Maenner - verstanden
Die Männerversteherin
Warum müssen immer wir die Beziehungsarbeit machen, fragen sich viele Frauen. Die Antwort: Weil sie nunmal mit einem Mann zusammensein wollen. Und nicht mit einer Frau.
Von Violetta Simon
kommunikationsproblem zwischen frau und mann
Auch wenn er wieder mal auf Durchzug stellt: Immer schön ruhig bleiben!
Männer und Frauen sprechen verschiedene Sprachen. Das ist längst bekannt und wäre an sich nicht weiter tragisch. Das Problem ist nur: Frauen können so schlecht damit umgehen. Als harmoniebedürftiges Wesen muss eine Frau stets das Gefühl haben, der Mann sei ein offenes Buch für sie. Ist er aber nicht. Genauso wenig, wie sie es für ihn ist. Der Unterschied ist nur, dass ihm das egal ist.
Viele Frauen haben erkannt, dass man ohne professionelle Hilfe beim Mann nicht weiterkommt. Einige legen sich auf die Couch und verzweifeln an der Beziehungsfähigkeit des männlichen Geschlechts im Allgemeinen. Andere nehmen die Sache lieber selbst in die Hand und lassen sich den Mann erklären -- von einer, die es wissen muss.
Ein Profi auf diesem Gebiet ist die Rhetorik-Trainerin Saskia Dürr. Die gebürtige Berlinerin, die auch dem Debattierklub München angehört, bietet bundesweit Seminare zur Streitkultur im Business-Bereich an. Seit 2007 hat sie ihr Repertoire erweitert -- um das Seminar "Die Männerversteherin -- schöner streiten mit Männern".
Sich zu einigen, ist nicht nötig
Für schlappe 30 Euro bringt sie den Seminarteilnehmerinnen bei Kuchen und Prosecco das Phänomen Mann näher. Die wichtigste Botschaft kommt gleich zu Beginn: "We agree to differ". Mit anderen Worten: Wir sind uns darüber einig, dass wir uns nicht einig sein müssen.
Um diese Tatsache zu akzeptieren, muss man aber erst einmal verstehen, wie unterschiedlich Männer und Frauen ticken. "Männer bilden gerne Gruppen, in der jeder seine Rolle hat", erklärt die 35-Jährige. Diese Konstellation habe bereits beim gemeinsamen Mammutjagen funktioniert. Der Grund: Männer denken lösungsorientiert, aber nur innerhalb ihrer Aufgabe -- den Rest erledigen die anderen. Hat dann alles geklappt, klopfen sie sich gegenseitig auf die Schulter und freuen sich über den -- gemeinsamen -- Erfolg. Das System "Einer für alle" funktioniert heute noch, vor allem beim Fußball. Auch den Satz "Wir sind Papst" hat sicher keine Frau erfunden.
Frauen hingegen würden lieber Pärchen bilden. Sie suchen sich eine beste Freundin und haben bereits als Mädchen Spaß an Rollenspielen und Lästern. Sie sind es gewohnt, von ihrem Gegenüber Zustimmung und Verständnis zu erhalten. "Im Gespräch mit einem Mann machen sie eine für sie völlig neue, schreckliche Erfahrung", sagt Dürr. "Er sitzt da und versteht kein Wort". Da könne sie noch so viel reden und erklären -- er habe keine Ahnung, wovon sie eigentlich spricht.
Und schon passiert es, das Unvermeidliche: Sie nimmt es persönlich, er dagegen die Beine in die Hand -- Streit kann er jetzt wirklich nicht gebrauchen. "Der Mann fühlt sich durch eine emotionale Reaktion kritisiert", sagt Dürr. "Er zieht sich zurück und weist die Zuständigkeit von sich". Eine Frau könne nicht erwarten, dass ihr Partner von sich aus Verständnis für ihre Gefühlsausbrüche zeige.
Wie kommt die Botschaft an den Mann?
Wie also kommt man ran an die Stelle in seinem Inneren, die für Botschaften zuständig ist? Indem man die richtigen Worte und den richtigen Ton benutzt. Die männliche Nachrichtenannahmestelle registriert nämlich nur objektive Inhalte. Und sie schaltet zwischendurch gerne mal auf Standby. Deshalb empfiehlt die Seminarleiterin: "Gleich zu Beginn einer Unterredung sachlich die wichtigsten Punkte aufführen, bevor er aussteigt. Und zwischendurch wiederholen!"
Der wichtigste Schlüssel zu seiner Aufmerksamkeit: Positive Botschaften. "Loben, loben, loben!" wiederholt Dürr mantra-artig. "Loben ist nicht schleimen und nicht manipulieren!" stellt die 35-Jährige klar. "Ich sage, was ich gut finde. Das bringt ihn dazu, das zu tun, was man möchte." Außerdem: Worte wie "nie" und "immer" vermeiden.
Eine weitere kluge Taktik sei, ihn zu fragen: Wie können wir das Problem lösen? "Animieren Sie ihn zur Teamarbeit", empfiehlt Dürr. "Das kennt er, das packt ihn bei seinem Heldentum." Heldentum -- ein großes Wort, wenn es darum geht, seinen Partner dazu zu bringen, sich mal wieder zu rasieren oder zum Friseur zu gehen.
