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04 Oktober 2011

Millionäre für Merkel und Steinbrück!

Heute unter anderem zu folgenden Themen: D.A.CH – Vermögensreport 2011; Occupy Wall Street; Griechenland; US-Schuldenstaaten: Mit Staatsbanken gegen die Wall Street aus der Schuldenkrise; City's influence over Conservatives laid bare by research into donations; Schweiz droht ausländischen Investoren mit Negativzinsen; Volkswagenwerk in Tennessee setzt neuen Niedriglohnstandard; Hartz IV – Zahl der Mini-Minijobs nimmt zu; «Sie kommen, nehmen und gehen wieder»; Wieviel Einfluss haben Lobbyisten in Europa?; Wirtschaftskriminellen auf den Fersen; Deutschland unter den Top 10 der Schattenfinanzzentren der Welt; Afghanistan-Einsatz kostete 17 Milliarden; Dienstreise nach Rom- Schavan soll teuren Regierungsflug im Parlament erklären; SPD: Gegen Parteispenden und für Abgeordneten-Ethik; zu guter Letzt: Max Uthoff – Sie befinden sich hier …; (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. D.A.CH – Vermögensreport 2011
  2. Occupy Wall Street
  3. Griechenland
  4. US-Schuldenstaaten: Mit Staatsbanken gegen die Wall Street aus der Schuldenkrise
  5. City's influence over Conservatives laid bare by research into donations
  6. Schweiz droht ausländischen Investoren mit Negativzinsen
  7. Volkswagenwerk in Tennessee setzt neuen Niedriglohnstandard
  8. Hartz IV – Zahl der Mini-Minijobs nimmt zu
  9. «Sie kommen, nehmen und gehen wieder»
  10. Wieviel Einfluss haben Lobbyisten in Europa?
  11. Wirtschaftskriminellen auf den Fersen
  12. Deutschland unter den Top 10 der Schattenfinanzzentren der Welt
  13. Afghanistan-Einsatz kostete 17 Milliarden
  14. Dienstreise nach Rom- Schavan soll teuren Regierungsflug im Parlament erklären
  15. SPD: Gegen Parteispenden und für Abgeordneten-Ethik
  16. Zu guter Letzt: Max Uthoff – Sie befinden sich hier …

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. D.A.CH – Vermögensreport 2011
    Die Valluga AG präsentiert „mit Stolz" den D.A.CH – Vermögensreport über die Entwicklung der Millionärspopulationen und ihrer Vermögen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
    Interessante Details im Kurzüberblick
    Die Zahl der Euro-Millionäre in Deutschland hat mit 829.900 einen neuen Rekord erreicht (Vor der Krise 2007: 799 Tsd., Auf dem Höhepunkt der Krise 2008: 719 Tsd.)
    Die Millionärsdichte in Deutschland beträgt damit 1,01% (Spitzenreiter: Hamburg mit 2,41%, Schlusslicht: Sachsen-Anhalt mit 0,42%)
    Das Vermögen der Euro-Millionäre in Deutschland ist 2010 um 8,8% auf 2,2 Bio. € gewachsen.
    Das Vermögen der 10 reichsten Deutschen ist 2011 auf zusammen 104,8 Mrd. € gewachsen (2010: 100,2 Mrd. €)
    Während die Milliardärsvermögen um rund 10% jährlich ansteigen, verzeichnen jene der Millionäre „nur" rund 8% jährliches Wachstum.
    Zitat: „Privatisierungen, Börsengänge und lukrative Unternehmensveräußerungen haben das Vermögen der Superreichen in den letzten 20 Jahren vervielfacht."
    Quelle 1: Axel Troost
    Quelle 2: D.A.CH-Vermögensreport [PDF - 5.2 MB]
  2. Occupy Wall Street
    1. Anti-Wall-Street-Demos weiten sich aufs ganze Land aus
      "Nehmen sie einen von uns fest, tauchen zwei neue auf": Die Anti-Wall-Street-Demonstranten lassen sich von den zahlreichen Festnahmen am Wochenende nicht einschüchtern. Hunderte Menschen gingen am Sonntag erneut gegen die Macht der Banken auf der Straße – und mittlerweile protestieren sie nicht nur in New York.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    2. Top-Ökonom solidarisiert sich mit US-Demonstranten
      Sie fordern das Großkapital heraus, und sie scheinen Erfolg zu haben. Die Aufmerksamkeit für die New Yorker "Occupy Wall Street"-Bewegung, die seit Wochen gegen den Einfluss der Banken und die Folgen der Finanzkrise kämpft, wächst. Jetzt schlagen sich sogar Prominente und ein Nobelpreisträger auf ihre Seite – und die Bewegung weitet sich aufs ganze Land aus.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    3. Wall Street bleibt besetzt
      Der Protest gegen die wachsende Kluft zwischen arm und reich, die hohe Arbeitslosigkeit und die Profiteure der Krise in den USA wächst. In New York solidarisierten sich am Wochenende mehrere Gewerkschaften der Stadt sowie Tausende Bürger mit den Aktivisten von »Occupy Wall Street« (Besetzt Wall Street), die seit mehr als zwei Wochen erfolgreich Regen und fallenden Temperaturen trotzen und einen Platz im Finanzdistrikt Manhattans, den Zuccotti-Park, besetzt halten.
      Quelle: Junge Welt

