichen Dividendenzahlung der Aktiengesellschaft an die
Stiftung speisen, unterstützt sie nicht etwa Non-Profit-Organisationen bei
der Erfüllung ihrer Aufgaben, sondern finanziert ausschließlich ihren, den
eigenen Interessen verpflichteten Organisations-, Forschungs- und
Beratungsapparat. Das unterscheidet sie auch maßgeblich von allen anderen
"Beratern" im Geschäft: Sie nimmt kein Geld, sondern hat eigenes. Die
Stiftung ist also nicht nur finanziell unabhängig, sondern unterliegt auch
keinerlei externen Kontrolle und verfügt zudem über einen sehr hohen Grad
an wissenschaftlichem Potential, Autonomie und Schlagkraft – sowie
vielfältigsten Kontakten hin zu Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und
Politik.

Inzwischen gehen StiftungsmitarbeiterInnen in allen Landesregierungen ein
und aus und kooperieren mit Kultusministerien, Kanzleramt und
Bundespräsident ebenso wie mit Kommunalverwaltungen. Die Experten der
Stiftung sind allgegenwärtig geworden und längst nicht mehr wegzudenken:
bei neuen Hochschulgesetzen, der EU-Verfassung, den Hartz-Gesetzen, der
Außenpolitik, geplanten Schulreformen, der Privatisierung von
Gesundheitssystem und Kommunalverwaltungen sind ihre "Beratungen" ebenso
maßgeblich und tonangebend wie auch bei der Etablierung einer Europäischen
Armee und anderem. Mehr und mehr gelingt es der Stiftung hierbei, selbst
zu definieren, was "Gemeinwohl" eigentlich meint – und zudem die Rolle der
dem Staat aufgrund fehlender Steuereinnahmen immer weiter abhanden
kommender eigener politischer Intelligenz einzunehmen, wodurch sie sich
unabdingbar macht und bereits weit in die Kernbereiche staatlicher
Souveränität vorgedrungen ist: Die Stiftung wird mehr und mehr selbst zum
"Staatsapparat" – ohne dabei jedoch demokratisch verfasst oder
kontrolliert zu sein.


Alter Wein aus neuen Schläuchen

Im Grunde kennt sie dabei nur ein einziges Rezept als Lösung aller
gesellschaftlichen Probleme, und seien sie noch so komplex: Die
Gesellschaft soll wie ein Unternehmen geführt, der Staat mehr und mehr
abgebaut werden. Das ist auch der große Traum des Firmenpatriarchen
Reinhard Mohn, den er selbst immer wieder formuliert: "Mit der Bertelsmann
Stiftung ist mir in 25 Jahren der Nachweis gelungen, dass die Grundsätze
unternehmerischer, leistungsorientierter und menschengerechter Gestaltung
der Ordnungssysteme in allen Lebensbereichen zur Anwendung gebracht werden
können [...] Die Übertragung des in der Wirtschaft entwickelten Modells
der "Unternehmenskultur" in andere Lebensbereiche ist möglich!" Nicht nur
wird mittels dieses "Geistes" Demokratie im Wirken der Stiftung primär als
"Ordnungssystem" begriffen und installiert – auch beschränkt sich ihr
Inhalt originär auf Mechanismen von "Konkurrenz", "Kennziffern",
"Zielvorgaben" und "Wettbewerb".


Vorparlamentarischer "Elitenkonsens": Eine Debatte findet nicht statt

Dank der eingesparten Steuergelder hat die Stiftung inzwischen ein
riesiges Politiknetzwerk aufgebaut, mit dem sie Einfluss auf politische
Entscheidungen nehmen kann und nimmt, lange bevor diese im Parlament
verabschiedet werden. Damit wird eine Art "Elitenkonsens" im
vorparlamentarischen Raum hergestellt, der kritische Stimmen bereits im
Vorfeld eliminiert und so dafür sorgt, dass es zu großen
gesellschaftlichen Debatten über viele Reformvorhaben gar nicht erst
kommt. Aufgrund der Einzigartigkeit der ihr zur Verfügung stehenden
Finanzen kann sie dabei als einziger "Politikberater" im Lande jahrelang
an einem Thema arbeiten und sich mit immer wieder neuen, aber in die
gleiche Richtung zielenden Argumenten ("Studiengebühren sind gerecht,
weil…) in die Debatte einmischen, vor Ort "Modellprojekte" realisieren, um
Vertrauen zu gewinnen, oder eben auch öffentliche Bedienstete – wie etwa
Richter des Bundesarbeitsgerichtes zum Thema der Reform des Arbeitsrechts
- auf eigene Kosten zu Veranstaltungen, Kongressen und ähnlichem laden.

