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03 November 2008

UBS bank betrug - John Costas

John Costas

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John Costas

UBS has faced calls from investors and analysts to split its wealth management and investment-banking divisions as a way of improving efficiencies and unlocking value.

The bank has been criticised for poor performance, particularly as a result of the failure of Dillon Read Capital Management, the hedge-fund business started by star trader John Costas in 2005. Two weeks ago, Peter Wuffli was ousted as chief executive.

2006: beginnt mit UBS Hedge Fond in Immobilien zu investieren.


Der Flop der Topbanker


Sie waren angetreten, der Welt zu zeigen, wie man richtig Geld verdient. Doch John Costas und die 120 besten Trader der UBS produzierten mit dem Hedge Fund Dillon Read einen Verlust, der die Bank noch Hunderte von Millionen kosten wird. Chronologie einer Selbstüberschätzung.

Text: Erik Nolmans
Bild: Marc Wetli

Greenwich, Connecticut – das ist nicht nur der Millionärswohnort nördlich von New York, sondern auch das Hedge-Fund-Zentrum der USA. Angezogen von günstigen Steuern und der guten Zugverbindung nach Manhattan, haben sich in den letzten Jahren Dutzende von Finanzgesellschaften in Greenwich niedergelassen. Oft auch darum, weil die Finanzstars privat ohnehin hier residieren.

In Greenwich wohnt auch John Costas, ehemaliger Investment-Banking-Chef der UBS und bis vor kurzem Chef des bankeigenen Hedge Fund Dillon Read Capital Management (DRCM). Vor zwei Jahren machte er sich auf, einer wie sie zu werden, sich einzureihen in die Gruppe jener Hedge-Fund-Milliardäre, welche die noble Nachbarschaft prägen. «Der ausgeprägt unternehmerische Anreiz und die Möglichkeit, für die Bank Werte zu schaffen», sagt Costas im Gespräch mit der BILANZ, hätten ihn dazu bewogen, auf DRCM zu setzen. Die UBS gab ihm über drei Milliarden Dollar in Obhut mit dem Ziel, dieses Geld mit dem eigens gegründeten Hedge Fund DRCM tüchtig zu vermehren. Heute steht nicht nur er selbst, sondern auch die Bank vor einem Debakel, das die UBS in nächster Zeit Hunderte von Millionen Franken kosten wird, zählt man die jüngsten Verluste und die Kosten für die Auflösung des Fonds zusammen.

Costas’ Karriere hat mit dem DRCM-Debakel einen starken Dämpfer erhalten. Für den einstigen Vorzeigebanker, der die UBS in seiner Zeit als Investment-Banking-Chef von 2002 bis 2005 unter die Top Five der Welt brachte, ist dies eine neue Erfahrung.

Das Ende des Abenteuers kam überraschend: Am Mittwoch, 2. Mai 2007, zog UBS-CEO Peter Wuffli dem Hedge Fund den Stecker raus. Wufflis Abgesandter, Investment-Banking-Chef Huw Jenkins, hatte die Belegschaft von DRCM in ein Hotel in Manhattan gebeten, um die Botschaft zu verkünden: Der Hedge Fund werde dichtgemacht, die Aktiven wieder in die UBS integriert, das Geld externer Investoren zurückbezahlt. John Costas müsse das Zepter bei DRCM per sofort an Suneel Kamlani, den Stabschef der UBS Investment Bank, weiterreichen. Grund für die Sofortmassnahme war ein Verlust von 150 Millionen Franken, den Dillon Read Capital Management im ersten Quartal 2007 eingefahren hatte. Doch das war nur der unmittelbare Anlass: Costas und sein Team hatten DRCM auch zwei Jahre nach der Gründung nicht richtig zum Laufen gebracht – trotz den 3,5 Milliarden, welche die UBS dem Fonds vom ersten Tag an als Kapital zur Verfügung gestellt hatte. 250 Mitarbeiter beschäftigte DRCM und produzierte damit allein an Personalkosten mindestens 150 Millionen Dollar im Jahr. Nun kostet die Auflösung von DRCM die UBS nochmals 300 Millionen Dollar, rund 200 Millionen davon als Salär- und Vertragszahlungen für die gescheiterten Starhändler von DRCM. «Eine Überprüfung ergab, dass die Entwicklung von DRCM hinter unseren Erwartungen blieb», so Wuffli. «Für den Verlust im ersten Quartal 2007 übernehme ich die Verantwortung», sagt Costas, «doch bleibe ich stolz auf die sechs Quartale zuvor, in denen wir profitabel arbeiteten.»

Die Kommentare in der Presse nach dem Aus für DRCM waren vernichtend: «Ein Fiasko», urteilt der Nachrichtendienst Reuters; «eine grosse Peinlichkeit für die UBS», so die Londoner «Times»; «ein weiterer Rückschlag für die UBS in den USA», das «Wall Street Journal». Für die «Financial Times» war die DRCM-Pleite gar «ein hochgradiges Scheitern».