Als Maßstab ... Bank of North Dakota (BND)

US-Schuldenstaaten: Mit Staatsbanken gegen die Wall Street und aus der Schuldenkrise


Die USA stehen wie kaum eine andere Nation für die freie Marktwirtschaft. Staatliche Konjunkturpakete wie überhaupt allzu ambitionierte Regulierungen oder Einmischungen Washingtons in das Marktgeschehen werden gerne als Ausdruck für die bewusst angestrebte Abkehr vom Kapitalismus und direkter Weg in den Sozialismus gedeutet – und gebrandmarkt. Nicht nur die Tea Party tut das.

Was jedoch gegenwärtig in den USA im Gange zu sein scheint, sprengt beinahe jede Vorstellungskraft: In acht hoch verschuldeten US-Bundesstaaten, darunter Washington, Louisiana, Massachusetts und Kalifornien, bereiten die Regierungen die Gründung von staatlichen Geschäftsbanken vor. (1) Der Grund für diese von regionalen Finanzbeamten, Gouverneuren und Unternehmern getragene Initiative ist die Überzeugung, dass es durch diesen Schritt möglich wird, die staatlichen Finanzen auch ohne höhere Steuern in den Griff zu bekommen. Denn offenbar kann nachgewiesen werden, dass Staatsbanken nicht nur effizienter und erfolgreicher arbeiten als die Wall Street Banken. Mehr noch können Staatsbanken auch anders als die Großbanken in erheblichem Maße zur Entwicklung der regionalen Wirtschaft wie auch des regionalen Bankensektors beitragen, was sich wiederum positiv auf die Staatseinnahmen auswirkt. (2)

Basis dieser Initiative ist eine Art Memorandum und Anleitung mit dem Titel „Banking on America – How Main Street Partnership Banks can improve Local Economies" von Jason Judd, einem mittelständischen Unternehmer aus Maryland und Heather McGhee, Direktorin von Demo, einer überparteilichen Organisation, die Politik-forschung und -beratung betreibt. (3) Das Papier stützt sich insbesondere auf eine Analyse der zu erwartenden Effekte der Gründung einer Staatsbank im Staat Washington auf den regionalen Bankensektor, kleine und mittelgroße Unternehmen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Staatshaushalt. (4) Als Maßstab wird dabei die bisher einzige Staatsbank in den USA herangezogen, nämlich die Bank of North Dakota (BND).

Tatsächlich ist die Haushaltslage in den US-Bundesstaaten alarmierend. Zwar sind die Staatseinnahmen auf Erholungskurs, lagen aber laut Center on Budget and Policy Priorities (CBPP) im ersten Quartal 2011 immer noch 9 Prozent unterhalb des Niveaus vor der Rezession. (5) Im Fiskaljahr 2012 erwartet das CBPP in 42 US-Staaten Haushaltslücken im Gesamtvolumen von 103 Milliarden Dollar, was einem durch-schnittlichen Budgetdefizit von 15,9 Prozent entspricht. (6) Sie kommen zu den Defiziten hinzu, die in den vorangegangenen Krisenjahren eingefahren wurden: 110 Mrd. Dollar (2009), 191 Mrd. Dollar (2010) und 130 Mrd. Dollar (2011) (jeweils Gesamtvolumen). (7)

Nahezu alle Bundesstaaten haben folglich erhebliche Probleme, die für die Aufrechterhaltung wichtiger Angebote und Leistungen des öffentlichen Sektors notwendigen Mittel aufzubringen. Überall wird gestrichen und gespart und viele Jobs sind bedroht. Kein Wunder also, dass die Idee der Staatsbanken die Verantwortlichen in den Bundesstaaten elektrisiert.

