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26 Juli 2008

30 Jahre Celler Loch

Gladio Staatsterror - 3. Generation der RAF erfunden? Von Braunmühl, Rohwedder, Herrhausen CIA Opfer? Bombenterror von Staat ausgeübt damit die Eliten bequemer herrschen? Das Volk in Panik halten, damit die kriminellen Banken weiter die Zinsknechtschaft ankurbeln dürfen?

Ach was. Alles Quatsch.

Oder?


geheim streng vertraulich bundesverfassungsschutz bnd geheimdienst informant mafia verbrechen bombenanschlag

30 Jahre Celler Loch






Vor genau 30 Jahre gab es am 25.Juli 1978 einen Anschlag auf die Knastmauern der JVA Celle. 1986 stellte sich heraus, dass die Geheimdienste, Polizei und hohe Stellen der damaligen Bundesregierung von Helmut Schmidt u.a. hinter dieser Aktion steckten.
Über diese politischen Zusammenhänge geben drei Artikel Auskunft:
- Der erste Beitrag beleuchtet die Hintergründe und die gesamte Dimension dieses Anschlages
- Ein Gespräch mit Mannfred, der über 3 Jahre wegen dieser Geheimdienstaktion inhaftiert war
- Günter, der als Celler Gefangener die drakonische Situation dort vor 30 Jahren und von heute schildert.
- Hintergründe zu 30 Jahre "Celler Loch"
Anfang 1976 wurde die "Operation Neuland " von diversen Regierungs-, Polizei- und Geheimdienstkreisen geplant. Ziel war die "Schaffung brauchbarer Zugänge zu terroristischen Kreisen. V-Leute sollten in den harten Kern eindringen". Finanziert wurde das mit mehreren Millionen DM durch westdeutsche Großkonzerne mit der Intention, vor allem die RAF zu infiltrieren und somit zu zerschlagen. Nach den Aktionen der RAF im Jahre 1977, die zum Ziel hatten 11 Gefangene zu befreien, wurde in folgenden 2 Jahren mehrere RAF-Mitglieder bei Festnahmen erschossen wie z.B. Willy Peter Stoll, Michael Knoll und Elisabeth van Dyck. Rolf Heißler überlebt nur durch "Zufall" schwerverletzt im Juni 1979 und war bis Ende 2001 im Knast.




Die damalige politische Lage der radikalen Linken Mitte der siebziger Jahre war dadurch gekennzeichnet, dass es diverse bewaffnete Gruppen gab. Zu den bekanntesten zählten neben der RAF, die Bewegung 2.Juni. und die Revolutionäre Zellen. Ebenso agierten viele linksradikale Gruppen (HausbesetzerInnen, Anti- Knastgruppen, Anti-AKW-Bewegung, Anti-militaristische Zusammenhänge usw.), die ein antagonistisches Verhältnis zum Staat hatten. Politisches Ziel aller dieser linken Zusammenhänge war, trotz gewisser Unterschiede, eine freie und emanzipatorische Gesellschaft durch selbstbestimmte politische und militante Interventionen zu erkämpfen.
Gerade die Aktionen der Raf 1977 waren für die Herrschenden, nach eigenen Worten die bisher "größte Herausforderung" der damaligen Bonner Republik. Dieses erforderte nicht nur von der BRD, sondern auch von ihren Nato-Verbündeten, besondere politische und polizeiliche Maßnahmen, um diese Bewegung in den Griff zu kriegen.
Es wurde eine mit V-Leuten durchsetzte Guppe mit Ex-Gefangenen bzw. flüchtigen Gefangenen wie Klaus Loudil und Manfred Berger und einen Kroaten namens Lazlo Susitisch bzw. Zeljko Susak "aufgebaut", die den Sprengstoffanschlag auf die Mauern des Celler Gefängnis verübten und somit die entsprechende Legende mit Hilfe auch der Medien bekamen. Die Sprengung des Gemäuers erfolgte am 25.Juli 1978 durch die GSG 9.
Aufgedeckt wurde ganze erst bald 8 Jahre später im April 1986 durch die Presse, obwohl 1983 die Humanistische Union schon einmal vergeblich versuchte das öffentlich zu machen.
Diese "Operation Neuland" wurde durch die damalige SPD/FDP-Bundesregierung unter Kanzler Schmidt und Innenminister Maihofer, den Landesregierungen Niedersachsens und Hessens sowie Geheimdiensten und des BKA umgesetzt. Der JVA-Leiter von Celle, Kühling, war auch eingeweiht.
Diese Aktion war nicht einmalig und hatte neben der schon genannten Infiltration und Zerschlagung der radikalen Linken weitere Ziele. So gab es auch 1977 zur Desorientierung und Diffamierung der Militanten einen Sprengstoffanschlag auf ein Justizgebäude in Hannover, an dem auch ein Nazi beteiligt war. Dieser wurde den Linken in die Schuhe geschoben.
Oder V-Leute waren auf Anti-Akw-Gruppen in Gorleben und Göttingen angesetzt worden, um sie zu unterwandern und zu militanten Aktionen zu provozieren.
Die mit V-Leuten durchsetze Gruppe mit Loudil, Berger und Susak versuchten nach dem "Celler Anschlag" bei GenossInnen zu landen, um die radikale Linke zu unterwandern:
- in Hannover ( Helmut Luelf)
- Salzgitter ( Knastgruppe Wildes Huhn)
- Frankfurt (Brigitte Heinrich und Gefangenenrat )
- Amsterdam (Henk Wubben und bei Monique Augustin, der Schwester des damaligen RAF-Gefangenen Ron Augustin)
- Hamburg ( Lutz Schulenburg und Manfred Gürth)
Von Susak ist weiterhin bekannt, dass er in Algerien als Agent bundesdeutscher Geheimdienste den damaligen Vorsitzenden der Befreiungsbewegung für die Kanarischen Inseln, Cubillo, zu ermorden versuchte( Spiegel 7/88). Damit wurde deutlich, dass diese V-Leute auch international operierten und, dass Widerstandsbekämpfung für die herrschende Klasse in wahrsten Sinn keine Grenzen kennt.
Was für Auswirkungen hatte diese fingierte Anschlag für Sigurd Debus?
Nach dieser Staatsschutzaktion am 25.Juli 1978 wurde er total isoliert. Angeordnet hatte das der eingeweihte JVA-Leiter. 6 Jahre war er in Isolationsstoff, davon über 5 Jahre in völliger Einzelisolation in Celle, mit allen Verschärfungen. Mit Ausnahme von 7 Monaten "Normalvollzug", der von BND/Staatsschutzbehörden und Justiz veranlasst wurde, um an Sigurd mehre VS-Leute (Gefangene wie Loudil und Berger) heranzuführen. Ministerpräsident Niedersachsens war übrigens Ernst Albrecht von der CDU, Vater der heutigen Familienministerin von der Leyen, der sich 1976 in seinem Buch "Der Staat - Idee und Wirklichkeit", dafür aussprach, dass staatliches Töten und Folter sittlich in gewissen Situationen geboten seien.
Sigurd, der nie Mitglied der RAF war, sondern einer anderen bewaffneten Gruppe angehörte, wurde 1974 verhaftet und starb am 16.April 1981 anlässlich eines Hungerstreiks, der die Aufhebung der Isolation zum Ziel hatte, d.h. er wollte mit den Gefangenen aus der RAF zusammengelegt werden. Sein Tod ist bis heute ungeklärt, da ärztliche Unterlagen verschwanden.
Konsequenzen für die herrschende Klasse aus dem Celler Loch
Der damalige Leiter des Hamburger VS, Lochte, kritisierte 1989 in der ARD diesen Einsatz von V-Leuten. Er meinte damit nicht generell solche Aktionen, sondern nur das " soziale Gefangenen" eingesetzt würden, da die Adressaten damals häufig schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hatten, und so nicht als vertrauenswürdig galten.
Heute wissen wir, das der VS damals in Süddeutschland einen V-Mann wie Klaus Steinmetz führte. Dieser Typ war kein sozialer Gefangener, sondern agierte über 10 Jahre in radikalen Zirkeln der Linken bis die RAF nahm Kontakt zu ihm auf. Im Juni 1993 wurde Birgit Hogefeld verhaftet, die immer noch eingesperrt ist, und Wolfgang Grams, dessen Tod bei der Festnahme in Bad Kleinen bis heute ungeklärt ist, als Steinmetz die beiden an die Polizei bzw. Geheimdienste verrieht.
Konsequenzen für uns als die Linke;
Natürlich agieren die Sicherheitsbehörden auf einem hohen Niveau und entwickeln sich kontinuierlich weiter, doch soll hier kein Horror, Angst vor totaler Erfassung bzw. Omnipotenz vor dem und durch den Apparat entstehen.
Das wiedererstarkte Deutschland führt Krieg, denn jetzt sind über 8 000 deutsche Soldaten in allen Krisenregionen der Welt wie in Europa, Afrika und Asien stationiert. Gleichzeitig verschärft sind die Lage auch nach innen, um diese aufwendigen Auslandseinsätze zu garantieren und abzusichern:
Das soziale Elend großer Teile der Bevölkerung verschärft sich (Agenda 2010) und die Repression nimmt zu.
Setzen wir unsere Ziele konsequent um,so können wir uns leichter vor Infiltration und Diffamierung von der Gegenseite zu schützen: Wir streben eine freie und emanzipatorische Gesellschaft auf kommunistischer Basis an. Diese Prinzipien können die diversen Sicherheitsapparate nicht wirklich in allen seinen Facetten erfassen und begreifen, das bleibt ihnen fremd, denn sie sind zu stark von den kapitalistischen Werten, wie Konkurrenz, Hierarchie, Unaufrichtigkeit, Käuflichkeit usw. behaftet.
Wenn wir unsere Prinzipien immer genau anwenden, bleiben V-Leute, Spitzel etc. draußen, d.h. sie kriegen keinen Fuß in unsere Zusammenhänge rein! Das war in der Vergangenheit so und wird auch zukünftig so bleiben!
Wolfgang

- Interview mit Manfred Gürth aus Hamburg.
Manni wurde zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er im Jahre 1978 Kontakt zu den V-Leuten hatte. Das Interview ist eine überarbeitete Fassung eines Radiointerviews, was am 2.Juni 2008 im Rahmen von Magazin International bei Radio Flora in Hannover gesendet wurde.
Wie und wo warst du politisch engagiert?
Nach dem Ende der Volksschule 1964 begann ich eine Maurerlehre und übte danach meinen Beruf im Akkord bis 1974 aus, die ich folglich wegen daraus resultierenden beschwerden aufgeben musste. Deswegen wurde mir eine REHA zum Info-Elektroniker zugewiesen. Ab 1977 versuchte ich im zweiten Bildungsweg das Fachabitur zu erlangen, was ich aber nicht zu Ende führte. Während dieser Ausbildung engagierte ich mich politisch hauptsächlich im Landes-Schülerausschuss.
Politisches Interesse hatte ich seit 1964 und wurde deswegen Mitglied der Gewerkschaft IG-Bau und engagierte mich dort ab 1972.
Die Suche nach nach einer Kommunistischen Partei war aber mein wichtigstes Anliegen und ich nahm deshalb Kontakt auf zu KPD-ML, KB, DKP, KBW usw. auf. Damals gab es in der alten BRD 139 K-Gruppen. K-Gruppen waren für mich einschließlich ihrer Praxis abstoßend. Dort agierten hauptsächlich Studenten mit viel Gehirngymnastik (Theorie). Ihr größtes Manko war, dass ihnen der Wille zur einer Selbstveränderung fehlte, d.h. die Revolution erst mal bei sich selbst machen. Das konnte auch nicht dadurch kompensiert werden, dass total viel geschrieben wurde. (Bücher Zeitungen, Flugis )
Diese 139 K-Gruppen veröffentlichten anderthalb Jahrzehnte diverse Publikationen. Dieser unglaubliche Theorieberg lässt jede Buchmesse wie einen unbedeutenden Zeitungskiosk aussehen. Trotzdem oder auch gerade deshalb hat keine einzige K-Gruppe es fertig gebracht, eine beweiskräftige Klassenanalyse zur Gründung einer notwendigen neuen KPD herzustellen.
Subjektiv bestand zwar das Bedürfnis eine klassenkämpferische Organisation aufzubauen, es wurde aber außer Acht gelassen, dass die objektiven Bedingungen damals dazu nicht bestanden. Eine Ausnahme gab es nach meiner Meinung : Die KABD (Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands), die diese Faktoren in ihrer Arbeit reflektierten.
Für mich sind Menschen interessant, die eine Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse praktisch anstreben. Das war damals und ist heute auch so.
Die Idee und Absicht das Bourgeoisieleben abzulehnen und zu bekämpfen und stattdessen kollektiv, gemeinsam, solidarisch, menschlich, d.h. proletarisch zu leben ist für mich wichtig. Ich habe deswegen in Wohngemeinschaften und Kommunen gelebt und lernte die Vorteile dieses Lebens kennen. Ich habe auch viele positive Erfahrungen mit Genossinnen und Genossen aus anderen Ländern und Kontinenten gemacht. Mit Menschen aus der Türkei, Europa, Afrika, Südamerika und Asien habe ich zusammengearbeitet und bin durch ihre Menschlichkeit und Solidarität stark geprägt worden.