Der Ansatz von Arbeit und Projekten ist dabei stets top-down. Kein
Stiftungsprojekt findet statt, das nicht der Prämisse
"wirtschaftsfreundliches Ergebnis" unterliegt. Die Stiftung ist stets
bemüht, die geförderten Projekte und Vorstellungen für Zwecke zu
instrumentalisieren, die "ihrem" Konzern dienlich sind.


Privatisierung der Kommunen

In den Kommunen hat die Stiftung sich beispielsweise längst zwischen
Verwaltung und die Bürger geschoben. Auf kommunalen Kongressen lockt sie
Stadtdirektoren, Kämmerer und Oberbürgermeister mit einer ganzen Palette
von Reformvorschlägen an – und legitimiert ihr Wirken dabei nicht etwa
über ein demokratisches Mandat, sondern über ihren Status als vermeintlich
gemeinnütziger Akteur. Als solcher rät sie den öffentlichen Kommunen zur
Teilprivatisierung ihrer Aufgaben – und dann übernimmt diese schließlich
die hochprofitable Dienstleistungstochter der Bertelsmann AG, Arvato. Ganz
im Sinne der Mohnschen "Gemeinnützigkeit".

05 Juni 2007

Neoliberaler Wahn - Palestinensermord

2 lesenwerte Artikel


Zone der Einsamen

Mona Sarkis 04.06.2007

Die Eskalation im Lager "Nahr el-Bared": Kein anderer arabischer Staat verhält sich gegenüber den Palästinensern feindlicher als der Libanon

Dass Libanons Regierung der Terrorgruppierung "Fatah al-Islam" begegnen muss, ist unbestreitbar. Die Frage ist nur wie. Während John Holmes, der UN-Koordinator für humanitäre Hilfsaktionen, um "größtmögliche Zurückhaltung" vor allem beim "Einsatz von Artillerie und schweren Geschützen inmitten abgegrenzter ziviler Zonen" appelliert , verweist die Armee auf den Waffenstillstand, welcher der Lagerbevölkerung die Flucht ermöglichen sollte, und betont, dass "Fatah al-Islam" die Zivilisten als menschliche Schutzschilder missbrauche (eine Aussage, die auch das TIME-Magazin mit dem Vermerk kommentiert, dass unklar sei, woher die Armee dies wissen könne). Fakt ist: 4.487 Familien sind mittlerweile auf der Flucht (PDF-Datei). Ihnen, wie allen Palästinensern im Land, werden voraussichtlich abermals nur Hilfsorganisationen beistehen.

Exil und Flucht, die beiden treuesten Begleiter der Palästinenser, begannen 1948 mit der "Nakba" – der "Katastrophe", der Vertreibung aus Palästina - und erfuhren mit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 einen neuen Höhepunkt. Die in der Folge ausgelösten Flüchtlingswellen schwappten vor allem nach Jordanien, Syrien und in den Libanon über. Verschlug es dorthin nach Schätzungen der United Nations Relief and Works Agency ( UNRWA) in den 50er Jahren ca. 100.000, so waren es 1970 ca. 175.000 (PDF-Datei). Zur Ruhe kamen sie und jene, die unter anderem der erste Golfkrieg hinzu trieb, nicht.

Im Gegenteil: das Flüchtlingslager Al-Nabatiye wurde 1973 von den Israelis zerstört, das Flüchtlingslager Tel al-Za'tar 1976 von libanesisch-maronitischen Falangisten angegriffen. 1982 rückte die israelische Armee ins Flüchtlingslager Ain el-Helweh vor, 2006 bombardierte sie es. Die libanesisch-schiitische Amal-Miliz attackierte 1986 das Flüchtlingslager Raschidieh, die israelische Armee beschoss es 2006.