Vor allem aber lenkt sie den Blick aller Betroffenen in den Bundesstaaten darauf, was die Kehrseite der Rettung, Stabilisierung und Rückkehr der Banken an der Wall Street in die Gewinnzone ist: Sie profitieren nicht davon – im Gegenteil.

Vor wenigen Wochen erst hatte sich Bloomberg vor dem Supreme Court das Recht auf Offenlegung der Informationen der Fed zu verdeckten Stützungsmaßnahmen für die Großbanken erstritten, die ergänzend zu den Hilfen aus dem vom US-Finanz-ministerium aufgelegten und mit 700 Mrd. Dollar ausgestatteten „Troubled Asset Relief Program (TARP) an die Wall Street Aristokratie und europäische Banken vergeben wurden. Bloomberg listet Banken und in Anspruch genommene verdeckte Kredite der Fed detailliert auf. Die zehn größten US-Banken und Broker erzielten demnach 2006 Gewinne in Höhe von insgesamt 104 Mrd. Dollar. Aus dem Rettungsprogramm des US-Finanzministeriums erhielten sie nach der Lehman-Pleite (September 2008) 160 Mrd. Dollar und – wie erst jetzt nach erfolgreicher Klage bekannt wurde – von der Fed verdeckte Notkredite im Gesamtvolumen von 669 Mrd. Dollar. Insgesamt belief sich das Volumen der von der Fed an Unternehmen des Finanzsektors vergebenen Notkredite auf 1.200 Mrd. Dollar. (8)

Die Großbanken haben auch vom Untergang einiger sehr großer Institute sowie von der Pleite zahlreicher mittelständischer und Regionalbanken, die nicht gerettet wurden, profitiert. Und sie haben ihr Geschäftsmodell nicht verändern müssen. Vielmehr konnten sie nun, nachdem die Immobilienblase geplatzt und viele Staaten sowie auch die US-Bundesstaten infolge der teuren Bankenrettung sowie der Rezession mit steigenden Schulden zu kämpfen hatten, vor allem im Anleihengeschäft und mit entsprechenden Derivaten punkten.

Der Internationale Währungsfonds hat vor gut einem halben Jahr explizit darauf hingewiesen, dass die Finanzmarktrisiken heute größer sind als vor der Lehman-Pleite (9) und zwar nicht zuletzt auch deswegen, weil zwischenzeitlich infolge einer Welle von Pleiten, Übernahmen und Fusionen die Unternehmenskonzentration im Banken-sektor erheblich angestiegen ist. Das bestätigt auch eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für den Bankensektor in den USA, Großbritannien und Deutschland, die ergänzend zu dem Schluss gelangt, dass die neuen Eigenkapitalvorschriften von Basel III voraussichtlich nicht in der Lage sein werden, dass zu beobachtende exzessive Bilanzwachstum der Großbanken einzudämmen. (10) Das wird in Großbritannien und der Schweiz offensichtlich ebenso gesehen. So jedenfalls ist zu erklären, warum die Independent Commission on Banking (ICB) der britischen Regierung empfahl, den Banken eine Aufpolsterung ihrer Eigenkapitalpuffer auf 17 bis 20 Prozent der risikogewichteten Bilanzsumme vorzuschreiben. Das ist mehr als doppelt so hoch wie in Basel III vorgesehen. Außerdem fordert die ICB eine stärkere Trennung von Investmentbanking und Privatkundengeschäft. (11) In der Schweiz wurde bereits ein Eigenkapitalpuffer von 19 Prozent beschlossen und ebenso die Möglichkeit, Großbanken im Krisenfall zu entflechten und teilweise in den Konkurs zu schicken. (12)

Der Initiative zur Gründung von Staatsbanken in den US-Bundesstaaten liegen nun Fakten zugrunde, die belegen, wie wenig die Großbanken der Wall Street für die Wirtschaft und die Bundesstaaten leisten.