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In der Zeit vor dem Celler-Loch war ich in einer militanten Gruppe aktiv und bewaffneter Kampf war für mich Praxis. 1978 wurde ich wegen eines Einbruchs in einem Waffengeschäft verhaftet und kam nach ein paar Wochen Untersuchungshaft wieder frei. Aber 2 Monaten später wurde der Haftbefehl wieder in Kraft gesetzt und ich tauchte deswegen unter. Ich lebte eine zeitlang in einer konspirativen Wohnung und wurde dann wieder verhaftet. Ließ mich dabei aber nicht kampflos festnehmen, d.h. ich leistete aktiven Widerstand. Nach 6 Monaten U-Haft wurde ich Weihnachten 1978 vorläufig entlassen.
Mit was für einer Legende tauchte Loudil bei dir auf?
Ich besuchte Leute in der Hamburger WG Keplerstr. Dort lernte ich den Loudil kennen. Er war im Schlepptau von einer Frau, die aus Salzgitter kam und dort in der Knastgruppe „Wildes Huhn“ mitgearbeitet hatte. Diese Gruppe hatte Kontakt zu den politischen Gefangenen Sigurd Debus und engagierte sich später gegen den Iso-Trakt in Celle. Die Frau erzählte mir, dass Loudil wegen des Celler Sprengstoffanschlages gesucht wurde. Dann verschwand Loudil wieder und tauchte ein paar Wochen später wieder auf. Später erfuhr ich, dass er sich in Paris aufgehalten hatte. Er sagte, er würde gesucht und bräuchte für ein paar Wochen eine Unterkunft.
Was für einen Eindruck hattest du von ihm?
Nachdem ich mit Loudil und Berger gesprochen hatte, wurde mir klar, dass das keine politischen Leute sind. Es waren Knackis, die sich betranken und ihre kriminellen Sachen machten: Berger knackte Autos und Loudil verübte Einbruch und Raub und die deshalb auch eine sichere Unterkunft benötigten.
Also hab ich Loudil zu der hamburgischen Wohnung in der Papenhuderstraße gebracht, die als konspirative Unterkunft aufgelöst werden sollte. Ich sagte zu ihm, er könnte dort für ein paar Wochen bleiben. Danach müsste er sich was anderes suchen. Ich selbst war selten dort, da ich mich meist bei meiner Freundin aufhielt. Als ich mal wieder vorbei kam, war auch Loudil anwesend. Er schleppte Waffenteile, Baupläne und Zeichnungen von Schalldämpfern etc. an. Weiterhin machte er Vorschläge, die Sparkasse am Spritzenplatz in Hamburg-Altona zu überfallen oder Knastleiter erschiessen. Ich fand das abwägig!
"Er sei durchgeknallt" sagte ich ihm.
Als ich diese Wohnung mal wieder aufsuchte und die Tür öffnete, sah ich, wie der betrunkene Loudil mit einer Waffe in der Hand rumballerte. Es gab zwei Einschußlöcher oberhalb der Wandfliesen in der Küche und daraufhin wollte ich ihn sofort aus der Bude werfen. Er bettelte und jammerte, ob er noch ein paar Tage bleiben dürfe.
Dann ist er abgehauen. Paar Tage später hat er mich angerufen und mich zwecks Schlüsselübergabe in die Wohnung zurückgelockt. Als ich in ankam, war niemand da. Ich wartete ungefähr eine halbe Stunde. Auf einmal gab es ein sehr lautes Krachen an der Eingangstür. Mir war sofort klar, dass das die Bullen waren. Im Hof sah ich keine Bullen, öffnete das Fenster und sprang raus, direkt in die Arme vom MEK (Mobiles Einsatzkommando); die drohten, mich umzulegen, wenn ich mich bewegen würde.
In den Räumlichkeiten fanden die Bullen ein zur Bombe umgebauten Feuerlöscher und die Waffenteile von Loudil.
Für die ganze Sache bekam ich zusammen 4 Jahre und 5 Monate Knast. 3 Jahre und 3 Monate für die Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens (Feuerlöscher) und 15 Monate für Waffendiebstahl, Widerstand gegen Staatsgewalt mit Körperverletzung.
Während des Prozesses hatte mein Anwalt Hartmut Jacobi Verfassungsschutzakten angefordert; dem war die Sache auch nicht geheuer. Auf Grund der 129a Ermittlungen (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) hatten wir dann eine andere Prozesstaktik gewählt.
Wie hast du Sigurd kennengelernt?
Von April 1980 bis März 1981 war ich in Fuhlsbüttel Anstalt 8 (keine Langstrafen) untergebracht. Sigurd war in Anstalt 2. Ich hatte ihm eine Botschaft zukommen lassen, dass wir uns am Zaun während des Hofganges treffen sollten, denn beide Höfe waren durch ein Gitterzaun getrennt. Weil ich nicht wegen 129a verurteilt worden bin, hatte ich relativ „normale“ Haftbedingungen. Z.b. durfte ich Gemeinschaftsport machen. Ich meldete mich bei der Tischtennisgruppe, in der ich die Möglichkeit hatte, dort gegen die Anstalt 2 Wettkämpfe gegen die dortige Mannschaft zu führen, um danach ungestört mit Sigurd sprechen zu können.
Schnell verlor ich alle Spiele und hatte dann Zeit Sigurd in seiner Zelle aufzusuchen, ohne das die Schließer das mitbekamen. Wir hatten ca. 1 Std. Zeit über alles zu reden. Wir teilten beide die Einschätzung, dass Loudil und Berger Spitzel und dass die Knastgruppe „Wildes Huhn“ in Salzgitter unzuverlässig sei. Die Nachrichten, die er damals Loudil mitgab waren so abgesichert, dass er dadurch herausgefunden hatte, dass Loudil ein Spitzel ist. Die Knastgruppe wusste von dem Spitzelverdacht. Die Frau aus dieser Gruppe, die dann von Salzgitter nach Hamburg zog, wusste auch davon. Warum sie mich nicht ausdrücklich gewarnt hatte, konnte er mir nicht sagen.
Die Sprengung der Celler Mauer hatte er abgelehnt und in dieser Form für blödsinnig gehalten. Er hat auch in Frage gestellt, dass die Typen Loudil und Berger die Mauer gesprengt hätten, da er sie nicht besonders klug hielt.
Er hatte niemals Vertrauen zu den beiden Typen. Und er sagte mir, dass ich wegen Verrat verhaftet wurde. Weiterhin sollte ich darüber nachdenken, wer dafür in Frage kommen würde und womit wir wieder bei Loudil und Berger landeten.
Als die Schließer mitbekamen, dass ich bei Sigurd in der Zelle hockte, machten sie Alarm. Ich wurde von mehreren Schließern zur Anstalt 8 abgeführt, musste mich nackt ausziehen, wurde durchsucht und bekam Sportverbot.
Leider konnten wir uns nur wenig am Zaun unterhalten. Wir hatten über den bevorstehenden Hungerstreik (HS) im Januar 1981 gesprochen. Ich hatte mich damals nicht daran beteiligt, weil ich innerhalb als auch außerhalb des Knastes keine ausreichenden Diskussionen über die Ziele und Forderungen geführt hatte.
Als ich von Sigurds Tod hörte, dessen Ableben während des HS bis heute ungeklärt ist, war ich geschockt. Ich hatte und habe natürlich immer noch ziemlichen Hass auf die Bourgeoisie.
Als Loudils Legende aufflog, gab es für dich eine Entschädigung?
Es war der Tag, als in Tschernobyl der Atomreaktor explodierte, der 26. April 1986. 1 Tag vorher wurde öffentlich bekannt, dass die GSG 9 das Celler Loch gesprengt hatte.
2 Tage später rannte mir die Radau- und Hetzpresse die Türen ein. Alle wollten sie ein Interview mit mir führen. Ich hätte alle am liebsten denen alle eine Reise nach Bad-Beton geschenkt. Damals war ich für die der "Terrorist", der Mann mit den „3 Bomben und der Stalinorgel“ und heute suchen sie wieder nach Argumente, um das Damalige zu rechtfertigen dachte ich mir, und schickte sie alle in die Wüste.
Später meldete sich zwei Journalisten der ARD, die eine Fernsehdokumentation zum Celler Loch drehen wollten. Nach reiflicher Überlegung gab ich denen ein Interview.
Zirka 1 Jahr später bildete sich in Niedersachsen ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß zum Celler Loch, zu dem ich vorgeladen wurde. Anfangs verweigerte ich das Erscheinen. Danach drohte man mir mit "demokratischer" Erzwingungshaft und Zwangsvorführung. Man bespitzelt mich und schickte mir Bußgeldbescheide. Als sie dann mit Bulleneinsatz drohten, konnte ich ihren „demokratischen“ Argumenten nicht widersprechen. Ich fuhr nach Hannover und machte meine Aussagen, die einen großen Teil des Ausschusses und der Medien überzeugte. Am nächsten Tag stand in der Presse, dass mit ziemlicher Sicherheit der VS bzw. Loudil die Bombe platziert hatten.


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Na, toll dachte ich. Und was hab ich davon? Natürlich nichts.
Keine Haftentschädigung und kein Wiederaufnahmeverfahren.
Wenn man Politiker und Bourgeoisie öffentlich zum Celler Loch reden hört, dann rechtfertigen sie die Sache damit, dass ja dabei kein Schaden entstanden sei.
Das ich dafür 39 Monate in Knast wegesperrt war, ist für sie kein Schaden. Dieser Staat hat mich nicht enttäuscht, denn in der BRD gab es nach 1945 keinen wirklichen Bruch mit den faschistischen System. Viele von den alten Funktionsträgern bekleideten später hohe Positionen in Regierungen, Bürokratie, Polizei, Militär, Kultur und Wirtschaft.
Ein weiter Grund für mich, die Bourgeoisie zur Hölle zu schicken.
Bist du heute noch aktiv?
Wenn ich sage, die Bourgeoisie zur Hölle schicken, dann ist das eine politische Kampfansage, gegen Diktatur der Bourgeoisie, gegen imperialistische, entmenschlichte Verhältnisse hier in Deutschland.
In den achtziger und neunziger Jahren machte ich hauptsächlich Antifa- und Internationalismusarbeit, aber immer mit dem bis heute unerreichten Ziel, eine revolutionäre deutsche Arbeiterorganisation zu konstituieren. Von 2000 bis 2005 war ich überwiegend damit beschäftigt, mit anderen Lohnabhängigen eine Arbeiterbasisbewegung aufzubauen. Denn ich bin weiterhin der Überzeugung, dass wir in Deutschland eine revolutionäre Arbeiterorganisation benötigen. Wir brauchen politisch bewusste, revolutionäre Proletarier.
Was ich in meinen 40 Jahren politischer Arbeit gelernt habe, ist, dass ein politisch bewusster revolutionärer Arbeiter alles lernen und verstehen kann, ohne den Weg des Klassenkampfs zu verlassen und dabei mit seinem ganzen Wesen Revolutionär bleibt. Man braucht ihm nicht seitenlang Klassenkampf und Ausbeutung erklären. Bei ihm geht es darum, dass er begreift, dass alles Klassenkampf ist und er das Objekt der Ausbeutung ist. Gleichzeitig sucht er nach einem Ausweg und lernt die marxistische Idee, den Sozialismus kennen.
Es geht darum, die Menschen mit unserer marxistischen Idee bekannt zu machen und ihre Nöte und Sorgen anzuhören. Sie dabei ernst zu nehmen. Sie zu begleiten und dabei eine gemeinsame Praxis auf dem Niveau ihrer direkten Betroffenheit (Mieterhöhung, Stromerhöhung, Hartz IV, Mobbing auf der Arbeit, Kinderarmut usw.) zu entwickeln. Diese Form politischer Arbeit, die Massenarbeit, ist der richtige Weg zur Verbreitung revolutionärer Ideen und Aktionen.
Die objektiven, gesellschaftlichen Bedingungen sind heute weitaus besser als damals. Die wirtschaftliche Lage der Menschen hat sich dramatisch verschlechtert. Wir wissen, dass Ökonomie die Existenz des Menschen bedeutet. Das bedeutet, dass die Mehrheit der arbeitenden Menschen einen harten Existenzkampf führt. Menschen benötigen Geld zum (Über)leben. Geld bekommt man, wenn man arbeitet. Aber wenn die Arbeitsbedingungen absolut miserable sind und der Lohn immer geringer wird, dann ist Schluss mit lustig. Das ist die Situation, in der sich viele arbeitende Menschen befinden.

