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05 September 2011

Finanztransaktionssteuer ftt tax



Liebe Leserinnen und Leser,

kommt die Finanztransaktionssteuer oder kommt sie nicht? Das deutsche und das französische Finanzministerium werden bis Ende September einen gemeinsamen Vorschlag für eine europäische Finanztransaktionssteuer präsentieren. Die Regierungskoalition ist gespalten: Was passiert, wenn die britische, tschechische, schwedische oder eine andere Regierung die nötige Zustimmung verweigert? Die Regierungskoalition ist in dieser Frage gespalten: Die FDP will keine partout Einführung nur in der Eurozone, die CSU wohl derzeit ebenfalls nicht. Finanzminister Schäuble und ein Teil der CDU (darunter auch der finanzpolitische Sprecher Flosbach) wären zu diesem Schritt hingegen bereit. Ohne Finanztransaktionssteuer gibt es aber auch keinen Beitrag der Finanzbranche für die Bewältigung der von ihr verursachten Krise - das wäre ein peinliches Ergebnis.

Inhalt:

- Entwicklungen im Inland
- Entwicklungen im Ausland

- Deutsch-französischer Vorstoß für eine Finanztransaktionssteuer
- Neue Studien und Stellungnahmen


Entwicklungen im Inland:


24. August: Steuerrechtler und Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof findet, eine Finanztransaktionssteuer würde "eine Krisenursache bekämpfen, einen Strukturfehler des Steuerrechts ausräumen und eine Störungsverantwortlichkeit einfordern".

24. August: Die FAZ berichtet von guten und schlechten Erfahrungen mit nationalen Steuern auf Finanztransaktionen.

24. August: Der Tagesspiegel vermutet, dass es Ende nächsten Jahres einen großen Kuhhandel geben wird, an dessen Ende auch eine Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Staaten eingeführt würde.

20. August: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sieht 70.000 Arbeitsplätze in Frankfurt gefährdet, sollte eine Finanztransaktionssteuer in der Eurozone eingeführt werden.

19. August: CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs würde eine Finanztransaktionssteuer nur in der Eurozone "nicht gerne machen wollen".

18. August: Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann warnt vor einer Finanztransaktionssteuer in der Eurozone.

17. August: Die FDP will keine Finanztransaktionssteuer nur in der Eurozone. Es müssten alle 27 Staaten der EU mitmachen.

12. August: Der Bonner Stadtrat unterstützt die Ziele unserer Kampagne.

9. August: Ex-Bundesbankchef Welteke spricht sich für eine Finanztransaktionssteuer aus. Sie soll dafür sorgen, dass die Ausschläge an den Finanzmärkten geringer werden.


Entwicklungen im Ausland:


31. August: Die EU wird sich beim G 20- Gipfel im November für eine Finanztransaktionssteuer einsetzen, teilte EU-Kommissionspräsident Barroso mit. Der Vorschlag soll auch bei einem bevorstehenden Besuch in Australien angesprochen werden.

31. August: Der tschechische Premierminister Petr Necas erteilt der Finanztransaktionssteuer eine Absage: Die Steuer würde Bankkunden belasten.

26. August: Die Association of Chartered Certified Accountants, einer der weltweit größten Verbände für Rechnungslegung mit Sitz in London, befürwortet eine weltweite oder EU-weite Finanztransaktionssteuer. Diese würde Volatilitäten dämpfen und den Druck auf Wechselkurse mildern.

25. August: Der österreichische SPÖ-Wirtschaftssprecher Matznetter hat bereits genauere Vorstellung über die Durchsetzung einer Finanztransaktionssteuer und schlägt bei "Überperformance eines Marktes" einen progressiven Steuersatz vor.

23. August: Die britische Robin Hood Tax-Campaign erläutert im Guardian die Gefahren des Hochfrequenz-Computerhandels.

22. August: Michael Spencer, Großspender der britischen Konservativen und Chef des Broker-Hauses ICAP droht mit Wegzug aus der EU, sollte diese eine Finanztransaktionssteuer einführen.

21. August: Der frühere JP Morgan-Geschäftsführer und Gründer des "Capital Institute" John Fullerton wirbt für eine Finanztransaktionssteuer.

21. August: Der irische Finanzminister Michael Noonan besteht auf einer Einführung der Finanztransaktionssteuer in der gesamten EU.

18. August: Weltweit wenden sich Finanzlobbyisten gegen Merkels und Sarkozys Initiative für eine europäische Finanztransaktionssteuer.

17. August: Die britische Regierung wird voraussichtlich ein Veto gegen eine EU-weite Finanztransaktionssteuer einlegen. Die Steuer müsse global eingeführt werden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.

17. August: Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager lehnt die Pläne für eine Finanztransaktionssteuer ab. Diese müsse global eingeführt werden.