Umso mehr erstaunt die Reaktion vieler Mitarbeiter der Bank. Denn die Schliessung von DRCM bewirkte bei manchem UBS-Angestellten vor allem eines: Schadenfreude. Denn Dillon Read Capital Management – das war stets mehr als nur der firmeneigene Hedge Fund der UBS. Das war das Sammelbecken der Besten. Das Team von rund 120 internen Tradern, das John Costas bei der Gründung von DRCM um sich scharte, hielt sich für auserwählt – und liess dies jene Kollegen, die nicht zum Handkuss gekommen waren, mitunter auch deutlich spüren. Und nun sind es just diese Elite-Trader, die der Bank einen Millionenverlust bescheren – in einem boomenden Finanzmarkt notabene, in dem es derzeit schon fast ein Kunststück ist, kein Geld zu verdienen. Nun müssen die Elitekollegen, die einst mit wehenden Fahnen ausgezogen waren, wieder an ihre alten Pulte zurückkehren. Die Sticheleien dürften diesmal in umgekehrter Richtung ablaufen – die Reintegration des DRCM-Teams in die UBS wird wohl kaum ohne Friktionen ablaufen. Costas selber begleitet die Reintegration als externer Berater: «Ich werde nicht ruhen, bis die letzte Sekretärin aus meinem Team wieder gut untergekommen ist», verspricht er. Die Bank selber macht sich weniger um die Sekretärinnen als um die Trader Sorgen: Es wird damit gerechnet, dass nur 70 Prozent der DRCM-Leute wieder zur UBS zurückkehren wollen. Es ist offensichtlich, dass DRCM in der UBS wie ein Spaltpilz gewirkt hat.

Doch wie konnte sich die als besonders risikoscheu bekannte UBS auf ein solches Abenteuer überhaupt einlassen? Und wie kam der als besonders vorsichtig bekannte UBS-Chef Peter Wuffli überhaupt dazu, die Gründung von DRCM zu verantworten und damit die UBS zur einzigen Investmentbank der Welt zu machen, die Eigenhandelsbestände in Milliardenhöhe durch Dritte verwalten lässt?

Anfang 2005 sah sich Wuffli mit einem Problem konfrontiert: Eine Gruppe von Schlüsselleuten aus dem Investment Banking trug sich mit dem Gedanken, die Bank zu verlassen und selber unternehmerisch tätig zu werden. Es lockte die Welt der Hedge Funds, jener neuen Anlagegesellschaften, bei denen sich so leicht Geld verdienen liess (siehe «Teuer und gut» unten). Die Bank hatte schon wiederholt mitansehen müssen, dass gute Mitarbeiter zu Hedge Funds wechselten. Nun drohte gar der Abgang einiger Rainmaker der Bank, wie man die erfolgreichen Einzelfiguren nennt, die Millionen in die Bankkassen spülen. So liebäugelten etwa Costas’ wichtigste Teamleute, die Startrader Mike Hutchins und Kenneth Karl, mit der Welt der Hedge Funds.

Costas zauberte eine Lösung aus dem Hut, bei der man einerseits den Gründerplänen der Stars entgegenkommen und sie doch unter dem Dach der UBS behalten konnte: Die Bank sollte einen eigenen Hedge Fund gründen. Auch von der Kundenseite her liess sich das rechtfertigen. Hatten nicht institutionelle Kunden signalisiert, sie würden gerne mit der UBS zusammen in Eigenhandelsstrategien investieren?

Eine solche Gesellschaft wäre aber ein Fremdkörper in der Bank. Dass der Vorschlag bei Wuffli, der sonst so strikt an integrierte Organisationsstrukturen glaubt, auf offene Ohren stiess, hatte einen spezifischen Grund: Er hatte so etwas schon einmal gemacht, und zwar sehr erfolgreich. Ende der neunziger Jahre war Peter Wuffli vom damaligen Konzernchef Marcel Ospel nach Chicago geschickt worden, um den Bereich Asset Management der Bank zu leiten. In jener Zeit kam bei den Kunden vermehrt das Bedürfnis nach alternativen Anlagevehikeln wie etwa Hedge Funds auf. So beschloss Wuffli, in Chicago eine Plattform zu bauen für das rasch wachsende alternative Business der Bank. Die UBS bildete einen Bereich namens Alternative and Quantitative Investments und stellte dem Team in Chicago 400 Millionen Dollar als Anfangskapital zur Verfügung. Es sollte eine der erfolgreichsten Wertschöpfungsinitiativen der UBS werden. Unter dem agilen Leiter des Teams, Joe Scoby, entstand ein bankeigenes Hedge-Fund-Business, das heute rund 50 Milliarden an Anlagegeldern verwaltet.

Angesichts dieser Erfahrung zeigte sich Wuffli auch für Costas’ Pläne offen – zu offen. Denn die Business-Idee von Costas unterschied sich doch erheblich von den internen Hedge-Fund-Aktivitäten der UBS unter Joe Scoby. Während Scoby von der UBS nur das Gründungskapital bekam und der Rest der Milliarden im Korb von den vielen Kunden stammte, liefen beim Costas-Fonds parallel Investments von auswärtigen Anlegern und Eigenhandelsaktivitäten der UBS.

Auch sonst gab es so manchen Unterschied. Bei DRCM hatte die UBS von Anfang an mit 3,5 Milliarden Franken deutlich mehr Kapital drin als bei Scoby, der zudem schon bald zwei Drittel des Gründungskapitals der UBS zurückgeben konnte. Ungewöhnlich war auch die pekuniäre Grosszügigkeit der Bank: Um die Startrader um Costas bei Laune zu halten, soll die Bank gleich zu Beginn Bonusgarantien in Höhe von einer Milliarde Franken gesprochen haben. Grossverdiener waren die Kernfiguren ohnehin schon: In der Branche geht man davon aus, dass Hutchins und Karl je rund 40 Millionen Dollar im Jahr verdienten. Vorgesehen war, dass dieser Reibach nicht bald einbrechen sollte: Das DRCM-Modell sah vor, dass 40 Prozent der Performance des Fonds beim Management bleiben sollten – das ist selbst für Hedge Funds eine enorme Marge, denn üblich sind 20 Prozent. «Ein teures Spielzeug für Costas und seine Manager», urteilte das Londoner Branchenblatt «Financial News».