Zitate:
Deutschlands Mitte schrumpft dramatisch
Millionen Deutschen droht nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey bis zum Jahr 2020 der Abstieg aus der Mittelschicht.
Bis 2020 würden demnach zehn Millionen Menschen weniger zur Mitte zählen als noch Anfang der 90er Jahre. Weniger als 50 Prozent der Deutschen bezögen dann ein Einkommen im mittleren Bereich. Derzeit seien es noch rund 54 Prozent. Zur Einkommensmittelschicht gehören nach dieser Definition alle, die 70 bis 150 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen, das im Jahr 2006 bei 25.000 Euro im Jahr lag.
Im Jahr 2000 gehörten 62 Prozent der Deutschen dazu, inzwischen sind es nur noch 54 %. Ein sozialer Aufstieg ist für die zerfallende Mitte schwierig - der weit größere Teil wandert nach unten ab. Die Besserverdiener können einen Großteil des volkswirtschaftlichen Reichtums unter sich aufteilen, ihre Einkünfte wachsen schneller als im Rest der Bevölkerung.
Sorgen nehmen zu
Nüchtern konstatieren die Verteilungsforscher eine "Zunahme der Einkommensungleichheit". Kein Wunder, dass die Stimmung in großen Teilen der Bevölkerung eher düster ist. Trotz des Aufschwungs machen sich aktuell drei Viertel aller Deutschen Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft. Noch vor sieben Jahren lag diese Zahl zehn Prozentpunkte niedriger. (2000 machten sich 65% Sorgen, 2007 sind es 75%)
Trotz eines regulären Jobs auf Hartz IV angewiesen
Im Öffentlichen Dienst und in angrenzenden Bereichen arbeiten rund 180.000 Menschen, deren Einkommen zum Leben nicht reicht.
53.621 Menschen hatten einen Mini- oder Teilzeitjob mit Arbeitslosengeld II aufgestockt. (Alles nur offizielle Zahlen; hinter der Bühne sind die Zahlen erheblich größer)
Drei Milliarden Überstunden letztes Jahr
Laut. Berechnungen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für das Jahr 2007, leisteten die Lohnabhängigen in Deutschland im vergangenen Jahr rund drei Milliarden Überstunden.
Die Hälfte davon1,5 Milliarden, sind unbezahlte Überstunden.
Laut der Erhebung ist die Zahl der bezahlten Überstunden um rund f¸nf Prozent auf 1,477 Milliarden gestiegen.
Die Belastung von Vollzeitbeschäftigten mit Mehrarbeit beträgt sechs Stunden in der Woche. (Überstunden)
Lohnsteigerung in Deutschland besonders mickrig
Deutschlands Arbeitnehmer dürfen nur mit einem minimalen Einkommensplus rechnen: Laut Internationalem Währungsfonds werden die Gehälter 2008 real nur um 1,1 Prozent steigen. Die Beschäftigten im übrigen Westeuropa erhalten im Schnitt 2,1 Prozent mehr - die in Indien sogar zehn Prozent mehr.
So viel verdienen die Deutschen
Die Deutschen haben 2007 das vierte Jahr in Folge unter dem Strich Lohneinbußen hinnehmen müssen. Die Preise stiegen stärker als die Gehälter. Frauen werden immer noch für die gleiche Arbeit schlechter entlohnt.
Lebenshaltungskosten stärker gestiegen als Löhne.
Zwar stiegen die Bruttolöhne und -gehälter nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Mittwoch 2007 im Durchschnitt um 1,4 Prozent auf 27.083 Euro. Die Lebenshaltungskosten erhöhten sich aber mit einem Plus von 2,2 Prozent deutlich stärker. Zum letzten Mal waren die Durchschnittsverdienste im Jahr 2003 stärker gestiegen als die Inflation.
Frauen bekommen bis zu 825 Euro weniger pro Monat.
Frauen verdienen fast ein Viertel weniger als Männer. Ihr durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst fällt um rund 23 Prozent niedriger aus.

Quellen aus Spiegel-online, dpa, WSI, Financial Times DE, AFP

Dies ist der Boden auf dem es sich gut arbeiten lässt.
Als Mensch, als Sozialist bin ich Optimist.
Die vielen Gesprächen mit normalen Leuten haben bestätigt, dass Menschen Hoffnung und Perspektive brauchen.
Wir Sozialisten können beides geben: Die Hoffnung in Form von Solidarität und Menschlichkeit, und die Perspektive liegt in der Idee des Marxismus und des Sozialismus.
Danke.

- Brief vom Gefangenen Günter Finneisen, der in der JVA Celle weggebunkert ist
Er schreibt zu den damaligen und heutigen Haftbedingungen
30 Jahre .. und kein bißchen (Weise) anders
24.Juli 1978, 2.45 Uhr, an der Außenmauer der Justizvollzugsvollzugsanstalt Celle explodiert ein Bombe. Alarmglocken schrillen, Suchscheinwerfer flammen auf. Doch das herbeigestürmte Polizeiaufgebot mit Spürhunden und Hubschaubern konnten keinen Täter ermitteln, der das kinderballgroße Loch in die Anstaltsmauer gesprengt hatte. Die Medien und Politiker wußten aber sofort lautstark davon zu berichten, das es sich hierbei um einen terroristischen Anschlag zwecks Gefangenenbefreiung gehandelt habe, forderten mehr Sicherheit und härteres Vorgehen.
So gab es natürlich auch massive Durchsuchungen in der Anstalt, wurden die Haftbedingungen verschärft und neue Sicherheitsvorkehrungen bewilligt unter anderem auch den Bau einer speziellen Isolierstation für "böse Terroristen",
wofür man rein zufällig auch ein paar Pläne gleich zu Hand hatte. Ebenso wurde einem Gefangenen auch die Zugehörigkeit zur RAF angedichtet, eben Sigurd Debus, dieser in verschärfter Einzelhaft genommen, damit er als Ziel dieser Befreiungsaktion fungieren konnte. Selbst die Gegenwehr mit einem Anwalt gegen dies konnte nach Monaten nicht zum Erfolg kommen, da er knapp vor einer gerichtlichen Entscheidung, in die JVA Hamburg (Fuhlbüttel) verlegt wurde, und damit wegen Änderung der Zuständigkeit, der ganzen monatlange Beschwerde und Rechtsweg von vorne begann. An den Folgen eines Hungerstreiks 1981 verstarb Sigurd dann. Da wichtige medizinische Unterlagen verschwanden, ist der Tod von Sigurd bis heute ungeklärt.
Schon Ende 1978 wurde der neue Hochsicherheitstrakt in der JVA Celle bezugsfertig und mit den ersten "bösen Terroristen" bestückt, unter menschenverachtenden Haftbedingungen, wie auch immer wieder belegt wurde. Die vier Gefangenen haben schon einen harten Kampf gefochten, waren gar bereit ihr Leben im kollektiven Hungerstreik dafür zu geben. Auch mit Hilfe von Anwälten und Öffentlichkeit ereichten sie das eine oder andere.
April 1986 kam es dann raus, dass dieser Sprengstoffanschlag eine Operation des niedersächischen Verfassungsschutzes, in Absprache einiger Politiker, (fast) aller Parteien, hohen Regierungsstellen bis runter zur Anstaltsleitung durchgeführt worden war. Zwar versuchten dieser dann diese dann diese Aktion was Edles zu geben, das sie so V-Männer in gewissen terroristsichen Kreisen einschleusen wollte. Was ihnen auch nicht gelang.So ist aber wohl jedem klar, das nie irgendwer für diese vorgetäuschte Verbrechen und seine Folgen zur Rechenschaft gezogen wurden. Man könnte also auch meinen, sie haben ihr Ziel doch erreicht.
So besteht dieser Trakt auch heute noch, wenn auch unbenannt in sogenannter Sicherheitsstation, und so schon als "Knast im Knast" zur Standardversion in jeden Knastneubau. Doch da Tradition verpflichtet, hat das Celler Loch immer noch einen besonderen Teil, wo eben die Einzelhaft total ist, wo eigene Kleidung, eigene Elektogeräte verboten sind (so das selbst kein Sprachkurs mit Cassete/CD das Hirn frischer hält). Wo Bleistiftanspitzer zu gefährlichen Gegenstand seitenlange Sicherheitsprognosen schaffte und z.B. gerade eine Zellenkontrolle von einem speziellen Kommando mit Hund den Entzug von Büroklammern und Papier (Art Brötchen-) tüten bewirkte, nicht das die Sachen wirklich wichtig wären, aber es zeigt bestens welche Willkür möglich ist. Vor allem ist dies auch möglich, weil hierfür heut sich keine Öffentlichkeit mehr interessiert. Die Gefangenen sich in der Regel keinen Rechtsanwalt leisten können usw., daher vegetieren auch schon so mancher so über 10 Jahre und länger, das deutsche Recht machts möglich, und die Herrschenden vor Ort benutzen es reichlich, eben weil sie sich der Deckung von Ministerium, Strafvollzugskammer und Staatsanwaltschaft gewiss sein können...
Wie doch so immer, früher, heute und morgen.

http://de.indymedia.org/2008/07/223145.shtml

25 Juli 2008

Sechseinhalb Jahre Geisel von Bush in GUANTÁNAMO

von Silvia Cattori - , 24.07.2008

 Zeugenaussage von Sami al-Haj, Journalist bei Al-Jazeera

Herr Sami al-Haj kommt hinkend, auf seinen Stock gestützt, auf uns zu; aufrecht, beeindruckend. Er gibt den Eindruck von starkem Feingefühl. Kein Lachen und kein Lächeln beleben seine feinen Gesichtszüge, die viel zu jung gealtert sind. Von ihm geht eine tiefe Traurigkeit aus. Er war 31 Jahre alt, als sein Leben im Dezember 2001 - wie das tausender anderer Muslime - plötzlich zum Horror wurde.

Er hat gewaltig gelitten und der 438 Tage andauernde Hungerstreik hat ihn geschwächt. Er wurde am 1. Mai 2008 entlassen. Er empfängt uns mit Milde, mit Aufmerksamkeit. Er spricht zu uns, ohne aufdringlich zu sein, von einer Welt, deren Gräuel wir nicht erfassen können, der uns lähmt und uns zu ersticken droht.

Er ist der erste Überlebende dieser von der Bush-Administration auf dem Marinemilitärstützpunkt Guantánamo Bay erbauten Lagern, der die Erlaubnis hat, zu reisen.

Ich bin nach Genf, der Stadt der UNO und der Freiheit gekommen [1] um zu fordern, dass die Rechte respektieren werden, dass das Lager in Guantánamo und die Geheimgefängnisse geschlossen werden, damit diese illegale Situation beendet wird". Das Wort wurde ausgesprochen. Alles in diesem Krieg, der sich hauptsächlich gegen Muslime richtet, ist „illegal"; alles ist gefälscht, absurd, kafkaesk.

Heute verstehen wir vieles. Besonders aber, dass eine Anzahl der Attentate, die man seit 1996 Muslimen zuschreibt, von Geheimagenten der MI 6, der CIA, des Mossad finanziert und manipuliert wurden. Mutige Zeugen, wie der ehemalige deutsche Minister Andreas von Bülow [2], haben vor allem diese Art krimineller Aktivitäten, die von Grossmächten verübt werden, enthüllt und angezeigt. Wann hat uns ein Journalist über diese Enthüllungen von Andreas von Bülow berichtet? Nur in den „Neuen Medien" konnte man diese Information lesen.

Sami al-Haj hat in Guantánamo, gestützt durch seine Gerechtigkeitsliebe, durch seine Überzeugung, dass es die Mission jedes Journalisten ist, über das, was er sieht, zu berichten, die übermenschliche Kraft gehabt durchzuhalten, dem Missbrauch zu widerstehen, sein eigenes Leid beiseite zu schieben. Er hat schwere Schmerzen erlitten, doch in den schlimmsten Momenten konnte er sich die Hoffnung bewahren, dass er von dort entkommen würde. Sich zu sagen, dass man alles beobachten sollte, um als zukünftiger Zeuge zu dienen, hat ihm geholfen, das Unaussprechbare zu ertragen.

Sami al-Haj konnte, im Übrigen, dank seiner journalistischen distanzierten Sichtweise, diese von Herr Bush geschaffene schreckliche Welt, die sein Grab hätte sein können, überleben und nicht dem Wahnsinn verfallen. Andere hatten weniger Glück und sind gestorben oder wurden in den Wahnsinn getrieben und können so kein Zeugnis ablegen.

Sami al-Haj hat sich auch in Gefangenschaft bemüht seine Arbeit, ohne Stift und Papier, als „aktiver Reporter von Al-Jazeera", wie er sagt, weiterzuführen.

Heute will er alles daran setzen, die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf die zehntausenden von Gefangenen in den Kerkern von Guantánamo, Bagram, Kandahar zu lenken, die dort unmenschlichen behandelt werden. Er beantwortet unermüdlich und geduldig die Fragen aller Journalisten. Er hofft mit seinen Worten für jene zu sprechen, die kein Mitspracherecht haben.

Sein Bericht ist essentiell. Sami al-Haj wurde, wie seine Mitgefangenen auch, die ungerechtfertigt als „Terroristen" bezeichnet wurden, nie verurteilt und hat nie erfahren, was gegen ihn vorlag. Das zeigt uns, dass die „islamistischen Terroristen" von Herrn Bush und den Journalisten, die seine These unterstützt haben, erfunden sein müssen. Ohne die Komplizenschaft der europäischen Regierungen und der islamophoben Propagandisten in Tel Aviv und Washington, die seit Jahrzehnten zur Desinformation der Öffentlichkeit beitragen und die die Eliten auf der Basis von Lügen beeinflussen, hätten Menschen wie Sami al-Haj, nur weil sie Muslime sind, weder festgenommen werden, noch so lange Geisel dieser Barbarei sein können.

Silvia Cattori : Wie fühlen Sie sich nur einige Wochen nach Ihrer Befreiung?

Sami al-Haj : Danke, es geht mir gut. Es gibt mir Kraft zu sehen wie sich Menschen engagieren, um anderen Menschen das Leben zu retten und für die Verteidigung ihrer Rechte zu kämpfen. Natürlich ging es mir nicht sehr gut, als ich vor zwei Monaten aus Guantánamo kam. Aber jetzt fühle ich mich besser, ich entdecke, wie Menschen draussen kämpfen, die nicht das massgebliche Ziel vergessen: Frieden und Freiheit für alle zu erzielen.