Interessant ist der Vergleich zwischen den Privatbanken und der bisher einzigen Staatsbank, der Bank of North Dakota (BND), der dem Memorandum von Judd un McGhee zugrunde liegt. Die BND wurde vor 92 Jahren gegründet und macht seitdem immer nur Gewinne. Der Bundesstaat deponiert dort sein Geld und im Gegenzug muss das Institut so viele Kredite wie möglich an lokale Unternehmen vergeben. Ein besonderes Programm sieht die Beteiligung der Staatsbank an Krediten lokaler Sparkassen und anderer "Community Banks" für die regionale Wirtschaft vor. Es sorgt für ein partnerschaftliches Miteinander und gewährleistet, dass den kleinen Geschäftsbanken mehr Kapital für weitere Kredite zur Verfügung gestellt wird. Es ergibt sich die folgende Bilanz (13):

  • die fünf größten Banken in den USA kontrollieren heute mehr Einlagen als die 45 nächstgrößeren Kreditinstitute zusammen;
  • die Zahl der Sparkassen und Kooperativen in den USA hat sich seit Mitte der 90er Jahre um über 30 Prozent auf jetzt 6600 reduziert;
  • die vier größten Banken im Land haben zwischen 2007 und 2010 ihre Kreditausleihungen an den Mittelstand um 53 Prozent gedrosselt;
  • im gleichen Zeitraum erhöhte die BND ihr Kreditvolumen um 35 Prozent;
  • die Kreditvergabe der BND entspricht im Volumen 74,33 Prozent ihres Eigenkapitals;
  • die US-Finanzbranche kommt bei der Kreditvergabe im Schnitt auf 68 Prozent des Eigenkapitals;
  • die BND kommt beim Kreditvolumen pro Einwohner auf einen Wert von 20.074 Dollar;
  • die US-Banken kommen beim Kreditvolumen pro Einwohner im Schnitt nur auf 6.467 Dollar;
  • im vergangenen Jahr erzielte die BND eine Eigenkapitalverzinsung von 19 Prozent;
  • im zweiten Quartal 2011 lag die Eigenkapitalverzinsung in der US-Finanzbranche nur bei durchschnittlich 7,65 Prozent – im Rekordjahr 2006 lag sie bei durchschnittlich 12,3 Prozent;
  • die Pflicht der BND, kleinere Geschäftsbanken bei Krediten an den Mittelstand zu unterstützen, hat der Entwicklung des Bankensektors im Staat geholfen, während überall sonst in den USA der Konsolidierungsprozess immer weiter fortschreitet.

In den letzten zehn Jahren hat die BND der Staatskasse von North Dakota 300 Mio. Dollar Gewinne überwiesen. North Dakota hat eine Arbeitslosenquote von nur 3,3 Prozent und als einer der wenigen Bundesstaaten keine Haushaltsprobleme.

Zitiert wird in einem aktuellen Presse-Artikel über diese Entwicklung auch der kalifornische Wirtschaftsprofessor Timothy Canova mit der Feststellung: "Kalifornien ist die größte Volkswirtschaft in den Vereinigten Staaten, aber wir sind nicht in der Lage, hunderte von Milliarden Dollar an Staatseinkünften in unsere eigene Wirtschaft zu lenken, weil wir das Geld bei großen Privatbanken deponieren, die damit spekulieren und am Ende mit Derivaten sogar gegen die Anleihen von Kalifornien wetten". (14)

Es kann sein, dass sich nun etwas daran ändert, wenn die Bundestaaten beginnen, eigene Staatsbanken zu gründen und ihr Geld von der Wall Street abzuziehen.

In Deutschland will die Politik indes scheinbar unverändert in die entgegengesetzte Richtung gehen. Und auch von der Erkenntnis unserer Nachbarn in der Schweiz, Großbritannien und Frankreich, dass Großbanken als Problem und nicht als Segen zu sehen sind, sind wir offensichtlich noch weit entfernt.

von Stefan L. Eichner