Konzept von Costas war, nebst den UBS-Milliarden neue Gelder von Investoren zu gewinnen und diese dann an den Eigenhandelsaktivitäten der UBS zu beteiligen. So sollte DRCM tüchtig wachsen. Dass dieses Konzept bezüglich Aufsichtsrecht und Risikomanagement bald auf unüberwindliche Hürden stossen sollte, wusste Wuffli im Moment des Entscheids nicht. Der UBS-Chef hatte den Entscheid nicht in seiner ganzen Tiefe ausloten können. Es ist heikel, wenn der Chef der Investmentbank den Job wechselt. Da kann man nicht mit externen Spezialisten reden, ohne dass dies in die Öffentlichkeit gelangt.

Nach der mit grossem Getöse erfolgten Eröffnung von DRCM im Sommer 2005 wurde es schon bald ruhig um Costas und seinen Hedge Fund. Im Frühling 2006 wurde Wuffli klar, dass die ganze Geschichte massiven Verzögerungen unterlag. Die ursprüngliche Idee, externe Investoren direkt an den Eigenhandelsbüchern der UBS zu beteiligen, warf einen Schwall regulatorischer, rechtlicher und technischer Probleme auf.

Costas sah ein, dass er sein Geschäftsmodell ändern musste. So trennte er die Bereiche und baute eine Art Parallelstruktur – mit einem Fonds für externe Investoren und einem für die UBS-eigenen Gelder. Dies führte aber zu Doppelspurigkeiten und erheblichen Ineffizienzen. «Die Komplexität des Gebildes führte zu Verzögerungen von rund einem halben Jahr», so Costas. Im Hedge-Fund-Business entscheiden aber die ersten zwölf Monate darüber, ob der Fonds bei den Kunden Anklang findet. In der Konzernzentrale in Zürich läuteten die Alarmglocken.

Die nächste Enttäuschung folgte auf dem Fuss. Im Herbst 2006, als Costas endlich den ersten Fonds für die externen Investoren lancierte, kamen nur gerade 1,5 Milliarden Dollar an Geldern zusammen – nicht gerade berauschend. Üblich ist, dass kleinere Fonds mit nur 30 oder 40 Leuten locker fünf oder sechs Milliarden generieren. «Es war peinlich», urteilt Finanzanalyst Christopher Wheeler von Bear Stearns, «sie haben nicht einmal genug Geld zusammengebracht, um mehr als den Break-even zu schaffen.»

Es erwies sich als Nachteil, dass John Costas und seine Leute keinerlei Track Record im Hedge-Fund-Business aufzuweisen hatten. Offenbar trauten ihm und seinen Elite-Tradern nur wenige Investoren eine entsprechende Geldvermehrung zu.

Nun war es für die UBS-Führung in Zürich klar, dass DRCM keine Erfolgsgeschichte werden würde. Anfang 2007 fanden die ersten informellen Gespräche zwischen Huw Jenkins, dem UBS-Investment-Banking-Chef, und Costas statt. In der Konzernleitung stieg das Unbehagen.

Just in dieser heiklen Phase rutschte der Fonds tief in die roten Zahlen. Die Trader hatten sich verspekuliert, Investments im US-Immobilienmarkt, sogenannte Subprime Loans, waren schiefgegangen. Sieben Jahre lang hatte die UBS in diesem Bereich verlässliche Gewinne produziert – und nun das. «Aus dem UBS-Trading-Floor entfernt, scheinen die Händler ihren Golden Touch verloren zu haben», giftelte die «Financial Times». Insider vermuten, dass mit dem Auszug aus Stamford auch die herrschende UBS-Disziplin verloren gegangen sei.

Im April herrschte Krisenstimmung bei der UBS. Drei ausserordentliche Konzernleitungssitzungen folgten kurz nacheinander. Noch versuchte John Costas DRCM zu retten. «Wir haben dem Group Executive Board Alternativen präsentiert», sagt Costas. Doch die Konzernleitung – und allen voran Peter Wuffli – glaubte nicht mehr an den Erfolg und zog die Notbremse.

UBS-Fiasko

Alles oder nichts


Wie kam es zu dem 40-Milliarden-Debakel der UBS? Warum musste Peter Wuffli wirklich gehen? Die Neuauflage des Buchs «Herr der UBS» gibt die Antworten. Ein Vorabdruck.

Text: Dirk Schütz
Bild: Katharina Lütscher

Wann das Unheil seinen Anfang nahm, lässt sich auf den Tag genau terminieren. Es war der 30. Juni 2005. An diesem Tag wurde die Gründung des UBS-eigenen Hedge Fund Dillon Read Capital Management (DRCM) bekanntgegeben. Peter Wuffli war auf dem Höhepunkt seiner Macht. Sein ehrgeiziger Stellvertreter John Costas, der vor allem in den USA das Investment Banking zu neuen Höhen geführt hatte und jetzt angeblich ein Angebot für den Chefposten des Rivalen Morgan Stanley besass, war jedoch nicht mehr zufrieden. Er wohnte in Greenwich im US-Bundesstaat Connecticut vor den Toren New Yorks, und zu seinen Nachbarn zählten Hedge-Fund-Manager, die mehrere hundert Millionen Dollar im Jahr verdienten. Da reichten ihm die geschätzten 40 Millionen Dollar nicht mehr, die er bei der UBS bezog. Jetzt wollte er ans noch grössere Geld, und Peter Wuffli, den Atem seines ehrgeizigen Vizes im Nacken, willigte ein – und das sehr grosszügig.