Silvia Cattori : Was sind Ihre wertvollsten Empfindungen und Wünsche nach all diesen schmerzvollen Jahren, die Sie in den Lagern verbracht haben?

Sami al-Haj : Natürlich bin ich froh, die Freiheit wieder erlangt zu haben. Ich bin wieder mit meiner Familie, meiner Frau und meinem Sohn vereint. Mein Sohn hat mich sechseinhalb Jahre nicht gesehen, er musste ohne mich in die Schule gehen. Er hat auf mich gewartet und mir gesagt: „Papa, du hast mir so gefehlt! Ich habe gelitten, vor allem wenn meine Schulkameraden von ihren Vätern begleitet in die Schule kamen, und sie mich fragten: Wo ist dein Vater? Ich konnte ihnen keine Antwort geben. Deshalb habe ich Mutti gebeten, mich im Auto zur Schule zu bringen, weil ich nicht wollte, dass sie mir dauernd diese Frage stellen".

Ich habe meinem Sohn gesagt: „Jetzt kann ich dich zur Schule bringen, aber du musst verstehen, dass ich eine Botschaft zu verbreiten, eine gerechte Sache zu verteidigen habe. Ich will für die Menschenrechte kämpfen, für die Menschen, denen man die Freiheit entzogen hat. Ich werde nicht alleine kämpfen. Es gibt Tausende von Menschen, die sich überall dort engagieren, wo man die Menschenwürde willkürlich beeinträchtigt. Vergiss nicht, dass wir für den Frieden kämpfen, wir die Rechte dort verteidigen, wo sie verhöhnt werden für eine bessere Zukunft für dich. Vielleicht werden wir es eines Tages erreichen und dann werde ich an deiner Seite bleiben und mit dir zur Schule gehen".

Ich weiss nicht, ob er das verstanden hat, weil er noch sehr jung ist, aber er hat mich angelächelt. Auch meine Frau wünschte nicht, dass ich wieder fortgehe. Aber, als ich sie an die schmerzvolle Situation erinnert habe, in der sich die Gefangenen in Guantánamo befinden, die auch eine Familie haben, Söhne, Töchter, eine Ehefrau, die ihnen fehlt, hat sie es verstanden, denn wenn ich mich nicht einsetzen würde, blieben diese Menschen noch länger inhaftiert. Sie hat verstanden, dass ich weiterhin reisen muss, um meine Stimme den anderen Stimmen hinzuzufügen, die sich dafür einsetzen, dass die Gefangenen so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren können. Sie hat mir ihre volle Unterstützung gewährt. Als sie mich zum Flughafen brachte, sagte sie mir: Ich werde für dich beten.

Silvia Cattori : Sie sind also durch ihre Reise nach Afghanistan, um dort die Massaker von Zivilisten, Opfer des Kriegs von Herrn Bush, zu filmen, selbst zum Opfer geworden? Haben Sie nicht Angst vor dem, was Ihnen noch zustossen kann?

Sami al-Haj : Für mich gibt es keinen Zweifel, ich werde meine Arbeit als Journalist fortsetzen. Ich muss eine Botschaft des Friedens verbreiten, was auch immer geschehen wird. Ich habe, was mich betrifft, sechs Jahre und sechs Monate im Gefängnis, weit entfernt von meiner Familie, verbracht, aber für andere war es noch schrecklicher. Ich habe einen sehr wertvollen Freund verloren, Journalist bei Al-Jazeera, er wurde bei der Bombardierung des Hotels in Bagdad, wo er sich befand, getötet. Ich habe ebenfalls eine Kollegin verloren, die mit mir bei Al-Jazeera arbeitete, sie war wie eine Schwester für mich - auch sie ist in Bagdad getötet worden.

Viele Menschen haben wegen dieses Kriegs ihr Leben verloren. Sie müssen wissen, dass die Bush-Administration die Berichterstattung der freien Medien, wie Al-Jazeera, im Nahen Osten verhindern will. Die Büros von Al- Jazeera in Kabul und in Bagdad sind bombardiert worden.

Als ich im Jahre 2001 meinen Sohn und meine Frau verlassen habe, um den von den USA ausgelösten Krieg gegen Afghanistan zu filmen, rechnete ich damit, dass ich bei einer Bombardierung sterben könnte. Ich ging dorthin und war mir der Risiken bewusst. Jeder Journalist weiss, dass er eine Mission erfüllt und bereit sein muss, sich zu opfern, um mit seinen Filmen und seinen Schriften über das, was sich dort abspielt, Bericht zu erstatten. Und um der Menschheit zu verstehen zu geben, dass ein Krieg nichts anderes bringt, als den Tod von Unschuldigen, Zerstörung und Leid. Auf der Basis dieser Überzeugung reisten meine Kollegen und ich selbst in Länder in denen Krieg herrscht.

Nach all diesen Jahren Gefangenschaft kann ich jetzt wieder etwas für den Frieden tun. Ich werde dahingehend engagieren, bis wir unser Ziel erreichen. Ich bin mir sicher, dass wir eines Tages den Frieden erreichen werden und den Respekt der Menschenrechte, sowie den Schutz der Journalisten, überall auf der Welt, auch wenn ich das selbst nicht mehr erleben werde. Ich bin mir sicher, dass wir erreichen werden, dass die Journalisten nicht mehr während der Ausübung ihrer Arbeit gefoltert oder verletzt werden, während sie die Rechte der Menschheit auf Information verteidigen und während sie die Missbräuche gegen die Menschheit zeigen.

Silvia Cattori : Sie haben gleich zu Anfang gesagt, dass Sie sich gut fühlen. Wie kann man aber nach so einer gräulichen Erfahrung und nachdem Sie ohne die geringste Entschuldigung von Ihren Folterern freigelassen worden sind, diese Vergangenheit ohne Ressentiment und Groll schildern?

Sami al-Haj : Natürlich ist diese Vergangenheit äusserst hart und meine persönliche Situation ist schwierig. Aber wenn ich nur an jene denke, die noch in Guantánamo sind, denen ihre Familie fehlt, von denen sie keine Nachricht haben, sage ich mir, dass meine Situation, so schwer sie auch sein mag, besser als deren Situation ist.

Ich kann nicht vergessen, dass ich in Guantánamo Brüder gelassen habe, die zerstört sind, dem Wahnsinn verfallen. Ich denke besonders an diesen jemenitischen Arzt, der heute ganz nackt in seiner Zelle lebt, denn er hat seinen Verstand verloren.

Silvia Cattori : Welche Art von Folter haben Sie erlitten?

Sami al-Haj : Viele Arten physischer und psychischer Folter. Da die Häftlinge alle Muslime waren, unterwarf die Lagerverwaltung die Häftlinge vielen Demütigungen und Erniedrigungen religiöser Konnotation. Ich habe vor meinen eigenen Augen gesehen, wie Soldaten den Koran zerrissen und ihn in die Toilette geworfen haben. Ich habe gesehen, wie sie sich während der Verhöre auf den Koran setzten und zwar so lange, bis wir auf die gestellten Fragen antworteten. Sie beleidigten unsere Familien, unsere Religion. Sie gaben vor, mit Gott zu telefonieren, um Ihn darum zu bitten, uns zu befreien und machten sich so über uns lustig. Der einzige Imam des Lagers wurde im Jahre 2005 wegen Verbrüderung mit den Gefangenen entlassen, da er weigerte, den Besuchern des Lagers zu sagen, dort würde die Religionsfreiheit respektiert.

Sie schlugen uns zusammen. Sie überhäuften uns mit rassistischen Beleidigungen. Sie schlossen uns in kalte Zimmer ein, unter Null Grad, mit einer einzigen kalten Mahlzeit pro Tag. Sie hängten uns an den Händen auf. Sie störten unseren Schlaf; wenn wir einschliefen, schlugen sie uns auf den Kopf. Sie zeigten uns Filme mit grauenhaften Folterszenen. Sie zeigten uns Fotos von unter Folter gestorbenen, blutenden verschwollenen Gefangenen. Sie setzten uns unter Druck mit der Drohung, uns an einen anderen Ort zu überstellen, um uns noch mehr zu foltern. Sie begossen uns mit kaltem Wasser. Sie zwangen uns, zu salutieren während die US-amerikanische Hymne gespielt wurde. Sie zwangen uns, Frauenkleidung zu tragen. Sie zwangen uns, erotische Fotos anzusehen. Sie drohten uns mit Vergewaltigung. Sie entkleideten uns und liessen uns nackt hin und her gehen. Sie befahlen uns, uns 500-mal hinzusetzen und wieder aufzustehen. Sie demütigten die Häftlinge, indem sie diese in die US-amerikanische und israelische Flagge einwickelten, was uns sagen sollte, dass wir uns in einem Religionskrieg befinden.

Wenn dann der Gefangene von Läusen bedeckt, schmutzig aus seiner Zelle gezogen wird, um neuen Folterungen ausgesetzt zu werden, um ihn dazu zu bringen zu kollaborieren, wird er schliesslich was auch immer sagen und er wird nicht mehr wissen wer er ist.

Ich habe mehr als 200 Verhöre unter Folter erleiden müssen. 95% der Fragen betrafen Al-Jazeera. Ich sollte innerhalb Al-Jazeeras als Spion arbeiten. Als Gegenleistung boten sie mir die US-amerikanische Staatsangehörigkeit, für mich und für meine Familie, an und ein ergebnisorientiertes Gehalt. Ich habe das abgelehnt. Ich wiederholte, ich sei Journalist von Beruf und kein Spion, und dass es meine Aufgabe ist, die Wahrheit zu verbreiten und ich mich dafür einsetze, dass die Menschenrechte respektiert werden.

Silvia Cattori : Verzeihen Sie heute Ihren Folterern?

Sami al-Haj : Natürlich werde ich ihnen verzeihen, wenn sie Guantánamo schliessen. Aber wenn sie weiterhin anderen Leid zufügen, werde ich vor Gericht gehen und ein Gerichtsverfahren anstrengen.

Obwohl ich weiss, dass die Bush-Administration so viel Leid verbreitet hat, denke ich weiterhin, dass diese Leute immer noch ihre Fehler korrigieren können.

Man muss zwischen der Administration und dem Volk unterscheiden. Die Gefangenen von Guantánamo wissen, dass sie Freunde in den Vereinigten Staaten haben, wie dieser Anwalt, der nach Guantánamo gekommen ist, und der sich für meinen Fall einsetzt.

Silvia Cattori : Man hat das Gefühl, dass es ihren Folterern nicht gelungen ist, Sie zu zerstören?

Sami al-Haj : Weil ich nicht alleine bin. Es stehen Leute hinter mir und dieses Gefühl gibt mir Kraft. Was mir im Gefängnis Kraft gab, war die Überzeugung, dass kein freier Mensch in solch eine Situation der Unterlegenheit und Entmenschlichung versetzt werden sollte und niemand das akzeptieren sollte. Man empfindet Schmerz, Kummer, doch man bemüht sich, die Hoffnung auf einen Ausweg zu wahren, und der Gedanke, dass man auch im Gefängnis seine Arbeit als Journalist fortsetzen kann, lindert den Schmerz.

Silvia Cattori : Wussten Sie, dass es, während Sie in Guantánamo waren, ausserhalb des Lagers Menschen gab, die für Ihre Freilassung kämpften?

Sami al-Haj : Ich kannte sie nicht, weil es innerhalb des Gefängnisses sehr schwierig war, Nachrichten zu erhalten, selbst wenn man einen Anwalt hatte, da es ihm verboten war, mich zu informieren. Diejenigen, die sich für die Menschenrechte einsetzen und diejenigen, die die Bush-Administration nicht schätzen, kenne ich heute. Ich glaube, dass ihre Stimme jeden Tag lauter wird.

Silvia Cattori : Als er Sie sah, sagte ihr Bruder, Sie sähen wie ein alter Mann aus. Fühlen Sie sich auch so?

Sami al-Haj : Was mich betrifft, lebe ich mit meinem Herzen und nicht mit meinem Aussehen. Mein Herz fühlt sich immer noch jung an und stärker als zuvor.

Silvia Cattori : In Wirklichkeit war es eine sehr schmerzhafte Erfahrung für Sie, aber Sie schöpfen daraus ein ungeahntes Potential?

Sami al-Haj : Ja genau. Aus der Zeit, die ich in Guantánamo verbracht habe, habe ich einigen Gewinn ziehen können. Bevor ich in Guantánamo gewesen bin, hatte ich nur eine kleine Familie; jetzt habe ich eine grosse Familie und weltweit hunderte von Freunden. Das ist sehr positiv; ich habe sechs Jahre und sechs Monate verloren, jetzt habe ich aber mehr Freunde gewonnen.

Silvia Cattori : Werden Sie noch als ein „Enemy Combatant" angesehen [3]?

Sami al-Haj : Das weiss ich nicht, doch bei meiner Freilassung sagte man mir: Sie sind jetzt für die Vereinigten Staaten nicht mehr gefährlich.

Silvia Cattori : Steht Ihr Name nicht mehr auf der „Terroristen- Liste"?

Sami al-Haj : Weiss ich nicht. Ich denke, dass in ihrer Mentalität alle, die als „Terroristen" bezeichnet wurden, auch „Terroristen" bleiben werden. Nun haben sie Angst vor uns, weil sie uns, ohne Grund, Leid zugefügt haben.

Silvia Cattori : Denken Sie, dass Agenten der CIA Sie weiterhin ausspionieren werden?

