Wikileaks Wardiary ZUKUNFT DER PRESSE
Hier ein mittelmässiges Interview über die verlogenen Medien, die Huren am Wirtschaftsbankett.
DIE ZEIT ist natürlich auch eine Hure, aber immerhin lässt Sie Rosen sagen:
DIE MACHEN ALLE WEITER WIE VORHER.. das gilt natürlich auch für DIE ZEIT. Aber DIE ZEIT verteidigt sich nicht, wir auch nichts ändern an Ihrer Heuschrecken-servilität.
"Keine Regierung der Welt kann das stoppen"
Die staatenlose Newsorganisation Wikileaks wird sich niemals kontrollieren lassen und auf Journalisten kommen völlig neue Aufgaben zu, sagt Journalistik-Professor Rosen.
© Joe Raedle/Getty Images
ZEIT ONLINE: Die Meldung, dass die Whistleblower-Seite Wikileaks 92.000 geheime Dokumente über den Afghanistan-Krieg veröffentlicht hat, stand auf allen Titelseiten und schaffte es in die Hauptnachrichten. Die Wikileaks-Aktivisten Julian Assange und Daniel Schmitt sind gefragt wie nie. Dabei gibt es die Seite schon seit 2006. Warum kooperieren Spiegel, Guardian und New York Times erst jetzt in dem Maße mit der Netz-Plattform?
Jay Rosen: Ich glaube, weil Sie vorher nicht auf diese Weise von Wikileaks angesprochen wurden. Wikileaks-Aktivist Julian Assange selbst hat das Phänomen ganz gut beschrieben: Wenn man Dokumente schlicht auf die Webseite lädt, so dass sie für jeden verfügbar sind, dann interessiert das die Medien nicht. Für sie ist die Information dann ja bereits publiziert, sie können keinen Scoop damit landen. Deshalb hat Wikileaks die Afghanistan-Dokumente jetzt nur wenigen Medien angeboten, das Angebot quasi künstlich verknappt. Sofort war es interessant.Wikileaks lernt ja mit jeder seiner Veröffentlichungen dazu.
© jdlasica
ZEIT ONLINE: Warum brauchen die klassischen Medien Wikileaks überhaupt?
Jay Rosen: Die Geheimhaltung hat massiv zugenommen. Die Schattenwelt, die Machenschaften der Nachrichtendienste, die weltweiten Militäroperationen haben im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terror ein wahnwitziges Ausmaß angenommen. In dieser Relation muss Wikileaks immer noch als ein winzig kleiner Versuch gedeutet werden, dagegen anzukämpfen.
Und schließlich ist Wikileaks ein typisches Produkt des Internets: Im Netz gibt es keine Adressen, keine zentrale Kontrollstelle.
ZEIT ONLINE: In Ihrem aktuellen Blogpost bezeichnen Sie das Phänomen Wikileaks als "erste staatenlose Nachrichtenorganisation der Welt". Macht diese "Staatenlosigkeit" denn einen Unterschied?
Jay Rosen: Sie ist wichtig, weil die Veröffentlichungen so von keiner Regierung der Welt verhindert werden können. Wikileaks liegt außerhalb der Reichweite jedweder Gesetzgebung. Man kann das gut oder schlecht finden, mein Punkt ist nur: Es macht einen Unterschied.
Professionelle Nachrichten-Organisationen sind zudem immer das Produkt einer bestimmten nationalen, politischen, professionellen Kultur. Wikileaks braucht auf solche Traditionen keine Rücksicht zu nehmen.
ZEIT ONLINE: Unsere Medien werden reguliert, fallen unter nationale Gesetze. Durch Wikileaks haben plötzlich Einzelpersonen wie Assange und Schmitt die Macht, über das Schicksal von Menschen, Unternehmen und Institutionen zu entscheiden. Müsste man diese Macht nicht ebenso gesellschaftlich-demokratisch kontrollieren?
Jay Rosen: Sie kann nicht kontrolliert werden. Welcher Mechanismus soll das sicherstellen? Es gibt ja keine Weltregierung.
Die einzige Kontrolle ist die Öffentlichkeit, ihre Reaktion auf Veröffentlichungen, und auch die Medien, die als Filter funktionieren. Wenn ihnen eine Nachricht nicht gefällt, wird sie nicht aufgegriffen.
ZEIT ONLINE: Also sind die traditionellen Medien nach wie vor wichtig?
Jay Rosen: Ja, absolut! Und noch braucht Wikileaks die Medien unbedingt, um Aufmerksamkeit zu erringen.
ZEIT ONLINE: Wieso hört man plötzlich von allen Seiten, dass in den Dokumenten eigentlich nichts Neues stünde? Spielt das US-Militär die Sache gezielt herunter?
Jay Rosen: Es war so verdammt vorhersehbar, dass das Weiße Haus jetzt sagt: Es gibt nichts Neues, etwa wenn Journalisten um einen Kommentar bitten, wie der Spiegel das getan hat. Die Botschaft ist: Es gibt hier keinen Scoop, also lasst die Finger davon. Journalismus hat aber nicht nur was mit Enthüllung, sondern auch immer etwas mit Verifizierung zu tun. Und es gibt noch so viel zu kommunizieren. Dafür braucht man diese Dokumente. Die Öffentlichkeit bekommt die entscheidenden Details ja oft gar nicht mit, hier sind Journalisten gefragt.