Costas durfte seinen eigenen Hedge Fund lancieren und dafür nicht nur seine beiden Schlüsselleute Kenneth Karl und Mike Hutchins mitnehmen, sondern insgesamt mehr als hundert der besten Mitarbeiter der Fixed-Income-Sparte, des Geschäfts mit verzinslichen Wertpapieren. Die Bank bezahlte den Grossteil der Einrichtungskosten, gab der neuen Abteilung mehrere Milliarden an Kundengeldern zum Spekulieren und richtete vor allem einen überaus grosszügigen Bonuspool für die neue Mannschaft ein. Im Markt kursierten Schätzungen über Garantiezahlungen von einer Milliarde Dollar für drei Jahre. Bei den zurückgebliebenen Investment Bankers schürte das ein ohnehin stark verbreitetes Gefühl: Neid.

Schon der Name war kein gutes Omen, denn der Kauf der New Yorker Investmentbank Dillon Read 1997 durch den Bankverein galt bankintern als Flop. Vor allem: Die UBS, die gerade mit ihrer One-Brand-Strategie weltweit zum Vorbild geworden war, gründete jetzt wieder eine neue Marke – und gewährte ihren Händlern in dem neuen Ableger viel grössere Freiheiten als im Mutterkonzern. Es war fast wie 1997, als der Aktienderivate-Händler Ramy Goldstein bei der Bankgesellschaft sein Team praktisch unbeaufsichtigt in Milliardengeschäfte gejagt und nach horrenden Verlusten die Bankgesellschaft in die Fusion mit dem Bankverein getrieben hatte.

Als Hauptinvestitionsfeld hatten die DRCM-Verantwortlichen den amerikanischen Immobilienmarkt ausgemacht, denn hier lockten hohe Renditen. Nach den Terroranschlägen vom 11.  September 2001 hatte der amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan die US-Wirtschaft mit billigem Geld geflutet, und die niedrigen Zinsen hatten massenhaft Leute zum Hauskauf verlockt, die sich das gar nicht hätten leisten können. Diese Ramschhypotheken – sie wurden «Subprime» genannt – verpackten die Banken nun in neue Finanzprodukte und zogen mit ihnen einen regen Handel auf. Ganz vorn mit dabei: die Citigroup, Merrill Lynch – und der neue Fonds DRCM.

Als Nachfolger von John Costas im Investment Banking installierte Wuffli den Briten Huw Jenkins, und die Rolle Costas’ als stellvertretender Konzernchef übernahm Marcel Rohner, der weiterhin als Chef des Wealth Management über die Goldmine der Bank wachte, das Geschäft mit den vermögenden Privatkunden. Im Februar 2006 vermeldete Wuffli einen neuen Rekordgewinn von 11,3 Milliarden Franken.

Immer mehr gelang es ihm, sich als Mister UBS zu positionieren, und in der Aussenwahrnehmung war oft nicht klar, wer eigentlich der wahre Machthaber bei der Bank war. Ospel gab nur ein, zwei Interviews pro Jahr und trat noch an der jährlichen Generalversammlung auf. Wuffli dagegen leitete die Pressekonferenzen und hielt auch sonst den Kontakt mit den Medien. Endlich, so die Botschaft, stand er auf Augenhöhe mit Marcel Ospel. Jetzt wollte er mehr. Schon sein Posten als Finanzchef war ihm nach fünf Jahren monoton erschienen, jetzt hatte er auch fünf Jahre als erfolgreicher Konzernchef hinter sich. Zu gut kannte er zudem die Unwägbarkeiten der Märkte, zu gross war die Gefahr, dass durch einen Einbruch auch sein Stern zu sinken begänne. Peter Wuffli wollte Marcel Ospels Job.

Ospel konnte sich dem nicht verschliessen. Die Erfolge Wufflis waren offensichtlich, und dass mit Marcel Rohner dessen Nachfolger bereitstand, erhöhte den Druck. Wenn Wuffli und Rohner sich zusammentaten, musste er, Ospel, vielleicht sogar erstmals seinen Abschied ins Auge fassen. Also schien er mitzuspielen. Zumindest signalisierte er dem operativen Bankchef, dass er zum Ende seiner zweiten Amtszeit im April 2008 bereit sei zu gehen und dass er es als natürliche Lösung ansehe, dass Wuffli dann sein Nachfolger würde. Wuffli wähnte sich auf der Zielgeraden, den machtvollsten Posten der Schweizer Bankenwelt direkt vor seinen Augen.

Ospel unterrichtete 2006 sogar schon Vertraute von seinen Rückzugsplänen, und auch dem Verwaltungsrat gab er in diese Richtung weisende Zeichen. Er habe mit einigen Vertrauten eine unternehmerische Idee, die er umsetzen wolle, nannte er als Begründung. Wie ernst diese Pläne waren, konnten selbst enge Weggefährten nicht einschätzen. Immerhin war die Bank sein Leben, und ein Leben ohne die UBS erschien Marcel Ospel bis dahin schlicht nicht vorstellbar. Und natürlich gefiel ihm auch die bestürzte Reaktion seines engsten Umfeldes auf diese Rückzugspläne.