"Ab wann verliere ich dabei eigentlich meine Würde?" fragt eine der Frauen entrüstet. Beifälliges Nicken der anderen. "Es kann ja wohl nicht sein, dass er seine Socken herumliegen lässt, den Müll ignoriert, und ich ihn dann auch noch mit Samthandschuhen anfassen muss", mault eine Zuhörerin. "Und dass wir uns derart überschlagen sollen, nur, um etwas vollkommen Normales zu erreichen", ergänzt eine andere. "Doch", entgegnet die Seminarleiterin trocken. Widerspenstiges Gebrummel.
"Wieso müssen eigentlich immer wir die Beziehungsarbeit machen?", ereifert sich die Dame, die um ihre Würde bangt. Die Antwort der Männerversteherin: "Weil wir nunmal mit einem Mann zusammensein wollen. Und nicht mit einer Frau". Das sitzt. Und leuchtet irgendwie ein.
Den Groll für die Freundin aufheben
Und wohin dann mit all der Wut, und all den hochgekochten Emotionen? "Erst einmal weg damit", erklärt Dürr. "Schieben Sie den Groll beiseite, ich stelle mir zum Beispiel immer vor, ich sperre ihn in eine Kugel. Heben Sie ihre Gefühle auf für ein Gespräch mit jemandem, der Sie versteht - die Mutter oder eine Freundin."
Wenn gar nichts mehr geht: Die Meta-Ebene funktioniert immer. "Betrachten Sie die Situation von außen", rät die Männerversteherin. Auch wirkungsvoll: erst mal Pause machen, rausgehen, Frust abbauen. Diese Verhaltensweise empfehle sich auch im Büro. Anschließend könne man zurückkommen und einladen zum Lösungsvoschlag.
Hin und wieder hat man es ja mit einem beratungsresistenten Wesen zu tun. Oder aber: Man passt einfach nicht zusammen. Dann gibt es für Saskia Dürr nur eins: Einen sauberen Schlussstrich setzen. "Einen schönen finalen Streit sollte jeder in seinem Leben so ein- bis zweimal geführt haben", empfiehlt Dürr. "Danach ist man frei."
Doch bevor es soweit kommt, kann der Mann sich konstruktiv einbringen: Seit Kurzem bietet Saskia Dürr Seminare auch für Herren an. Der Titel: "Frauenflüsterer". Und warum nicht Frauenversteher. "Männer können Frauen nicht verstehen", sagt Dürr ganz ohne Ironie. Sie müssten etwas anderes lernen, nämlich: das richtige Wort zur richtigen Zeit sagen. Oder eben nicht. "Manchmal wollen Frauen auch einfach nur in den Arm genommen werden", erklärt Dürr. Auf die Idee, dass das auch ohne Sex funktioniere, kämen viele Männer gar nicht.
Spätestens nach dem Seminar bestimmt ...
Immerhin, am Ende ist allen Anwesenden die Bedeutung des Satzes "We agree to differ" glasklar. Nur eines begreift man nicht: Wie man das so lange Zeit nicht verstehen konnte.
=====================
Früher, teilt uns Dietrich Schwanitz mit, habe der Mann als Modell und die Frau
als Rätselwesen gegolten. Aber früher, das war eben früher und ist folglich
längst vorbei. Heute hingegen beherrschen die Frauen mit ihren Vorzeige-Tugenden
das gesellschaftliche Parkett: völkerverbindende Emotion bei akkurater
Intelligenz und ansehnlichem Einfühlungsvermögen. Da bleibe der Mann aussen vor,
gelte als antiquiertes Gockelwesen und diene bestenfalls noch als wetterfeste
Zielscheibe für eine Vielzahl von Vorwürfen, vom Hooligan zum Bonusempfänger
inklusive.
Und die Frauen? Verstehen sie denn den Mann? Aber gewiss nicht. Zwar
inspizierten sie forsch und munter, wie sie heute nun mal seien, die
absonderlichen Rituale der Spezies Mann. Doch die Resultate dieser Forschungen
sind -- kläglich. Hier muss nachgeholfen werden. Gesucht ist ein mutiges Wesen,
das sich ins exotische Biotop des Mannes vorwagt und uns selbigen "im
Rohzustand" zeigt. Dietrich Schwanitz bietet sich hier gleich selbst an und wagt
sich also vor in das "Land Maskulinia", beschreibt dessen reiche Bodenschätze in
der Form von Y-Chromosomen, erzählt die ruhmreiche Geschichte dieses einst
machtvollen Reiches und analysiert dessen sukzessiven Niedergang während der
Regierungsdekaden des korrupten Präsidenten Priapos Phallokratos. Nicht
unwesentlich beigetragen zum Niedergang Muskuliniens hätte zudem die
Systemphilosophie des Alphonso Macho (lat. "Machismus"), deren feinmaschiges
Netz von Propagandalügen und Beschönigungen allzu lange als offizielle
Staatsideologie gefeiert wurde. -- Bis hierher ist die Leserin ganz Ohr und
leidet gar ein bisschen mit; welche Herrlichkeiten werden da nicht destruiert.
Doch ach. Wenn Herr Schwanitz dann aus dem ironischen Berichterstatten
herausfällt und mit populärwissenschaftlichem Ernst die Lage des Mannes erklärt
-- "Knaben müssen nämlich ihre männliche Geschlechtsidentität gegen die Mutter
ausbilden" usw. --, ist der Spass zu Ende. "Der Mann ist niemals gockelhafter,
als wenn er von sich selbst spricht", zitiert Schwanitz auf dem Vorsatzblatt.
Richtig.
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home