Sami al-Haj : Ja. In Wirklichkeit habe ich nichts gegen dieses Land und sein Volk. Falls die Bush-Administration ihre Fehler korrigiert, werde ich mich über nichts beschweren.

Silvia Cattori : Waren Sie überrascht, als ein Offizier des Pentagon, Sie bei Ihrer Entlassung als Manipulator bezeichnete, da Sie am Stock gingen?

Sami al-Haj : Die Leute des Pentagon behaupten, die Gefangenen von Guantánamo seien Kriminelle, doch in Wirklichkeit wurden mittlerweile schon 500 von ihnen entlassen. Wie hätten sie entlassen werden können, wenn es wirklich Verbrecher wären? Sie lügen immer.

Silvia Cattori : Zwei Sudanesen wurden zeitgleich mit Ihnen entlassen (Amir Yacoub Mohamed al Amin und Walid Mohamed). Wie geht es ihnen jetzt?

Sami al-Haj : Die Regierung und die sudanesischen Behörden haben sie sehr gut behandelt. Sie haben uns drei direkt am Flughafen empfangen. Obgleich die Vereinigten Staaten mir meinen Pass genommen haben, haben sie mir innerhalb von zwei Stunden einen neuen Pass ausgehändigt und haben sich nicht gegen meine Ausreise aus dem Sudan gestellt.

Silvia Cattori : Sprachen die Soldaten in Guantánamo Sie mit Ihrem Namen oder mit Ihrer Gefangenennummer „345" an?

Sami al-Haj : Sie riefen mich mit meiner Nummer auf, nie mit meinem Namen, sondern „three, four, five" meine Gefangenenkennziffer. In der letzten Zeit nannten sie mich „Al-Jazeera". Nur die Delegierten des Roten Kreuzes riefen mich bei meinem Namen.

Silvia Cattori : Haben diese Delegierten Sie oft besucht?

Sami al-Haj : Wenn es ihnen erlaubt war, kamen sie uns ungefähr alle zwei oder drei Monate besuchen; ich sprach mit ihnen, sie brachten mir Briefe von meiner Familie.

Silvia Cattori : Die Bush-Administration und die Offiziere, die mit Ihrer Folterung beauftragt waren, wussten, dass Sie ein ehrlicher Mann waren, ein einfacher Journalist, der danach strebte, die Gewalttaten, die dort gegen das afghanische Volk begangen wurden, bekannt zu machen und kein „Terrorist". Wissen Sie, aus welchem Grund Ihnen so viel Leid zugefügt wurde?

Sami al-Haj : Die Mehrheit der Soldaten dort folgten den Befehlen ihrer Offiziere. Sie folterten ohne Gewissen. Aber ich muss ehrlich sagen, dass einige von ihnen gut waren. Einige Soldaten benutzten ihren Verstand.

Silvia Cattori : Die CIA-Agenten haben einen Bericht über die Foltermethoden in Guantánamo verfasst. Hatten Sie den Eindruck, dass Sie während der Folterhandlungen beobachtet wurden, dass man an Ihnen experimentierte?

Sami al-Haj : Wir waren unter ständiger Überwachung durch Psychiater in Militäruniform. Sie waren nicht da, um uns zu pflegen, sondern um an den Verhören teilzunehmen, um die Gefolterten zu beobachten, damit ihnen keine Einzelheit des Verhaltens des Gefangenen entgeht. Dies geschah unter der Verantwortung des Obersten Morgan, Spezialist in Psychiatrie, der an den Verhören teilnahm. Dieser Oberst hat schon seit März 2002 diesen Posten in Guantánamo inne. Er diente schon seit November 2001 im afghanischen Gefängnis von Bagram. Er gab den Offizieren, die uns Fragen stellten, Anweisungen, studierte unsere Reaktionen, notierte jedes Detail, um darauf die Folter der Mentalität jedes Gefangenen anzupassen, was tiefe Spuren in ihrer Psyche hinterlassen hat.

Ich habe mit ihnen gesprochen. Ich habe ihnen gesagt, die Mission eines Arztes sei edel und diene dazu, den Menschen zu helfen und nicht zu ihrer Folterung. Sie haben mir geantwortet: „Wir sind Soldaten, wir müssen den Befehlen folgen; wenn ein Offizier mir einen Befehl gibt, muss ich ihn ausführen, sonst steckt man mich ins Gefängnis, wie Sie. In dem Moment, als ich den Vertrag mit der Armee unterschrieben habe, habe ich verstanden, dass ich jedem Befehl Folge leisten muss".

Silvia Cattori : Bei den in Guantánamo ausgeübten Folterpraktiken sehe ich Ähnlichkeiten mit den Folterhandlungen in Israel, wie sie an den palästinensischen, politischen Gefangenen angewendet werden. Störung des Schlafs als Folter, zum Beispiel, was ihre Spezialität ist.

Sami al-Haj : Ich glaube, dass die Mehrheit der Auskunftsdienste der ganzen Welt nach Guantánamo gekommen sind. Ich habe Briten gesehen, ich habe Kanadier gesehen. Sie sind dorthin gekommen, um an den Verhören teilzunehmen und auch um den Offizieren der CIA und der FBI Ratschläge über die von ihnen angewendete Folter zu liefern.

Silvia Cattori : Können Sie ruhig schlafen?

Sami al-Haj : Es ist nicht mehr wie vor Guantánamo. Ich schlafe nicht mehr als 3 bis 4 Stunden pro Nacht. Als ich heute die Leute vom Roten Kreuz getroffen habe, habe ich sie darum gebeten mir zu helfen meine Schwierigkeiten zu überwinden, mir einen Arzt zu empfehlen, der mich untersuchen und mich beraten könnte. Sieben Jahre, das ist keine kurze Zeit.

Silvia Cattori : Ist ein Hungerstreik nicht eine Art von Folter, die man gegen sich selbst ausübt? Warum haben sie ihn so lange gemacht, denn Ihre Kerkermeister benutzten, ihn um Ihnen noch mehr Demütigung und Leid zuzufügen?

Sami al-Haj : Wir dachten, wir könnten nicht stumm bleiben, wir mussten etwas unternehmen. Wir hatten nur dieses Mittel, damit man uns anhört. Der Hungerstreik ist ein sehr hartes Mittel, selbstverständlich sehr schwer erträglich. Doch wenn einem die Freiheit entzogen wird, muss man dafür kämpfen, sie wiederzuerhalten. Das war die einzige Möglichkeit, die uns blieb, um der Bush-Administration zu zeigen, dass ein Gefangener seine Würde hat, dass er nicht nur von Brot allein lebt, sondern dass die Freiheit wichtiger ist.

Silvia Cattori : Was geschah, als man Sie zwangsernährte?

Sami al-Haj : Als mehr als vierzig Gegangene in den Hungerstreik getreten waren, versuchte die Lagerverwaltung, ihren Widerstand zu brechen, indem sie uns noch häufiger folterte. Man isolierte uns in kalte Zimmer, entkleidete uns, hinderte uns daran, lange zu schlafen. Zweimal täglich fesselten die Soldaten uns auf einen speziellen Stuhl. Sie legten uns eine Maske auf den Mund und steckten einen grossen Schlauch in unsere Nase, nicht in den Magen. Obwohl die normale Nahrungsration in diesem Fall zwei Dosen wäre, bestraften sie uns, indem sie uns 24 Dosen und 6 Flaschen Wasser einspritzten. Der Magen, der von den langen Hungerstreiks enger geworden war, konnte diese Mengen nicht absorbieren. Sie fügten Produkte hinzu, die Durchfall auslösten. Der Gefangene, der nunmehr schon länger als drei Stunden an diesem Stuhl festgebunden war, übergab sich unaufhörlich. Sie liessen uns im Erbrochenen und den Exkrementen sitzen. Wenn die Foltersitzung beendet war, rissen sie mit Gewalt den Schlauch heraus, und wenn sie unser Blut fliessen sahen, lachten sie über uns. Da sie noch dazu infizierte Schläuche benutzen, die niemals gereinigt werden, leiden die Gefangenen an Krankheiten, die nicht behandelt werden.

Silvia Cattori : Sind Sie dank dieses langen Hungerstreiks freigelassen worden?

Sami al-Haj : Nein, nicht nur deshalb, aber es war einer der Gründe, der die Lagerverwaltung dazu brachte, mich freizulassen.

Silvia Cattori : Was denken Sie über die Geständnisse von Khaled Scheich Mohamed [4], der sich selbst beschuldigt, mehr als 30 Anschläge in 17 Ländern organisiert zu haben?

Sami al-Haj : Vielleicht haben sie ihn bis zu dem Punkt gefoltert, an dem er nicht mehr weiss, wer er selber ist und was er sagt. Ich habe ihn nie getroffen, weil sie ihn in ein spezielles Lager gesteckt haben. Ein Offizier hat mir gesagt, dass sie ihn ordentlich rangenommen haben: Sie können es erahnen, sie haben ihn schrecklich gefoltert.

Silvia Cattori : Wenn die Vereinigten Staaten behaupten, dass er der „Terrorist Nr. 3 von Al-Qaida" ist, hat das irgendeinen Zusammenhang mit der Realität?

Sami al-Haj : Ich glaube nichts was von der Bush-Administration kommt, ehrlich. Weil sie auch mich als „Terrorist" bezeichnet haben. Und ich weiss besser als jeder andere worum es geht. Diese Leute lügen zu viel. Ich glaube an gar nichts, was diese Administration behauptet. Ich kenne einen Gefangenen, der so schwer und oft gefoltert worden ist, dass er am Ende gesagt hat: Ich bin Osama bin Laden. Er sagte, was sie hören wollten, um die Folter zu beenden.

Silvia Cattori : Ist dann Al-Qaida eine Kreation der Geheimdienste des Westens?

Sami al-Haj : Ich weiss nur, dass ich in meinem ganzen Leben niemanden getroffen habe, der mir gesagt hat: ich gehöre zu Al-Qaida.

In Guantánamo habe ich die meisten der Gefangenen getroffen, da es die Politik unserer Wächter war, die Gefangenen nicht zu lange in der gleichen Zelle zusammen zu lassen. Sie verlegten uns jede Woche; man lernte so neue Personen kennen. Die Leute, die ich in Guantánamo getroffen habe, sind alle friedliebende Menschen.

Seitdem ich freigelassen wurde, habe ich mit mehr als hundert von ihnen gesprochen. Diejenigen, die verheiratet waren, haben wieder ihr Leben aufgenommen, die Junggesellen haben geheiratet.

Silvia Cattori : Haben diejenigen, die ihre Kraft im Gebet finden, grössere Chancen, dem Wahnsinn zu entkommen?

Sami al-Haj : Selbstverständlich! Wenn man fühlt, dass einem jemand zur Seite steht, einen begleitet, insbesondere wenn es sich um Gott handelt, kann man Geduld haben, denn man wird sich daran erinnern, dass Gott mehr Macht hat als die Menschen. Ich muss zu Gott beten und Ihm danken. Ich muss mich auch bei all jenen Menschen bedanken, die mich unterstützt haben. Ich denke, dass es mir nie gelingen wird, allen zu danken, selbst wenn ich mein Leben damit verbringen würde. Vielleicht kann ich nun, durch meine Arbeit zugunsten der Menschenrechte, dazu beitragen, das Leben anderer Menschen glücklicher zu machen.

Silvia Cattori : Ich denke, dass die Medien und die NGOs hier bei uns, der Verteidigung der Rechte der muslimischen Gefangenen nicht genug Bedeutung beigemessen haben, wie es nötig gewesen wäre [5]. Lange wurde es als ein Zeichen von Sympathie mit den „Terroristen" angesehen, den gegen sie begangenen Missbrauch anzuzeigen. Wissen Sie zum Beispiel, dass die Verantwortlichen von „Reporter ohne Grenzen", deren Mission es ist, Journalisten zu schützen, kritisiert worden sind, weil sie fünf Jahre lang gewartet haben, bevor sie über Ihren Fall sprachen [6] ?

Sami al- Haj : Leider haben die Leute das geglaubt, was ihnen die US-Administration gesagt hat. Nun haben sie verstanden, dass es nicht glaubwürdig war, sie werden es korrigieren. Wie ich es Ihnen schon gesagt habe, es ist kein Problem, wenn jemand einen Fehler macht, aber es ist ein Problem, wenn jemand auf seinen Fehlern beharrt.

Wenn Journalisten sich nicht dadurch betroffen fühlen, wenn Journalisten im Rahmen von ihrem Beruf inhaftiert werden, werden vielleicht diese Journalisten eines Tages selber inhaftiert werden, und sie werden niemanden finden, der sie verteidigt. Wir müssen zusammen arbeiten, wir müssen uns um jeden Fall kümmern. Wenn man erfährt, dass ein Journalist inhaftiert wurde, sollte man ihn unterstützen, egal welche Hautfarbe oder Religion er hat.

Als Journalist will ich mich dazu verpflichten, die Journalisten, die für die Verteidigung der Rechte und Freiheiten arbeiten, zu unterstützen. Wir haben eine gewaltige Arbeit vor uns. Wir müssen uns voll engagieren, damit die Menschen die in Guantánamo und in den Geheimgefängnissen der Bush-Administration eingesperrt sind, dort wo ihnen die Rechte entzogen werden, freigelassen werden.