Also alles nur Koketterie? Einmal mehr war Marcel Ospel schwer zu durchschauen. Immerhin schien er einen letzten grossen Höhepunkt anzupeilen. Ende 2004 hatte er in einem Zeitungsinterview das Ziel ausgegeben, mit der Investmentbank weltweit die Nummer eins werden zu wollen – im Jahr 2008, dem Ende seiner zweiten Amtszeit. Sollte er dann wirklich abtreten, wollte er das mit diesem Triumph tun.

Doch plötzlich begann die Maschine zu stottern. Im Investment Banking musste die Bank im dritten Quartal 2006 einen heftigen Ergebnisrückgang vermelden – einen Gewinneinbruch von mehr als 20 Prozent. Zum ersten Mal seit drei Jahren lag die UBS unter den Erwartungen, und prompt stellten die Börsianer fest, dass die UBS-Aktie auch eine andere Richtung kannte: nach unten. Bei der Bekanntgabe der Drittquartalszahlen lösten sich sieben Milliarden Franken Börsenwert in Luft auf. Gleichzeitig legten die Kosten um fast vier Prozent zu. Ospel, von dem die meisten Mitarbeiter in den goldenen Jahren zuvor kaum je etwas gehört hatten, wurde daraufhin auf einer Mitarbeiterveranstaltung richtig laut: «Ich hasse es, wenn Wettbewerber an uns vorbeiziehen, die wir längst hinter uns glaubten.»

Die Investmentbank hatte richtig geklotzt, sicher auch von Ospels Nummer-eins-Ziel angetrieben. Traditionell lag ihre Stärke nach dem Kauf von Warburg im Aktiengeschäft, hier war sie in Europa die klare Nummer eins. Traditionell hatte sie aber auch schon immer grosse Probleme bei dem zweiten Ertragspfeiler einer jeden Investmentbank, dem Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren. FIRC nannte die UBS diese Sorgenkind-Sparte, eine Kurzform für Fixed Income, Rates and Currencies. Hier war der Aufholbedarf am grössten. Der neue Investment-Banking-Chef Huw Jenkins, von den aggressiven Vorgaben des Präsidenten angespornt, liess in eigenen Studien den Rückstand sogar genau beziffern: Sechs Milliarden Franken mehr Ertrag liessen sich hier generieren, wenn man zu den drei Marktführern aufschlösse.

Allerdings war diese Sparte, ohnehin nicht mit überdurchschnittlicher Fachkompetenz gesegnet, nach der Gründung von DRCM noch weiter ausgeblutet. Hundert der besten Leute hatte John Costas mitgenommen. Und die verbliebenen Händler sahen, wie Costas’ Leute, die ja noch immer zum selben Konzern gehörten, in grossem Stil in amerikanische Subprime-Papiere investierten. Wenn die vermeintlichen Cracks das taten, konnte das ja nicht falsch sein. Also legten auch bei der UBS in New York knapp 200 Mitarbeiter in grossem Stil los – und luden in grossen Mengen Subprime-Papiere in ihre Bücher. «Die Gründung von DRCM und eine Me-too-Strategie im Bereich Fixed Income» sollte der neue Konzernchef Marcel Rohner im Februar 2008 als Hauptgründe für das Debakel nennen, das sich hier anbahnte.

Allerdings: Im Herbst 2006 ahnte noch niemand etwas von den grossen Risiken, die sich hier anhäuften. Die Subprime-Papiere fielen schlicht durch das Risikoraster der als so konservativ geltenden Grossbank, und das aus zwei Gründen. Die meisten von ihnen waren von den Ratingagenturen mit dem besten Gütesiegel, einem Triple A, versehen und erschienen deshalb keinesfalls gefährlicher als Milliarden von anderen Positionen, die der riesige Geldkonzern in seinen Büchern führte.

Zudem wurden intern keine Limiten überschritten, denn im Vergleich zu den Gesamtaktivitäten war die Höhe der Position noch vergleichsweise klein: Zwar wurden insgesamt – bei DRCM und der Investmentbank – Subprime-Papiere für etwa 60 Milliarden Franken gekauft, doch in den Handelsbüchern der Bank standen Wertpapier­­positionen von mehr als 600 Milliarden Franken, und die gesamte Bilanz der Bank wies sogar einen Wert von mehr als 2300 Milliarden Franken aus. Nirgends blinkte eine Warnleuchte, weder in der Konzernleitung noch im Verwaltungsrat, der den Vizepräsidenten Marco Suter ins Risk Subcomm­it­­tee entsandt hatte, das oberste operative Risikogremium der Bank.

Doch Wuffli kam jetzt erstmals in seiner Amtszeit massiv unter Druck – und zwar von den neben Ospel mächtigsten Mitgliedern des Verwaltungsrates, den beiden Vizepräsidenten. Die Bilanz der Bank hatte sich in den letzten Monaten stark vergrössert, und Marco Suter stellte dem Konzernchef immer kritischere Fragen. Wuffli blockte total ab. Er weigerte sich kategorisch, die Grösse der Bilanz überhaupt als Steuergrösse anzuerkennen. Schnell gerieten Suter und Wuffli heftig aneinander. Diese Meinungsverschiedenheiten meldete Suter natürlich Ospel und dem Verwaltungsrat.