Daten – und es sind nicht einmal alle –, die jedem von ihnen betroffenen Menschen im Gedächtnis hämmern. Der weltweiten Öffentlichkeit blieb, wenn überhaupt, nur dieses im Hinterkopf: September 1982, Sabra und Schatila. Tausende Tote, mehrheitlich Alte, Frauen und Kinder. Dass das von libanesisch-maronitischen Falangisten mit Rückendeckung der israelischen Armee verübte Massaker im internationalen Kollektivgedächtnis "hämmert", wäre allerdings übertrieben: Der Progrom blieb bis heute ungesühnt.

In die Akten, die offensichtlich nicht nur Libanons Regierung ungern liest, lassen sich nun "2007" und "Nahr el-Bared" eintragen. Laut UNRWA-Angaben befinden sich rund 25.000 Menschen auf der Flucht, die meisten drängen sich in dem benachbarten "Baddawi"-Camp. Verwundete bleiben angesichts mangelnder Zugänge zum beschossenen Lager weitgehend unversorgt. Opferzahlen liegen noch nicht vor.

Entrechtet seit 59 Jahren

Wie viele Palästinaflüchtlinge im Libanon sind, weiß keiner. Die Regierung führt keinerlei statistische Erhebungen durch, die UNWRA zählt nur in den von ihr betreuten 12 Lagern und nicht in den Dutzenden unregistrierter. In ihren jüngsten Schätzungen kommt sie auf 400.582 Menschen. Der Bestand der Lager ist ungesichert, wiederholt kursieren Pläne von Verlegungen, etwa aus dem Süden in den Landesnorden – oder von Abrissen, etwa im Zuge von Beiruter Großbauprojekten. Anders als Libanesen erhalten Palästinenser bei einer Umsiedlung keine finanzielle Entschädigung.

Von den registrierten Palästinensern sind 70 Prozent arbeitslos. 60 Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze. Dies resultiert vor allem aus ihrem erschreckenden Ausbildungsniveau.

Palästinensern bleibt der Zugang zu staatlichen libanesischen Schulen, in denen die Plätze begrenzt und Libanesen vorgezogen werden, meist verwehrt. Kostenpflichtige Privatschulen können die wenigsten finanzieren. UNWRA unterhält die Schulen. 2003 waren es 81 Volks- und Grundschulen, außerdem fünf Realschulen, mehr als in jeder anderen Region, in der die Organisation Palästinaflüchtlinge betreut (Gaza, Westbank, Syrien, Jordanien). Von den in 2003 registrierten 394.532 Flüchtlingen, die sich aus vorwiegend jungen Schichten zusammensetzen, waren lediglich 41.583 Schüler eingeschrieben.

Jedes dritte Kind ab 10 Jahren geht ohne Abschluss ab. Die Schulabbruchsraterate von 39% liegt zehnmal höher als die der libanesischen Kinder. Angesichts der Schwierigkeit, Arbeit zu finden, sehen viele weder den Zeit- noch den Kostenaufwand ein. Denn: 72 Berufe dürfen sie außerhalb der Lager ohnedies nicht ausüben. Vor allem palästinensische Akademiker (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Apotheker etc.) darf es im Libanon nicht geben. Wer durch diese Hürden noch nicht auszubremsen ist, mag an der nächsten scheitern: Eine Arbeitserlaubnis ist generell schwer erhältlich. Die Gehälter tun ihr übriges.

Im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft, die meist als potentielle Betätigungsfelder übrig bleiben, liegen sie bei gleicher Leistung weit unter denen der Libanesen. Hinzu kommen die Sozialversicherungsbeiträge, die berufstätige Palästinenser zwar ebenso wie die Libanesen bezahlen müssen, für die sie im Gegenzug aber weder Renten- noch Krankenversicherung erhalten.

Ebenso wenig Aussicht auf Verwirklichung hat der Wunsch nach den eigenen vier Wänden: Seit 2001 dürfen Palästinenser keinen Grund erwerben und das bereits erworbene Eigentum nicht an ihre Kinder weitervererben. Sie dürfen nicht einmal das instand halten oder wieder instand setzen, was zerstört wurde, da das Vorhandensein von Baumaterialien in den Lagern untersagt ist. Deswegen war es UNWRA unmöglich, bombardierte Wasser-, Strom- und Elektrizitätsnetze zu sanieren, in Ain al-Helweh in den Neunzigern eine Schule zu bauen oder jenen aus dem zwischen einem Küstenstreifen und der Autobahn bei Saida gelegenen Lager Jal el-Bar zu helfen, deren Häuser durch das Meer im Winter 2005 weggespült worden waren. Reparaturmaterialien sind allenfalls durch Zwischenhändler zu erhalten, die mit den libanesischen Behörden ein Arrangement getroffen haben – zu wesentlich überteuerten Preisen.