Diese Erfahrung in Guantánamo hat uns tief geprägt. Ich will mich auf die notwendige und wichtige Arbeit der Verteidigung der Menschenrechte beschränken. Ich glaube, dass sich die Menschen nach dem geschehenen Leid heute stärker davon betroffen fühlen. Er ist inakzeptabel, Menschen leiden zu lassen. Wir haben die zwingende Verpflichtung, uns mit ihnen zu solidarisieren.

Al-Jazeera rechnet damit, sich mit den freien Medien zusammen zu schliessen, um Informationen in Bezug auf Menschenrechte und auf Freiheit zu sammeln. Ich bitte alle Journalisten darum, mit uns diesbezüglich zu kooperieren. Es gab mehr als 50 Nationalitäten in Guantánamo; es ist eine weltweite Angelegenheit und nicht ein Problem dieses oder jenes Gefangenen.

Er ist beschämend, dass in unserer Gesellschaft Unschuldige, die verkauft worden sind, in Käfige eingesperrt sind und dass diese Verletzung der fundamentalen Rechte einem Land zuzuschreiben ist, das behauptet, Bewahrer der Rechte und der Freiheit zu sein.

Ich fühle keinen Hass. Wir respektieren die Bürger der Vereinigten Staaten. Es ist die aktuelle Regierung, die die Konsequenzen dieser Handlungen tragen muss. Menschenrechte und Sicherheit sind unteilbar. Will ein Staat Sicherheit, so muss er die fundamentalen Rechte eines Menschen respektieren.

Silvia Cattori : Sie haben Recht, die ehrlichen Leute und Journalisten dazu aufzurufen, nicht zu akzeptieren, dass internationale Gesetze verletzt werden und Menschen grausam und erniedrigend behandelt werden. Diese Politik hätte aber nicht ohne die stillschweigende Zustimmung der Regierungen der Grossmächte andauern können, denn nur durch ihre Zustimmung wurden die Menschen, die als „Enemy Combatant" bezeichnet wurden, gefoltert (7) Der Status von Enemy Combatant und Illegal Combatant erlaubt der US-amerikanischen Regierung unbegrenzte Haft, ohne Gerichtsverfahren. Die so bezeichneten Gefangenen fallen unter das Gesetz des „Patriot Act", ein Ausnahmegesetz, welches vom US-Kongress verabschiedet und von George W. Bush, am 26. Oktober 2001 unterzeichnet wurde. „Gesetz zur Stärkung und Einigung Amerikas durch Bereitstellung geeigneter Werkzeuge, um Terrorismus aufzuhalten und zu blockieren". [7]. Alle europäischen Länder haben zum Beispiel dem Inhalt des „Patriot Act", der nach dem 11. September in den Vereinigten Staaten öffentlich bekannt gemacht wurde, zugestimmt. Im Rahmen dieser geheimen Vereinbarungen konnten die Agenten der CIA und des FBI in Europa Tausende von Unschuldigen, wie Sie, entführen und foltern.

Sami al-Haj : Ich möchte Ihnen folgendes sagen: Ich glaube nicht an die Handlung von Regierungen. Denn jede Regierung, in allen Ländern, bevorzugt zu regieren, ohne sich mit den echten Problemen der Leute wirklich zu konfrontieren. Manchmal greift sie vielleicht ein und unterstützt die eine oder die andere Sache, aber im Grunde unterstützt sie sie nicht. Sie äussert sich nur aus opportunistischen politischen Gründen. Vielleicht behauptet sie auch, eine Sache zu unterstützen, aus politischem Kalkül, an die sie nicht glaubt. Wir sollten die Regierungen vergessen, denn sie betreiben nur ihre Politik. Wir müssen weiterhin hart arbeiten, um die Rechte und die Freiheit aller zu verteidigen.

Silvia Cattori : Kann man abschliessend sagen, dass die „Terroristen", wie sie von der Bush-Administration und von den Medien vorgestellt werden, nicht existieren?

Sami al-Haj : Ich kann ihnen versichern, dass die Gefangenen in Guantánamo, die ich getroffen habe, keine „Terroristen" sind. Ich hatte die Möglichkeit, mit ihnen zu sprechen, sie kennen zu lernen: es sind friedliebende Menschen.

Silvia Cattori : Man hat Sie also festgenommen um die Anzahl zu steigern, um den anderen europäischen Ländern glaubhaft zu machen, dass es wirklich „muslimische Terroristen" gab?

Sami al-Haj : Wir wurden nach den Anschlägen vom 11. September festgenommen. Bis heute kann niemand sagen, wer der Täter war. Bush wollte nicht sagen: ich habe Fehler gemacht, ich habe die Sicherheit nicht korrekt geschützt. Er hat gesagt: Wir werden einen Krieg gegen diese „Terroristen" führen. Das Ergebnis: Er hat niemandem Sicherheit gebracht.

Er hat Afghanistan bombardieren lassen, er hat seine Soldaten in einen Krieg gegen ganze Völker geschickt, aber er hat nicht die Personen festgenommen, die er festnehmen wollte. Er hat den Pakistanis Geldsummen zukommen lassen, damit sie als Gegenleistung Leute festnehmen und sie seiner Administration überreichen.

89% der Leute in Guantánamo sind gegen Bargeld von den pakistanischen Behörden gekauft worden. Wo haben sie sie gefunden? Sie haben sie in Pakistan und nicht in Afghanistan, gefunden.

Silvia Cattori : Diese Gefangenen sind darauf gefoltert worden. Man hat ihnen versprochen die Folter abzubrechen, falls sie akzeptierten im Dienst der CIA als Agent zu arbeiten!? Das ist System, das Angst verbreitet?!

Sami al-Haj : Ja. Warten wir darauf, dass Herr Bush die Administration verlassen hat. Ich bin mir sicher, dass, sobald er seinen Posten verlassen hat, sich viele Leute über seine Gräueltaten ausdrücken werden.

Silvia Cattori : Ihre Aussage ist sehr wichtig. Man hat Ihre Jugend zerstört. Sie haben mit Grossherzlichkeit dieses Desaster in etwas Konstruktives verwandelt. Sie weigern sich, sich als Opfer zu betrachten. Sie sind wirklich hervorragend! All diese Menschen, die sich im Gefängnis befinden, sollten Hilfe von Leuten mit Ihrer Wesensart erhoffen.

Sami al-Haj : Wir müssen schwer arbeiten, damit diejenigen, die weiterhin die Bush-Administration stützen, es endlich einsehen und sie ihre Handlungen schändlich finden. In diesem Moment wird ihnen niemand mehr helfen. Und wenn ihnen niemand mehr helfen wird, werden sie aufhören.

Die ganze Geschichte von Guantánamo ist ein Schandfleck. Die Bush-Administration wollte die öffentliche Meinung betrügen, indem sie behauptet, wir seien Terroristen. Diese Männer; die man eingesperrt hat, sind aber in ihrer grossen Mehrheit unschuldig, genau wie ich.

Silvia Cattori : Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

* * *

Jeder kann feststellen, dass die sogenannten „Terroristen", die von unseren Gesellschaften verfolgt werden, in Wirklichkeit die Opfer sind.

Herr Sami al-Haj beeindruckt mit seiner Weisheit, seiner Reife, seiner Sichtweite. Er erinnert uns Christus am Kreuz, sein Martyrium ist nicht beendet, die Wunden sind zu tief.

Seine Feinheit kontrastiert mit der Beschreibung der angeblichen „Terroristen", die die Behörden und die traditionellen Medien uns lange Jahre vermittelt haben.

Weder Anspruch, noch Klagen, sein Bericht ist nüchtern, ohne Emphase.

Er legt den Schwerpunkt auf die nötigen Aktionen, um die Gefangenen, die sich noch in diesen Gefängnissen befinden, so schnell wie möglich frei zu bekommen. Er wiederholt ständig, dass er keine Ruhe finden wird, solange alle Häftlinge von Guantánamo nicht befreit sind.

Es handelt sich darum, dringend zu reagieren. Es ist eine moralische Verpflichtung auf ehrliche Art und Weise zu erklären, was sich wirklich abgespielt hat und sich dafür einzusetzen, dass unsere Gesellschaften eine Politik annehmen, damit die arabische und islamische Welt anderes als nur Kriege und Rassismus erwarten kann.

Die Entführungen, die Folterzentren wie Guantánamo, Abu Ghraib, Bagram, Kandahar, sind nicht, wie man uns zu oft glauben lässt, ein einfacher „Ausrutscher" [8], sondern Ausdruck einer kriminellen Politik, die hauptsächlich den versteckten Interessen zweier Staaten dient: den USA und Israel. Man kann sich übrigens fragen, ob dieser letztgenannte Staat nicht der einzige Sieger dieser Kriege ist, die ganze Völker zerstören, aber auch die Finanzen und das weltweite Image der USA ruiniert haben.

Dieser „Krieg gegen den Terrorismus", über den wir ständig informiert werden, ist ein krimineller Krieg; ein Krieg, der von den Grossmächten und deren Geheimdiensten manipuliert wird.

Immer mehr Menschen verstehen, dass die Sanktionen der UNO, die „Terroristen-Listen" die auch Europa erstellt hat, die Kampagnen systematischer Schlechtmacherei gegenüber den Muslimen, Instrumente sind, um die öffentliche Meinung zu manipulieren, um künstlich ein Konfliktklima aufrechtzuerhalten.

Im Übrigen dienten die Anschläge vom 11. September 2001 sofort als Vorwand, um die internationale Politik von Tel Aviv und Washington in Richtung einer Militäraktion zu leiten, die schon lange vorprogrammiert war. Sie dienten vor allem dazu, jegliche Art von Widerstand gegenüber ihrer kriminellen Politik auszuschalten. Angefangen mit dem palästinensischen und islamischen Widerstand.

Nach der Zerschlagung des sowjetischen Imperiums, wurde die islamische Welt als neue „Achse des Bösen" bezeichnet. Seit Anfang der neunziger Jahre manövrierten die USA und Israel, um Angst und Intoleranz in Bezug auf Muslime zu bewirken und um die Geheimdienste unterschiedlicher Länder dazu zu ermutigen, sie zu infiltrieren, zu finanzieren, die „Hoffnungslosen" zur Durchführung von Anschlägen anzustiften, um dann mit dem Finger auf sie zu zeigen und Zwangsmassnahmen, Entführungen, Folter und willkürliche Haft zu rechtfertigen.

Seit 2001 wurden Tausende von Muslimen entführt, mit Masken vermummt, inhaftiert, von Folterern zermalmt, mit dem Ziel, sie durch Gewalt dazu zu zwingen, als Spion für die staatlichen Geheimdienste zu arbeiten, während bei uns die Mainstream-Medien selbstgefällig die Kampagnen gegen die hauptsächlich imaginären „Antisemiten" wiederspiegelten. Sie ahmten die Methoden des israelischen Geheimdienstes Shin Beth [9] nach, die so gut beim Zermalmen von 700.000 Palästinensern funktioniert haben, die willkürlich in den letzten 40 Jahren inhaftiert wurden.

Ist das die Gesellschaft, die wir wollen?

Was noch beklagenswerter und noch entmutigender bei dieser traurigen Geschichte ist, ist die Tatsache, dass die europäischen Regierungen die sogenannte „islamische Bedrohung" instrumentalisiert haben, um sich von zahlreichen verfassungskonformen Richtlinien zu befreien, auch sie haben illegale Massnahmen ergriffen, die von Bush diktiert waren, und die es der CIA gestatteten, auf europäischem Gebiet Muslime zu kidnappen, obwohl sie wussten, dass sie auf unbegrenzte Dauer an Folterzentren, wo kein Recht vorherrscht, ausgeliefert würden.

Man kann sich auch die Frage stellen, warum die Chefredaktionen den angeblichen „Terrorismusspezialisten" so viel Platz gewährt haben und immer noch gewähren, die die Phantasie von der „islamistischen Gefahr" gepflegt haben. „Spezialisten", die die US-amerikanische Propaganda übernehmen, die den Islam mit „Terrorismus" verbindet, obwohl sie genau wissen, dass es Teil der Strategie von Washington und Tel Aviv [10] ist, Muslime ohne jeden Beweis mit „Terroristen" zu verbinden.

Wir alle erinnern uns an diese ausweichenden Kampagnen, in Frankreich und vor allem in der Schweiz, die dazu bestimmt waren, die Karrieren zweier Brüder zu zerstören: Hani und Tariq Ramadan. In den anderen Ländern gab es ähnliche Machenschaften.

Wenn wir keine pervertierte Gesellschaft wollen, die auf Lügen basiert, die Entführungen autorisiert, Folterzentren, gezielte Tötungen und Infiltrationsstrategien, die dazu dienen, Menschen in Informanten zu verwandeln, ist es Zeit zu reagieren.

Herr Sami al-Haj, der aus der Hölle zurückkehrte, erteilt uns eine wichtige Lehre, wenn er die Journalisten ohne Hass noch Rache aufruft, sich für den Sieg der Menschenrechte einzusetzen, um diesen „Schandfleck der Geschichte" auszulöschen.

Unsere „westliche Kultur", unsere so hoch gelobten „Demokratien" in deren Namen man so viele Kriege begonnen und Verbrechen begangen hat und unsere „freien" Medien müssen von nun an mit all diesen Rückkehrern rechnen, die uns aufrufen, endlich aufzuwachen.

Silvia Cattori

http://silviacattori.net/article485.html

18 Juli 2008

DAS FUENFTE FLUGZEUG

Der Autor ist natuerlich Mathias Broeckers...

Fasst Cooper!