Und dann fiel Wuffli auch bei Stephan Haeringer in Ungnade. Der akribische Banker hatte schon immer gegen die hohen Kosten der Investment Bankers gestichelt, und als er jetzt den grossen Ausgabenanstieg im Investment Banking sah, stellte er harte Fragen. Um 20 Prozent hatte die Investmentbank die Zahl der Mitarbeiter im Jahr 2006 erhöht, die Kosten waren um etwa vier Milliarden Franken gestiegen, und in Vergleichen mit direkten Wettbewerbern lag die UBS bei ihren Kosten pro Mitarbeiter deutlich hinter der Konkurrenz. Haeringer hakte im Namen des Verwaltungsrats nach.

Wuffli tat auch diese Anfragen barsch ab. Immerhin wollte Ospel ja die Nummer eins werden im Investment Banking, und das ging nun mal nicht ohne Investitionen. Seine grossen Erfolge hatten sein diplomatisches Geschick kaum befördert, und ohnehin hatte der analytisch aussergewöhnliche Mann eine Neigung zum Starrsinn, wenn er von einer Sache überzeugt war. Er liess den Verwaltungsrat offen spüren, dass er der Bankexperte sei. Wie so oft in derartigen Situationen führten nicht nur inhaltliche Fragen zum Zerwürfnis, denn die hätten sich mit einer gewissen Kompromissbereitschaft gewiss lösen lassen. Es war mehr eine Stilfrage. Immerhin hätten die elf Verwaltungsräte nach Ospels Abgang ja Wuffli als ihren Chef akzeptieren müssen. Und da wuchs der Unmut über den sturen Bankchef. «Es gab Verwaltungsräte, die haben ganz klar gesagt: ‹Wuffli wird nie unser Präsident›», berichtet ein UBS-Intimus.

Das Kontrollgremium war eine klare Zwei-klassengesellschaft: Dem dreiköpfigen Präsidium standen die neun nebenamtlichen Mitglieder gegenüber, die allesamt nicht aus dem Bankgeschäft kamen und wohl auch deshalb von Wuffli kaum als Personen wahrgenommen wurden, die mit ihm auf Augenhöhe diskutieren konnten. Doch sie waren alle gestandene Persönlichkeiten und wollten sich nicht von Wuffli belehren lassen: Shell-Finanzchef Peter Voser etwa oder Peter Spuhler, Unternehmer und SVP-Nationalrat, dazu Serono-Mehrheitseigner Ernesto Bertarelli, der frühere BMW-Chef Helmut Panke, der einstige Ciba-Lenker Rolf Meyer oder Jörg Wolle, der Chef des Zürcher Handelshauses DKSH.

Wuffli wähnte sich seines Aufstieges aber weiter sicher – und Ospel beliess ihn in diesem Glauben. Im Januar 2007 traten beim Weltwirtschaftsforum in Davos erstmals beide gemeinsam beim UBS-Kundenabend auf. Bis dahin war das allein Ospels Domäne gewesen. Obwohl der analytische Wuffli kaum als Humorfan galt, besuchte er Anfang Februar 2007 sogar Ospels alljährlichen Vorfasnachts-Event in Basel. So viel Spass musste sein. Und auch die Zahlen waren weiterhin blendend. Im Februar 2007 konnte Wuffli für seine Bank einen neuen Rekordgewinn von 12,2 Milliarden Franken vermelden.

Doch dann wurde auf einmal die Truppe von John Costas zum Riesenproblem. Schon Ende 2006 waren erste deutliche Krisensignale aus dem amerikanischen Immobilienmarkt zu vernehmen, und viele Banken stiessen die Positionen ab, soweit das möglich war. Bei DRCM mit ihrer riesigen Menge an Subprime-Papieren spitzte sich die Lage dramatisch zu. Spätestens als Kenneth Karl, als Chief Investment Officer von DRCM der entscheidende Mann für die Anlageentscheide, im Februar überraschend die Firma verliess, war auch in der UBS-Zentrale im fernen Zürich klar, dass sich hier ein Debakel zusammenbraute. In einer Notfallreaktion schloss Wuffli im April Hals über Kopf den gesamten Fonds und integrierte die Positionen in die Bank zurück. Zwar bezifferte die Bank den Verlust aus dem Handelsgeschäft von DRCM auf lediglich 150 Millionen Dollar, doch aufgrund ihrer üppigen Garantien musste sie allein den Mitarbeitern bei der Schliessung mehr als 300 Millionen Dollar zahlen – und das trotz den Milliardenverlusten, für die diese im Nachhinein verantwortlich sein sollten.

Jetzt stellten die Verwaltungsräte, insbesondere der penible Haeringer, noch mehr Fragen: Warum war der Fonds so dramatisch hinter allen Vorgaben – Neugeldzufluss, Performance, Gewinnentwicklung – zurückgeblieben? Wie hatten die Händler weitgehend unkontrolliert so hohe Positionen eingehen können? Warum bezogen sie dennoch so üppige Boni? Zwar sah zu diesem Zeitpunkt noch niemand die gewaltige Dimension der Kreditkrise heraufziehen. Doch dass die Bank hier fahrlässig gehandelt hatte, war offensichtlich. Und es war zweifellos Peter Wuffli, der die Verträge mit Costas ausgehandelt hatte, auch wenn der Verwaltungsrat sie abgesegnet hatte.

Wuffli trat die Flucht nach vorn an. Einmal im Jahr befasste sich der Verwaltungsrat ausführlich mit der Nachfolgeplanung. Die nächste Sitzung fand im Juni in Valencia statt, weil das Verwaltungsratmitglied Ernesto Bertarelli dort mit seiner «Alinghi» den America’s Cup verteidigte, die begehrteste Segeltrophäe der Welt. Wuffli drängte auf eine Entscheidung und erhöhte den Druck auf Ospel. Der hatte dem Kontrollgremium ja schon von seinen Rückzugsplänen berichtet. Also liess Wuffli die Nachfolgefrage in Valencia traktandieren.