Die Frage nach dem Grund für dergleichen menschenverachtende Restriktionen beantwortet Libanons Regierung mit dem Verweis auf das Rückkehrrecht der Flüchtlinge. Jedwede Verbesserung ihrer Lebenssituation im Libanon könnte sie zur Akzeptanz ihrer erzwungenen Flucht verleiten. Eine Argumentation, die ebenso falsch wie zynisch ist: Das vom Internationalen Gesetz geschützte Recht auf Rückkehr steht, wie Amnesty International unterstreicht, in keinerlei Widerspruch oder "Konkurrenz" zu anderen Menschenrechten, die den Flüchtlingen offenkundig verweigert werden.

Darüber hinaus wurde die Resolution 194 (III) der UN-Generalversammlung, die den Palästinensern seit dem 11. Dezember 1948 das Recht auf Rückkehr und/oder Entschädigung zusichert, bislang in jeder Nahost-Friedensinitiative in eine nie definierte Zukunft verschoben. Sollte soviel internationale Missachtung nicht erst recht motivieren, die arabischen "Brüder" im Kampf um ihr grundlegendstes Recht nicht noch weiter auszuhöhlen?

Libanons Lüge

Doch warum sollten sich die Libanesen mit den Palästinensern solidarisieren, wenn ihnen dies nicht einmal untereinander gelingt? In der konfessionellen Spaltung des Landes liegt das Hauptmotiv für die Handhabung der Flüchtlingsfrage. Eine Einbürgerung der vorwiegend sunnitischen Palästinenser würde das fragile, konfessionell verteilte Machtgefüge erschüttern.

Fragwürdig ist dieses ohnehin: Obgleich die letzte Volkszählung von 1932 datiert und sich die Demographie vor allem zugunsten der Schiiten verschob, halten die Christen an ihren Herrschaftsansprüchen fest. Eingebürgert wurden, wenn überhaupt, denn auch fast ausschließlich christliche Palästinenser.


Cui Bono Vox?

Reinhard Jellen 05.06.2007

Der Sänger von U2 macht sich in Heiligendamm für einen Neoliberalismus mit menschlichem Antlitz stark - und führt auch gleich selber vor, wie das geht

Wenn Bono Vox bei der Veranstaltung "Deine Stimme gegen die Armut" am 7. Juni in Rostock die Bühne betritt, dann steht den Protestierern ein Verantwortlicher gegenüber, der nicht durch einen Zaun und eine Sperrzone vor Protestkundgebungen geschützt ist.

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Vor zwei Jahren hatten sich die G8-Staaten die Forderungen des U2-Sängers zu eigen gemacht und die Entschuldung von 18 Entwicklungsländern (darunter vierzehn Staaten aus Afrika) angekündigt. Allerdings war die Aufhebung der Schulden an verschiedene Bedingungen geknüpft: "Gutes" Regieren, "Verlässlichkeit" und "Transparenz" bei den Finanzen.

Unter "gutem" Regieren wurde dabei weniger die Einhaltung von Menschenrechten verstanden. Äthiopien etwa hatte zwei Wochen vor der Aufnahme in die Liste der 18 "Gewinner" Demonstranten durch Killerkommandos niedermachen lassen). Im Vordergrund stand die Verlässlichkeit bei "marktwirtschaftlichen Reformen" - also die Einhaltung der rigorosen inflations- und fiskalpolitischen Vorgaben vom IWF sowie die "Öffnung" der Märkte und die Privatisierung natürlicher Monopole in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Erlass der Schulden wurde so an Forderungen gekoppelt, die den Einstieg ausländischer "Investoren" in diese Monopolrenditen versprechenden Bereiche erleichtern soll.

Dies ist mehr oder weniger verklausuliert auch der politische Inhalt der Afrika-Initiative von Angela Merkel, die damit weniger in die Fußstapfen von Mutter Theresa als von Horst Köhler tritt.