ZEIT ONLINE: Glauben Sie an das große Versprechen der Open-Data-Bewegung, dass man, wenn man nur alle Informationen transparent macht, mithilfe von Algorithmen und klugen Kombinationen zu völlig neuen Schlüssen gelangen könnte – oder steckt darin auch viel Wunschdenken von überambitionierten Technik-Euphorikern?
Jay Rosen: Es sind ganz sicher noch viel mehr Schritte dazu nötig, als manche Leute geglaubt haben. Es reicht nicht, die Daten nur verfügbar zu machen, man muss das auch kommunizieren. Und die Aufarbeitung ist sicher mühevoller, als gedacht. Und das ist typisch für jeden Fortschritt, den es im Internet gegeben hat: Es waren immer Menschen da, die etwas überoptimistisch an die Sache herangingen, und andere, die das Potential unterschätzt haben. Ich glaube, wir befinden uns derzeit in einer eher ruhigen Phase, wir müssen lernen, wir müssen sehr viele Probleme lösen, aber so war es immer. Und dann wird wieder eine Phase kommen, in der wir viele der gemachten Versprechen plötzlich einlösen können.
ZEIT ONLINE: Wie wird die Gegenseite auf Phänomene wie Wikileaks reagieren, die Mächtigen der Welt? Jeff Jarvis hat ja die These aufgestellt, dass Institutionen wie das US-Militär dazu übergehen könnten, ihre Korrespondenzen nicht mehr schriftlich zu dokumentieren. Ist das realistisch?
Jay Rosen: Ja, das ist sehr gut möglich! Wir wissen ja noch überhaupt nicht, wie die Reaktionen ausfallen werden. Es ist schon sehr seltsam, wie die Institutionen sich bislang verhalten. Die US-Regierung zum Beispiel scheint auf der einen Seite nach Julian Assange zu fahnden. Und auf der anderen Seite beschwert sie sich, dass Wikileaks nicht mit ihnen gesprochen hat, bevor sie die Dokumente veröffentlichten. Anscheinend weiß die eine Seite nicht, was die andere tut.
ZEIT ONLINE: Sie haben in Ihrem Blog eine interessante These aufgestellt: Es gäbe Storys, die zu groß sind, um eine entsprechende Reaktion zu erhalten. Deshalb fürchten Sie, dass auch die Afghanistan-Dokumente nicht zu den Konsequenzen führen werden, die sie eigentlich verdient hätten.
Jay Rosen: Ich will Ihnen ein Beispiel geben: das jüngste Open-Data-Dossier der Washington Post. (top secret USA! 3 millionen leute haben top secret clearance, und keiner weiss wie tief der geheimstaat, der DEEP STATE geht.)Die Post hat zwei Jahre lang recherchiert und ein gewaltiges Dossier über alle Geheimdienst-Machenschaften des militärisch-industriellen Komplexes zusammengestellt. Sie hat eine Woche lang auf den ersten Seiten darüber geschrieben. Mehr Aufmerksamkeit ist fast nicht vorstellbar.
Die Journalisten haben eine gewaltige Schattenwirtschaft aufgedeckt, die Milliarden Dollar verschlingt, völlig sinnlos, an der sich viele Menschen bereichern. Und was ist die Reaktion? Man sagt nur: Oh, dann müssen wir noch mehr Studien machen, und noch mehr Geld ausgeben, um herauszufinden, was genau da passiert ist. Der Kongress sagt nicht: Oh mein Gott, wir müssen hier dringend einen Schlussstrich ziehen, wir müssen das Ganze sofort neu regeln, wir sind zu weit gegangen. Nein, es passiert im Grunde nichts. Alles geht so weiter wie zuvor. Nicht, weil es unwichtig wäre, sondern weil man gar nicht weiß, wo man anfangen soll.
ZEIT ONLINE: Man würde ja denken: je größer ein Problem, desto größer die Reaktion.
Jay Rosen: Ja, und ich sage nun: ab einer gewissen Größenordnung passiert genau das Gegenteil. Das Leben geht einfach weiter wie zuvor. Ich fürchte, das wird auch mit den Afghanistan-Dokumenten so passieren.
Und ich glaube, Journalisten haben das Ausmaß der aktuellen Veränderungen noch nicht einmal ansatzweise begriffen. Sie denken, wie sie es traditionell gelernt haben: wenn man darüber schreibt und recherchiert, und seinem Job wie gewohnt nachgeht, wird sich auch die Welt langsam zum Besseren wandeln. Es gibt aber Probleme, die viel vertrackter sind. Hier anzusetzen, wäre eine gewaltige Aufgabe für den seriösen Journalismus.
Wenn Sie mich jetzt fragen: "Wie?" muss ich Ihnen leider sagen: ich weiß es selbst nicht. Ich kann das Phänomen bislang nur beschreiben.
Der Journalistik-Professor Jay Rosen lehrt an der New York University. Er ist Autor des Buchs: What Are Journalists For?, in dem er sich mit dem Phänomen des Bürgerjournalismus befasst hat. Schon seit 2003 befasst er sich in dem Blog PressThink mit der Medienlandschaft und untersucht ihren Wandel. In seinem jüngsten Blogpost hat er ein paar kontroverse Thesen über Wikileaks aufgestellt, die er als the "World's First Stateless News Organization" bezeichnet – die "erste staatenlose Nachrichtenorganisation der Welt".
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