Eine Portion Machiavellismus war wohl auch dabei. Denn Ospel wusste zu diesem Zeitpunkt genau, dass Wuffli im Verwaltungsrat kein hohes Ansehen mehr genoss und kaum eine Chance hatte. Wenn er sich stark für Wuffli eingesetzt und vor allem seine beiden Vizepräsidenten überzeugt hätte, wäre ein Präsident Wuffli vielleicht noch immer möglich gewesen. Doch das tat er nicht, und die beiden Vizes pflegten ihre Abneigung zu Wuffli: Suter, weil er in ihm nach den heftigen Streitereien einen uneinsichtigen Sturkopf sah, und Haeringer, weil er ihn vor allem aufgrund des DRCM-Debakels für untragbar hielt. Zudem hätten beide Vizepräsidenten unter Wuffli um ihre Posten mit üppigen Millionenpaketen fürchten müssen. Ospel selbst hatte zu diesem Zeitpunkt längst signalisiert, dass er durchaus für eine weitere Amtszeit zur Verfügung stehe.

Es kam, wie es kommen musste: Da sich neben den Vizepräsidenten auch die anderen Verwaltungsräte längst von Wuffli abgewendet hatten, votierte das Kontrollgremium geschlossen gegen den Antrag Ospels, Wuffli zu dessen Nachfolger zu ernennen. Ospel liess Wuffli mitteilen, dass dieser weiter operativer Konzernchef bleiben könne, aber als Präsident nicht in Frage komme. Wuffli, in seiner Ehre tief getroffen, entschied sich für den sofortigen Abgang und handelte mit Ospel umgehend sein Abgangspaket in Höhe von mehr als 30 Millionen Franken aus. Am 6.  Juli 2007 wurde sein bisheriger Stellvertreter Marcel Rohner zum neuen operativen Konzernchef ernannt.

Der Nachfolger Ospels hiess damit Ospel, und dass der gleich betonte, mindestens drei, vielleicht aber sogar sechs Jahre bleiben zu wollen, sprach kaum für grosse Vorfreude aufs vorgezogene Pensionärsdasein. Die Pressemitteilung liess wie schon im Fall des Abgangs von Luqman Arnold fünfeinhalb Jahre zuvor mehr Fragen offen, als dass sie Antworten gab. Dass sich der Verwaltungsrat längst mit Wuffli überworfen hatte, wurde aus Rücksicht auf die unbestreitbar grossen Verdienste des Bankchefs nicht erwähnt. Einmal mehr war die Kommunikation, gelinde gesagt, verbesserungsfähig.

Doch unbestritten ist: Die gigantischen Verluste, die noch kommen sollten, waren bei Wufflis Abgang noch nicht absehbar. Gewiss, die Positionen wurden in seiner Amtszeit als operativer Konzernleiter eingegangen, und deswegen trägt er sicher eine Teilverantwortung. Doch erst Mitte Juli, kurz nach seinem Ausscheiden, fielen die Marktwerte für die Subprime-Krise ins Bodenlose. Ospel soll von dem heraufziehenden Sturm erst am 6.  August erfahren haben, als er aus dem Sommerurlaub zurückkam und der neue Konzernchef Marcel Rohner zu ihm ins Büro kam und berichtete, dass es auf gewissen Positionen schlicht keine Liquidität mehr gab. Erst dann drang die Dimension der Krise auch in den Verwaltungsrat vor. Etwa 40 Prozent der verhängnisvollen Positionen waren von den DRCM-Händlern direkt eingegangen worden, und da die Händler in der Investmentbank ­diese imitierten, ist insgesamt der Grossteil des Fiaskos DRCM zuzuschreiben. Jetzt frassen sich die Positionen wie ein Krebsgeschwür in die vorher so gesunde Bank.

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Dunkle Wolken über der UBS.


Sauber- und Buhmänner

von Oliver Stock

Die Schweizer Bank hat mittlerweile 25 Milliarden Euro abgeschrieben, in den USA drohen Klagen von Behörden wegen angeblicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Was der UBS so schwer zu schaffen macht.


FRANKFURT. Heute um kurz vor neun nimmt es wieder seinen Lauf: das Ritual. Brady Dougan, der stets ein wenig überarbeitet aussehende Chef der Credit Suisse wird in dem großen runden Konferenzsaal der Bank in Zürich nach vorne gehen, auf die Teleprompter schauen und ohne eine Regung die Halbjahresbilanz der Bank verkünden. Sie wird bestenfalls durchwachsen ausfallen.

Anschließend wird es Fragen prasseln. Warum, so werden die Zuhörer wissen wollen, steht die Credit Suisse vergleichsweise besser da als die Konkurrenz von nebenan? Die UBS hat inzwischen 25 Mrd. Euro abgeschrieben. Und sie hat alle Hände voll zu tun, Klagen von Behörden in den USA abzuwehren, die sie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung bezichtigen. Sind die einen tatsächlich die Buh- und die anderen die Saubermänner?