Nachlässigkeit der G8 bei den "Millenniumszielen"

In Gleneagles wurden die sogenannten "Millenniumsziele" aus dem Jahre 2000 bekräftigt: Die Entwicklungshilfe sollte bis 2010 verdoppelt, die "globale Armut" bis 2015 halbiert, der Kampf gegen AIDS und Malaria weltweit in Angriff genommen und der allgemeine Zugang zu Bildung überall gewährleistet werden. Davon sind die G8-Staaten nach wie vor weit entfernt: Die Industrieländer geben im Schnitt nur 0,33 Prozent des Bruttosozialproduktes als "Entwicklungshilfe" (Zielvorgaben der UN: 0,7 Prozent) - und keines der G8-Länder erreicht diesen Durchschnitt, obwohl der Erlass von Schulden mitgerechnet wird (Die "Phantomgelder" der Entwicklungshilfe).

Dagegen beläuft sich die Gesamtschuldensumme der afrikanischen Staaten weiterhin auf 215,16 Milliarden Dollar, so dass die Staaten gezwungen sind, mehr Gelder für die Begleichung ihrer Schulden (zu deren Aufnahme sie häufig vorher von den Weltwirtschaftsorganisationen überredet wurden) aufzuwenden, als für Bildung und Gesundheit. Dafür dürfen sich die in Heiligendamm versammelten Vertreter der afrikanischen Nationen einmal mehr die Litanei von den Segnungen des Freihandels anhören und sich zum Glauben an die heilsamen Wirkungen grenzüberschreitender "Investitionen" bekehren lassen.

Darüber hinaus gibt es die berechtigte Befürchtung, dass die Bundesregierung mit ihrem "Kernanliegen", dem "Schutz des Geistigen Eigentums", eine Entwicklung weiter forciert, die sie offiziell unterbinden möchte: Denn mit dem Verweis auf solche Monopolrechte wird unter anderem die Ausgabe kostengünstiger Aids-hemmender Generika an die Staaten Afrikas und die Entstehung von wirtschaftlicher Konkurrenz in diesen verhindert.


Schuldenerlass und Steuerflucht

Da trifft es sich für die Mächtigen gut, wenn solche "Hochkaräter" wie Sir Bob Geldoff und Bono Vox für Afrika eintreten - denn wer solche Fürsprecher hat, der braucht wahrlich keine Feinde mehr.

Bono Vox, Sänger und Vorsteher von U2, hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich als "Sprachrohr" der Entwicklungsländer zu präsentieren. So wirbt der Sänger seit längerem dafür, dass die wohlhabenden Nationen den Staaten der Dritten Welt ihre Schulden "erlassen" und die Entwicklungsländer über den "Abbau von Handelsbarrieren" an den Segnungen der Marktwirtschaft teilhaben lassen sollen.

Bezeichnenderweise rief er mit Bill Gates dazu die Organisation DATA ins Leben. Diese hat sich nicht nur die Bekämpfung von AIDS und den Erlass der Schulden, sondern eben auch den "Freihandel" auf die Fahnen geschrieben. Von der Erkenntnis, dass dieser "Freihandel" (mit der Ideologie vom "Geistigen Eigentum" gerechtfertigte) Neozölle und Produktionsverbote bedeutet, und sich unter anderem deshalb nicht für alle Teilnehmer lohnt, zeigte sich der Rockstar bislang völlig unbeleckt.

Dass dies wahrscheinlich nicht nur an Dummheit oder Ignoranz liegt, lässt sich unter anderem daraus ersehen, wie Bono sich verhält, wenn er seine Privatinteressen auch nur geringfügig tangiert sieht. 1991 ruinierten U2 das Punklabel SST mit Urheberrechtsklagen und 2006 unterschrieb der Sänger eine Petition zur Verlängerung des britischen Aufnahme-Copyrights für Musikstücke von 50 auf 95 Jahre. Ebenfalls 2006 verlegten U2 ihre Holding "U2 Limited" von Irland nach Amsterdam, weil man in Holland für Copyright-Einkünfte kaum Steuern zahlt.

Im selben Moment also, in dem Bono die Regierung der Republik Irland aufforderte, mehr Steuereinnahmen für Afrika zu verwenden, machte er es sich mit seiner Band in einem Steuerparadies bequem. Der Vorschlag des US-Finanzministers John W. Snow, Bono als Präsidenten der Weltbank einzusetzen, wirkt in diesem Licht besehen nicht so ungewöhnlich, wie er auf den ersten Blick aussah.