Die Marketingidee ist clever.
Im Thriller .Das fünfte Flugzeug. geht es um die Enttarnung der wahren Hintermänner des 11. September. Veröffentlichen oder untergehen . das wird sich auch der Autor gedacht haben, als er sich entschied, den Roman unter Pseudonym zu veröffentlichen.

Als wäre sein Leben in Gefahr, hat er sich als .John S. Cooper. maskiert. Sein Verlag Kiepenheuer&Witsch behauptet: .John S. Cooper ist Historiker und Archivar und lebt in Vermont (USA). »Das fünfte Flugzeug« (»The Fifth Plane«) ist sein erster Roman.. Leicht zu durchschauender Schwindel: Einen amerikanischen Autor dieses Namens gibt es nicht und erst recht niemanden, der in den USA oder einem anderen anglophonen Land ein Buch mit dem Titel .The Fifth Plane. veröffentlicht hätte. Der blumige Deckname des Übersetzers .Sam van Heist. (= Sam van Raubüberfall) deutet mit allen zehn Fingern auf einen Autor hin, der im Datenerfassungsgebiet Dr. Schäubles seinen Wohnsitz hat.


Als naechstes will ich "Operation Centaurus" lesen...


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Von einer Verschwörung im ganz ganz großen Stil handelt "Das fünfte Flugzeug", der Thiller eines gewissen John. S. Cooper.

Wer ist John S. Cooper?
Eine gute Frage!
Laut Klappentext
... die unser Rezensent offensichtlich gerne liest ...
... ist John S. Cooper ein amerikanischer Historiker, dessen Debutroman "The Fifth Plane" ein gewisser Sam van Heist ins Deutsche übertragen habe.

Nun ist Sam von Heist noch unbekannter als John S. Cooper. Er ist so unbekannt, das er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht existiert, dass es sich bei beiden also um eine Verschwörung des Verlages Kiepenheuer & Witsch handelt.

Was insofern logisch ist, da der Roman "Das Fünfte Flugzeug" die gigantische Verschwörung beschreibt, die hinter dem 11. September gestanden haben soll. Damals habe es nämlich ein fünftes Flugzeug gegeben, das ...

Ist doch alles Quatsch!

Dieser Verschwörung kommt ein abgehalfteter amerikanischer Journalist auf die Schliche,
... so etwas wie unser Rezensent?

Dieser Journalist wird bald schon von allen Geheimdiensten Amerikas gejagt. Seine Informanten sterben reihenweise.

Es kommt zu herrlichen Verfolgungsjagden und zu grotesken Liebesgeschichten.
Keine große Kunst!

Aber ein grandios spannender Trivialroman, der einige der gängigsten Verschwörungstheorien um den 11. September wohl recherchiert zu erzählen weiß.

Bildung? Spannung? Geheimes Wissen? Klingt nach Trivialkitsch!

Aber der Roman hält dem übergroßen Thema stand. Man glaubt plötzlich den Verschwörungstheorien.
Kein Wunder, dass bei solch brisantem Wissen sich der Autor nicht zu erkennen gibt.
Ein großes Wunder aber, dass dieser Roman obendrein ein großes Vergnügen bereitet. Unser Rezensent gesteht, dass er so begeistert war, dass er keinen geringeren
... als Deutschlands Thrillerkönig Frank Schätzing ...

... im Verdacht hatte, hinter dem Pseudonym John S. Cooper zu stehen. Allerdings streitet dieser jede Beteiligung vehement ab.

Egal, das Buch ist gut, die Verschwörung auch.

"Das fünfte Flugzeug" von John S. Cooper oder sonst wem, erschienen als KiWi Paperback, ist - obwohl es einige recht wirre Verschwörungstheorien zum Thema hat -
Ein exzellentes, spannendes Buch!

====================

John S. Cooper: Das fünfte Flugzeug ("The Fifth Plane")

Thriller . ca. 320 pages. ISBN 3-462-03936-8
Publication: September 2007

Max Fuller is a former top journalist, and to his ears the whole story at first sounds like a loopy conspiracy theory. A mysterious lawyer offers him the true story of the .fifth plane. which strayed across the radar screens of the US air defense on September 11, 2001 . and at the same time, along with the story, he offers a meeting with the alleged pilot. Fuller is not really convinced, but meets the intermediary just the same. When this man is shot before his eyes, the journalist is on the run, and at the same time he is in search of the mysterious pilot. When he eventually finds him and makes him promise to reveal his knowledge .on air., the pilot falls victim to a strange .accident.. And Fuller knows he is next on the list. Who are these guys chasing him and leaving dead bodies and destruction behind everywhere they go? And why does the FBI search his office after he has gone into hiding?

Finally, there are only three people left to trust: the pilot´s daughter, who supplies him with further evidence; the hash-smoking Jesus freak, hacker and conspirologist Nick; and his good old friend Jake Williams, a spin doctor with first-class contacts. Fuller.s research leads him from New York to remote military airfields, and finally to Florida, the place where the 9/11 plot was conceived. On this trip, Fuller gradually begins to realize what really happened on September 11. How it happened. Who planned it. And why it was not prevented.

17 Juli 2008

Geheimdienst Überwachung -- Provider ausgeschaltet

Die neue Art der Totalüberwachung der Türoeffner für eine gaaaanz üble Zukunft. Wir werden dann "geführt", genau wie Agenten.

PSYOP ein Wirtschaftszweig, NOCH MEHR ALS JETZT (Werbung/911/Wahlen/IraqWMD).

Natuerlich ist es einfacher Leute zur INAKTIVITÄT zu bringen.. ERLERNETE HILFLOSIGKEIT ist ein FAKTUM!

Beispiele
  • Ihr dürft ein neues Parlament wählen... aber es ändert sich nix.
  • Der Präsident gibt illegale Befehle zum Morden, aber keiner klagt ihn an.
  • Die Presse berichtet über völlig unhaltbare Zustände, aber die obersten Stellen pumpen mehr Energie in das sinnlose System.

Der Internet-Überwachungsplan der Polizei

Nach Informationen, die ORF.at vorliegen, diskutiert das Innenministerium derzeit mit den Providern über Maßnahmen für eine österreichische "Branchenlösung" zur Internet-Überwachung. Dabei verlangen die Dienste unmittelbaren Zugriff auf die Netzwerke der Anbieter. Auch bei verschlüsselten Skype-Telefonaten kann die Polizei mittlerweile mitlauschen.



Merkwürdig: Seit Tagen bekommt Ihr Rechner immer ein und dieselbe IP-Adresse im ADSL-Netz zugewiesen, obwohl in den Geschäftsbedingungen ihres Providers ausdrücklich von dynamisch vergebenen, also stets wechselnden IP-Adressen die Rede ist.
Wenn dann auch noch Ihr Notebook vom UMTS-Anbieter bei jeder Einwahl ebenso mit stets derselben IP-Adresse versehen wird, dann liegt das nicht an plötzlich geänderten Geschäftsbedingungen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden vielmehr Ihre Internet-Zugänge polizeilich überwacht.



Die "Branchenlösung"
Die Zuweisung von fixen IP-Adressen ist nämlich Teil einer "Branchenlösung", die vor allem vom Innenministerium betrieben wird. Anders als bei der Telefonie, für die es verbindliche Normen des European Telecom Standards Institute [ETSI] gibt, die hierzulande in der Überwachungsverordnung [ÜVO] von 2003 festgeschrieben sind, ist das Abgreifen des Internet-Verkehrs in Österreich nicht normiert.
Die Strafprozessordnung schreibt zwar die Zusammenarbeit von Internet-Providern mit den Behörden vor, allein: Die Vorgangsweise und technische Umsetzung sind nicht geklärt.



Die Überwachungsverordnung
Die Standards zur Integration des Internet-Verkehrs in die Überwachungsschnittstellen sind im ETSI längst im Standard ES 201 671 Version 3.1.1. erstellt worden.
Damit sie auch für die Branche in Österreich verbindlich sind, müsste die Überwachungsverordnung von 2003, die noch die Vorgängerversion ES 201 671 Version 2.1.1. vorschreibt - Telefonie, ohne Internet -, novelliert werden. Doch dazu fehlt momentan ganz offensichtlich der politische Wille.



Sitzung im Arsenal

Da es derzeit keine Terroranschläge gebe, sei die Möglichkeit einer raschen Umsetzung nicht gegeben, erklärte ein Vertreter des Innenministeriums ganz unverblümt Ende Juni bei einer Diskussionsveranstaltung im Wiener Arsenal.
Dort waren Vertreter von Innenministerium [BMI] und Regulierungsbehörde RTR mit Anbietern von Breitbanddiensten aus Festnetz und Mobilfunk zusammengetroffen, um eine "nationale, österreichische Lösung" zur Überwachung des Internet-Verkehrs zu diskutieren.



Aus dem Protokoll

Der Ansatz des BMI gehe davon aus, dass einem Teilnehmeranschluss eine feste IP-Adresse zugewiesen werde, heißt es dazu im Protokoll der Veranstaltung.
Und weiters: "Auf Ebene des IP-Layer werden in weiterer Folge alle relevanten Datagramme eines IP-Stroms dupliziert und die Kopie entweder auf einem Medium zwischengespeichert oder über entsprechende Verbindungen [z. B. IP-VPN] direkt an die überwachende Behörde übertragen. Als Trigger soll allein die fest zugewiesene IP-Adresse dienen."
Geeignete Geräte ["Sniffer"] seien auf dem Markt verfügbar und könnten bei Bedarf auch vom BMI bereitgestellt werden.



Bridges und Sniffer

Der Fahrplan des BMI sieht weiters "kleine Schritte" in Richtung der angestrebten Lösung vor: Im Netz jedes Providers befindet sich an zentraler Stelle eine vom Innenministerium zertifizierte "Network Bridge", die den Datenverkehr dupliziert und an einen BMI-Rechner vor Ort weitergibt, auf dem eine Sniffer-Software läuft.
Die in dieser Verkehrsanalyse "erschnüffelten" Datensätze sollen dann über eine sichere VPN-Verbindung ins Ministerium übermittelt werden.



An dieser Stelle der Diskussion im Arsenal kam es freilich zu Umutsäußerungen. "Wir hängen sicher bei uns kein Kistl ins Netz, das nicht von uns abgenommen ist", war seitens eines der größten Provider zu hören, auch der wenig schmeichelhafte Begriff "Frickelkiste" fiel.
Wie der Diskussion weiter zu entnehmen war, setzen ein führender UMTS-Anbieter bzw. ein großer Breitband-Provider schon jetzt ganz ähnliche Lösungen mit "Network Bridges" ein. Abgegriffen werden die Verkehrsdaten der Kunden am Konzentrator-Network-Switch bzw. am UMTS-Konzentrator.



Provider ausgeschaltet

Zurzeit werden die Verkehrsdaten in der Regel noch per Anfrage ermittelt, das heißt, der Provider liefert auf Anordnung eines Richters die Logfiles des betreffenden Kunden an die Polizei.
Bis die Installation der österreichischen Lösung" an den Konzentrator-Switches erfolgt ist, rücken die Beamten, mit "Bridges" und "Frickelkisten" ausgerüstet, zum Provider aus.
Bei beiden Lösungen wird der Provider ausgeschaltet, da die Filterung der Daten hinter der "Bridge" durch einen Rechner des BMI passiert. Für den Netzbetreiber ist so nicht nachvollziehbar, nach welchen Daten der innenministerielle Sniffer sonst noch snifft.



Das NSA-Prinzip

Das Prinzip "Kopiere den gesamten Datenverkehr an zentraler Stelle und filtere dann das Gesuchte aus" ist natürlich keine österreichische Erfindung.
Der US-Supergeheimdienst NSA arbeitet nach demselben Muster, allerdings nicht mit vergleichsweise primitiven Bridges und schon gar nicht mit "Frickelkisten".
An den Glasfaserverbindungen zwischen den Core-Routern des Netzbetreibers AT&T wird der gesamte Datenverkehr vermittels eines - zugegebenermaßen noch primitiveren - "Splitters" kopiert und an einen monströsen 10-Gigabit-Switch weitergeleitet.



"Tiefe Paketinspektion"

Der funktioniert wie eine superschnelle Mülltrennungsanlage, mittels "Deep Packet Inspection" werden obsolete Verkehrsdaten aussortiert, die übrigen werden nach den verwendeten Protokollen [HTTP, POP3, SMTP, Tauschbörsen etc.] sortiert und auf eine Kaskade von Analyseservern verteilt.



Skype kein Problem mehr

Interessanterweise war in der Auskunftsveranstaltung zu erfahren, dass die Überwachung von verschlüsselten Telefonaten via Skype zwar nicht ganz trivial sei, aber kein wirkliches Problem mehr darstelle.
Noch vor wenigen Monaten war die angeblich nicht knackbare Skype-Verschlüsselung eines der hauptsächlichen Argumente des Innenministeriums für den Einsatz des "Bundestrojaners" gewesen.

Echtzeit-Überwachung des Netzverkehrs

Bis zu 16 Server pro Überwachungseinheit analysieren für den US-Militärgeheimdienst NSA pro Sekunde bis zu zwei Gigabyte an Daten von internationalen Carriern. Unerwünschte Datenströme lassen sich zudem mittels neuester Monitoring-Tools bremsen oder auch komplett stoppen.