Rückblende: Anfang Juli 2007 kracht es im Verwaltungsrat der Bank. Bei einer Sitzung in Valencia, wo die UBS als strahlender Hauptsponsor der bedeutendsten Segelregatta, dem America?s Cup, auftritt, bläst ein Sturm Peter Wuffli vom Stuhl. Bis dahin hatte Wuffli als UBS-Chef die Bank wie kein zweiter verkörpert: unaufgeregt bis zur Langeweile, seriös bis zur Goldbrille. Doch in Valencia dämmert den Verwaltungsräten, dass Wuffli dem Druck, dem er ausgesetzt war, nicht standgehalten hat.

Die Schweizer hatten sich zum Ziel gesetzt nicht nur die Nummer eins unter den Vermögensverwaltern zu bleiben, sondern auch unter den Investmenthäusern eine ganz große Kugel zu schieben. Wuffli - und mit ihm der Verwaltungsrat - hatten deswegen Risiken in Kauf genommen, die sich jetzt rächten. Der UBS-Hedge-Fonds Dillon Read war abgestürzt. Wuffli hatte dem Chef des Ladens John Costas zuvor nahezu einen Blankoscheck ausgestellt, um für UBS und ihre vermögenden Kunden einen Teil des boomenden Marktes für alternative Investments zu erobern. Costas erhielt nicht nur eine Starthilfe von 3,5 Mrd. Dollar, sondern durfte rund um den Globus teure Händler anheuern. Bis zum März 2007 hatte er regelmäßig Gewinne abgeliefert. Im Frühjahr meldete Dillon Read den ersten Verlust: rund 150 Mill. Dollar, verspekuliert mit Hypothekenanleihen. Wuffli zog die Notbremse und löste den Hedge-Fonds auf. Die Rede war von 300 Mill. Dollar, die das kosten würde.

Noch niemals hatte sich die Bank so sehr verschätzt. Einer ihrer Fehler: Um schneller voranzukommen hatte sie dem A-Team um Costas ein internes B-Team gegenübergestellt, das versuchen sollte, Dillon Reads Gewinne noch zu toppen. Stattdessen toppte es dessen Verluste. Das Debakel war symptomatisch, für das was folgte: Eine Hiobsbotschaft aus dem US-Geschäft jagte die nächste. Die UBS, einst das Sinnbild Schweizer Vorsicht, hatte bei ihrer Anstrengung, die anderen Investmenthäuser einzuholen, fast jegliches Risikobewusstsein über Bord geworfen.

Der eilig eingesetzte Wuffli-Nachfolger Marcel Rohner dürfte nicht gewusst haben, auf was er sich einlässt. Und der einzige, der es wissen musste, Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel, hatte kein Interesse an der Aufklärung jener Vergangenheit, an der er beteiligt war. Er betätigte sich stattdessen als Strippenzieher, organisierte frisches Kapital, zunächst von einem Staatsfonds aus Singapur, was der UBS den Spitznamen United Banks of Singapor einbrachte, später dann von den übrigen geschockten Aktionären. Erst im Frühjahr 2008, als Ospel so unstürzbar wie ein chinesischer Parteichef schien, trat er ab. Sein Nachfolger Peter Kurer stammt aus seinem Umkreis. Einen personellen Neuanfang hat die UBS damit nicht geschafft.

Dazu kommt eine zweite Baustelle, die der UBS und dem Finanzplatz Schweiz, der je nach Schätzung zehn bis 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes beiträgt, schwer in Mitleidenschaft ziehen könnte. In den USA machen Justizministerium, Börsenaufsicht und Staatsanwälte mit vereinter Kraft den Schweizern das Leben schwer, indem sie ihnen nachweisen, dass sie US-Bürgern geholfen haben, Steuern zu hinterziehen. Die USA kommt dabei schneller voran als die EU, wo der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück zwar ins gleiche Horn stößt, aber aufpassen muss, dass er den Kollegen aus den EU-Ländern Österreich, Belgien und Luxemburg, wo ähnliche Regeln wie in der Schweiz gelten, nicht auf die Füße tritt. Der Schaden für die Banken ist immens: Die ersten vermögenden Kunden haben der UBS bereits den Rücken gekehrt.

All dies hat auch Credit-Suisse-Chef Dougan vom sicheren Schreibtisch gegenüber aus beobachtet. Er wird heute sein Pokerface aufsetzen. So wie vergangenes Jahr um diese Zeit, als er von einem "anspruchsvollen Marktumfeld" sprach und ansonsten mit keinem Wort das, was kommen sollte, schon mal an die Wand malte. Immerhin lässt ihn eine Gewissheit Ruhe bewahren: Den ewigen Konkurrenten von nebenan hat er bis auf weiteres abgehängt.

Ex-Trutzburg

Was war: Schweizer Banken sind mit mehr als drei Bill. Euro die größten Vermögensverwalter der Welt. Daneben haben sich die beiden Banken Credit Suisse und UBS als Investmenthäuser positioniert. Dieses zyklische Geschäft soll durch das stabile Vermögensverwaltungsgeschäft unterstützt werden.

Was ist: Die UBS hat im Investmentbanking 25 Mrd. Euro verloren. Der Vertrauensverlust schwächt das Vermögensverwaltungsgeschäft. Die Credit Suisse hat bislang rund 5,3 Mrd . Euro an Wertminderungen hinnehmen müssen. Die UBS steht in den USA im Mittelpunkt mehrere Prozesse unter anderem, wegen Steuerhinterziehung.

Was wird: Ob die UBS selbständig bleiben kann, ist angesichts eines abgestürzten Börsenkurses unsicher. Das Geschäftsmodell der Großbanken gerät dadurch ins Wanken. Der Druck auf das Bankgeheimnis schwächt den Bankenplatz.