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05 November 2008

Irak milizen sind US Söldner -biometrisch erfasst

Böses Erwachen


Thomas Pany 03.11.2008

Was macht die irakische Regierung mit bewaffneten Milizen, wenn die USA nicht mehr bezahlen?

Der gestrige Tag war möglicherweise ein entscheidender für Iraks Zukunft. Der Erste jeden Monats ist Zahltag für die Sahwa, bekannt auch "Awaking"-Gruppen, bzw. "Söhne des Irak", "Concerned Local Citizens". Gemeint sind damit jene Gruppierungen – zu vier Fünfteln sunnitischer Herkunft -, die seit Ende 2006 für Schlagzeilen sorgen (siehe Das große "Erwachen" im Irak), weil man ihnen ein großes Stück der Verantwortung für die Wende im Irak zuschreibt. Der Erzählung, die in großen Linien geschrieben wird, zufolge, kämpften die Awaking-Sunniten zunächst als Insurgents gegen die US-Truppen und besannen sich seit General Petraeus und der Truppenaufstockung ("The Surge") eines Besseren und kämpften fortan gegen al-Qaida und deren Verbündete, die als foreign fighters der irakischen Patria schadeten.

Böse Zungen wandten gegen das allseits gelobte "Erfolgsmodell" schon immer ein, dass es die "Sahwa-Councils" vor allem zu den vielen US-Dollars und mitgelieferten Waffen wie auch wahrscheinlich manchen Versprechungen und Garantien drängte, um ganz unideologisch und pragmatisch ihre lokalen Machtansprüche zu festigen. Doch auch seriöse Medien zitierten reichlich unseriöse Gesellen, die sich nun quasi in den Diensten der USA befanden und sich über Waffen, Geld und ein neues Standing freuten, so etwa Awaking-Scheich Abu Abed, der sich laut Guardian durch Mafiamethoden auszeichnete
It's just a way to get arms, and to be a legalised security force to be able to stand against Shia militias and to prevent the Iraqi army and police from entering their areas. The Americans lost hope with an Iraqi government that is both sectarian and dominated by militias, so they are paying for locals to fight al-Qaida. It will create a series of warlords. It's like someone who brought cats to fight rats, found himself with too many cats and brought dogs to fight the cats.

Now they need elephants.

Ob die Sahwa-Mitglieder wieder zu gefährlichen Milizionären werden könnten, ist nun die große Frage - fast genau ein Jahr später: Denn ab 1. November 2008 sollten offiziell nicht mehr die Amerikaner, sondern die irakische Regierung für die Löhne der Sahwa-Söldner einstehen. Und es ist kein gut gehütetes Geheimnis, dass die Regierung Maliki den sunnitischen Lokalfürsten nicht sehr wohlgesinnt ist.

Zwar soll theoretisch alles gleich bleiben und "die gleiche Summe Geld an die selben Personen überwiesen werden, weiß das arabische Internet Magazin The National, aber viele fürchten, dass die Regierung Maliki die Versprechungen nicht hält und die Stabilität des Irak sich als prekär erweisen könnte:

If the Sahwa are not paid by November 1st there will be a problem. If they are not paid by November 2nd there will be a revolution [..] This is the most important moment for Iraq since 2005

Sheikh Mizher al Hamadani, Chef eines "einflussreichen Stammes in Mahmudiyah
Die Regierung betont, dass man an 94.381 Sahwa-Mitglieder weiter die Löhne ausbezahlen will – die Rede ist von "over 300 US dollars per fighter", bis sie andere Betätigungen gefunden haben (bislang sollen sie vor allem Checkpoints bemannen). Ein Integrationsplan sieht vor, dass ein Fünftel der Sahwa-Kräfte von der irakischen Polizei bzw. Armee übernommen werden. Der Rest , 80 Prozent (!), hat vor allem Aussichten auf Arbeitslosigkeit und äußert entsprechend Beunruhigendes, wie auch ein aktueller Bericht des Instituts for War and Peace Reporting meldet:


We sacrificed our lives to fight al-Qaeda in battles the US forces could not fight. What is the reward for offering all these sacrifices, to be disbanded? What will be our fate? Muhammad Rajab al-Muhammadi, Awakening-Ratschef in Anbar

Sollte die Regierung Mailiki die "Söhne des Irak" nicht ausbezahlen oder beschäftigen können, so befürchten manche, droht die Weiteraufnahme des Guerilla-Krieges. Manche fürchten, dass Mailiki die Milizen auflösen und Mitglieder verhaften werde. Die USA sollen vorgesorgt und einen 90-Tage-Notfall-Fond bereitgestellt, der einstweilen die Verpflichtungen erfüllen soll. Wie es weitergeht, wenn der Fond von amerikanischer Seite nicht aufgefüllt wird und sich Mailiki weigern sollte, richtige "Integrationsarbeit" zu leisten (angeblich sollen Sahwa-Mitglieder nur die hierarchisch untersten Jobs bekommen), gehört zu den spannenden Fragen der näheren Zukunft des Irak.


Bemerkenswert in dieser Hinsicht ist auch ein Detail, das leider nur selten erwähnt wird: die biometrische Erfassung von Irakern, insbesondere verdächtigten Widerständlern durch die Amerikaner. Trotz mancher Schwächen und Fehler durch die Anwendung verschiedener biometrischer Technologien, die größere Mängel in der Kompatibilität demonstrieren, haben amerikanische Privat Contractors offensichtlich so gute Arbeit geleistet, dass der Weg zurück in die Untergrundarbeit für viele "Erwachte" nicht einfach ist. Zumindest in der Theorie.
That would be a hard fight as all of them have had their biometric information recorded by the U.S., and are well known by U.S. troops. To be effective they would have to move to rural areas away from the security forces, or leave their provinces to places they are not known. Otherwise most of them will end up dead.

US Roboter erschießen Iraker nach Gesichterkennungssoftware!!

Doch droht den mit den USA kooperierenden Söhnen des Irak ohnehin große Gefahr an Leib und Leben. Am Wochenende wurde ein Stammesführer, dessen Miliz gegen Al-Qaida gekämpft haben soll, samt Familie getötet. Nicht der erste Mordfall von Awakening-Führern, vielmehr eine Serie, die mit der damals symbolträchtigen Ermordung von Abu Risha, dem "Golden Boy von Anbar" (siehe Tödlicher Fototermin mit Bush), begonnen hat. Bekannt wurde vergangene Woche zudem der Fall des Bürgermeisters von Tal Afar, der 2006 von Präsident Bush als Zeichen für den neuen Irak gerühmt, in die USA fliehen musste, weil er seines Lebens nicht mehr sicher war.