Die Beteuerungen der von der NSA-Überwachungsaffäre betroffenen US-Telekoms AT&T, Verizon und BellSouth, sie hätten keinesfalls Daten ihrer Kunden an den Geheimdienst weitergegeben, entsprechen tatsächlich dem Sachverhalt.
Eine Weitergabe war auch gar nicht nötig, die NSA holt sich die Daten nämlich selber ab.
Die genannten US-Telekoms hatten den US-Militärgeheimdienst bis in das Allerheiligste jedes Netzwerkers vordringen lassen - zu den zentralen Core-Switches, die den gesamten Datenverkehr an der - "Backbone" genannten - Datenschlagader kontrollieren.
Einfache Kopie der Datenströme
Dort werden die Datenströme schlicht und einfach auf eine zweite Glasfaserleitung kopiert und dann an die neu errichteten, NSA-eigenen Serverparks unweit der Datenzentren weitergeleitet und verteilt.
Das entspricht den Aussagen des abgesprungenen AT&T-Technikers Mark Klein, der die Affäre ins Rollen brachte.
Streitwert 200 Mrd. Dollar
Die Aussagen Kleins, auf denen mittlerweile Klagen gegen die genannten Telekoms im Gesamtstreitwert von 200 Milliarden Dollar basieren, haben geheime NSA-Überwachungszentralen, die an so genannte Glasfaser-Splitter bei AT&T und anderen angeschlossen sind, zum Inhalt.
In Kleins Liste der Ausrüster findet sich zwar unter anderem die Firma Narus, allerdings ist von deren Überwachungssystem nicht sehr viel mehr bekannt, als dass es den in Großrechenzentren mittlerweile üblichen Datenverkehr von 10 GBit/s nahe an Echtzeit analysieren kann.
Anmerkung zu den Grafiken
ORF.at liegt nun eine Powerpoint-Präsentation einer Firma namens Force10 Networks für ein Hochleistungs-Überwachungssystem von Datenzentren vor, das am 6. Juni im Hauptquartier der NSA in Fort Meade präsentiert wird [siehe weiter unten].
Bei den den folgenden Bildern handelt es sich um Ausschnitte bzw. Screenshots aus einer 31 Folien umfassenden, offiziellen Produktpräsentation von Force10 Networks.




Abgreifen an der Glasfaser

Die vom Hersteller als "Sicherheitsinnovation" gepriesene "P-Serie - hochperformante Inspektions- und Vorbeugungsanwendungen", die auf einem "gehärteten Linux" laufen, greifen den Datenverkehr nämlich direkt an der Glasfaser zwischen den zentralen Switches in den Daten-Centers ab.



Force10 Networks www.force10networks.com/

"Taps" = "Splitter" = Anzapfung
Über einen Splitter wird der gesamte Paketverkehr in Echtzeit dupliziert auf einen Server-Cluster verteilt, der - pro Einheit - bis zu 16 Rechner umfassen kann.



force10networks
Dort werden die Daten weggeschrieben und nahe an Echtzeit analysiert. Da eine Einheit der P-Series auf beiden Ports insgesamt 20 GBit/s verarbeiten kann, fallen - in Speicherplatz gerechnet - pro Sekunde Datenmengen zwischen ein und zwei Gigabyte zur Verarbeitung und Analyse an.


"High Speed Security"
Was unter "High Speed Security" verstanden wird, listet die Präsentation auch sehr klar auf. Um der "gesetzeskonformen Überwachung" zu entsprechen, heißt es in der Produktpräsentation von Force10, sei eben "nicht entdeckbares Netzwerk-Monitoring" in Echtzeit der kritische Punkt.

Da die Force10-Switches hinter den Splittern eben nicht im Netz des jeweiligen Datenzentrum-Betreibers hängen, sondern parallel dazu geschaltet werden, ist eine Beeinträchtigung des regulären Verkehrs ausgeschlossen: Für den Fall, dass sich die Überwachungsanlage einmal überfrisst und in der Folge mit dem Filtern ins Hintertreffen gerät, kann sie das Netzwerk selbst nicht bremsen

Ahnungslose Internet-Provider
Dazu kommt, dass weder Internet-Provider noch Firmen, die direkt an die zentralen Internet-Exchanges angebunden sind, bemerken, dass ihr gesamter Datenverkehr analysiert wird


Hardware mit 224 Ports pro Rack
screenshot from force10 networks prospect
Die National Security Agency scheint in der Kundenliste von Force10 Networks offiziell zwar nicht auf, auf seiner Website verweist das Unternehmen jedoch auf eine Produktaufstellung am 6. Juni. Die findet im Rahmen der "NSA SIGINT Technology Exposition" im Gebäude "OPS2B" des NSA-Hauptquartiers in Fort Meade im Bundesstaat Maryland statt.



Die wichtigsten Features sind im Ausriss der Force10-Präsentation linkerhand als JPEG zu sehen. "CALEA" bezeichnet den "Communications Assistance Law Enforcement Act", ein US-Gesetz von 1994, das mit einem von einem unabhängigen Gericht unterzeichneten Durchsuchungsbefehl vergleichbar ist. "Government surveillance" hingegen steht für das Filtern kontrolliert durch die Geheimdienste.
NSA an den Schlagadern der Telekoms
Milliardenklage gegen Verizon
NSA-Lauschangriff kocht hoch
Der Link zur NSA
Schwerpunkte der Ausstellung von Spionagegerät sind Systeme von der Art, wie sie im Überwachungsskandal bei AT&T und Verizon zum Einsatz kommen.
Besonderes Interesse widmet die Agency etwa "target selectors in meta-data and content, automated analysis, large volume data processing" und anderen Features, die sowohl die Überwachungs-Suites von Narus wie jene von Force10 Networks zu Eigen haben.
"Gehärtetes Linux"
Die Techniker von Force10-Networks wiederum können sich mit jenen der NSA dort über "gehärtetes Linux" austauschen - die dominierende Distribution heißt SE-Linux und ist eine Entwicklung aus Fort Meade, made by NSA.
NSA SIGINT Technology Exposition, 6. und 7.Juni 2006
NSA-Lauschangriff kocht hoch
Der Lauschangriff des Militärnachrichtendienstes NSA auf weite Teile der US-Bevölkerung zieht immer weitere Kreise. In Medien wie CNN und "USA Today" kritisiert nun der US-Kongress den Datenskandal gigantischen Ausmaßes.
Die National Security Agency [NSA] steht seit Monaten wegen der Spionage gegen die eigenen Bürger in der Kritik.
Im Zuge des Anti-Terror-Kampfs seit dem 11. September wurden "im Interesse der nationalen Sicherheit" Milliarden an Telefondaten - wer mit wem, wann und wie oft telefoniert - von Millionen US-Bürgern gesammelt.
Pauschales Abhören ohne Verdacht
Nach einem Bericht in der "USA Today" reagiert nun auch der US-Kongress mit heftigem Protest.
"Will mir jemand erzählen, dass zig Millionen Amerikaner etwas mit El Kaida zu tun haben?", so der demokratische Senator Patrick Leahy [Vermont] gegenüber CNN. "Dies sind zig Millionen Amerikaner, die für rein gar nichts verdächtig sind".
Bush verteidigt Aktion im TV
Auch Präsident George W. Bush sah sich nach dem Bericht in "USA Today" zu einer von den großen US-Fernsehsendern direkt übertragenen Stellungnahme gezwungen.
Die Privatsphäre des normalen Amerikaners werde bei allen Aktivitäten strikt geschützt, so Bush. Im Kampf gegen El Kaida seien lediglich Auslandsgespräche abgehört worden.
"In Einklang mit Gesetzen"
"Die Geheimdienstaktivität, die ich genehmigt habe, befindet sich im Einklang mit den Gesetzen. Die zuständigen Kongressmitglieder - Republikaner und Demokraten - wurden über sie unterrichtet", so Bush. "Die Privatsphäre der einfachen Amerikaner wird bei all unseren Handlungen aufs Schärfste verteidigt. Wir graben nicht im Privatleben von Millionen unschuldiger Amerikaner."
Anhörung der Telekoms
Der Vorsitzende des Rechtssauschusses im Senat, der republikanische Senator Arlen Spector, kündigte eine Anhörung der betroffenen Telefongesellschaften in dem Gremium an.
"Das ist die größte Datenbank, die jemals auf der Welt erstellt wurde", zitierte die "USA Today" einen der Experten, die die Redaktion mit Informationen versorgt hatten.
Mit der NSA haben demnach AT&T, Verizon und BellSouth zusammengearbeitet, die zusammen auf mehr als 200 Millionen Kunden kommen. Unter den großen Konzernen habe sich lediglich Qwest geweigert, die Daten seiner 14 Millionen Kunden weiterzugeben.
Hayden bald CIA-Chef?
Das Überwachungsprogramm der National Security Agency [NSA] begann unter der Verantwortung des ehemaligen NSA-Chefs General Michael Hayden. Hayden führte die NSA von 1999 bis 2005.
Ohne richterliche Genehmigung
US-Präsident George W. Bush wurde bereits im Dezember 2005 wegen zahlreicher Lauschangriffe der NSA vom US-Kongress heftig kritisiert.
Bush verteidigte die richterlich nicht abgesegneten Lauschangriffe mit dem Kampf gegen den Terrorismus.
Auch republikanische Volksvertreter bezeichneten dieses Vorgehen als verfassungsrechtlich sehr problematisch.
NSA an den Schlagadern der Telekoms
Die von der NSA für die Überwachung des Internets eingesetzte Technologie zur Datenanalyse verarbeitet den 10-Gigabit-Verkehr von Hochleistungs-Rechenzentren hart an der Echtzeit. Am Freitag wurde nach AT&T auch die US-Telekom Verizon wegen Datenweitergabe an die NSA ohne Gerichtsbeschluss geklagt.
Kaum ein Tag vergeht ohne neue Enthüllungen und Dementis seitens der US-Regierung wegen der Überwachungsaffäre. Am Freitag wurde die US-Telekom Verizon wegen der unautorisierten Weitergabe von Millionen Datensätzen ihrer Kunden an die National Security Agency [NSA] auf 50 Milliarden US-Dollar geklagt.
Der hohe Streitwert resultiert aus der Vielzahl der von der Überwachung betroffenen US-Staatsbürger, es handelt sich um eine der im US-Justizsystem gebräuchlichen Sammelklagen.
Der künftige CIA-Direktor
Danach trat der Ex-Direktor der NSA, derzeitig General der Air Force und designierter CIA-Chef, Michael Hayden erneut vor die Kameras, um zu beteuern, dass der NSA-Rasterangriff auf die größten Telefon- und Datennetze der USA ohne Gerichtsbeschluss in Einklang mit den US-Gesetzen stehe.
Seit Jänner läuft eine Klage der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation gegen AT&T.
Dürfen nicht, müssen schon
An sich dürfen die Militärs des Auslandsnachrichtendienstes NSA US-Staatsbürger nicht überwachen, andererseits müssen sie das tun - aus technischen Gründen.
Nicht nur müssen jene US-Anschlüsse überwacht werden, von denen Telefonate in bestimmte Länder geführt werden, auch mischt sich in den Datenzentren von Verizon und AT&T nationaler und internationaler Telefonie- und D
Mustersuche statt Abhören
"Überwachung" bedeutet hier nämlich nicht, dass vor allem Telefonate abgehört werden. Vielmehr werden Statistiken erstellt, die auf Knopfdruck etwa zu grafisch dargestellten Kommunikationsprofilen von Privatkunden und Firmen werden. Seitens der Netzbetreiber und Nachrichtendienste wird zwar stets betont, dass vor allem nach Verhaltensmustern gesucht werde, also gewissermaßen "anonymisiert".
Ein einfacher Eingabebefehl des Operators genügt jedoch, dass statt einer bloßen Anschlussnummer nicht nur der Name des Inhabers aufscheint, sondern alle Daten seiner häufigsten Gesprächspartner und eine Kommunikationshistorie des Anschlusses betreffend Auslandstelefonate. Eine Liste, die um fast beliebige Details anzureichern ist, die Daten sind alle im System vorhanden.
Einblick in die Carrier-Klasse
Analog zu den seit den 90ern immer mehr perfektionierten "Monitoring Centers" für Telefonnetze - die z. B. in Sekundenschnelle die letzten zehn Telefonnummern auswerfen, von denen aus mit Kirkuk im Irak telefoniert wurde - haben die großen Telekoms und Carrier auch ihre TCP/IP-Netze für den Internet-Verkehr "sicherheitstechnisch" hochgerüstet.
Der Telekom-Riese A&T, der im Dezember 2005 als erstes Unternehmen wegen der Überwachungsaffäre geklagt wurde, steht auf der Referenzkunden-Liste der Firma Narus ganz oben. Die ist spezialisiert auf Programme zur Netzwerküberwachung der so genannten Carrier-Class, also der größten Netzbetreiber.
Einblick in die Carrier-Klasse
Analog zu den seit den 90ern immer mehr perfektionierten "Monitoring Centers" für Telefonnetze - die z. B. in Sekundenschnelle die letzten zehn Telefonnummern auswerfen, von denen aus mit Kirkuk im Irak telefoniert wurde - haben die großen Telekoms und Carrier auch ihre TCP/IP-Netze für den Internet-Verkehr "sicherheitstechnisch" hochgerüstet.
Der Telekom-Riese A&T, der im Dezember 2005 als erstes Unternehmen wegen der Überwachungsaffäre geklagt wurde, steht auf der Referenzkunden-Liste der Firma Narus ganz oben. Die ist spezialisiert auf Programme zur Netzwerküberwachung der so genannten Carrier-Class, also der größten Netzbetreiber.