16. August: Bei einem Sondertreffen in Paris kündigen Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy an, im September den Euro-Staaten einen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer vorzulegen.

12. August: Korea sucht nach Mitteln zur Kapitalverkehrskontrolle und Verringerung von Volatilitäten und denkt auch über eine Finanztransaktionssteuer nach.

10. August: Herbert Stepic, Chef der Raiffeisen Bank International, hätte lieber eine flächendeckende Finanztransaktionssteuer als die in Österreich und Ungarn geltenden Bankensteuern.

2. August: Brasilien führt eine einprozentige Transaktionssteuer auf Währungsderivate ein, um seine Währung zu stabilisieren.

Deutsch-französische Initiative für eine Finanztransaktionssteuer

Anlässlich der Euro-Krise haben sich Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy am 16. August in Paris auf gemeinsame Positionen verständigt. Diese haben sie in einem Brief an EU-Präsidenten Herman Van Rompuy dargelegt.
Darin wird auch eine gemeinsame Inititative zu einer europäischen Finanztransaktionssteuer angekündigt:
"Wir haben unsere Finanzminister gebeten, bis Ende September einen gemeinsamen Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer zu erarbeiten, um zu den Überlegungen der EU-Kommission beizutragen."
Damit erfüllt die Bundesregierung eine Forderung unserer Kampagne, nämlich den deutsch-französischen Motor in Gang zu setzen. Leider hat die Bundesregierung dabei die Gelegenheit versäumt, sich bei der Einnahmenverwendung hinter Sarkozys Vorschläge zur Entwicklungsfinanzierung zu stellen.

Bundesfinanzminister Schäuble ist am 23. August mit seinem französischen Amtskollegen Francois Baroin zusammengetroffen. Ergebnisse des Treffens wurden nicht bekannt. Bereits vorher soll sich die Bundesregierung mit anderen Staaten ausgetauscht haben. Es soll sich um eine Initiative der EU und nicht nur des Euro-Raums handeln.

Neue Studien und Stellungnahmen

IWF-Studie: "Taxing Financial Transactions: An Assessment of Administrative Feasibility"

Der IWF hat eine Studie zur technischen Machbarkeit von Finanztransaktionssteuern vorgelegt. Darin wird untersucht, wie genau die Steuer erhoben werden kann, unterschieden nach börsengehandelten Finanzanlagen, frei gehandelten Finanzanlagen (OTC) oder Devisenhandel. Dabei geht es um Fragen wie der territoriale Geltungsbereich der Steuer, das zu besteuernde Ereignis, die Steuerbasis oder die zu besteuernden Personen festgelegt werden können. Obwohl es wie bei jeder Steuer einzelne Komplikationen gäbe, sei die Steuer aber technisch machbar. Diskutiert werden auch bereits existierende Steuern auf bestimmte Finanztransaktionen in einzelnen Ländern.

Das Interessanteste dabei ist aber, so die Robin Hood Tax-Campaign: "Die Studie beschäftigt sich nicht mehr damit, ob eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden soll, sondern wie sie eingeführt werden kann. Das ist eine willkommene Entwicklung."

Zur Studie:
http://www.imf.org/external/pubs/cat/longres.aspx?sk=25142.0

Robin Hood Tax-Campaign: "Rise of the Machines"

Unsere britische Partnerkampagne "Robin Hood Tax Campaign" hat eine Kurzstudie zum Hochfrequenz-Computerhandel veröffentlicht. Darin widmet sie sich dem automatisierten, extrem kurzfristigen Börsenhandel, der inzwischen für 77 % der Transaktionen an der britischen Börse verantwortlich ist. Die automatisierten Kaufs- und Verkaufsanweisungen innerhalb von Sekundenbruchteilen bergen große Risiken. So hatten Algorithmen den "Flash Crash" im Mai 2010 zu verantworten, bei dem der Dow Jones aus heiterem Himmel um 9 % abgestürzte (doppelt so tief wie nach der Lehman-Pleite). Ein bestimmter Kontrakttyp hatte dabei innerhalb von 14 Sekunden 27000 Mal den Besitzer gewechselt. Laut  Financial Times sollen letztes Jahr Algorithmen innerhalb von sechs Monaten dreimal Amok gelaufen sein. Ein anderes Beispiel: Der Hochfrequenz-Händler Infinium hat durch einen verunglückten Programmcode für den Handel mit Ölkontrakten innerhalb von 5 Sekunden einen Verlust von über 1 Million Dollar eingefahren, was zu einem Kursturz um 5 %  geführt hatte.

Welches Instrument diesem Treiben ein Ende setzen würde? Ist doch logisch...

Zur Studie:
http://robinhoodtax.org/latest/new-report-explosion-high-frequency-trading-threatens-financial-stability